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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 02.11.2022

Realistische Darstellung

Feldpost
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Das Schreiben in verschiedenen Zeitsträngen, meist Gegenwart und Vergangenheit ist ein wesentliches Merkmal dieses Genres, in dem Mechthild Borrmann eine erfolgreiche Meisterin ist.
Hier sind es die Jahre ...

Das Schreiben in verschiedenen Zeitsträngen, meist Gegenwart und Vergangenheit ist ein wesentliches Merkmal dieses Genres, in dem Mechthild Borrmann eine erfolgreiche Meisterin ist.
Hier sind es die Jahre 2000 mit der Anwältin Cara, die sich mit alten Briefen befasst und dann ab 1935 in Kassel mit wechselnden Perspektiven. Wichtig sind da Adele und ihre Familie sowie Richard Martens, den ich für die vielleicht stärkste Figur halte.

Mechthild Borrmann hat schon eine Reihe von Büchern geschrieben, wobei mich besonders Der Geiger und Trümmerkind beeindruckten.
Feldpost kommt mir im Vergleich zu routiniert vor. Doch dafür schafft sie eine große Komplexität.

Der Plot funktioniert. Wie Cara recherchiert und wie Adele und Richard die schlimme Zeit erlebt, werden intensiv dargestellt. Auch die Exilgeschichte von Adeles Eltern Gerhard und Katharina wird erzählt.
Es wird zu einem packenden Lesen.

Veröffentlicht am 02.11.2022

souverän geschrieben

Die Bücher, der Junge und die Nacht
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Kai Meyer setzt auf eine bewährte Erzählmethode mit mehreren, zeitlich versetzten Handlungsebenen. Da gibt es Handlungsstränge in der Vergangenheit und einen in der Gegenwart, die hier allerdings ab 1971 ...

Kai Meyer setzt auf eine bewährte Erzählmethode mit mehreren, zeitlich versetzten Handlungsebenen. Da gibt es Handlungsstränge in der Vergangenheit und einen in der Gegenwart, die hier allerdings ab 1971 beginnt.
Protagonist ist Robert, der als Kind seine ersten zehn Jahre isoliert verbrachte. Erst 1943 wurde er befreit.
Auch später weiß er nicht alle Hintergründe. Dieses Rätsel bestimmt den Roman.
Robert, der Bücherexperte ist, arbeitet zusammen mit Marie. Deren streitlustige Dialoge sind amüsant.
Der Handlungspart mit Jakob, Juli und Gregorio ab 1933 übernimmt dann einen Großteil des Plots.

Erzählt wird eigentlich ziemlich locker und Kai Meyers Schreibe gefällt mir gut, aber an und zu wird es sprachlich verkrampft.
Beispiel der erste Satz von Kapitel 19:
Leipzigs Gassen und Boulevards zerflossen an diesem Abend zu einem Aquarell, dessen Farben mit schwarzer Tinte vermischt worden waren.
Die Lichtkugeln der Straßenlaternen lagen darauf wie verstreute Münzen.“
Das wirkt auf mich stilistisch übermotiviert und die Absicht eine besondere Leipziger Atmosphäre zu schaffen, verfängt nicht unbedingt.
Durch Fakten über Leipzig, die Meyer später liefert, wird das eher erfolgen.
Meyers Schreibstil ist ansonsten routiniert und sorgfältig.
Und was ihm wirklich gelingt, ist die Stimmungen der jeweiligen Zeiten einzufangen.
Der Roman nimmt den Leser im Verlaufe des Buches immer mehr gefangen.
Die Bücher, der Junge und die Nacht ist guter Roman, der den direkten Vergleich mit den großen Romanen des Genres aushält.

Veröffentlicht am 27.10.2022

Das Labyrinth dreier Geschichten

Der Klang von Licht
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Mehrere Figuren spielen eine Rolle in diesem Roman, aber zentral war für mich der junge Arzt Jean-Pierre, der nach einem unerwarteten Vorfall bei einer Behandlung in eine Krise gerät. Der bisher selbstherrliche, ...

Mehrere Figuren spielen eine Rolle in diesem Roman, aber zentral war für mich der junge Arzt Jean-Pierre, der nach einem unerwarteten Vorfall bei einer Behandlung in eine Krise gerät. Der bisher selbstherrliche, arrogante Chirurg stellt sich und sein Leben in Frage und beschließt es zu ändern. Zunächst ist er orientierungslos, da beschließt er, das Krankenhaus zu verlassen und in einer Kinderklinik neu anzufangen.

Weiterhin geht es auch viel um Herkunft und Verwandtschaft. Nicht wenige in diesem Buch sind da betroffen und manchmal ist es unklar.
Jean-Pierre zum Beispiel erfährt, dass sein väterlicher Freund Hermes, der ebenfalls Arzt im Krankenhaus ist, in Wirklichkeit sein leiblicher Vater ist und Hermes ihm das immer verschwiegen hat und auch was mit seiner leiblichen Mutter war. Ein weiterer Aspekt, der Jean-Pierre in Konfusion zurücklässt.

Ich gebe zu, dass ich ein wenig Probleme mit unsympathischen Figuren habe und manche Figuren dieses Romans waren mir teilweise unangenehm, selbst wenn es auch um Charakteränderung geht.
Eine Ausnahme davon war die sensible, verschlossene Elodie, die die Kinderklinik leitet und die Selbstmord machen wollte.
Juliette, die ebenfalls einen Suizidversuch unternahm, tut mir auch leid. Immerhin kümmert sich ihre resolute Großmutter Margaux um sie.
Es ist dann interessant zu sehen, wie Jean-Pierre sich entwickelt.

Die Auflösung der Zusammenhänge am Ende ist so erstaunlich wie pathetisch.

Der Klang von Licht ist ein spannendes Buch, dass den Leser mit seinen philosophischen Ansatz länger beschäftigt.

Veröffentlicht am 22.10.2022

Varkurs Schicksal

Die Legenden von Andor: Varkurs Erwachen
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Graphic Novels lese ich nicht oft, daher ist Die Legenden von Andor – Varkus Erwachen für mich etwas besonders.
Mich beeindrucken die gut gezeichneten Bilder und dabei besonders die Gesichter der Figuren, ...

Graphic Novels lese ich nicht oft, daher ist Die Legenden von Andor – Varkus Erwachen für mich etwas besonders.
Mich beeindrucken die gut gezeichneten Bilder und dabei besonders die Gesichter der Figuren, die Emotionen ausdrücken.
Auch die Umgebung ist teilweise imposant gezeichnet.

Der Grundplot an sich ist nicht ganz neu. Eine Frau findet einen verletzten Mann, der sein Gedächtnis verloren hat. Das gab es schon bei Joseph Conrad.
Aber das macht nicht. Die Bestandteile des Plots funktionieren einfach und der Geschichte zwischen Varkur und Ranja folgt man gerne.
Es bleibt zunächst Geheimnisvoll, doch Varkurs schlummernde Kräfte werden langsam spürbar, zunächst nur andeutend im Dorf und schließlich mächtig, als Ranja von einem Skral angegriffen wird.

Es gibt Ansätze, wo es etwas düster wird, aber sie bleiben im Ansatz. Das hätte ich mir auch noch stärker Dark ausgeprägt vorstellen können.
Dafür wird in Varkurs Erwachen eine geradlinige Story erzählt und dafür habe ich viel übrig.

Veröffentlicht am 19.10.2022

Deutsch-türkisches Zusammentreffen

Ein Alman feiert selten allein
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Aylin Atmaca schreibt in ihrem Roman „Ein Alman feiert selten allein“ auf leicht humorvolle Art über kulturelle Unterschiede zwischen Türken und Deutschen, vor allem im Zusammenhang mit Weihnachten, aber ...

Aylin Atmaca schreibt in ihrem Roman „Ein Alman feiert selten allein“ auf leicht humorvolle Art über kulturelle Unterschiede zwischen Türken und Deutschen, vor allem im Zusammenhang mit Weihnachten, aber auch andere Aspekte kommen zum tragen.
Zwar fand ich den Humor jetzt nicht brüllend komisch und den Schreibstil auch nicht besonders subtil, aber thematisch konnte es mich interessieren und die Autorin geht behutsam vor.
Das Konzept Weihnachten wird auf den Prüfstand gestellt.
Es wird deutlich, wie wunderlich den türkischen Einwanderer die westlichen Sitten vorkommen. Selbst aus der nächsten Generation der schon in Deutschland geborenen.
Aber auch deutsche Klischeevorstellungen über türkisches werden blossgelegt, zum Beispiel die Unsitte andere in Schubladen zu stecken.

Davon abgesehen erscheint mir der Roman dann doch als Positivbeispiel des Zusammenlebens. Das zeigt sich in vielen kleinen Episoden, die das gemischte Familienleben ausmachen.
Überwiegend ist es ein entspannter, amüsanter Roman.