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Veröffentlicht am 16.10.2022

Wenn man der Vergangenheit nicht entkommt

Schmerz und kein Trost
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Erik Donner versucht gerade mehr Achtsamkeit in sein Leben zu integrieren und hat sich sogar dazu entschlossen eine Psychologin aufzusuchen, um endlich seine Vergangenheit aufzuarbeiten. Das diese ihn ...

Erik Donner versucht gerade mehr Achtsamkeit in sein Leben zu integrieren und hat sich sogar dazu entschlossen eine Psychologin aufzusuchen, um endlich seine Vergangenheit aufzuarbeiten. Das diese ihn aber schon wiedereinmal eingeholt hat, muss er ziemlich schnell feststellen. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt und es wird sehr persönlich, denn auch Donners Familie wird zur Zielscheibe eines sadistischen Psychopathen.

Im bereits 8. Fall des Ermittlers wird der Leser direkt im Prolog in eine der dunkelsten Phasen in Donners Leben katapultiert. Es freut einen dann natürlich sehr, wenn man Donner in guter Verfassung im Jetzt und Hier trifft, bereit das Erlebte endlich loszulassen. Wer die Bücher von Elias Haller kennt, weiß allerdings, dass Donner wohl nur eine kurze Verscgnaufpause vergönnt sein wird.

Der Autor wirft seinen Protagonisten direkt in ein recht blutiges, fast etwas skurriles Szenario, eines, das vom Täter tatsächlich auch " inszeniert" wird. Wie ein Regisseur plant er die einzelnen, blutigen Details. Elias Haller mutet hier seinen Figuren und seinen Lesern gleichermaßen viel zu. Für manchen kann das eventuell etwas zu viel sein, also würde ich Thrillerneulingen das Buch jetzt vielleicht nicht unbedingt als Bettlektüre empfehlen. Als Ausgleich für die härteren Beschreibungen hat der Autor etwas schwarzen Humor eingearbeitet und lässt Donner irrwitzige Gespräche mit seinem Anti Stress Ball führen.

Für Fans der Erik Donner Reihe ist das Buch ein Muss, Einsteiger können es auch ohne Vorkenntnisse lesen, sollten sich der beschriebenen Brutalität allerdings bewusst sein. Sehr gefreut hat mich, dass der Autor wieder den Bogen zu seinen anderen Reihen spannt, in dem er hier seinem Kryptologen Arne Stiller einen Auftritt gibt und dieser es sich natürlich nicht nehmen lässt eine seiner Weisheiten beizusteuern.

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Veröffentlicht am 02.10.2022

Bedrohliche Atmosphäre

Tief in den Wäldern
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Cold Creek, ein fiktives Städtchen im Nordwesten Kanadas. Umgeben von dichten Wäldern, ein See in der Nähe, könnte es eigentlich sehr idyllisch sein, aber auf dem Highway lauert der Tod. Seit Jahren verschiedenen ...

Cold Creek, ein fiktives Städtchen im Nordwesten Kanadas. Umgeben von dichten Wäldern, ein See in der Nähe, könnte es eigentlich sehr idyllisch sein, aber auf dem Highway lauert der Tod. Seit Jahren verschiedenen hier immer wieder junge Frauen, manchmal wird eine Leiche gefunden, aber meist tauchen die Frauen nie wieder auf. Hailey ist hier aufgewachsen, nach dem Unfalltod ihres Vaters lebt sie bei ihrer Tante und deren Ehemann, einem Cop. Eine sichere Umgebung, könnte man meinen, aber Hailey kommt einem dunklen Geheimnis auf die Spur.

Jede junge Frau hat wohl die Warnung ihrer Eltern im Ohr - fahr nicht per Anhalter, steig niemals in ein fremdes Auto, nimm selbst keine Anhalter mit. Auch ich habe diese Sätze schon zu meinen Töchtern gesagt. Was aber wenn die Bedrohung aber nicht nur auf der Straße lauert, sondern eben auch in den eigenen vier Wänden. Dieses Szenario ist hier Thema.

In Kanada gilt die Autorin wohl schon als Garant für Spannung, ich habe hier ihr erstes Buch gelesen. Von der ersten Seite an war ich vom Schreibstil angetan, schon der Prolog, geschrieben aus der Sicht eines der toten Opfer des Highwaykillers, ist speziell. Die Autorin schafft es recht schnell eine sehr bedrohliche, bedrückende Stimmung aufzubauen und der Leser spürt so die Gefahr in der Hailey schwebt. Die Figur von der diese Bedrohung ausgeht ist sehr passend charakterisiert, der Leser schießt sich quasi auf sie ein und weiß gleichzeitig, dass da noch mehr sein muss. Die Wahl des Täters hat mich kurz überrascht, über das Schicksal, das die Autorin ihm zugedacht hat kann man streiten.

Die Story, die im Groben auf tatsächlichen Morden beruht, ist spannend erzählt, phasenweise kommt sie wie ein Survival Trip daher. Mir hat diese Mischung gut gefallen, auch wenn so vielleicht manchmal kleine Längen entstanden sind. Die Figuren im Buch sind relativ jung und handeln auch dementsprechend nicht unbedingt immer klug, aus Sicht eines Erwachsenen, aber sie wachsen an den grausamen Ereignissen, deren Zeuge sie werden.

Im Groben läuft der Thriller natürlich nach einem recht bekannten Thema innerhalb des Genres. Der irre Highwaykiller ist jetzt keine neue Erfindung, durch das Setting und den Aufbau der Geschichte und angesichts der realen Hintergründe hatte ich allerdings während der Lektüre fast durchgehend Gänsehaut, somit hat die Autorin für mich alles richtig gemacht.

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Veröffentlicht am 18.07.2022

Schicksale

Das Leuchten der Rentiere
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Elsa, ein junges Sami Mädchen, wächst mit den Traditionen ihres Volkes auf und wichtigster Bestandteil dieser Traditionen ist die Zucht der Rentiere. Obwohl ihr, als Tochter der Familie keine aktive Rolle ...

Elsa, ein junges Sami Mädchen, wächst mit den Traditionen ihres Volkes auf und wichtigster Bestandteil dieser Traditionen ist die Zucht der Rentiere. Obwohl ihr, als Tochter der Familie keine aktive Rolle bei der Arbeit mit der Herde zugedacht ist, entwickelt sie schon früh eine enge Bindung zu den Tieren. Als sie im Alter vonn neun Jahren einen bekannten Wilderer dabei beobachtet, wie er ihr Lieblingstier tötet, ist das ein brutaler Einschnitt in ihre kindliche Welt und leider erst der Anfang von jahrelangen Drohungen und Übergriffen.

Das Buch zeigt auf sehr eindrückliche Weise eine Sicht auf das, bei uns als sehr sozial bekannte, Schweden. Ein Land, das auch im 21.Jahrhundert noch massive Probleme mit der Akzeptanz der Sami, der indigenen Bevölkerungsgruppe zu haben scheint. Offiziell haben diese zwar ihre Rechte und dürfen ihre Traditionen leben, im Alltag sieht das aber ganz anders aus. Die Autorin beschreibt aus der Perspektive ihrer Hauptfigur Elsa, wie die Familien mit öffentlichen Bedrohungen leben müssen, wie es immer wieder, unter den Augen der Behörden zu Wilderei und Vandalismus kommt, wie die Rechte der Sami selbst von der Polizei unverholen ignoriert und Verfahren verschleppt werden. Aber sie beschreibt auch, wie es innerhalb der Familienverbände zugeht, wie gerade die junge Generation mit den starren Auslegungen der Traditionen zu kämpfen hat und sich nicht selten in Alkohol, Depression, oder gar Selbstmord flüchtet.

Die schwedische Autorin weiß durchaus wovon sie hier erzählt, ist sie doch selbst eine Angehörige der Sami. In ihrem wunderbar leise erzählten Roman lenkt sie den Blick des Lesers auf ein Problem, das vielen wahrscheinlich gänzlich unbekannt ist. Natürlich kennt man die Leidenswege der indigenen Bevölkerung in Amerika, oder auch die Thematik rund um die Rechte der Aborigines in Australien. Das es aber innerhalb Europas, in einem beliebten Urlaubsland derartige Probleme gibt, möchte man sicher gern verdrängen. Bei genauerer Betrachtung allerdings gibt es die unterschiedlichsten Völkergruppen, die innerhalb ihrer Herkunftsländer mit Hass und Hetze bedacht werden und die fast keine Lobby haben. Neben den nordischen Sami, abschätzig oft als Lappen bezeichnet zählen hierzu zb auch Sinti und Roma in Osteuropa, die verschiedenen Volksgruppen in Sibirien, aber auch die Uriguren.

Mich hat die Lektüre des Buches sehr bewegt, obwohl ich anfangs leichte Schwierigkeiten hatte meinen Rythmus zu finden. Die Geschichte ist in drei Abschnitte gegliedert, in jedem erlebt man Elsa in einer anderen Altersstufe und hat so eine differenziertere Sicht auf die Ereignisse und Entwicklungen. Auf diese Weise nimmt man auch Anteil an der wachsenden Hilflosigkeit der Figuren, dem immer größer werdenden Druck und erlebt wie Großeltern, Eltern, Kinder den immer gleichen Repressalien ausgesetzt sind. Das Buch beschämt mich als Leser, es macht nachdenklich, auch über das eigene Verhalten und es zeigt, wie tief der Rechtspopulismus in unserer Gesellschaft noch immer, oder leider, schon wieder Wurzeln geschlagen hat. Klare Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 07.07.2022

Geheimnisse

Das Haus der stummen Toten
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Eleanor's Großmutter wurde ermordet, der Täter begegnet ihr sogar noch im Treppenhaus bleibt aber unerkannt. Kurz darauf erfährt Eleanor, das ihre Großmutter ihr ein Gutshaus vererbt hat, das sie vorher ...

Eleanor's Großmutter wurde ermordet, der Täter begegnet ihr sogar noch im Treppenhaus bleibt aber unerkannt. Kurz darauf erfährt Eleanor, das ihre Großmutter ihr ein Gutshaus vererbt hat, das sie vorher niemals erwähnt hat.

Camilla Sten legt mit diesem Buch ihren zweiten Thriller vor, ich kannte bisher nur die Arbeiten ihrer Mutter und war deshalb sehr gespannt. Der Ton ist hier durchaus rauer, die Kategorie Thriller auch passend, obwohl die Basis der Geschichte, der Aufbau sehr klassisch anmutet. Im Groben haben wir hier eine Art Kammerspiel, wie man es auch bei Agatha Christie finden kann. Eine begrenzte Gruppe von Leuten kommt an einem Ort zusammen und sitzt dort dann auf Grund unerwarteter Ereignisse fest und das Morden beginnt. Ähnliche Szenarien sind nicht neu und finden sich in unzähligen Büchern und Filmen. Ein bewährtes Konzept, das es nun spannend umzusetzen gilt.

Die Autorin startet eher ruhig in ihre Geschichte und wiegt so den Leser, wie auch die Protagonisten in trügerischer Sicherheit. Durch die Verbindung von klassischen Krimielementen und leichtem Gruselfaktor steigert sich die Spannung langsam, aber stetig, durch die eingestreuten Rückblenden zu den Geschehnissen in der Vergangenheit bleibt man als Leser aufmerksam, weil man unbedingt dem Rätsel auf die Spur kommen will. Die Auflösung ahnt man dann schon fast, wird aber im Detail dann trotzdem von der Autorin noch überrascht. Die Story ist letztlich gut durchdacht, logisch und spannend konstruiert. Über die Wahl des Täters kann man vielleicht geteilter Meinung sein, ein bisschen habe ich hier tatsächlich gehadert, aber nur kurz, es wurde schon aus anderen Gründen gemordet.

Camilla Sten hat hier einen sehr klassischen Thriller vorgelegt, der auf allzu viel Blut und Hektik verzichtet. Es gibt eine passende Hintergrundgeschichte und stimmige Figuren. Leser denen es nicht um Effekthascherei geht werden hier gut unterhalten, man wird eingeladen der Geschichte zu folgen, eigene Überlegungen anzustellen, das sprichwörtliche Puzzle zusammenzusetzen. Mir gefällt's!

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Veröffentlicht am 23.06.2022

Irrwitzige Zugfahrt

Bullet Train
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Lemon und Tangerin haben erfolgreich einen Auftrag erledigt, die Killer sollten den entführten Sohn eines Gangsterbosses befreien. Nun liegt nur noch die Zugfahrt vor ihnen, um Sohnemann mitsamt Lösegeldkoffer ...

Lemon und Tangerin haben erfolgreich einen Auftrag erledigt, die Killer sollten den entführten Sohn eines Gangsterbosses befreien. Nun liegt nur noch die Zugfahrt vor ihnen, um Sohnemann mitsamt Lösegeldkoffer wieder bei Papi abzuliefern. Blöd nur, dass mit dem Einsteigen in den Hochgeschwindigkeitszug irgendwie alles schief läuft, das schieflaufen kann und das nicht nur für die Beiden, sondern auch für die anderen, im Zug anwesenden Auftragskiller.

Den Anteil japanischer Autoren in meinem Bücherregal könnte man, streng genommen, als nicht vorhanden beschreiben. Entsprechend skeptisch war ich auch, als mir "Bullet Train" immer öfter in den sozialen Medien untergekommen ist. Ich fand die Beschreibung zwar schon interessant, aber es gab zu viel Anderes auf meiner Leseliste. Als ich dann zufällig, im Rahmen einer Leserunde auf das Buch gestoßen bin, dachte ich, warum eigentlich nicht und was soll ich sagen, es ärgert mich total, dass ich hier so lange gezögert habe.

Schon nach den ersten Seiten war ich voll in meinem Element, die verschiedenen Figuren, die Dynamik zwischen ihnen, die teils irrwitzigen, teils philosophischen Dialoge und natürlich auch die Lokation haben mich direkt mitgenommen. Der Erzählstil ist rasant, wechselt immer wieder zwischen den Figuren, deren Geschicke der Autor im Verlauf immer mehr miteinander verknüpft. Im Mittelteil gibt es vielleicht kurzzeitig ein paar klitzekleine Längen, aber da hat man ganz flott drüber gelesen.

Der Autor schafft hier wirklich individuelle Figuren, die nie langweilig werden und denen ich ihr skuriles Verhalten eins zu eins abkaufe. Natürlich muss man sich dazu allerdings auch auf diese Art der Geschichte einlassen. Ein typischer Thriller ist das Buch ganz und gar nicht, ich kann jetzt aber auch nicht sagen, in welche Kategorie ich das Buch verordnen würde. Ich weiß nur, es ist genau meine Art von rabenschwarzem Humor. Lemon, mit seiner Fixierung auf "Thomas die kleine Lokomotive" und der ernste, belesene Tangerin erinnern mich extrem an Hazel und Cha Cha, die beiden Killer aus "Umbrella Academy" , aber ich sehe auch durchaus Parallelen zur Serie "Fargo". Wer sich hier wohlfühlt, der sollte das Buch unbedingt lesen.

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