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Veröffentlicht am 13.11.2022

Nur ein toter Lappe ist ein guter Lappe

Das Leuchten der Rentiere
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Das Leuchten der Rentiere“ von Ann Helén Laestadius nimmt uns Leser mit nach Nordschweden, wo die Volksgruppe der Sámi mit ihren Rentierherden leben. Unsere Protagonistin Elsa ist im 1. Teil des Buches ...

Das Leuchten der Rentiere“ von Ann Helén Laestadius nimmt uns Leser mit nach Nordschweden, wo die Volksgruppe der Sámi mit ihren Rentierherden leben. Unsere Protagonistin Elsa ist im 1. Teil des Buches erst 9 Jahre alt, als sie miterleben muss, wie ihr Rentierkalb grausam ermordet wird. Der Täter gibt ihr eindeutig zu verstehen, was mit ihr passieren wird, wenn sie ihn verrät. Also schweigt Elsa, ist ängstlich und traumatisiert. Ihr Leben ist von jetzt auf gleich nicht mehr dass, was es vor der Tat war.


Gemeinsam mit Elsa möchte man verzweifeln, denn der feige Rentiermord ist kein Einzelfall. Als Elsa zu einer jungen Frau herangewachsen ist, die trotz allem in den Familienbetrieb einsteigen will, haben sich an die 100 Anzeigen angehäuft. Da das Töten eines Rentieres aber als Sachbeschädigung geahndet wird und es nie Zeugen gibt, haben alle diese Anzeigen bisher nicht zu einer einzigen Anklage geführt, und das Morden geht immer weiter.


Ich muss zugeben, dass mir die Beschreibung dieser grausamen Tierquälereien schon zugesetzt hat, so dass ich das Buch auch schon mal eine Weile weglegen musste.


Darüberhinaus lernt man aber auch unglaublich viel über die Kultur der Sámi und die tiefe Kluft die sich durch die schwedische Gesellschaft zieht. Die Autorin kritisiert aber nicht nur das Unverständnis und die Feindseligkeit gegenüber der indigenen Bevölkerungsgruppe, sondern auch die patriarchalischen Strukturen innerhalb der Dorfgemeinschaften der Samen , die es einer Frau wie Elsa fast unmöglich machen die Arbeit mit den Rentieren durchzuführen und auch respektvoll behandelt zu werden.


Die Landschaften werden sehr atmosphärisch beschrieben, und auch die veränderten Lebensbedingungen für Mensch und Tier aufgrund des Klimawandels werden thematisiert. Die Charaktere wirken authentisch und man kann ihre Prägung durch ein hartes, naturverbundenes Leben gut nachvollziehen. Besonders Elsa mochte ich sehr. Wo viele junge Männer aufgeben, sich sogar aus Verzweiflung das Leben nehmen, glaubt sie fest an die Gerechtigkeit und kämpft weiter gegen alle Widerstände.


Ich mochte den Roman sehr und fand nicht nur das Setting sondern auch die Protagonisten einfach großartig.


Große Empfehlung!

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Veröffentlicht am 30.10.2022

Für Finnlandfans und die, die es werden wollen

Finne dein Glück
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Der Kabarettist und Autor Bernd Gieseking hat sich in seinem Buch „ Finne Dein Glück“ erneut nach Finnland begeben, um herauszufinden, warum die Finnen im Weltglücksreport immer wieder auf dem 1. Platz ...

Der Kabarettist und Autor Bernd Gieseking hat sich in seinem Buch „ Finne Dein Glück“ erneut nach Finnland begeben, um herauszufinden, warum die Finnen im Weltglücksreport immer wieder auf dem 1. Platz landen. Gibt es eine Formel zum Glücklichsein? Was macht die Finnen so glücklich? Diesen besonderen Reisebericht zu lesen, macht auf jeden Fall schon mal glücklich.

33 Tage hat sich Bernd Gieseking auf Recherchereise begeben und dabei unzählige interessante Menschen getroffen, Freunde besucht und auch auf seiner 13. Finnlandreise wieder viel über Land und Leute gelernt. Locker und humorvoll steigen wir mit dem Autor in Travemünde aufs Schiff, um nach einer Woche in Helsinki stetig mit ihm nach Norden zu fahren bis Inari in Lappland. Danach geht es wieder zurück über Ivalo, Oulo, die Insel Hailuoto bis Tampere. Zum Abschluss steht noch einmal Helsinki auf dem Programm, bevor es auf die Fähre von Turku nach Schweden und schließlich über Dänemark wieder ins heimatliche Ostwestfalen geht.

