Platzhalter für Profilbild

lamen

Lesejury Profi
offline

lamen ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit lamen über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 18.03.2023

Poetische und schmerzhafte albanische Lebensgeschichte

Morgen und für immer
0

4.5 von 5 Sternen

Viel Geschichte und viele Themen werden auf den über 500 Seiten in "Morgen und für immer" von Ermal Meta auf eine fesselnde und sehr berührende Art und Weise behandelt.
Es ist ein bewegendes ...

4.5 von 5 Sternen

Viel Geschichte und viele Themen werden auf den über 500 Seiten in "Morgen und für immer" von Ermal Meta auf eine fesselnde und sehr berührende Art und Weise behandelt.
Es ist ein bewegendes Buch, das einen noch über die Seiten hinaus begleitet. Es ist eine lesenswerte Geschichte voller Schönheit, Wärme und Poesie, aber auch voller Grausamkeit und Traurigkeit.

"Morgen und für immer" erzählt eine harte, dramatische, schmerzhafte und vor allem emotionale Geschichte, die im Winter 1943 zur Zeit des 2. Weltkrieges in Albanien beginnt. Partisanen kämpfen gegen die deutsche Besatzung, darunter sind auch die Eltern des zu dem Zeitpunkt siebenjährigen Protagonisten Kajan, der bei seinem Großvater Betim lebt. Als sie den deutschen Deserteur Cornelius aufnehmen, weiß Kajan noch nicht, dass dies sein Leben für immer verändern wird. Cornelius weckt in Kajan die Liebe zur Musik und bringt ihm das Klavierspielen bei. Nach dem Ende des Krieges scheint das Leben des Protagonisten in sicheren Bahnen zu verlaufen und verspricht eine glänzende Zukunft, doch in dem von der kommunistischen Diktatur beherrschten Albanien und dem durch den Kalten Krieg zweigeteilten Europa ist nichts so, wie es scheint. Hinter jeder Ecke lauern Schatten und Gefahren, die Kajans Schicksal in unvorhersehbare Bahnen lenken werden. Vom kommunistischen Regime in Albanien nach dem 2. Weltkrieg bis 1991 folgt man dann gebannt Kajan nach Nachkriegsdeutschland und in die DDR. Von dort in das Amerika der 1960er-Jahre und dann schließlich wieder nach Albanien. Was Kajan über die Jahrzehnte hinweg begleitet, ist die Liebe zur Musik.

Mit einem hohen Tempo erzählt, taucht man in das ereignisreiche und von schweren Schicksalsschlägen geprägte Leben von Kajan und parallel dazu in geschichtliche Ereignisse des letzten Jahrhunderts, insbesondere in Bezug zum albanischen Regime, ein. Kajans Leben ist ein Leben voller Überfälle, Gewalt, Liebe, Tod, Verrat und glücklichen Momenten. Es ist eine Geschichte voller Wendungen, die sich wie eine spannende Familien- Liebesgeschichte und auch teils wie ein Spionagethriller liest. Der poetisch angehauchte und emotionale Schreibstil lassen einen direkt in die ergreifende Handlung eintauchen, die auch noch auf den letzten Seiten nicht aufhört, einen das Herz zu brechen, um es dann wieder auf wunderschöne Art und Weise zusammenzusetzen.
Musik, Liebe zu den eigenen Wurzeln, Freundschaft, Familie, Blutsbande, Krieg, Verrat - das alles sind Themen, die in dem Roman zur Sprache kommen. Die Ereignisse, die beschrieben werden, sind teils grausam und nur schwer zu ertragen, und wenn man sich vorstellt, dass es wirklich passiert ist, wird es nur noch schlimmer.
Bedingt durch die Anzahl von Ereignissen und Charakteren fehlt es manchen Handlungsstrang etwas an Tiefe, worunter die Handlung im Ganzen jedoch nicht leidet. Besonders der bildhafte Schreibstil weiß zu verzaubern, unter dem Kajan und die anderen Charaktere zu Leben erweckt werden.

