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Veröffentlicht am 03.11.2022

Wenn Farben zu laut werden

Alle Farben meines Lebens
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„Anfangs sehe ich die Farben nur bei den Menschen, mit denen ich zusammenlebe, und jeden Morgen frage ich mich, welche Farbtöne mich dieses Mal begrüßen werden.“ (S. 20) Alice sieht schon als Kind die ...

„Anfangs sehe ich die Farben nur bei den Menschen, mit denen ich zusammenlebe, und jeden Morgen frage ich mich, welche Farbtöne mich dieses Mal begrüßen werden.“ (S. 20) Alice sieht schon als Kind die Gefühle, Gedanken und körperlichen Zustände anderen Menschen als Farben, und vor allem die ihrer Mutter machen ihr Angst. Lily ist keine gute Mutter, kümmert sich nicht um ihre Kinder, sondern geht feiern, raucht, trinkt und nimmt Drogen, hat extreme Stimmungsschwankungen. Alice und ihr älterer Bruder Hugh scheinen ihr völlig egal zu sein, wenn sie nicht gerade ihre Wut und Gehässigkeit an ihnen auslassen will. Sie steckt ihre kaum vorhandene Energie in den Jüngsten, Ollie, formt ihn nach ihrem Bild und entzweit die Geschwister damit. „Zunehmend wird ihr Hass zu seinem Hass, ihre Ängste werden zu seinen Ängsten, ihr Zorn wird sein Zorn. Ihre Traurigkeit, seine Traurigkeit. Es überträgt sich immer auf ihn, und er saugt es begierig auf, unverzerrt noch das letzte Stückchen.“ (S. 32) Doch gerade die Mutter, die ihren Kindern nichts geben konnte, fordert alles von ihnen, als sie erwachsen sind.

Hugh ist der Einzige, der sich für Alice‘ interessiert, sie versteht, immer für sie da ist und versucht, ihr zu helfen. Seine Freundin entdeckt später, was Alice „fehlt“ – sie ist Synästhetikerin, lernt aber nie richtig, damit umzugehen. Sie kommt mit den vielen Eindrücken nicht klar, verkriecht sich in ihrem Innersten uns schottet sich nach außen mit Sonnenbrille, Maske und Handschuhen regelrecht gegen ihre Umwelt ab. „Die Farben der Menschen zu sehen ist manchmal, als sähe man sie nackt.“ (S. 34) Einzig die Natur erdet sie, gibt ihr Ruhe und neue Kraft. Die bloßen Füße auf feuchtem Gras oder mit den Händen in der Erde wühlen, das ist ihre Welt. Aber dann fällt ihr ein Mann auf, der keine einzige Farbe ausströmt – das hat sie noch nie erlebt und macht sie neugierig ...

Ich bin eigentlich ein großer Fan von Cecelia Ahern, aber „Alle Farben meines Lebens“ lässt mich sehr zwiegespalten zurück. Einerseits ist Alice‘ Geschichte extrem traurig und auch irgendwie berührend, ich mag die poetische Sprache, mit der die Autorin über Alice‘ Farbempfinden schreibt, andererseits bleibt sie mir durch ihre abweisende Art fremd, obwohl man stets ihre Gedanken und Gefühle erfährt. Auch die Sprünge immer wieder in der Zeit zurück bzw. zum Ende hin dann um Jahre / Jahrzehnte nach vorn waren nicht meins und das Ende, die letzten beiden 1,5 Kapitel, hätte ich nicht gebraucht. Darum leider nur 3 von 5 Sternen

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Veröffentlicht am 12.10.2022

Eine junge Frau sucht nach ihren Wurzeln

Mütter hat man nie genug
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Durch einen DNA-Test erfahren die 28jährige Stefanie und ihr jüngerer Bruder Felix, dass sie nicht verwandt sind. Als sie ihre Eltern darauf ansprechen, erzählen die ihnen eine abenteuerliche Geschichte. ...

Durch einen DNA-Test erfahren die 28jährige Stefanie und ihr jüngerer Bruder Felix, dass sie nicht verwandt sind. Als sie ihre Eltern darauf ansprechen, erzählen die ihnen eine abenteuerliche Geschichte. Weil ihre Mutter keine Kinder bekommen konnte und sie zu alt für eine legale Adoption waren, haben sie Stefanie auf illegalem Weg adoptiert – um kurz darauf doch noch ein eigenes Kind zu bekommen. Stefanie ist wie vor den Kopf gestoßen und bricht den Kontakt zu ihnen ab, nicht aber den zu ihrem Bruder, der sie auf der Suche nach ihrer wahren Mutter begleitet.

„Mütter hat man nie genug“ von Monika Maifeld ist die berührende Suche einer jungen Frau nach ihren Wurzeln. Der Plot der Geschichte hatte mich sofort gepackt und das Auf und Ab der Suche fand ich sehr spannend. Aber die Umsetzung ist meines Erachtens nicht ganz so gut gelungen, zu oft wurden Zufälle bemüht, damit es am Ende aufgeht und ich glaube auch nicht, dass 1990 in Deutschland schon jemand ein Handy aus der Handtasche gezogen hat. Die dürften erst 1992 auf den Markt gekommen sein. Der Sprachstil ist recht einfach gehalten und einige Protagonisten, besonders Stefanies Verlobter Bertram, konnten mich nicht überzeugen. Auf der einen Seite scheint er gegenüber Stefanie immer überbesorgt und großzügig, trägt sie sozusagen auf Händen, auf der anderen Seite ist er extrem eitel und oberflächlich und steht voll unter Muttis Knute. Dazu kommt, dass die zeitlichen Abläufe z.T. im Laufe der Handlung etwas durcheinandergeraten sind (genauer kann ich es leider nicht sagen, dann würde ich spoilern).

Positiv erwähnen möchte ich das Setting des Buches. Stefanies Beruf als Bogenbauerin fand ich sehr interessant und auch die verschiedenen Orte, an denen die Handlung spielt, werden stimmungsvoll beschrieben. Außerdem haben mir die Geschwisterbeziehung und der Zusammenhalt von Stefanie und Felix gut gefallen.

Trotzdem kann ich aufgrund der oben genannten Mankos leider nur 3 Sterne vergeben.

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Veröffentlicht am 27.08.2022

Arbeiten, wo andere Urlaub machen

Canaria Mortal
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… so hat sich Journalist Felix Faber seinen Neustart auf Gran Canaria bei der vielversprechenden linksorientierten Zeitschrift LA VIDA vorgestellt, aber nicht nur die Insel, auch die Redaktionsmitglieder ...

… so hat sich Journalist Felix Faber seinen Neustart auf Gran Canaria bei der vielversprechenden linksorientierten Zeitschrift LA VIDA vorgestellt, aber nicht nur die Insel, auch die Redaktionsmitglieder sind anders als erwartet. Die Insel ist kein grünes Tropenparadies, sondern eher felsig und steinig und seine neuen Kollegen verschweigen ihm etwas Wichtiges, das ihn in Gefahr bringen könnte. Außerdem liegen sie mit der neuen, rechtsgerichteten Partei RAZÓN im Clinch.
Als eine junge Frau ermordet aufgefunden wird, führt eine der Spuren zu LA VIDA und Faber stellt zusammen mit einer Kollegin eigene Nachforschungen an, da sie Informationen haben, die die Polizei noch nicht kennen kann.

Felix ist gerade erst auf der Gran Canaria und in seinem neuen Job angekommen, als er in die Ermittlungen rutscht. Durch ihn lernt man Land und Leute und auch die dunklen Seiten der Urlaubsregion kennen. Die Handlung dreht sich nämlich auch um Flüchtlinge, die die Insel als Sprungbrett nach Europa nutzen, Geldwäsche, Bestechung und die Reibereien zwischen den verschiedenen politischen Lagern.

Auf Seiten der Polizei ermittelt Ana Montero in dem Mord. Sie stammt ursprünglich aus Madrid und wurde hierher zwangsversetzt, will aber so schnell wie möglich zurück. Um ans Ziel zu kommen, braucht sie den einen großen Fall und wittert jetzt ihre Chance. Aber sie ist sich auch des Klüngels unter den Einwohner bewusst und spannt darum Felix ein, weil sie ihm mehr traut als ihren Kollegen …
Sie ist nicht die perfekte, linientreue Polizistin, die man erwartet, sondern noch relativ jung und dynamisch, sieht sehr gut aus und liebt schnelle Autos – und ab und an einen Joint.

Die Grundidee von „Canaria Mortal“ hat mir gut gefallen. Ein junges Mädchen aus der Unterschicht wird ermordet und es ist lange nicht klar, ob sie in etwas Illegales verwickelt war oder es sich um eine Beziehungstat handelt.

Etwas schwer hingegen habe ich mich mit den häufigen Sprüngen zwischen den erzählenden Personen getan. Durch den ständigen Perspektivwechsel fiel die Spannung immer wieder ab und mein Lesefluss wurde gestört. Auch die Geheimnistuerei wer die beiden Unbekannten sind, war mir zu viel (zumal eine recht schnell die Tote und damit ihre Identität geklärt ist).

Nicht ganz rund fand ich auch den Plot Twist, als Faber Lehrer wird, um an der Schule der Toten zu ermitteln und dafür keine Papiere oder Ausbildung braucht und es auch in der Redaktion außer einer Kollegin niemand weiß.
Zwei weitere Ungereimtheiten sind eine nächtliche Kletterpartie, für die Ana als geübte Kletterin eine Spitzhacke braucht, er als Ungeübter aber nicht, und dass sie anderthalb Stunden zu einem möglichen Tatort fahren, um dann Verstärkung zu rufen, die schon nach einer Viertelstunde da ist?!

Mein Fazit: Interessante Grundidee, auch die (Flüchtlings-)Politik hat gut in die Handlung gepasst, aber der Erzählstil und einige Ungereimtheiten haben mich etwas gestört.

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Veröffentlicht am 28.07.2022

Journalistin im Widerstand

Die Aufrechte
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Berlin 1933: Die Journalistin Felicitas von Reznicek (29) schreibt Artikel über Mode, Kultur oder Bridge (Frauenthemen eben) für verschiedene Zeitungen und Zeitschriften. Eine eigene Familie hat sie nie ...

Berlin 1933: Die Journalistin Felicitas von Reznicek (29) schreibt Artikel über Mode, Kultur oder Bridge (Frauenthemen eben) für verschiedene Zeitungen und Zeitschriften. Eine eigene Familie hat sie nie gegründet, der passende Mann war bisher nicht dabei. Außerdem führt sie die Geschäfte ihres Vaters, des berühmten Komponisten und Dirigenten Emil Nikolaus von Reznicek, kümmert sich um den Schriftkram, organisiert seine Reisen und Konzerte, zu denen sie ihn auch begleitet.
Als die Nationalsozialisten an die Macht kommen stellt sich heraus, dass ihr Bruder Emil schon seit 2 Jahren in der NSDAP und SS ist, und die Familie droht daran zu zerbrechen. Zudem braucht er jetzt dringend einen Ariernachweis, aber die Mutter ihrer Mutter war „nur“ eine getaufte Jüdin und soll Fee das irgendwie richten. „Schon immer war es ihre Aufgabe in der Familie gewesen, anstehende Probleme zu lösen.“ (S. 37) Sie denkt sofort ans Auswandern, aber ihre Eltern leben seit Jahrzehnten in Berlin und wollen nicht weg. Außerdem glauben sie, dass der „braune Spuk“ bald vorbei ist.
Fee sieht das anders und will aktiven Widerstand leisten, schließt sich Rudolf Peschel von der Deutschen Rundschau an, der offiziell regimekritische Artikel veröffentlicht und inoffiziell kriegswichtige Informationen sammelt und an Verbündete in Frankreich und Großbritannien weitergibt – u.a. durch Fee auf ihren Auslandsreisen.

Claudius Crönert beschreibt Fees Arbeit und (Über-)Leben in der Zeit von 1933 bis 1945, lässt den Leser an ihrem Privat- und Berufsleben teilhaben. Er zeigt ihre politische Ausrichtung und Entwicklung und dass sie auch im Kleinen Widerstand leistet, indem sie u.a. eine Jüdin in ihrem Haus mit Lebensmitteln versorgt.
Fee sitzt immer zwischen den Stühlen, würde gern vor den Nazis ins sichere Ausland fliehen, fühlt sich aber ihren alten Eltern (beide sind schon Mitte 70) verpflichtet. „Es war eine Tatsache, dass sie ihre Eltern nicht zurücklassen konnte, und eine andere, dass sie ihre Brüder nicht in Schwierigkeiten bringen wollte. Aus beidem folgte, dass sie weitermachen musste, hier, in Berlin.“ (S. 80)
Ihr einziger „Ausbruch“ ist die Affäre mit Fritz Wiedemann, dem Adjutanten von Adolf Hitler, dem ersten Mann, zu dem sie sich wirklich hingezogen fühlt. „Mit ihm war sie einfach eine Frau. Und er war ein Mann.“ (S. 182) Aber die Beziehung ist kompliziert. Fritz ist verheiratet, hat neben ihr noch mindestens eine andere Geliebte und würde sich nie scheiden lassen. Außerdem muss sie ihm mehrfach Informationen für Peschel entlocken oder ihn bei Problemen um Hilfe bitten. Das fällt ihr nicht leicht und belastet sie zusätzlich.

Fee führte prinzipiell ein interessantes Leben, aber an einigen Stellen wird es zu ausführlich erzählt, lässt der Autor zu viele allgemeine Informationen und Personen einfließen, die nur kurz auftauchen und keine Bedeutung für den weiteren Verlauf der Handlung haben. Dafür werden die in meinen Augen spannendsten Erlebnisse, wie ihre Tätigkeit für den Widerstand oder ihre Reise von Amerika über Japan und Russland zurück nach Deutschland, leider nur angerissen. Auch der Krieg passiert nur im Hintergrund oder Nebensätzen. Mich haben erst die letzten 100 – 120 Seiten so richtig gepackt.
Ein weiteres Manko sind die fehlenden Jahreszahlen. Man muss entweder von Beginn an anhand der Monate oder Jahreszeiten selber mitrechnen, welches Jahr gerade ist, oder auf ein politisches Ereignis hoffen. Dadurch scheint ihr Leben oft wie aus der Zeit und dem historischen Kontext gefallen.

„Die Aufrechte“ ist ein wichtiges Buch im Kampf #gegendasvergessen, hätte für mich aber mehr Spannung haben und die Handlung etwas gestraffter sein können.

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Veröffentlicht am 21.04.2022

Brot mal anders

Die Gemüsebäckerei
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Nicht erst seit der Mehlknappheit „strecke“ ich Brot mit Gemüse. Vor allem mein Apfel-Möhre-Mehrkornbrot erfreut sich bei Familie und Freunden großer Beliebtheit, weil es sehr gut schmeckt und durch das ...

Nicht erst seit der Mehlknappheit „strecke“ ich Brot mit Gemüse. Vor allem mein Apfel-Möhre-Mehrkornbrot erfreut sich bei Familie und Freunden großer Beliebtheit, weil es sehr gut schmeckt und durch das Obst und Gemüse im Teig auch länger frisch bleibt. Im Sommer backe ich gern mit Zucchini und im Herbst und Winter mit Kürbis – aber letztendlich greift man immer auf die gleichen Rezepte zurück.
Darum war ich so gespannt auf „Die Gemüsebäckerei“ von Lina Wallentinson. Was die Abwechslung und Inspiration ihrer Rezepte betrifft, wurde ich auch nicht enttäuscht. Egal ob Brötchen, Knäckebrot, Weichgebäck oder süße Köstlichkeiten, Gemüse nimmt stets eine zentrale Rolle ein und die ausprobierten Rezepte (Süßkartoffelwaffeln, Möhrenbrötchen, grüne Baguettes mit Spinat und Zucchini, Kartoffel-Tartelette und Rote-Beete-Kuchen) waren auch sehr lecker, nur im Grützbrot fehlt eindeutig Brotgewürz oder Ähnliches.

Allerdings hat das Buch einige Mankos vorzuweisen, die es vor allem Anfängern schwer machen werden. Die Bäckerin ist Schwedin und mir ist klar, dass die Mehlsorten dort anders heißen als bei uns, aber ich habe auch durch Googeln nicht herausbekommen, was das Gegenstück zu Weizen-Spezialmehl oder grobem Roggenmehl ist – evtl. feiner Roggenschrot? Es fehlt einfach grundsätzlich die Angabe, welcher Mahlgrad jeweils gemeint ist und auch beim Backen werden zwar Temperaturen angegeben, aber nicht die Backart (also Heißluft, Ober/Unterhitze etc.). Zudem habe ich nur einmal die Menge fertiger Gebäckstücke herausbekommen, die im Buch angegeben wird – ansonsten wurden es statt 20 Brötchen nur 13 (ziemlich kleine) und statt 12 Waffeln sogar nur 4. Auch der Rote-Beete-Gugelhupf füllte die Form gerade mal zur Hälfte aus, ertrank dafür aber in dem Guss. Außerdem sind die Brot- und Brötchenteige extrem weich und mit der Hand kaum zu verarbeiten, werden darum oft nur aufs Blech oder in eine Form „geklickert“ (mit einem Esslöffel portioniert). Da wird viel Potential verschenkt und ich frage mich, ob die Rezepte schlecht übersetzt oder nicht noch einmal ausprobiert wurden.

Mein Fazit: Die Grundidee ist super und die Gebäckstücke sind lecker, aber bei der Umsetzung und Anwenderfreundlichkeit lassen die Rezepte leider zu wünschen übrig.

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