Abgesehen davon, dass man stetig der Frage nachgeht, warum die Finnen so glücklich sind, ist auch die Reiseroute an sich ein Lesegenuss, und für Menschen, die gerne mal nach Finnland reisen möchten ein toller Leitfaden und eine Inspirationsquelle. Natürlich lebt das Buch aber auch von den Interviews mit den tollen Menschen, die Gieseking auf seiner Reise getroffen hat und von den Kuriositäten, die er entdeckt hat.

Dass die Finnen gerne in die Sauna gehen, ist ja bekannt. Witzig fand ich die Unterschiede, wie Saunabaden in Finnland im Vergleich zu Deutschland vonstatten geht. Mir war nicht bekannt, dass es da Unterschiede gibt, außer dass der Finne in der Regel das Privileg hat nach dem Schwitzen zur Abkühlung in den See zu springen. Aber natürlich gibt es in Deutschland strenge Saunaregeln, über die ein Finne nur staunen kann.

Schon mal was von Hobby Horsing gehört? Über diese beliebte Freizeitbeschäftigung, die man mit Steckenpferdreiten übersetzen kann, gibt es jede Menge You Tube Videos. Davon hatte ich noch nie gehört, genauso wenig wie von dem beliebten Lakritzeis, dass es vielerorts zu kaufen gibt.

Dieser kleine Reiseführer, ich bezeichne „Finne Dein Glück“ durchaus als solchen, macht wirklich Spaß. Am Ende eines jeden Kapitels gibt es immer einen kleinen Glückstipp.

„ Paddeln - auf einem Fluss oder See. Und draußen wild zelten, wie es das Jedermannsrecht erlaubt.

Nach der Lektüre, dieser liebevollen und humorvollen Sicht auf die Finnen, bin ich sehr geneigt mal über eine Finnlandreise nachzudenken. Die beschriebene Mentalität der Menschen ist mir sehr sympathisch, und die Natur ist ohne Zweifel großartig.

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Veröffentlicht am 08.10.2022

Heftig, schwer verdaulich aber grandios

Liebe ist gewaltig
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Juli lebt mit ihren Eltern und ihren 3 Geschwistern nach außen hin in einer Vorzeigefamilie. Familie Ehre hat Geld und Ansehen. Beide Eltern sind erfolgreiche Anwälte. Auch die Kinder haben einiges vorzuweisen, ...

Juli lebt mit ihren Eltern und ihren 3 Geschwistern nach außen hin in einer Vorzeigefamilie. Familie Ehre hat Geld und Ansehen. Beide Eltern sind erfolgreiche Anwälte. Auch die Kinder haben einiges vorzuweisen, nämlich sportliche Erfolge und gute Noten in der Schule. Ungesehen vor den Augen der Öffentlichkeit spielen sich hinter den heimischen vier Wänden allerdings furchtbare Dinge ab. Der Vater ist ein brutaler Schläger, der neben physischer Gewalt auch keine Gelegenheit auslässt seine Frau und seine Kinder mit seinen grausamen Psychospielchen zu malträtieren. Die Mutter, die einerseits selbst ein Opfer ist, wird andererseits zur Mittäterin, weil sie ihren Kindern keinen Schutz zukommen lässt und was noch schlimmer ist, ihren Mann bei seinen Gewaltausbrüchen gegenüber den Kindern und der anschließenden Vertuschung sogar noch unterstützt.



„ Mama, die Tatortreinigerin“ , so fasst es die Teenagerin Juli treffend und voller Wut zusammen.

Die Blutflecken auf dem Teppich, die von Juli‘s Bruder Bruno stammen, nachdem Papa mal wieder „die Hand ausgerutscht ist“, werden von der Mutter geleugnet. Die Flecken so behauptet sie wären entstanden, als Juli betrunken auf den Teppich gekotzt hätte.



