Profilbild von Naraya

Naraya

Lesejury Star
offline

Naraya ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Naraya über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 22.03.2023

Geschichte einer alleinerziehenden Mutter

Räume des Lichts
0

Als sie von einem auf den anderen Tag von ihrem Mann verlassen wird, zieht eine Frau mit ihrer 2-jährigen Tochter in die oberste Etage eines Bürogebäudes. Dort versucht sie, sich ein neues Leben als Alleinerziehende ...

Als sie von einem auf den anderen Tag von ihrem Mann verlassen wird, zieht eine Frau mit ihrer 2-jährigen Tochter in die oberste Etage eines Bürogebäudes. Dort versucht sie, sich ein neues Leben als Alleinerziehende aufzubauen, doch Ärger mit dem Ex-Mann, den Nachbarn und dem Vorgesetzten sowie Ausraster und Alpträume der Tochter machen das quasi unmöglich. Nach und nach verliert sie immer mehr an Bodenhaftung und auch das Verhältnis zum eigenen Kind scheint von Grund auf vergiftet.

„Räume des Lichts“ von Yuko Tsushima wurde bereits 1978 in einer japanischen Zeitschrift in insgesamt 12 Folgen veröffentlicht. Nun liegt der Roman in einer Neuübersetzung von Nora Bierich im Arche Verlag vor. Erzählt wird episodenhaft aus der Sicht der Mutter in der Ich-Perspektive und Vergangenheitsform. Auf diese Weise sind wir stets ganz nah bei der Hauptfigur und erfahren ihre Erlebnisse und Emotionen aus erster Hand.

Grundsätzlich spricht die Autorin hier ein wichtiges Thema an. Sie zeigt auf, wie die Gesellschaft alleinerziehende Mütter im Stich lässt und wie diese sich zwischen Schuldgefühlen, Aufopferung und Scham bewegen. Der Protagonistin fällt es nicht immer leicht, ihre Tochter bedingungslos zu lieben, zumal diese auf die veränderte Familiensituation mit Gewaltausbrüchen, Streichen und Bockigkeit reagiert. Manchmal stellt die Mutter sich sogar vor, das Kind würde sterben und erschrickt gleich darauf vor sich selbst.

Mutter und Tochter bleiben den gesamten Roman über namenlos, was den Zugang zu ihnen wirklich erschwert. Vor allem das Verhalten der Mutter ihrer Tochter gegenüber war an einigen Stellen im besten Fall ruppig und ungeduldig, im schlimmsten Fall an der Grenze zu Vernachlässigung und psychischer Grausamkeit. Möglicherweise ist die Geschichte aus den späten 70er Jahren hier einfach nicht „gut gealtert“, aber mit heutigen Augen betrachtet, ist die gezeigte Erziehung bedenklich.

Gut gefallen hat mir hingegen, wie die Autorin mit dem Titel gebenden Bild des Lichtes spielt: wie es durch die Fenster ihrer Wohnung fällt, wie es sich im Wasser spiegelt usw. – das ist sprachlich außerordentlich gelungen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 26.02.2023

Nette Slice of Life-Reihe

Everyday Escape 2
0

Band zwei der auf vier Bände angelegten Manga-Reihe „Everyday Escape“ von Shouchi Taguchi entführt uns in ein sommerliches Japan. Dem entsprechend machen unsere Protagonistinnen einige Reisen und kurze ...

Band zwei der auf vier Bände angelegten Manga-Reihe „Everyday Escape“ von Shouchi Taguchi entführt uns in ein sommerliches Japan. Dem entsprechend machen unsere Protagonistinnen einige Reisen und kurze Unternehmungen, zum Beispiel einen nächtlichen Trip zu einem Bento-Shop. Als eine der beiden von Kindern jedoch als „Tantchen“ bezeichnet wird, fühlen sie sich plötzlich unglaublich alt und wollen ihre Jugend zurückholen. Mit Zöpfen, Schulmädchenkleidung und einem Tag auf den Spielplatz können sie wieder einmal der Realität entfliehen. Diese Episode hat mir sehr gut gefallen, spielt sie doch deutlich auf Japans Leistungsgesellschaft an.

Spannend ist in diesem Band auch ein selbstreflexives Kapitel. Die Mangaka ist allein zuhause und auf einmal weiß sie nicht mehr, ob ihre Mitbewohnerin tatsächlich existiert. Ihren Namen kennt sie nicht (wie wir auch), alle Fotos sind auf einmal fort und auf dem Tisch liegt ein mysteriöser Zettel in der eigenen Handschrift. Witzig ist hingegen besonders die Episode, als die beiden Frauen ihren Haustürschlüssel vergessen und gemeinsam im Treppenhaus campen. Laut eigener Aussage hat Taguchi den Manga während der Corona-Pandemie als Trost und Ablenkung begonnen – das ist ihm gut gelungen. Der dritte Band erscheint im Mai 2023 auf Deutsch.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 26.02.2023

Nette Slice of Life-Reihe

Everyday Escape 1
0

In „Everyday Escape“ von Shouichi Taguchi begleiten wir zwei Mitbewohnerinnen in ihrem Alltag. Die eine arbeitet als Mangaka, die andere ist arbeitslos – wie sie ihr Leben finanziert, bleibt zumindest ...

In „Everyday Escape“ von Shouichi Taguchi begleiten wir zwei Mitbewohnerinnen in ihrem Alltag. Die eine arbeitet als Mangaka, die andere ist arbeitslos – wie sie ihr Leben finanziert, bleibt zumindest in den ersten beiden Bänden offen. Beide Frauen sind Anfang 20, sehen aber deutlich jünger aus. Jeder Band startet mit einer schönen Farbseite und einem gezeichneten Inhaltsverzeichnis, das einen Überblickt gibt, welche „Escapes“ die Protagonistinnen erleben.

Das Schema ist eigentlich immer dasselbe: Die Mangaka wird, ob gewollt oder nicht, von der arbeitslosen Mitbewohnerin abgelenkt und kann so dem Job und der Erwachsenenwelt entfliehen. Taguchi hat die Beziehung der beiden nach dem klassisch japanischen Senpai-Kohai-Rollenbild gestaltet. Die eine lehrt und lebt vor, die andere lernt und blickt auf. Die verschiedenen Fluchten aus der Realität geschehen zum Beispiel durch gutes Essen oder Ausflüge, leider aber auch immer wieder mit Hilfe von Alkohol.

Der Zeichenstil ist sehr klar und realistisch und macht Lust, die gezeigten Orte selbst einmal zu besuchen. Es gibt auch sehr humorvolle Szenen, zum Beispiel wenn die Mitbewohnerin eine Offline-Zeit vorschlägt und das Handy der Mangaka per Post an sie selbst verschickt – so lange soll sie verzichten. Doch natürlich kommt gerade dann ein wichtiger Anruf, herrlich! Abgesehen davon fehlt dem netten Slice of Life-Manga jedoch so manches Mal die Tiefe.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 05.10.2022

Netter Krimi mit Schwächen

Der Wintermordclub
0

Vor fast 20 Jahren jagte ein sechsköpfiges Team aus ganz Europa den berüchtigten Drogenboss Marcello Ferraro. Seitdem treffen sie sich regelmäßig jedes Jahr kurz vor Weihnachten in dem kleinen Hotel an ...

Vor fast 20 Jahren jagte ein sechsköpfiges Team aus ganz Europa den berüchtigten Drogenboss Marcello Ferraro. Seitdem treffen sie sich regelmäßig jedes Jahr kurz vor Weihnachten in dem kleinen Hotel an der Côte d‘Azur, in dem der Fall einen fulminanten Showdown nahm. Inzwischen sind sie alle in Rente, den einwöchigen Trip und das zugehörige Krimidinner lassen sie sich aber nicht nehmen. Dieses Mal wird jedoch aus dem Spiel bitterer Ernst, als einer von ihnen ermordet im Weinkeller aufgefunden wird. Schnell ist eines klar: Diese Tat hat etwas mit der gemeinsamen Vergangenheit der sechs zu tun und der Mörder muss sich mitten unter ihnen befinden.

„Der Wintermordclub“ wurde von Jan Beinßen verfasst, der vor allem für seine Regionalkrimis bekannt ist. Hier liegt nun eher ein Vertreter aus dem Genre „Cozy Crime“ vor, welcher abwechselnd aus der Sicht der sechs Haupt- und weiterer Nebenfiguren erzählt wird. Diese Sprünge zwischen den Charakteren führen dazu, dass wir einen recht guten Eindruck erhalten, wie es im Inneren aller Beteiligten aussieht, welche Sorgen und Ängste sie haben und wie sie wirklich über ihre ehemaligen Kolleg*innen denken. Die Sprache ist dabei eher einfach und nicht besonders kunstvoll, aber das erscheint der Handlug durchaus angemessen.

Inhaltlich gesehen strotzt der Krimi nur so von Klischees, sei es bei der Namensgebung oder auch der Charakterisierung. Der deutsche Karl-Wilhelm vom Bundeskriminalamt ist ein dicker Bierliebhaber, die Kriminologieprofessorin Geraldine wirkt wie eine zweite Margaret Thatcher und beriet natürlich Scotland Yard. Die französische Interpolagentin Louanne und der polnische Rechtsmediziner Kasimir sind schüchtern und zurückhaltend, Küstenwachenkommandant Alexandros aus Griechenland und Europolmann Ruben aus den Niederlanden übermäßig selbstbewusst und etwas windig.

Die Handlung ist in weiten Teilen ebenfalls recht vorhersehbar. Zudem wirkt es sehr konstruiert, dass wirklich jeder der sechs (und auch die Nebenfiguren) Geheimnisse und Schwierigkeiten hat und noch dazu Zweifel am damaligen Fall aufkommen. Ein unterhaltsamer Krimi mit einigen Schwächen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 25.09.2022

Nur für echte Fans

Fireside Mysteries
0

Bereits seit einer Woche regnet es ununterbrochen und die zwölf Gäste der Taverne „Zur Blauen Ader“ sitzen - gemeinsam mit dem Besitzerehepaar Haypotten und deren Dienstmädchen Sorcha - in ihrer Unterkunft ...

Bereits seit einer Woche regnet es ununterbrochen und die zwölf Gäste der Taverne „Zur Blauen Ader“ sitzen - gemeinsam mit dem Besitzerehepaar Haypotten und deren Dienstmädchen Sorcha - in ihrer Unterkunft fest. Was wäre also besser geeignet, um sich die Zeit zu vertreiben, als reihum Geschichten miteinander zu teilen? Doch was die seltsamen Gäste erzählen, scheint nicht nur reine Fiktion zu sein, sondern auch viel über sie selbst und ihre eigene versteckte Agenda auszusagen.

„Fireside Mysteries“ ist ein Begleitbuch der Autorin Kate Milford zu der geteilten Welt ihrer Reihen „Greenglass House“ und „The Boneshaker“. Es besitzt eine klassische Rahmenhandlung (die im Hotel eingeschlossenen Gäste) und darin eingebettet zahlreiche fantasievolle, mal traurige, mal fröhliche, mal schaurige, mal romantische Geschichten: sei es ein Haus, das Eindringlinge nicht mehr hinauslässt, ein Rätsel stellender Fährmann, ein Diebstahl, der durch einen Jungen und seinen Gargoyle verhindert wird oder eine Liebe, die Grenzen überwindet. Sie alle entstammen der Folklore der fiktiven Stadt Nagspeake, bekannt für Schifffahrt und Schmugglerei.

Wer ein Fan der „Greenglass House“-Reihe ist, kennt das vorliegende Buch als dasjenige, welches Protagonist Milo im ersten Band liest. Den Namen des Diebes Negret leiht er sich für sein Pen & Paper-Spiel aus und auch die Firma Deacon und Morvengarde und ihren berühmten Katalog erkennen wir wieder. Immer wieder taucht in den Erzählungen auch ein- und derselbe Bösewicht auf und bald wird klar, dass dieser sich unerkannt unter die Gäste gemischt haben muss.

Die Geschichten an sich sind sehr anders und besonders, wirken aber zusammenhangslos, wenn man die Anspielungen an andere Werke, Figuren und Handlungselemente nicht versteht. Meiner Meinung nach ist das Buch daher nur für diejenigen ein Gewinn, die bereits einen Großteil der Romane von Kate Milford gelesen haben. Ansonsten bleibt es leider nur ein netter Zeitvertreib für zwischendurch – zumal sich der eigentliche Showdown jenseits der Taverne abspielt und nur vermittelt dargestellt wird, schade!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere