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Venatrix

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Veröffentlicht am 29.10.2022

Eine Hommage an die Raben

Raben
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Was Sie schon immer über Raben wissen wollten!

Dass Raben äußerst intelligente Vögel sind, ist ja hinlänglich bekannt. Doch wie beweisen? Autor Thomas Bugnyar, seines Zeichen Professor und Leiter des ...

Was Sie schon immer über Raben wissen wollten!

Dass Raben äußerst intelligente Vögel sind, ist ja hinlänglich bekannt. Doch wie beweisen? Autor Thomas Bugnyar, seines Zeichen Professor und Leiter des Departments für Verhaltens- und Kognitionsbiologie an der Uni Wien, ist es gemeinsam mit anderen, Versuchsreihen extra für Raben(vögel) zu erstellen, um deren kognitive und soziale Fähigkeiten zu überprüfen. In mehreren Forschungsstätten wie am Haidlhof in Bad Vöslau oder in Grünau im Almtal ist es ihm gelungen zahlreiche Fähigkeiten nachzuweisen.

Seine Erkenntnisse hat er in diesem Buch in zehn Kapiteln zusammengefasst:

„Raben sind auch nicht anderes wie fliegende Affen“
Raben verstehen mehr, als wir denken
Allesfresser mit gewissen Vorlieben
Tarnen und Täuschen
Der schwierige Blick in den Rabenkopf
Von Vielfliegern und Dableibern
Komplexe Beziehungen
Danke für die Information
Eine Frage der Persönlichkeit
Was wir von den Raben lernen können

Mit viel Herzblut und noch mehr Liebe zu den Raben hat Thomas Bugnyar dieses Buch verfasst. Akribisch erklärt er dem interessierten Laien, wie Raben ticken und wie sie quasi „ausgehorcht“ werden können. Doch nicht jeder Proband macht gerne bei den Versuchen mit - deswegen ist Fingerspitzengefühl und individuelle Betreuung nötig. Der eine mag gerne Käsestückchen als Belohnung, der andere ist darüber indiginiert.

Rabenvögel sind Wildtiere, doch als Kulturfolger sind sie den Menschen oft näher und ähnlicher als beiden lieb ist.

Das Buch ist im Verlag Brandstätter in gediegener Ausführung mit Lesebändchen erschienen und eignet sich bestens als Geschenk.

Fazit:

Spannend ist zu lesen, wie die Raben auch ihn immer wieder überraschen und damit seine bisherige Erkenntnisse aus den Kopf stellen. Gerne gebe ich diesem humorvoll geschriebenen Buch 5 Sterne.

Veröffentlicht am 29.10.2022

Wie der normannische Herzog König von England wurde

Der eiserne Herzog
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Fast jeder kennt in groben Zügen die Geschichte von Wilhelm dem Eroberer, der 1066 in der Schlacht von Hastings den König von England, Harald Godwinson geschlagen hat. Doch die Hintergründe, warum ein ...

Fast jeder kennt in groben Zügen die Geschichte von Wilhelm dem Eroberer, der 1066 in der Schlacht von Hastings den König von England, Harald Godwinson geschlagen hat. Doch die Hintergründe, warum ein aus der Normandie stammender Herzog, die Insel angreifen soll, ist heute nicht mehr so geläufig. Ulf Schiewe erzählt in diesem, seinem neuen historischen Roman, wie es dazu kam.

Wir lesen ein Mittelalterepos, das an Dramatik kaum zu überbieten ist. Von Kindern, die als Geiseln an anderen Herrschaftshäusern gehalten werden, von gebrochenen Schwüren, einem Papst, der sich in das Leben der Menschen einmischt, von Herrschern und deren Gemahlinnen, mit wenigen Ausnahmen (hier Matilda und Ealdgyth) ausschließlich nach dynastischen Gesichtspunkten verheiratet werden, Frauen, die oft analytischer denken als ihre Männer, von Norwegern, Angelsachsen und Normannen, deren Anführer alle den Anspruch stellen, König von Engaland zu sein. Aber, es kann nur einen geben. Nachdem die Frage nicht beim Schach geklärt wird, klirren die Schwerter und die englische Erde wird mit dem Blut von tausenden Menschen und Pferden getränkt.

Wer nun glaubt, dass ganze Buch handelt ausschließlich von blutigen Gemetzeln, der liegt falsch. Die Schlacht bei Hastings ist die Entscheidung, das Ende des Streits um den englischen Königsthron. Zuvor lernen wir die Kontrahenten Guilhem und Harold kennen sowie ihre Herkunftsgeschichte kennen. Beide intelligent, charismatisch und geborene Anführer. Unter anderen Umständen hätten sie Verbündetet, ja vielleicht sogar Freunde sein können. Doch der Ehrgeiz der Familie Godwin führt die beiden als Gegner auf das Schlachtfeld.

Ulf Schiewe gelingt es wie keinem zweiten, diese Zeit auferstehen zu lassen. Sein bildhafter Schreibstil kann sich durchaus mit dem Wandteppich von Bayeux, der eine Grundlage dieses Romans bildet, vergleichen lassen. Geschickt verknüpft der Autor, wie wir es von ihm aus anderen historischen Romanen gewöhnt sind, historische Fakten und seine Interpretationen (also Fiktion). Weder William noch Harald sind als abgrundtief böse Menschen dargestellt. Ränkeschmied ist eher Haralds Vater Godwin, der seinen Hals nicht voll kriegen kann und vermutlich selbst König werden wollte. Und wenn nicht er, dann über den Umweg seiner Tochter Edith, die den aktuellen König Edward den Bekenner geheiratet hatte. Um die Krone in seiner Familie zu halten, ist ihm jedes Mittel recht.

Sehr gut gelungen ist die Darstellung der Lebensweise der Menschen im Hochmittelalter: zugige Burgen, vorerst aus Holz, teilweise auf römischen Kastellen errichtet sowie das ständige auf der Hut sein, vor expandierenden Nachbarn. Eine Herrschaft währt oft nicht lange. Kaum zeigt der Herrscher Schwäche, ist sein Land auch schon überrannt. Leidtragende wie immer die einfache Dorfbevölkerung, die die eigenen als auch fremden Truppen mit ihren Feldfrüchten und Tieren versorgen muss. Leidtragende auch wie immer Frauen und Kinder, die als Kriegsbeute betrachtet werden. Die Darstellung der Scharmützel beinhalten natürlich auch grausame Szenen. Doch werden sie nicht aus Sensationsgier, sondern zum Verständnis beschrieben. Es ist nur gut, dass keine Gerüche übertragen werden können.

Fazit:

Ein gelungene Darstellung der Geschichte rund um Guilhem (Wilhelm) und seiner Eroberung Englands. Gerne gebe ich diesem penibel recherchierten und opulent erzählten historischen Roman 5 Sterne und eine unbedingte Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 29.10.2022

Fuchs, du hast die Gans gemeuchelt...

Gansltod
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Die reiche Witwe Helga Thaimer liegt nach dem sonntäglichen Familienessen tot in ihrem Bett. Der Hausarzt bescheinigt einen Herzinfarkt, ist doch Helga nicht mehr die jüngste und obendrein leicht reizbar. ...

Die reiche Witwe Helga Thaimer liegt nach dem sonntäglichen Familienessen tot in ihrem Bett. Der Hausarzt bescheinigt einen Herzinfarkt, ist doch Helga nicht mehr die jüngste und obendrein leicht reizbar. Der in der Familie unbeliebt Stiefsohn fordert von Kajetan Vogel und Alfons Walz vehement eine Obduktion und liefert dazu gleich allerlei Begründungen.

So ein Wochenbeginn stößt den beiden ein wenig sauer auf, dennoch beginnen sie mit Nachforschungen. Verdächtige gibt es einige, denn die Verstorbene ist ein schwieriger Charakter. Die Familienmitglieder werden einzeln vorgeladen und niemand scheint ein wirkliches Motiv zu haben. Erst als die beiden zu einer List greifen, wendet sich das Blatt.

Daneben haben sie es noch mit einer Reihe von Wohnungseinbrüchen zu tun, obwohl dies gar nicht zu ihren eigentlichen Aufgaben zählt.

Meine Meinung:

Als Fan von Vogel & Walz der ersten Stunde habe ich mich auf diesen Krimi sehr gefreut.

Sowohl Vogel als auch Walz sind den kulinarischen Köstlichkeiten der Wiener Küche, von der einiges wie Alfons böhmischen Ursprungs ist, sehr zugetan. Daher dürfen wir sie beim Verzehr von Schweinsbraten und Knödel begleiten.

Die beiden sind auch privat befreundet, doch im Gegensatz zum Single Walz hat Vogel Frau, Tochter und Hund. Doch diesmal hängt der Haussegen beinahe schief, denn er hat, wenn auch aus Recherchezwecken im letzten Fall, ein Gspusi mit Monika begonnen. Blöd nur, dass Monika die beste Freundin seiner Frau ist, und ihn damit zu erpressen versucht. Diese Eigenschaft, jedem Rock (auch wenn es enge Jeans sind) nachzuhecheln, macht mir Vogel diesmal unsympathisch.

Ich wünsche ihm für den nächsten Fall eine weibliche Vorgesetzte, die ihm zeigt, wo der Bartl den Most herholt.

Gut gefällt mir wie das Lokalkolorit eingefangen wird. So dürfen wir mit den beiden zahlreiche Gast- und Kaffeehäuser besuchen und mit Kajetan Vogel und seiner Hündin im Wienerwald herumstreifen.

Der Schreibstil ist kurzweilig wie immer.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem unterhaltsamen Krimi 5 Sterne, obwohl ich mich über Kajetan Vogels Verhalten seiner Familie gegenüber geärgert habe. Der Krimi selbst ist sehr gut strukturiert.

Veröffentlicht am 29.10.2022

Die Flamme der Freiheit ist entzündet

Die Flamme der Freiheit
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In diesem ersten Teil einer Trilogie über die Revolutionsgeschichte zeichnet Autor Jörg Bong in einer plastischen, ja fast schon romanhaften Darstellung, die Revolution(en) in Deutschland 1848/49 nach.

Das ...

In diesem ersten Teil einer Trilogie über die Revolutionsgeschichte zeichnet Autor Jörg Bong in einer plastischen, ja fast schon romanhaften Darstellung, die Revolution(en) in Deutschland 1848/49 nach.

Das unterscheidet das Buch von Alexandra Bleyers „1848 - Erfolgsgeschichte einer gescheiterten Revolution“. Während sich die promovierte Historikerin Alexandra Bleyer dem Thema sachlich (auch, wenn sie sich - wie sie erklärt „mit dem Mut zur Lücke“) annähert, liest sich Jörg Bongs Werk fast wie ein historischer Roman.

In insgesamt zehn Kapiteln (wenn man den Prolog rund um Frankreich mitzählt) beschreibt er, ausgehend von der Revolte im Februar 1848, die Ereignisse.

Pariser Prolog
Revolutionen vor der Revolution
„März-Forderungen“ - die deutsche Revolution beginnt in Baden
Beinahe-Revolutionen oder „echt deutsche Tage“
Ganz Deutschland im Sturm
Berlin - der preußische Gott des Gemetzels
Kurzes Zwischenspiel: die Invasion
Das Frankfurter Vorparlament: Monarchie oder Republik
Dämonenaustreibung: Der Einmarsch
Armeen der Freiheit

Wir dürfen hier zahlreichen Kämpferinnen und Kämpfern wie Georg und Emma Herwegh sowie Literaten wie Heinrich Heine oder Ludwig Tieck über die Schulter schauen. Wir lernen das private sowie das politische Umfeld kennen.

Zahlreiche zeitgenössische Quellen beschreiben die Lage vor, während und nach der Revolution. Dieses Detailreichtum ist zugleich auch ein wenig die Schwäche des Werkes. Die zahlreichen Zitate aus Schriften und/oder Briefen unterbrechen ob ihre Fülle doch immer wieder den Lesestoff.

Dass der Revolution in Österreich und der Vertreibung des ehemaligen Staatskanzlers Metternich nur ein mageres Unterkapitel gewidmet ist, muss ich als Österreicherin leider hinnehmen.

Aufgefallen ist mir, dass bei der behutsamen Transkription der Zitate in eine heute angenehm lesbare Form, einige Schnitzer in der Grammatik passiert sind. Z.B.:

"Die Volksvertreter werden besoldet, damit auch der Arbeiter im Parlament des deutschen Volkes sitzen können." (S. 415)

Entweder „... damit auch der Arbeiter in Parlament sitzen kann.“ oder „... damit auch die Arbeiter in Parlament sitzen können.“

Fazit:

Autor Jörg Bong, den meisten Lesern unter seinem Pseudonym Jean-Luc Bannalec bekannt, ist ein sehr guter Erzähler. Hier ist er mitreißend, pointiert und (es sei ihm gestattet) auch Partei nehmend. Gerne gebe ich diesem Buch 5 Sterne.

Veröffentlicht am 27.10.2022

"Noch ist die Ukraine nicht untergegangen"

Das Tor Europas
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„Noch ist die Ukraine nicht untergegangen“ Text der ukrainischen Nationalhymne von Pawlo Tschubynskyj

Seit dem 24. Februar 2022 ist die Ukraine durch den Angriffskrieg Russlands in den Fokus der Weltöffentlichkeit ...

„Noch ist die Ukraine nicht untergegangen“ Text der ukrainischen Nationalhymne von Pawlo Tschubynskyj

Seit dem 24. Februar 2022 ist die Ukraine durch den Angriffskrieg Russlands in den Fokus der Weltöffentlichkeit gerückt. Viele Menschen glaub(t)en, die Ukraine sei ein Land ohne eigene Geschichte. Doch weit gefehlt. Die Ukraine hat eine abwechslungsreiche Geschichte hinter und hoffentlich auch vor sich.

Autor Serhii Plokhy, Historiker und Professor für ukrainische Geschichte, legt nun mit diesem Buch ein Werk über die mehr als zweitausend Jahre alte, äußerst wechselvolle Geschichte der Ukraine vor.

Die Reise in die Geschichte der Ukraine beginnt mit dem griechischen Geschichtsschreiber Herodot und endet mit den aktuellen Ereignissen. Dazwischen liegen Jahrhunderte der kriegerischen Auseinandersetzungen mit den Skythen, den Rus-Wikingern, den Mongolen und Kosaken, das Intermezzo als Teil Österreich-Ungarns, das Zarenreich, die UdSSR bis zur Eigenstaatlichkeit.

Autor Serhii Plokhy teilt sein Werk in fünf große Kapitel:

An der Pontischen Grenze
Begegnung zwischen Ost und West
Zwischen den Imperien
Die Kriege der Welten
Der Weg in die Eigenstaatlichkeit

Zusätzlich werden in einem, im Juni 2022 erweiterten, Vorwort und einem Epilog aktuelle Ergänzungen angebracht. Um den Lesern eine Vorstellung der geografischen Lage im historischen Kontext zu ermöglichen, sind zehn Landkarten abgedruckt. Die erste bildet die Region um 770 v. Chr. ab. Die umfangreichen Zeittafeln ordnen die Ereignisse rund um die Ukraine in das Weltgeschehen ein. Das Buch wird durch ein langes Register von für die Ukraine bedeutenden Personen (im Gute wie im Schlechten) ergänzt.

Mit diesem umfassende Werk erklärt der Autor und Historiker die seit Jahrhunderten von Eroberung, Gewalt und vom Verschieben der Grenzen geprägte Geschichte der Ukraine. Eine Ukraine, die aus vielen unterschiedlichen Regionen besteht, aber durch eine gemeinsame Sprache, Geschichte und dem Willen zur Unabhängigkeit von Russland geeint wird. Dieses Buch lässt Außenstehende die aktuellen Entwicklungen besser verstehen. Es zeigt, wie die Ukraine zum Spielball zwischen Osten und Westen wurde.

„Die Ukraine, erst vor kurzem ins Blickfeld der Weltöffentlichkeit gerückt, hat eine lange, dramatische und faszinierende Geschichte, die oft von den großen Narrativen der Imperien, die das Land jahrhundertelang beherrschten, überlagert wird.“

Fazit:

Diesem sachlichen und informativen Buch, das die äußerst komplexe Materie verständlich und nachvollziehbar erklärt, gebe ich gerne 5 Sterne und eine Leseempfehlung.