Der Roman ist in 3 Lebensabschnitte von Juli unterteilt. Im 1.Teil der 2007 spielt, ist sie 17 Jahre alt und befindet sich in einer Rehaklinik nachdem sie versucht hat sich das Leben zu nehmen.

Im 2. Teil ist sie 25, von zu Hause ausgezogen und führt ein wildes WG- Leben in Berlin, finanziert sich ihr Mathematikstudium als Profigamerin . Sex und Alkohol betäuben den andauernden Schmerz ihrer Kindheit, bis sie sich in eine Frau verliebt, die sie nimmt wie sie ist.

Im letzten Teil ist die Beziehung zu Sanyu zerbrochen und Juli, die sich jetzt Julia nennt, steht kurz vor der Hochzeit mit Thilo. Sie gleicht immer mehr ihrer Mutter und scheint sich selbst zu verlieren. Da ist nur einer der sie erden und zurück auf den Boden bringen kann, und das ist ihr Lieblingsbruder Bruno, von dem sie ganz sicher weiß, dass er sie liebt.

Claudia Schumacher‘s Debüt „Liebe ist gewaltig“, dass ich als Hörbuch vorliegen hatte, hat mich schwer beeindruckt. Sicher ist es schwere Kost, aber ich finde die Autorin hat die Wunden, die häusliche Gewalt bei einem Menschen ein Leben lang anrichten hervorragend herausgearbeitet. Die Sprache der jugendlichen Juli ist rotzig und unangepasst. Später verändert sich der Ton, wird angepasster. Der 3. Teil ist auch nicht mehr in der Ich Perspektive geschrieben, sondern in der 3. Person. Super interessant fand ich auch die Geschwisterbeziehungen und wie unterschiedlich Juli‘s Schwester und ihre Brüder mit der Gewalterfahrung in der Kindheit umgegangen sind.

Die Vertonung von Inka Löwendorf ist auch ganz große Klasse.

Das Buch lässt einen betroffen und erschüttert aber nicht hoffnungslos zurück und wird sicher noch eine Weile in mir arbeiten.



Große Empfehlung zu einem Thema, bei dem man nicht wegsehen darf.

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Veröffentlicht am 30.09.2022

Beeindruckend und erschütternd

Die Optimisten
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Zum Inhalt:

Der Roman spielt auf zwei Zeitebenen.

Der Einstieg ins Buch beginnt direkt mit einer Trauerfeier. Wir befinden uns im Jahr 1985, dem Beginn der 1. großen Aidswelle in Chicago und Nico, ein ...

Zum Inhalt:

Der Roman spielt auf zwei Zeitebenen.

Der Einstieg ins Buch beginnt direkt mit einer Trauerfeier. Wir befinden uns im Jahr 1985, dem Beginn der 1. großen Aidswelle in Chicago und Nico, ein junger Mann aus der Schwulencommunity ist ein Opfer des Virus geworden. Von den Eltern geächtet, der jüngeren Schwester Fiona jedoch geliebt und umsorgt, muß er viel zu früh, ohne dass es vernünftige Medikamente gegeben hätte auf grausame Weise sterben.

Im Anschluss lernen wir Chicago‘s „Boystown“ näher kennen, insbesondere Nico‘s engen Freund Yale, der ein Kunstexperte ist und gerade dabei ist, die Gemäldesammlung einer alten Dame, die ihren Nachlass regeln möchte, in den Besitz der Galerie zu übertragen. Gleichzeitig geht natürlich die Angst vor dem Virus um. Immer mehr Freunde von Yale stecken sich an, werden krank und versterben.

Eine zweite Erzählebene führt uns ins Jahr 2015 nach Paris, wo die inzwischen 50jährige Fiona nach ihrer verschollenen Tochter sucht. Diese war zunächst in einer Sekte, aus der sie aber wohl ausgestiegen ist und soll sich jetzt mit einem Kind,(Fiona‘s Enkeltochter) in Paris aufhalten. Fiona hat einen Privatdetektiv beauftragt ihre Tochter, zu der sie nie ein besonders inniges Verhältnis hatte, zu finden und sich mit ihr auszusöhnen.

Auf den ersten Blick haben die beiden Erzählstränge wenig miteinander zu tun. Sie nähern sich aber im Laufe der Zeit an und hängen natürlich zusammen.