Insgesamt ist "Morgen und für immer" ein Buch, das eine ununterbrochene Abfolge von Freude, Trauer und Spannung, dieselben Emotionen, die den Protagonisten in seinem Leben begleiten, ist, das abrupt von Freude zu tiefstem Leid übergeht, fast wie eine Achterbahn. Es lässt einen eintauchen in einen Teil der Geschichte, der nicht jedem bekannt ist, besonders der letzte Teil ist bei Weitem derjenige, der mich am meisten beeindruckt hat. Ein Roman, der in Bezug auf Sprache, Inhalt, Beschreibung und Charakterzeichnung, abgesehen von kleinen Schwächen auf ganzer Linie überzeugen kann.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 04.12.2022

Hochspannung mit Harry Hole

Blutmond (Ein Harry-Hole-Krimi 13)
0

Harry Hole ist zurück und gleich mit einem Fall, der nichts für schwache Nerven ist.

Bevor man jedoch Hole und seinem außergewöhnlichen Ermittlerteam bestehend aus einem krebskranken Psychologen, einem ...

Harry Hole ist zurück und gleich mit einem Fall, der nichts für schwache Nerven ist.

Bevor man jedoch Hole und seinem außergewöhnlichen Ermittlerteam bestehend aus einem krebskranken Psychologen, einem korrupten Polizisten und einen drogendealenden Schulfreund bei der Aufklärung der äußerst grausamen Morde an zwei Frauen folgt, trifft man Harry Hole in L.A. an, wo er versucht, sich totzutrinken. Als die mexikanische Drogenmafia Lucille, eine Freundin von ihm und ehemalige Schauspielerin, mit dem Tod bedroht und eine Million von ihr verlangt, nimmt Hole den Auftrag eines Anwalts an, der ihm eine Menge Geld anbietet, wenn er den Ruf seines Mandanten, einen bekannten Immobilienmakler aus Oslo, schützt. Der Makler wird verdächtig mit dem Mord an den zwei Frauen etwas zu tun zu haben.
In Oslo macht Hole sich als Privatermittler an die Arbeit und ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt.

Erzählt aus verschiedenen Perspektiven, darunter auch die des Täters, steigert sich die Spannung von Beginn an, um dann konstant hochgehalten zu werden und in einem nervenaufreibenden und wendungsreichen Finale zu enden.
Dank des atmosphärisch düsteren und eindringlichen Schreibstils des Autors folgt man gebannt, wie neben der Polizei, Harry Hole gemeinsam mit seinem Ermittlerteam jeweils knapp vor der Auflösung des Falles zu stehen scheint, um dann festzustellen, dass der Täter ihnen einen Schritt voraus ist und immer noch ein weiteres Puzzleteil zur Lösung fehlt.
Kurze Kapitel, eine gute und authentische Charakterzeichnung sowie mit Hole einen liebenswerten Antihelden, machen den Thriller von Anfang bis Ende lesenswert.

Nicht nur Fans von Harry Hole kommen bei "Blutmond" auf ihre Kosten, hat dieser Thriller doch alles, was einen guten Thriller ausmacht. Ein konstant hoher Spannungsbogen, zahlreiche falsche Fährten, der ein oder andere Schockmomente sowie ein außergewöhnlicher Fall sorgen für fesselnde Lesestunden. Nur einen empfindlichen Magen sollte man nicht haben.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 29.09.2022

Eine tragische Liebesgeschichte und ihre Folgen - fesselnd erzählt

Verbrenn all meine Briefe
0

Alex macht mit seinen unvorhersehbaren Wutausbrüchen seiner Frau und seinen Kindern Angst. Um etwas gegen seine Wutanfälle zu unternehmen, begibt er sich auf der Suche nach dem Grund für diese. Fündig ...

Alex macht mit seinen unvorhersehbaren Wutausbrüchen seiner Frau und seinen Kindern Angst. Um etwas gegen seine Wutanfälle zu unternehmen, begibt er sich auf der Suche nach dem Grund für diese. Fündig wird in der eigenen Familiengeschichte, in der sich Abgründe auftun. Auslöser des Unglücks, dessen Nachwirkungen noch Generationen später spürbar sein wird, ist die Geschichte seiner Großeltern Sven und Karin Stolpe, er ein bekannter Schriftsteller und sie eine Übersetzerin. Erzählt auf drei Zeitebenen, die geschickt miteinander verknüpft sind, versucht der Autor in der Gegenwart mittels alter Briefe und Dokumente sowie eigener Kindheitserinnerungen von den Großeltern zu rekonstruieren, was damals im Jahr 1932 passiert ist. Im Jahre 1932 verbringen Sven und Karin den Sommer in der Sigtuna-Stiftung, wo sich Karin in den jungen Schriftsteller Olof Lagercrantz verliebt. Es entwickelt sich eine Liebesbeziehung zwischen den beiden, Zeugnis davon leisten Olofs Briefe an Karin sowie später verfasster Gedichte und Texte voller Sehnsuchtsempfinden. Schon bald fasst Karin den Entschluss, sich von ihr tyrannischen Mann Sven zu trennen, doch dieser fühlt sich von seiner Frau verraten und zwingt sie dazu, bei ihm zu bleiben. Und so nimmt das Unglück seinen Lauf.

Auf knapp 300 Seiten schafft es der Alex Schulmann mit „Verbrenn all meine Briefe“ einen bewegenden Roman über eine tragischen Familiengeschichte mit autobiografischen und fiktionalen Inhalten vorzulegen, der noch nach Beenden des Buches nachwirkt. Intensiv und leicht poetisch beschreibt er die Liebesgeschichte zwischen Karin und Olof in den 30er-Jahren und bringt die beiden und ihre Gefühle berührend wieder. Man fühlt und leidet mit ihnen, so greifbar zeichnet er sie.
Aber nicht nur die Handlung in der Vergangenheit nimmt einen in seinen Bann, auch die anderen beiden Stränge schaffen dies. Gebannt folgt man dem Autor dabei, wie er bei seinen Recherchen in der Gegenwart verbunden mit Rückblicken in seine Kindheit mit den Großeltern nach und nach dem dunklen Geheimnis in seiner Familie auf die Spur kommt und wie er es schafft, sich von dem Erbe der Wut zu lösen

Fesselnd und gefühlvoll erzählt kann man nicht aufhören, über eine tragische Liebesgeschichte zu lesen, deren Folgen über Generationen nachwirkt. Eine ergreifende und eindringliche Spurensuche.
Klare Leseempfehlung!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 02.09.2022

Wenn nichts so ist, wie es scheint – Eine fesselnde und eiskalte Reise ins Ungewisse

SCHNEE
0

„Schnee“ von Yrsa Sigurdardóttir spielt, wie der Name schon sagt, in der eiskalten und verschneiten Landschaft von Island, was allein schon zu Gänsehaut führt, aber auch der Inhalt des als Thriller bezeichneten ...

„Schnee“ von Yrsa Sigurdardóttir spielt, wie der Name schon sagt, in der eiskalten und verschneiten Landschaft von Island, was allein schon zu Gänsehaut führt, aber auch der Inhalt des als Thriller bezeichneten Buches hat es in sich. Viele Teile der Handlung des Thrillers, der an sich mehr Mystery- und Gruselroman ist als klassischer Thriller, sorgen dafür, dass es beim Lesen einem kalt den Rücken runterläuft, sei es aufgrund von seltsamen Geräuschen oder kalten Fingern, die einen umarmen. Aber auch die atmosphärisch düstere und beklemmende Beschreibung der isländischen Landschaft und der Handlungsorte rufen ein leichtes Gefühl von Unbehagen bei den Leserinnen hervor.

Eine große Stärke des Buches ist es, dass es einen in die Handlung direkt hineinversetzt. Man fühlt die Kälte auf der Haut und den Schnee unter den Füßen, wenn man vier Freunden auf ihrer Wanderung in das verschneite isländische Hochland folgt, die für alle vier kein gutes Ende nehmen wird. Ein Gefühl von Unbehagen stellt sich dann ein, wenn man Johanna von der Rettungswacht dann ein paar Tage später auf der Suche nach ebenjener Wandergruppe begleitet. Ebenso wird man nicht das Gefühl von Einsamkeit und der Anwesenheit einer mysteriösen Präsenz los, wenn man Hjörvar bei seiner Arbeit auf einer einsamen Radarstation folgt. Wäre das alles nicht schon genug, ist da noch das Geheimnis um einen gefundenen Kinderschuh.

Eine weitere Stärke ist das Spiel der Autorin mit der schmalen Grenze zwischen Einbildung und Realität. Nicht nur die handelnden Charaktere, sondern auch die Leser
innen fragen sich, ob sie sich alles nur einbilden und ob ihre Sinne sie täuschen oder ob die seltsamen Geräusche oder Sichtungen von Personen echt sind.
Anfangs noch eher etwas bedächtig werden die verschiedenen Handlungsstränge eingeführt, doch dann gewinnt die Handlung mit jeder Seite an Spannung dazu, die sie bis zum Ende auch nicht mehr verliert. Mit jedem Kapitel, dass ein weiteres Puzzlestück dem gut durchdachten Gesamtbild hinzufügt, wird es klarer, wie die unterschiedlichen Handlungsstränge zusammengehören. Der Thriller entwickelt hierbei eine regelrechte Sogwirkung, dass man nicht mehr aufhören kann zu lesen, bis man das leicht offene und wie soll es auch anders sein, mysteriöse, aber in sich schlüssige Ende erreicht hat.

„Schnee“ von Yrsa Sigurdardóttir ist ein fesselnder, atmosphärisch düsterer Mystery- und Psychothriller, der ohne Blut oder Gewalt auskommt und der einem mit der Frage zurücklässt, was nun echt oder Einbildung war und ob man wirklich eine Antwort auf diese Frage haben will.
Große Leseempfehlung für alle, die auf der Suche nach einem außergewöhnlichen und raffinierten Thriller sind, den man nicht mehr aus der Hand legen kann.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 28.08.2022

Kraftvoller und mystischer Roman über zwei Schwestern und ihre Gemeinschaft

Die Stimme meiner Schwester
0

„Die Stimme meiner Schwester“ von Itamar Vieira Junior erzählt sprachlich eindrucksvoll die Geschichte zweier Schwestern, Bibiana und Belonísia, und ihrer Familie. Sie sind Nachfahren von Sklaven und wachsen ...

„Die Stimme meiner Schwester“ von Itamar Vieira Junior erzählt sprachlich eindrucksvoll die Geschichte zweier Schwestern, Bibiana und Belonísia, und ihrer Familie. Sie sind Nachfahren von Sklaven und wachsen in einer Gemeinschaft von Afro-Brasilianerinnen, den Quilombos, im Nordosten von Brasilien in den Diamantina—Begen im Bundesstaat Bahia, fernab der großen Städte auf der Farm „Fazenda Água Negra“ auf. Ihr Leben ist geprägt von Arbeit, Unterdrückung und Armut.

Gegliedert ist der Roman in drei Teile, die ersten beiden werden jeweils aus der Sicht einer der beiden Schwestern erzählt, während der letzte Teil durch die Stimme einer weiblichen afrikanischen Gottheit erzählt wird.

Die Geschichte beginnt damit, dass eines Tages die Schwestern in einem Koffer unter dem Bett ihrer Großmutter ein altes, mysteriöses Messer finden, und eine von ihnen schneidet sich versehentlich die Zunge ab, was ihrer beider Leben unwiderruflich verändert und sie für immer miteinander verbindet. Als Leser
in begleitet man dann die Schwestern über drei Jahrzehnte hinweg und bekommt so einen Eindruck von ihren Lebensumständen und ihre Sicht darauf: Belonísia scheint mit dem Leben auf der Farm zufrieden zu sein, während Bibiana die Ungerechtigkeit des Lebens ihrer Familie in unnachgiebiger Knechtschaft von klein auf erkennt und sie dazu veranlasst, sich auf den Weg zu machen, um für Veränderung zu kämpfen.

Der Autor schafft es hierbei lyrisch und kraftvoll das Leben der Quilombos, ihren Glauben, ihre Beziehung zur Familie und der Gemeinschaft sowie ihre Verbindung zur Natur einzufangen und verleiht ihnen, die sonst kein Gehör finden, eine Stimme. Daneben wird auch ein Augenmerk auf die Frauen, ihre Rolle in der Gemeinschaft und wie es ihnen dort ergeht, gelegt und wie sie sich gegen Gewalt und anderes erlebtes Leid wehren.

„Die Stimme meiner Schwester“ ist ein lesenswertes und beeindruckendes Buch, das einem auf mystische Art und Weise das Leben voller erfahrener Ungerechtigkeiten, Leid, aber auch Kraft und menschlicher Wärme der indigenen Afro-Brasilianer authentisch und bildlich näherbringt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere