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Veröffentlicht am 08.07.2017

Mord beim Henkerstreffen

Die Henkerstochter und der Rat der Zwölf (Die Henkerstochter-Saga 7)
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München 1672. Der 60-jährige Schongauer Henker Jakob Kuisl bekommt eine Einladung zum Klausurtreffen der zwölf besten Scharfrichter Bayerns und nimmt zu diesem Anlass seine gesamte Familie, bestehend aus ...

München 1672. Der 60-jährige Schongauer Henker Jakob Kuisl bekommt eine Einladung zum Klausurtreffen der zwölf besten Scharfrichter Bayerns und nimmt zu diesem Anlass seine gesamte Familie, bestehend aus beiden Töchtern, drei Enkeln und dem Schwiegersohn, mit auf Reisen. Kaum in der Landeshauptstadt angekommen, findet er die Leiche eines ermordeten jungen Mädchens. Sofort machen sich sämtliche Familienmitglieder zur Aufgabe, diesen Mord aufzuklären. Doch schon bald gibt es weitere Tote zu beklagen. Es sieht so aus, als wenn ein Serientäter schon seit Jahren sein Unwesen treibt. Obwohl ihnen durch Vertreter der oberen Gesellschaftsschicht jede Menge Steine in den Weg gelegt werden, macht sich Jakob nebst Familie an die Spurensuche und die Rekonstruktion des Tathergangs. Während Arzt Simon seine Forschungen vorantreibt, ist Barbara schwanger und soll in München einen Mann heiraten. Magdalena bringt sich ein ums andere Mal in Gefahr und auch die anderen Kuisls, allen voran die beiden Enkel Paul und Peter und Simon geraten in Schwierigkeiten. Wird es der Familie gelingen, den Mörder zur Strecke zu bringen?

Oliver Pötzsch hat mit seinem Buch „Die Henkerstochter und der Rat der Zwölf“ den 7. Band um Magdalena vorgelegt, der den Vorgängern wieder einmal in nichts nachsteht. Der Schreibstil ist flüssig und nimmt den Leser von der ersten Seite an mit in die vergangene Zeit, wo er ein Teil der Familie Kuisl wird und sie auf ihren Abenteuern begleitet. Der Spannungsbogen wird schnell aufgebaut und zieht sich wie ein roter Faden bis zum finalen Schluss. Die ausgezeichnete Recherche des Autors zeigt die gesellschaftlichen Strukturen und die Außenseiterstellung der Henker zur damaligen Zeit auf, ebenso bekommt man einen Einblick in die Rolle der Frau, deren Wort damals noch kein Gewicht beigemessen wurde und für die ein selbstbestimmtes Leben Zukunftsmusik war.

Die Charaktere sind sehr schön angelegt und zeigen einen bunten Querschnitt. Alle haben ihre Sorgen und Nöte, Ecken und Kanten, was sie umso individueller, menschlicher und authentischer erscheinen lässt. Jakob ist nun schon ein alter Haudegen, dem es immer schwerer fällt, seine Arbeit zu verrichten. Ihm wird immer bewusster, dass seine Zeit auf der Erde begrenzt ist. Er ist ein Mann mit Durchsetzungskraft und scharfem Verstand, dem man nicht so schnell etwas vormachen kann und der sich auch gegen Widerstände zur Wehr zu setzen weiß. Er handelt nach seinen Überzeugungen und versucht, seine Familie zusammen zu halten. Magdalena ist eine sympathische Frau, die in diesem Roman eher eine Nebenrolle spielt, ist sich durchaus bewusst, dass hinter ihrem Rücken über sie redet. Sie ist wagemutig und abenteuerlustig, aber auch sehr clever und eine gute Mutter. Die Enkel Paul und Peter sind zwei Lausbuben, die sich immer wieder in Schwierigkeiten bringen. Paul ist der Wagemutige, während Peter eher der Zurückhaltende und Denker ist. Auch die anderen Protagonisten tragen zu einem schönen Zusammenspiel und Steigerung der spannenden Handlung bei.

„Die Henkerstochter und der Rat der Zwölf“ ist ein neues spannendes historisches Krimiabenteuer, das beste Unterhaltung bietet und auch als alleinstehender Roman gelesen werden kann. Absolute Leseempfehlung für gelungenen Nervenkitzel und schöne Lesetunden!

Veröffentlicht am 08.07.2017

Viva Espana!

Bea macht blau
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Der Tag des Schulabschlusses ihrer Tochter hat es in sich. Bea erhährt, dass Töchterlein Caroline mit ihrem nichtnutzigen Freund woanders studieren will, als ausgemacht war. Kaum hat sie das halbwegs verdaut, ...

Der Tag des Schulabschlusses ihrer Tochter hat es in sich. Bea erhährt, dass Töchterlein Caroline mit ihrem nichtnutzigen Freund woanders studieren will, als ausgemacht war. Kaum hat sie das halbwegs verdaut, findet sie heraus, dass ihr Ehemann nicht nur geschäftlich ständig unterwegs ist, sondern eine Affaire mit einer Jüngeren hat. Als dann auch noch rauskommt, dass Caroline schwanger ist, hat Bea endlich die Nase voll. Sie schwingt sich in ihr Auto und fährt ins spanische Baskenland, um ihre Schwester dort zu besuchen und ihre Kindheitserinnerungen in Marias kleiner Hotelpension aufzufrischen. Unterwegs gabelt sie noch einen Anhalter namens Andreas auf, den sie kurzerhand mitschleift. Endlich in Spanien erfährt sie von Marias Schwester Alba, einer ehemaligen Opernsängerin, dass Maria vor kurzem gestorben ist. Die Pension ist heruntergekommen und renovierungsbedürftig, doch Anhalter Andreas, der sich sogleich einnistet ist handwerklich geschickt und brütet schon über den Schönheitsreparaturen. Alba macht sich derweil mit Hilfe von Angel, einem Tapasbudenbesitzer, in der Küche fit und Bea versucht, mit Schwesterherz Karin wieder ins Reine zu kommen. In der kleinen Hotelpension wird es von Tag zu Tag voller, denn es mieten sich Andreas neue Freunde ein, amerikanische Surfer, die den Garten auf Vordermann bringen, dafür umsonst übernachten dürfen. Dann steht Tochter Caroline vor der Tür, die ihren Vollidiot von Freund verlassen hat und sich nun an Mamas Brust ausheulen muss. Bei einem Ausflug lernt Bea auch noch Javier kennen und trifft auf eine verwandte künstlerische Seele, die in ihr alte Sehnsüchte weckt. Alles in allem ein Durcheinander der Gefühle, wenn Karin ihr nicht immer wieder in die Suppe spucken würde. Ob die Schwestern doch noch einmal miteinander klarkommen werden?

Tessa Hennig hat mit ihrem Buch „Bea macht blau“ einen sehr unterhaltsamen und witzigen Roman vorgelegt, der auch noch ein altes Familiengeheimnis beinhaltet, mit dem man als Leser so gar nicht rechnet. Der Schreibstil ist flüssig und mit einer guten Prise Humor gespickt. Der Leser bekommt einen Platz in der ersten Reihe direkt neben Bea und folgt ihr auf Schritt und Tritt durch das aufkommende Chaos ihres Lebens. Schon die spontane Reise, die Ausflüge ebenso wie die alte Hotelpenison mit dem verwunschenen Garten so schön beschrieben, dass man sich alles wunderbar vorstellen kann. Auch Besuche in den Bars und Restaurants mit ihrem vielseitigen Speisenangebot lassen einem das Wasser im Mund zusammenlaufen und von einem Geschmack von Meer und mehr träumen.

Die Charaktere sind sehr bunt gefächert, dabei alle individuell und liebevoll ausgearbeitet. Hier stoßen nicht nur verschiedene Nationen, sondern auch Kulturen zusammen, doch im Herzen sind sie sich doch so ähnlich. Bea ist eine sympathische Frau, die lange Jahre ihre eigenen Wünsche und Träume zurückgestellt hat, um Ehemann und Tochter alles recht zu machen. Die Familie war ihr Leben. Doch als die Seifenblase zerplatzt, krempelt sie die Ärmel hoch und nimmt ihr Schicksal in die Hand. Sie ist offen und hilfsbereit und hat das Herz auf dem rechten Fleck. Während sie sich auf das Abenteuer Baskenland einlässt, entwickelt sie zusehends immer mehr Kampfgeist und traut sich endlich, ihren Traum zu leben. Alba ist eine alte Diva, aber herzlich und etwas verschroben. Sie hat Angst, abgeschoben zu werden, ist einsam und freut sich, wenn endlich wieder Leben um sie herum ist. Sie blüht geradezu auf und entdeckt neue Fähigkeiten als Köchin. Karin ist eine verkrachte Existenz, keiner ihrer Träume ging in Erfüllung, nun lebt sie mit einem kiffenden Holländer in einem Wohnwagen. Auch wenn sie immer eifersüchtig auf ihre Schwester war, braucht sie doch endlich ein richtiges Dach über dem Kopf und Familienanschluss. Auch die übrigen Protagonisten sind sehr schön in der Handlung platziert und steuern mit ihren eigenen Geschichten zu einem bunten Strauß voller interessanter Episoden bei.

„Bea macht blau“ ist ein sehr unterhaltsamer Roman um streitende Schwestern, vergessene Träume, alte Geheimnisse und den Mut, nochmals neu anzufangen. Absolute Leseempfehlung für einen Ausflug, der sich lohnt!

Veröffentlicht am 08.07.2017

Was ist die Wahrheit?

Die Bucht, die im Mondlicht versank
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Auf einer Sandbank in Longstone an der englischen Küste lernen sich die Teenager Isla Berry und Sarah Symonds kennen und sind fortan beste Freundinnen und unzertrennlich. Sie teilen alles miteinander und ...

Auf einer Sandbank in Longstone an der englischen Küste lernen sich die Teenager Isla Berry und Sarah Symonds kennen und sind fortan beste Freundinnen und unzertrennlich. Sie teilen alles miteinander und in schweren Schicksalsschlägen stehen sie sich bei. Die Sommer verbringen sie in einer Strandhütte. Isla hat sich allerdings vorgenommen, nach der Schule einige Zeit in der Welt rumzureisen und verlässt England und Sarah dafür. Auch von ihrem Freund Nick trennt sie sich und lässt ihn hinter sich. Als Isla nach 18 Monaten hochschwanger zurückkehrt, ist Sarah mit einem Kind von Nick ebenfalls schwanger und mit ihm verlobt. Sowohl Isla als auch Sarah bekommen einen Sohn, Marley und Jacob. Sie wachsen zusammen auf und auch die Freundschaft zwischen ihren Müttern ist so eng wie eh und je. Doch dann stirbt Islas Sohn Marley beim Spiel mit Jacob. Und Jahre später verschwindet Jacob plötzlich, ausgerechnet an Marleys Todestag….

Lucy Clarke hat mit ihrem Buch „Die Bucht, die im Mondlicht versank“ einen sehr fesselnden, emotionalen und stimmungsvollen Roman vorgelegt, der von der ersten bis zur letzten Seite den Leser in Atem hält. Der Schreibstil ist flüssig, schnell ist man in der Handlung versunken und durch den ständigen Perspektivwechsel zwischen Islas und Sarahs Sicht mitten im Geschehen und immer dabei. Die Gefühle und Gedanken der Hauptprotagonistinnen liegen dabei offen und geben viel Einblick in die Freundschaft der beiden Frauen und deren Entwicklung. Der Spannungsbogen ist zu Beginn noch niedrig angelegt, doch schraubt er sich während der Geschichte immer mehr in die Höhe, denn es gibt einiges an Konfliktpotential, das hier zur Sprache gebracht und bewältigt werden will. Dabei geht es um Vertrauen, Liebe, das Mutterdasein, Verlustängste und Ehrlichkeit, aber auch Geheimnisse, Betrug und Lügen spielen eine Rolle. Die Autorin schafft es wunderbar, durch geschickt eingebaute Wendungen den Leser bei der Stange zu halten und für Überraschungen zu sorgen, die man nicht auf dem Zettel hatte. Die Landschaftsbeschreibungen sind sehr bildhaft gestaltet und lassen den Leser die Sandbank vor Augen haben und den Wind und das Meer spüren, das so eine große Rolle in diesem Buch spielt.

Die Charaktere sind sehr vielfältig ausgearbeitet und liebevoll platziert worden. Sie wirken lebendig und sehr realitätsnah, so dass man sich als Leser gut mit ihnen identifizieren kann. Sarah und Isla sind zwei sehr sympathische Frauen, die sich wunderbar ergänzen und fast von Beginn an wie Seelenverwandte wirken. Während bei Sarah mehr die Gegenwart zu Wort kommt und viele Gefühle zum Ausdruck kommen, steht Isla für die Dinge, die die beiden Frauen in der Vergangenheit geteilt haben und was sie auch voneinander entfernt hat. Die gegenseitige Enttäuschung beider Frauen ist regelrecht greifbar. Jacob und Marley sind miteinander aufgewachsen und ebenfalls eng miteinander verbunden, so wie ihre Mütter vorher. Gleichfalls wird sehr deutlich, wie eng die verschiedenen Bande miteinander verknüpft sind.

„Die Bucht, die im Mondlicht versank“ ist ein sehr unterhaltsamer und facettenreicher Roman über eine langjährige Freundschaft, die auf eine sehr harte Probe gestellt wird, wobei sie alle Beteiligten bis ins Mark erschüttert. Ein spannendes Drama, was gleichzeitig zum Nachdenken anregt und man sich oftmals die Frage stellt, wer hier eigentlich die Wahrheit sagt. Absolute Leseempfehlung für eine sehr gut geschriebene Geschichte!

Veröffentlicht am 01.07.2017

Schicksalhafte Begegnung auf Edenbrooke

Sommer in Edenbrooke
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England 1816. Seit ihre Mutter gestorben ist, lebt Marianne Daventry bei ihrer Großmutter in Bath, während ihre Zwillingsschwester vom Vater nach London zu Freunden geschickt wird. Neben dem Umstand der ...

England 1816. Seit ihre Mutter gestorben ist, lebt Marianne Daventry bei ihrer Großmutter in Bath, während ihre Zwillingsschwester vom Vater nach London zu Freunden geschickt wird. Neben dem Umstand der Langeweile muss Marianne auch noch Mr. Whittles ertragen, der ihr ständig den Hof macht und ihr einfach nur unerträglich ist. Als Cecily Marianne eine Einladung schickt, mit ihr einen Besuch auf dem Landsitz Edenbrooke zu machen, da Cecily sich dort von ihrem Angebeteten Charles einen Heiratsantrag erhofft, sieht Marianne ihre Chance, Bath zu entfliehen. Zusammen mit ihrer Zofe macht sie sich auf eine abenteuerliche und turbulente Reise nach Edenbrooke. Unterwegs trifft Marianne auf Philip, doch der erste Eindruck ist nicht gerade erbaulich. Kaum in Edenbrook muss Marianne feststellen, dass Philip zur Familie gehört, deren Gast sie nun ist. Schon bald kommen sich die beiden näher und zarte Bande entspinnen sich. Aber dann erfährt Marianne Dinge, die sie von Philip Abstand halten lassen…

Julianne Donaldson hat mit ihrem Buch „Sommer in Edenbrooke“ einen sehr unterhaltsamen historischen Debütroman vorgelegt, der in der Regency-Zeit angesiedelt ist. Der Schreibstil ist wunderbar flüssig und der damaligen Zeit angepasst, erzählt wird aus der Perspektive von Marianne, so erhält der Leser Einblick in deren Gedanken und Gefühlswelt und fühlt sich ihr auf besondere Art verbunden. Die Landschaftsbeschreibungen sind bildgewaltig, der Leser kann sich alles wunderbar vorstellen. Ebenso legt die Autorin Wert auf das Einbeziehen der gesellschaftlichen Stellungen, Sitten und Gebräuche, die zur damaligen Zeit zum täglichen Leben dazu gehörten und dem Leser ein rundes Bild vermitteln. Der Spannungsbogen wird erst sehr spät aufgebaut, schraubt sich aber dann schnell in die Höhe und gibt dem Roman damit noch einen besonderen Reiz.

Die Charaktere wurden sehr liebevoll und detailliert angelegt und ihren Rollen entsprechend platziert. Alle wirken sehr individuell und authentisch. Marianne ist eine junge und sympathische Frau, die man einfach gern haben muss. Sie lässt sich einfach nicht verbiegen und bleibt sich treu, auch wenn sie sich noch so viel Mühe gibt, eine richtige Dame zu werden. Es liegt einfach nicht in ihrem Naturell, nicht das zu sagen, was sie nicht meint. Gerade das macht sie so liebenswert. Philip ist ein junger Adliger, der auf den ersten Blick nicht gerade sympathisch wirkt, doch riskiert man einen zweiten Blick, ist er ein durchaus netter Mann, der einiges an Verantwortung zu tragen hat und einen guten Sinne für Humor beweist. Auch die übrigen Protagonisten sind sehr schön auf die Handlung ausgerichtet und geben ihr einen würdigen Rahmen.

„Sommer in Edenbrooke“ ist ein sehr schöner und romantischer historischer Liebesroman im Stil von Jane Austen, der auch mit seinen Spannungselementen zu überzeugen weiß. Ein absolut überzeugendes Debüt, das bestimmt eine Menge Freunde dieses Genres finden wird. Auf weitere Werke der Autorin darf man gespannt sein. Absolute Leseempfehlung für ein Lese-Highlight!

Veröffentlicht am 25.06.2017

Frauenpower

Selbst ist die Frau!
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Harpers Station/Texas 1894. Emma ist Bankerin und gleichzeitig leitet sie seit einigen Jahren eine Kleinstadt, deren Einwohner nur aus Frauen besteht, die vor ihren Ehemännern geflüchtet sind oder sonst ...

Harpers Station/Texas 1894. Emma ist Bankerin und gleichzeitig leitet sie seit einigen Jahren eine Kleinstadt, deren Einwohner nur aus Frauen besteht, die vor ihren Ehemännern geflüchtet sind oder sonst nirgendwohin können. Sie treiben mit ihren Waren Handel mit den Nachbarstädten und bestellen das Land, auf dem sie leben. Doch die Frauengemeinschaft wird seit kurzem bedroht von unbekannten Banditen, die mit drastischen Mitteln versuchen, die Frauen von ihrem Land zu vertreiben. Als sie während einer Zusammenkunft in der Kirche mit Schüssen angegriffen werden, wird ihnen der Ernst der Lage vollends bewusst. Die Angst geht um in Harpers Station. Um nicht ihr Zuhause zu verlieren, wendet sich Emma an ihren alten Freund Malachi, der mittlerweile als Sprengstoffexperte für den Bau einer Bahnstrecke in Montana arbeitet. Malachi hat als Junge einige Zeit bei Emma und ihren Tanten gelebt und dort gelernt, dass es wichtig ist, füreinander einzustehen. Als er Emmas Hilferuf erhält, eilt er in Windeseile nach Harpers Station, um den Frauen dort beizustehen und die Banditen zur Strecke zu bringen. Doch vor der Begegnung mit Emma fürchtet sich Malachi, denn schon damals hat er sein Herz an seinen „Engel“ verloren…

Karen Witemeyer hat mit ihrem Buch „Selbst ist die Frau!“ einen sehr unterhaltsamen und spannenden historischen Roman vorgelegt, der gleichzeitig einen Hauch vom Wilden Westen der Vergangenheit versprüht. Der Schreibstil ist flüssig und bildhaft, schnell bezieht der Leser an der Seite der Hauptprotagonistin unsichtbar Stellung und erfährt so von ihren Sorgen und Nöten, Gedanken und Gefühlen. Der Spannungsbogen wird schon früh gelegt und schraubt sich während der Handlung immer mehr in die Höhe. Die Position der Frau in der damaligen Gesellschaft hat einen besonderen Stellenwert. Sie mussten sich den Männern unterordnen und auch körperliche Züchtigungen ertragen. Ein Zufluchtsort, wie es ihn in diesem Roman gibt, war in der Vergangenheit wahrscheinlich Zukunftsmusik; heute gibt es Frauenhäuser, in denen diese Frauen ein neues Zuhause finden.

Die Charaktere sind sehr schön ausgearbeitet und platziert. Sie wirken aufgrund ihrer verschiedenartigen Eigenschaften lebendig und sehr realistisch. Emma ist eine sehr sympathische Frau, für die Mitgefühl und Hilfsbereitschaft keine Fremdworte sind. Sie trägt ihr Herz meistens auf der Zunge und sieht oftmals nur das Gute im Menschen, denn ihre Tanten haben sie zu einer optimistischen Frau erzogen. Emma besitzt genügend Hartnäckigkeit, Mut und Überzeugungskraft, um ihre Mitmenschen mitzureißen. Ihre Freundin Victoria ist eine resolute Frau, die auch recht geschäftstüchtig ist. Die Tanten Henry und Betty sind wie Feuer und Wasser, so gegensätzlich, wie Menschen nur sein können. Doch sie halten zusammen und haben Emma ein liebevolles Zuhause gegeben. Malachi ist ein attraktiver Mann, der Angst vor den eigenen Gefühlen hat und sich nur bei Gefahr lebendig fühlt. Insgeheim war er immer auf sich allein gestellt und hat Angst, die Menschen zu verlieren, die ihm am meisten bedeuten. Malachi hat Durchsetzungsvermögen und einen besonderen Gerechtigkeitssinn, der ihm den nötigen Respekt unter all den Frauen verschafft. Er trägt sein Herz nicht offen zur Schau, sondern ist eher der einsame Wolf, der seine Gefühle versteckt. Auch die anderen Protagonisten wie Mr. Porter, Flora oder Grace sorgen für ein buntes Potpourri an Episoden, die der Handlung noch mehr Spannung und Herz verleihen.

Der christliche Aspekt wird hier sehr schön durch die Gebete und Hilferufe zu Gott hervorgehoben, aber auch durch das Gemeinschaftsgefühl und das selbstlose Helfen untereinander kommt er hervor. Das Hilfegesuch von Malachi ist besonders, denn er erkennt, dass nur Gott ihm in dieser vertrackten Situation noch eine Unterstützung bieten kann. Die Hoffnung und die Nächstenliebe sind weitere Punkte, die innerhalb der Handlung auf ganz besondere Weise in Erscheinung treten.

„Selbst ist die Frau!“ ist ein spannender historischer Roman, der eine Liebesgeschichte und einen Krimiteil in sich vereint, wobei auch der Zusammenhalt und die Freundschaft eine große Rolle spielen. Alle, die gern in fremde Welten abtauchen und sich ein Kopfkino gönnen wollen, werden mit diesem Buch viel Freude haben. Absolute Leseempfehlung!