Was soll ich sagen?! Das Buch war erschütternd, berührend und großartig.

Die Protagonisten dieses Romans habe ich allesamt ins Herz geschlossen. Obwohl das Thema Aids, über das im Übrigen viel zu wenig in der Literatur zu finden ist, ein wirklich bedrückendes ist, ist die Geschichte keineswegs trübsinnig. Dafür sorgen schon die klugen, oft humorvollen Dialoge. Die Krankheit, die in den 80erJahren ein klares Todesurteil war, ist ja nach wie vor eine existierende Erkrankung. Trotzdem ist sie völlig aus dem öffentlichen Fokus gerückt. Das Buch jetzt zur Zeit der Corona Pandemie zu lesen, deckt natürlich auch gewisse Parallelen zu der 1. Covidwelle auf, wo es noch keine Impfstoffe gab und die Todeszahlen täglich in die Höhe schossen. Somit reflektiert man mit dem Buch auch ein bisschen den Umgang mit Seuchen von Seiten der Politik und der Bevölkerung. Außerdem zeigt der Roman auch auf, was diese Krankheit mit Menschen macht, die zurückbleiben, die auf diese schreckliche Weise ihre Lieben oder Angehörigen verloren haben und danach irgendwie weiter leben müssen.

Im Gegensatz zu COVID hatte Aids allerdings immer auch das Stigma eine Sexkrankheit der Homosexuellen zu sein, was massive Vorurteile und Ausgrenzung zur Folge hatte. Auch das ist im Buch deutlich spürbar und einfach nur furchtbar.

„Die Optimisten“ von Rebecca Makkai ist wie ich finde ein wichtiges Buch, dass ich nur wärmstens empfehlen kann. Vielleicht ist es ein wenig zu lang geraten, aber andererseits hatte die Autorin auf diese Weise auch viel Zeit ihre Geschichte und ihre Charaktere abzurunden.

Für mich war es auf jeden Fall ein Jahreshighlight.

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Veröffentlicht am 18.08.2022

Ein Mörder am Berg

Der Aufstieg – In eisiger Höhe wartet der Tod
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Die Reisejournalistin Cecily kann ihr Glück kaum fassen. Sie hat ein Interview mit dem berühmten Bergsteiger Charles Mc Veigh ergattert. Das könnte ihr Durchbruch werden. Allerdings gibt es eine Bedingung ...

Die Reisejournalistin Cecily kann ihr Glück kaum fassen. Sie hat ein Interview mit dem berühmten Bergsteiger Charles Mc Veigh ergattert. Das könnte ihr Durchbruch werden. Allerdings gibt es eine Bedingung für das Interview. Cecily muß mit Charles den Gipfel des Mount Manaslu , den achthöchsten Berg der Erde erreichen. Charles fehlt bei seiner besonderen Challenge, bei der er sich vorgenommen hat alle 14 Achttausender innerhalb eines Jahres im Alpinstil ( d.h ohne Sauerstoff und Hilfsmittel wie Fixseile) zu bezwingen nur noch dieser Berg , und Cecily soll von seinem Triumph hautnah berichten. Ich habe keine Ahnung, ob eine solche Herausforderung tatsächlich zu bewältigen ist, da ich in Sachen Bergsteigerei ein absoluter Laie bin. Auch fällt es mir schwer, den Drang nachzuvollziehen, unter lebensfeindlichen Bedingungen einen Gipfel zwingend besteigen zu wollen.

Nach der Lektüre dieses Thrillers, kann ich diese Liebe zum Bergsteigen aber tatsächlich ein bisschen besser verstehen. Amy Mc Culloch schreibt wunderbar atmosphärisch mit viel Sachverstand und spürbarer Leidenschaft für diesen Sport. Ich fand es spannend von dem immensen Aufwand zu lesen, der so eine Expedition bedeutet. Und lauern auf dem Berg in eisiger Höhe nicht schon genug Gefahren, so befindet sich auch noch ein Mörder unter den Bergsteigern. Ich hatte wirklich spannende und unterhaltsame Lesestunden und fand das Buch als Hörbuch von Britta Steffenhagen interpretiert sehr gelungen und empfehlenswert.

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