Platzhalter für Profilbild

Fever

Lesejury Star
offline

Fever ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Fever über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 31.12.2022

Hochinteressantes Setting, jedoch eher schleppend erzählt

Die dunklen Sommer
0

„Die dunklen Sommer“ von Miranda Beverly-Whittemore als psychologischen Thriller zu bezeichnen, ist nicht ganz passend, denn das Buch bedient sich einer eher langsamen Erzählweise ohne starken Spannungsaufbau. ...

„Die dunklen Sommer“ von Miranda Beverly-Whittemore als psychologischen Thriller zu bezeichnen, ist nicht ganz passend, denn das Buch bedient sich einer eher langsamen Erzählweise ohne starken Spannungsaufbau. Die Thematik bietet allerdings durchaus Zündstoff: eine Gruppe Kinder und Jugendlicher, die in einer scheinbar harmlosen Kommune nach und nach in eine ungute Richtung abdriften, und ein mysteriöser Sektenführer mit gefährlichen Ideen.

Der Roman spielt auf zwei Zeitebenen: Zum einen erfahren wir, wie die junge Saskia zusammen mit Ziehvater und -bruder in der Kommune ‚Zuhause‘ landet und sich vom charismatischen Anführer Abraham sofort in seinen Bann ziehen lässt. Zum anderen nimmt der Roman vorweg, dass es mit ‚Zuhause‘ kein gutes Ende nahm, denn Jahre später, als Erwachsene, lebt Saskia zurückgezogen und allein. Sie wird von ihren ehemaligen Freundinnen aus ‚Zuhause‘ aufgesucht und zur Rückkehr dorthin überredet, obwohl sich die Kommune längst aufgelöst hat. Was genau geschehen ist und warum diese Rückkehr notwendig ist, wird nach und nach im Wechsel der Zeitebenen erzählt.

Diese Erzählweise könnte durchaus Spannung aufbauen, denn die Neugier, was damals passiert ist, ist ein stetiger Begleiter während der Lektüre. Allerdings schafft Beverly-Whittemore leider nicht ganz, diese Spannung aufrechtzuerhalten, denn auf dem Weg vom Anfang zur Lösung passiert einfach zu wenig. Auf sehr langsame Weise wird geschildert, wie Saskia nach und nach in ein gefährliches Weltbild abrutscht und wie sich dieses Trauma auf ihre Gegenwart auswirkt. Gefährliche Situationen ereignen sich sowohl in der Vergangenheit als auch im Jetzt, aber ihre Signifikanz im Gesamtgeschehen wird nicht so recht deutlich. Als psychologische Charakterstudie hat der Roman durchaus beeindruckende und bedrückende Momente, als Spannungsroman bleibt er eher hinter den Erwartungen zurück.

Wer sich für die menschliche Psyche, Manipulation und Sekten als Thema interessiert, wird in „Die dunklen Sommer“ sicher auf seine Kosten kommen. Das Buch bietet überaus interessante Einblicke in solche Strukturen und kann auch seine Charaktere überzeugend gestalten. Einzig an Spannung mangelt es dem Roman, sodass sich trotz interessanter Prämisse beim Lesen nicht wirklich ein Sog einstellen will. Das Buch sei also eher Leser
innen empfohlen, die eine langsame Entwicklung schätzen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 06.11.2022

Ein extrem wichtiges Thema, jedoch ein wenig aussagekräftiges Buch

NO GAME - Jetzt ist Schluss mit Schweigen!
0

Das Thema sexuelle Gewalt ist spätestens seit der MeToo-Debatte gesellschaftlich deutlich präsenter geworden, jedoch hapert es trotzdem noch an allen Ecken und Enden an Aufklärung und öffentlicher Wahrnehmung. ...

Das Thema sexuelle Gewalt ist spätestens seit der

MeToo-Debatte gesellschaftlich deutlich präsenter geworden, jedoch hapert es trotzdem noch an allen Ecken und Enden an Aufklärung und öffentlicher Wahrnehmung. „

NoGame – jetzt ist Schluss mit Schweigen“ möchte diese Lücke schließen und Jugendlichen den Mut geben, das Thema sexuelle Gewalt offen anzusprechen – eine wichtige Botschaft, die jedoch im Roman leider in allzu sachlicher und künstlerisch wenig anspruchsvoller Weise verarbeitet wird.

Die Highschool-Schülerin Nora wacht nach einer College-Party mit heruntergezogenem Slip auf einem Golfplatz auf und kann sich an kaum etwas erinnern. Ihr Mitschüler Adam, der Zeuge des Übergriffs wurde, konnte ihre Angreifer zwar noch rechtzeitig in die Flucht schlagen, aber Nora ist traumatisiert. Da hilft auch ihre Freundin Cam nicht, die in wildem Aktionismus versucht, Beweise zu sichern und Nora zu einer Anzeige zu überreden. Nora will einfach nur vergessen. Also stellt Cam gemeinsam mit Adam auf eigene Faust Nachforschungen an und entdeckt bald, dass Übergriffe dieser Art System in dem kleinen Städtchen haben. Wer wusste davon? Wer ist alles betroffen? Wie gebietet man dem Einhalt?

„#NoGame“ stellt all die richtigen Fragen und spricht all die richtigen Themen an, jedoch geschieht das leider auf etwas nichtssagende Weise. Dem Buch gelingt es trotz des wichtigen und brisanten Themas nicht so recht, seine Leserschaft mitzureißen. Die Figuren bleiben trotz der intensiven Einblicke in ihre Innenleben immer auf Distanz – das mag an den vielen, ständig wechselnden Erzählperspektiven liegen, die ein echtes Einlassen auf einen Charakter kaum zulassen. Insgesamt bleibt der Roman also leider ein wenig blutleer und weniger emotional, als sein drastisches Thema es zulassen würde. Für junge Menschen kann es sicher trotzdem ein hilfreiches Buch und vor allem ein Denkanstoß dazu sein, wie man mit sexueller Gewalt umgehen kann.

Ein pädagogischer Roman, der ein äußerst wichtiges Thema behandelt, jedoch in puncto literarische Qualitäten hinter den Erwartungen zurückbleibt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 09.08.2022

Humorvoller, aber eher flacher Start in eine neue Reihe

My Home Hero 1
0

Der erste Band von „My Home Hero“, der neuen Manga-Reihe von Naoki Yamakawa und Masashi Asaki, bildet den Einstieg in ein bizarres Yakuza-Abenteuer, in dem Familie ganz groß geschrieben wird. So ganz kann ...

Der erste Band von „My Home Hero“, der neuen Manga-Reihe von Naoki Yamakawa und Masashi Asaki, bildet den Einstieg in ein bizarres Yakuza-Abenteuer, in dem Familie ganz groß geschrieben wird. So ganz kann der Band aber sein Versprechen von Spannung und Humor nicht einlösen, wenngleich er durchaus gute Unterhaltung bietet.

Familienvater Tetsuo fühlt sich von seiner Tochter Reika etwas vernachlässigt, seit sie von zu Hause ausgezogen ist, und versucht, den Kontakt zu intensivieren. Dabei muss er mit Entsetzen feststellen, dass Reika in unangenehme Gesellschaft geraten ist: Sie hat sich mit einem Yakuza-Mitglied eingelassen, das alles andere als edle Motive hat. Ohne groß zu überlegen, springt Tetsuo für sie in die Bresche und muss sich bald mit den Konsequenzen seines voreiligen Handelns herumschlagen …

Die Komik von „My Home Hero“ liegt ganz klar in der Figur des eher zurückhaltenden, ängstlichen Tetsuo, der neben seiner unspektakulären Karriere auch sich schlecht verkaufende Kriminalromane schreibt. Das dadurch recherchierte Wissen weiß er bald gut einzusetzen und wird dabei von seiner Ehefrau tatkräftig unterstützt. Diese kuriose Konstellation einer braven, bürgerlichen Familie, die in kriminelle Machenschaften verstrickt wird, bietet immer wieder Momente zum Schmunzeln. Dabei bleiben die Story sowie die Charaktere jedoch leider recht oberflächlich und stereotyp, was durch die sehr einfach gehaltenen, teils fast skizzenhaften Zeichnungen unterstützt wird. Der Manga wirkt dadurch häufig übereilt und hastig zu Papier gebracht.

Insgesamt ein unterhaltsamer Einstieg mit einer humorvollen Prämisse, aus der sich aber durchaus mehr machen ließe. Es bleibt zu hoffen, dass das Potenzial der Serie in den folgenden Bänden mehr ausgeschöpft wird.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 09.08.2022

Ein reizvolles Büchlein, jedoch kein großer Wurf

Der Schrank
0

Nach „Die Schrift“ und „Das Salzfass“ ist „Der Schrank“ die dritte Novelle aus einer lose zusammenhängenden Reihe von bizarren Geschichten aus der Feder von Simon Sailer, kongenial illustriert von Jorghi ...

Nach „Die Schrift“ und „Das Salzfass“ ist „Der Schrank“ die dritte Novelle aus einer lose zusammenhängenden Reihe von bizarren Geschichten aus der Feder von Simon Sailer, kongenial illustriert von Jorghi Poll. Hinter der Brillanz von „Die Schrift“ bleibt „Der Schrank“ jedoch trotz eindeutiger Stärken etwas zurück.

Der nüchterne Titel dieses kleinen Büchleins ist Programm: Es geht um einen Schrank. Genauer gesagt, um einen ziemlich schweren und aufwendig verzierten Schrank, den Lena und ihre Kollegen vom Umzugsdienst kurz vor Feierabend noch dringend an eine Adresse in Wien liefern müssen. Während Lena als einzig Vernünftige der Truppe versucht, ihre kleine Mannschaft auf Trab zu halten, beginnen merkwürdige Dinge zu passieren. Was hat der geheimnisvolle Schrank in ihrem Laster damit zu tun?

In gewohnt trockenem Erzählton berichtet Sailer von etwas Wundersamem, das seine Figuren recht nonchalant hinnehmen. Dieser Kontrast macht viel vom Humor und der surrealen Stimmung der Novelle aus. Jedoch wirken die Ereignisse von „Der Schrank“ fast ein wenig zu banal, als dass sich ein echtes Gefühl von Phantastik einstellen könnte. Gerade die erste Hälfte des Buchs plätschert relativ ereignislos vor sich hin, und als die Wendung sich einstellt, bietet sie irgendwie zu wenig, um alles noch einmal gänzlich auf den Kopf zu stellen. Ein großer Pluspunkt in Sachen Atmosphäre sind da die realistisch-kuriosen Illustrationen, die die Geschichte begleiten und ganz nebenher politische Botschaften einwerfen, die sich mit dem Text zu einer größeren Botschaft verweben lassen.

Insgesamt ein durchaus reizvolles kleines Buch, das einiges zum Nachdenken mitgeben kann, literarisch jedoch nicht der große Wurf, den man sich vom Autor erwartet hätte.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 11.07.2022

Spannendes Setting mit leider nur mittelmäßiger Handlung

Als das Böse kam
0

Ivar Leon Mengers Debütroman „Als das Böse kam“ überzeugt auf den ersten Seiten mit einem extrem mysteriösen Setting, das viel Spannung verheißt. Leider wird dieses Versprechen im weiteren Verlauf des ...

Ivar Leon Mengers Debütroman „Als das Böse kam“ überzeugt auf den ersten Seiten mit einem extrem mysteriösen Setting, das viel Spannung verheißt. Leider wird dieses Versprechen im weiteren Verlauf des Romans nicht eingelöst, sodass es am Ende ein eher durchschnittliches Buch bleibt.

Die 16-jährige Juno, durch deren Augen wir die Geschichte erleben, lebt mit ihren Eltern und ihrem kleinen Bruder Boy völlig isoliert auf einer kleinen Insel. Sie verstecken sich vor „Fremdlingen“ aus dem geheimnisvollen „Südland“, die der Familie Böses wollen – so zumindest die Geschichte, die Junos Eltern stets erzählen. Aber dieses Szenario beginnt, Risse aufzuweisen, und Junos Vertrauen in ihre Eltern schwindet allmählich. Also begibt sie sich auf eigene Faust auf die Suche nach der Wahrheit und gerät dabei in schreckliche Gefahr …

„Als das Böse kam“ bietet durch sein Set-up das Potenzial für ein grandioses Verwirrspiel, bei dem Leser*innen immer wieder hinters Licht geführt werden und unklar ist, wem Glauben geschenkt werden darf. Diese Verheißung erfüllt sich jedoch nicht, denn bereits nach einem guten Drittel des Romans ist klar, wie sich die Sachlage wirklich verhält, und daran wird auch nicht mehr gerüttelt. Das Warten auf eine interessante finale Wendung lohnt sich nicht. Nichtsdestotrotz hat der Roman seine Momente: Der knappe, nüchterne Erzählstil sorgt für einen guten Lesefluss und lässt die raue Natur der einsamen Insel und den monotonen Alltag der Familie plastisch vor dem inneren Auge zum Leben erwachen. Während im großen Erzählbogen die Spannung fehlt, wird sie im Kleinen immer wieder hervorragend erzeugt – hier tritt deutlich die Vergangenheit des Autors in der Filmbranche zutage. So bietet das Buch immer wieder Anreize zum Weiterlesen, was das Leseerlebnis selbst spannend macht. Schade ist nur, dass zuletzt nicht viel davon übrig bleibt und zum Schluss eine gewisse Enttäuschung einsetzt.

Kurz gesagt: eine tolle Grundidee, deren Potenzial leider nicht ausgeschöpft wird, dafür aber ein angenehm flüssiger Schreibstil, der durchaus Lesevergnügen aufkommen lässt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere