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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 07.10.2022

Merkwürdig

Lukusch
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Als Kind kommt Anton Lukusch mit seinem „Zwilling“ Igor nach dem Reatkorunglück aus der Ukraine nach Deutschland. Dort wird zum einen seine sonderbare Verbindung zur Igor, zum anderen sein Schachtalent ...

Als Kind kommt Anton Lukusch mit seinem „Zwilling“ Igor nach dem Reatkorunglück aus der Ukraine nach Deutschland. Dort wird zum einen seine sonderbare Verbindung zur Igor, zum anderen sein Schachtalent entdeckt.
Jahre später, Anton und Igor sind längst zurück in der Ukraine, macht sich Simon, einst Kind in der Familie, bei denen die beiden in Deutschland unterkamen, auf die Suche nach deren Verbleib.
Die Aufmachung des Romans ist originell. Photos und vermeintlich offizielle Dokumente verbürgen eine Wahrhaftigkeit der Geschichte, die allerdings der Recherche nicht standhält. Formal vermischen sich verschiedene Erzählebenen mit eingestreuten Dramenszenen, was den Leser bisweilen dazu zwingt, sich neu zu orientieren. Wer spricht? Auf welcher zeitlichen Ebene und wo befinden wir uns gerade in der Geschichte? Dementsprechend changiert der Plot zwischen dokumentarischem Drama, Erzählung, Kriminalroman und Mysterie. Bis zum Schluss fragt sich der Leser, kann das wahr sein? Wie lassen sich die Phänomene erklären: psychologisch, paranormal? Oder ist alles ein großes Fake?
Die Verfolgungsjagd auf den Spuren von Anton und die Suche nach Antworten, die die Vorgänge in irgendeiner Form rational erklärbar machen, fand ich noch ganz spannend. Aber immer mehr dreht der Roman ab, wird sehr merkwürdig und lässt mich mit der Frage zurück: Was soll das alles, die für mich eine gewisse Vergeblichkeit des Lesens impliziert.

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Veröffentlicht am 10.09.2022

Wer Sex in the CIty mag

Der schönste Zufall meines Lebens
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Penny hatte Brustkrebs, kann keine Kinder mehr kriegen und fühlt sich unwert, geliebt zu werden. Als sie das Restaurant ihres Onkels übernehmen muss, hat sie jedoch gleich drei Männer am Start. Alles nur ...

Penny hatte Brustkrebs, kann keine Kinder mehr kriegen und fühlt sich unwert, geliebt zu werden. Als sie das Restaurant ihres Onkels übernehmen muss, hat sie jedoch gleich drei Männer am Start. Alles nur Affären oder auch was Längerfristiges dabei?
Das Buch ist einfach nicht meins. Ich habe es gelesen, weil die Autorin sich selbst als jemand betitelt, der zynische Liebesgeschichten schreibt. Das fand ich interessant und erfrischend. Also mal nicht die typische 08/15-Liebeskomödie mit Verwicklung, selbstzerfleischenden inneren Monologen à la „Er liebt mich, er liebt mich nicht“ und Happy-End. Aber leider fehlt der Zynismus oder ich hab ihn nicht gefunden. Und so bleibt es wieder einmal beid er 08/15 Liebeskomödie mit … Man hätte es bei dem Titel eigentlich schon ahnen können.
Im Nachwort schreibt die Autorin, sie wolle „emotional reife Männer“ beschreiben. Das ist ihr auch gelungen. Die Männerfiguren sind angesichts der völlig überdrehten und emotional unreifen weiblichen Hauptfigur bewundernswert emphatisch, gelassen, großzügig und entspannt. So kann man denn auch nur aus vollem Herzen zustimmen, wenn einer von ihnen es auf den Punkt bringt und zu Penny sagt, sie solle endlich aus der Opferrolle kommen und erwachsen werden.
Es ist schwierig, einen Roman zu rezensieren, der den eigenen Geschmack nicht trifft. Ich denke, Fans von „Sex and the City“ oder Liebeskomödien mit Verwicklung, selbstzerfleischenden inneren Monologen à la „Er liebt mich, er liebt mich nicht“ und Happy-End kommen hier voll auf ihre Kosten.

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Veröffentlicht am 10.01.2022

Gute Idee, Umsetzung nicht immer meins

Abschied von der Heimat
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Die Geschichte von Erika, die mit fünf Jahren zur Tante nach Böhmen verschickt wird, um der Hungersnot im Rheinland zu entgehen, und die dann als Backfisch nach dem verlorenen Zweiten Weltkrieg wieder ...

Die Geschichte von Erika, die mit fünf Jahren zur Tante nach Böhmen verschickt wird, um der Hungersnot im Rheinland zu entgehen, und die dann als Backfisch nach dem verlorenen Zweiten Weltkrieg wieder ihre neue Heimat verlassen muss mit Nichts als dem, was sie am Leib trägt, um in eine ungewisse Zukunft zu gehen, hat eigentlich ein spannendes Thema und spielt zu einer dramatischen Zeit. Auch nimmt die Handlung immer wieder Wendungen, lässt immer wieder neue interessante Figuren Erikas Weg kreuzen und schickt Erika an immer neue Orte und Stationen ihres Lebens, dass der Roman eigentlich hätte ein Selbstläufer werden müssen.
Mich stören aber die Psychologie der Figuren, die ich entweder zu übertrieben psychopathisch böse finde - wie Coele, erst Freund, dann Widersacher Erikas - oder verbittert - wie Erikas Tante, die Erika ganz für sich will - oder zu naiv-idealistisch - wie Erika selbst, die sich in jeden Mann verliebt, der ihr über den Weg läuft und dafür einmal zur Widerstandskämpferin wird, dann zur verständnisvoll-wartenden beinahe Ehefrau eines deutschen Offiziers zur See, die Verständnis und sogar auch Bewunderung für dessen Einsatz für das Vaterland und Durchhaltewillen, und zum Schluss zum Ami-Liebchen. Das ist doch etwas viel hin und her.
Auch der Sprachstil ist bisweilen für meinen Geschmack zu gefühlsschwanger und von total überzogener Metaphorik.
Mich, die ich eigentlich für diese Zeit, für dieses Thema und für diese Art von Roman, nämlich Frauen- und Familienroman in Serie, brenne, stört das. Genau dazu gibt es viele lohnendere Alternativen.

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Veröffentlicht am 02.10.2023

Langweilig

Zeiten der Langeweile
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Zuerst muss ich wohl entschuldigend sagen, dass ich einfach eine Generation bin und mir das Verständnis für diese Art der Problematik fehlt. Allerdings war genau das der Grund, warum mich die Idee des ...

Zuerst muss ich wohl entschuldigend sagen, dass ich einfach eine Generation bin und mir das Verständnis für diese Art der Problematik fehlt. Allerdings war genau das der Grund, warum mich die Idee des Buches ansprach: weil ich eine andere Generation bin und Verständnis für diese Problematik gewinnen wollte. Wie ergeht es der Generation der digital natives, wenn sie sich von der Nabelschnur der social medias zu lösen versuchen: welche Erfahrungen machen sie, was ändert sich für sie, was ist der Gewinn, was sind die Kosten?
Ich bin – zum Glück, wie ich nach Lektüre des Buches erneut finde – in einer Welt ohne Handys, ohne PC, ohne Internet und ohne 24h-TV groß geworden. Ich habe keine Langeweile ohne all das, ich vereinsame nicht ohne all das. Und ich weiß trotzdem, dass wir heute alle irgendwelche Spuren im virtuellen Dschungel hinterlassen und verzichte deshalb auf viele dieser vermeintlich verlockenden Angebote, ohne die es sich aber auch gut leben lässt und somit ohne das Gefühl, mir entgehe etwas Elementares. Ich glaube nicht, dass es notwendig ist, in eine derartige Paranoia zu verfallen, ob unserer Spuren im Netz. Denn, wenn täglich eine Horde von zig Elefanten zigfach über dieselben Pfade trampelt, wer würde sich da die Mühe machen, die Fußstapfen eines x-beliebigen Elefanten zu suchen und zu verfolgen, wenn er sie denn fände. Elefanten sind nicht nur bei Nacht alle grau.
Diese Erkenntnis des Romans von Jenifer Becker, dass Spuren im Netz nicht mehr oder nur sehr schwer zu löschen und noch schwerer zu vermeiden sind, ist also ziemlich banal, die geschilderten Konsequenzen für das Leben der Protagonistin ziemlich „drüber“.
Erschreckend an dem Roman finde ich, dass einer promovierten Akademikerin nichts Besseres einfällt, mit ihrer Zeit zu tun, als Werbeprospekte und amerikanische Frauenzeitschriften aus dem Müll der Nachbarn zu lesen und die Zeit damit totzuschlagen, sich vor der Öffentlichkeit, die im Zweifel gar nicht an ihr interessiert ist, zu verschanzen. Irgendetwas Lebenspraktisches kriegt sie nicht auf die Reihe, einen Gewinn scheint sie aus dem selbst gewählten Experiment nicht zu ziehen, zurück scheint sie aber auch nicht zu können und zu wollen. Einzig tröstlich ist, dass es sich um einen Roman, also um Fiktion handelt, die man wohl nicht zu ernst zu nehmen braucht oder, wohlmeinend, als übertrieben sehen kann, damit auch der letzte, der möchte, die nicht vorhandene Botschaft versteht.
Zum Glück habe ich keine solche Langeweile, dass ich ein so langweiliges Buch wie „Zeiten der Langeweile“ ein zweites Mal lesen müsste. Zumindest ist der Titel Programm, denn genau das hat mir das Buch beschert: Zeiten der Langeweile.

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Veröffentlicht am 23.05.2022

Monkey Minded

Gespräche mit einem Baum
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Der Inhalt ist schnell wiedergegeben: Ein Mann philosophiert mit oder besser unter einem Baum über die großen Themen des Lebens: Herkunft, Sinn, Ziel, Sex, Macht, Geld, Erfolg … Prinzipiell eine schöne ...

Der Inhalt ist schnell wiedergegeben: Ein Mann philosophiert mit oder besser unter einem Baum über die großen Themen des Lebens: Herkunft, Sinn, Ziel, Sex, Macht, Geld, Erfolg … Prinzipiell eine schöne Idee: Bäume sind verwurzelt, ruhig und beruhigend. Genauso wie die Föhre des Autors. Dafür ist der Autor umso redseliger, sprunghafter und ein wenig selbstverliebt bzw. eitel. So durchschaut ihn auch der Baum im Buch. Der Mann reißt alle Themen an, ein bisschen hiervon, ein bisschen davon, eine Prise Schulz von Thun, eine Handvoll Zitate von Einstein, ein bisschen antike Philosophie, etwas moderne. Die Antworten bleiben oberflächlich, ein bisschen Zivilisationskritik (soziale Medien, Ausbeutung der Umwelt, Atombombe …), ein bisschen Resilienz, Achtsamkeit und Selbstfürsorge als Gegenmittel. Der Baum kommt selten zu Wort, er darf eher dem Monkey Mind des Autors als Plattform oder eher Klettergerüst für die wie Affen umherspringenden Gedanken dienen. Wer Weisheiten wie „Alles ist mit allem verbunden.“ oder „Ein Geheimnis ist ein Geheimnis.“ mag und wer es sich leisten kann, immer, wenn er sich im Stress fühlt, in seinen „Gedankenhelikopter“ oder auch einen echten Flieger zu steigen, um eine Auszeit vom Alltag und von sich selbst zu nehmen, der wird hier Antworten bzw. sich wieder-finden.

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