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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.05.2023

Weitreichende Folgen einer Erfindung

Das Licht im Rücken
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Wetzlar, im Jahr 1914, in den optischen Leitz-Werken entwickelt der Erfinder Oskar Barnack einen neuen, handlichen Fotoapparat. Die Leica erlangt schnell in der ganzen Welt Bekanntheit. Unter dem Sohn ...

Wetzlar, im Jahr 1914, in den optischen Leitz-Werken entwickelt der Erfinder Oskar Barnack einen neuen, handlichen Fotoapparat. Die Leica erlangt schnell in der ganzen Welt Bekanntheit. Unter dem Sohn des Werkgründers Ernst Leitz schreitet die Produktion der Kamera schnell voran. Die nächste Generation ist bereit, das Unternehmen zu führen. Dabei werden die Söhne der Tochter Elsie vorgezogen, obwohl diese Betriebswirtschaft studiert hat. Dann übernehmen in Deutschland die Nationalsozialisten die Macht und dem Demokraten Ernst Leitz droht die Enteignung. Es ist Elsie, die sich mit Mut dem unmenschlichen System entgegenstellt und dabei ihr Leben riskiert. Auch Dana und Milan, Kinder eines jüdischen Ladenbesitzers, dessen Geschäft geplündert wurde, sind in Lebensgefahr. Elsie und die Geschwister kennen sich, werden ihre Schicksale von der Leica mit bestimmt?

Sandra Lüpkes hat die historischen Gegebenheiten zu ihrem neuen Roman umfassend und detailgenau recherchiert, was sich in den Zeilen des Buches widerspiegelt. Mit ihrem flüssigen Schreibstil zieht die Autorin den Leser sofort in Bann. Sie hat ihre Erzählung in der hessischen Stadt Wetzlar angesiedelt, in der Zeit vor dem ersten bis nach dem zweiten Weltkrieg. Breiten Raum nimmt die Entwicklung einer neuen Kamera, der Leica, ein. Der Leser erfährt dabei einige technische Eigenschaften. Sandra Lüpkes hat vor allem mit Elsie, ihrem Vater Ernst, aber auch Mitarbeitern der Leica-Werke starke, entschlossene Charaktere geschaffen, die für ihre Ziele kämpfen. Das trifft besonders auf die Zeit des Nationalsozialismus zu. Ernst Leitz bleibt menschlich und stellt jüdische Mitarbeiter ein. Elsie hilft verfolgten Juden aktiv, stellt sich den Nazis entgegen und gerät in Gestapo-Haft. Ihre langjährige Freundin Julie hingegen wird in dieser Zeit zur Verräterin. Die Autorin hat ihre Figuren sehr authentisch dargestellt. Sie orientiert sich an realen Fakten und historischen Personen. Ernst Leitz, Tochter Elsie, weitere Familienangehörige sowie Julie haben tatsächlich gelebt. Fiktiv in die Erzählung wurde die jüdische Familie Gabriel und ihr Haus der Präsente eingeflochten. Das weitere Schicksal der Geschwister Dana und Milan hat die Entwicklung der Leica zu einem großen Teil bestimmt. Auch die in dieser Zeit geltenden gesellschaftlichen Normen fließen in den Roman ein. Obwohl Elsie ein volkswirtschaftliches und juristisches Studium erfolgreich abgeschlossen hat, bleibt ihr die Führung des Familienunternehmens verwehrt. Ihre Brüder werden ihr vorgezogen. Die Kapitel des Buches sind zu besseren Orientierung mit Jahreszahlen versehen. Ich vergebe für diesen fesselnden Roman fünf Sterne und spreche eine Kaufempfehlung aus.

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Veröffentlicht am 30.04.2023

Rosinenbomber über Berlin

Die Kinder der Luftbrücke
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Das schön gestaltete Cover mit den beiden begeisterten Kindern im Vordergrund stimmt perfekt auf das Buch ein.
Nora muss ihre Kinder Veronika und Jörg im Westteil Berlins im Jahr 1948 alleine versorgen, ...

Das schön gestaltete Cover mit den beiden begeisterten Kindern im Vordergrund stimmt perfekt auf das Buch ein.
Nora muss ihre Kinder Veronika und Jörg im Westteil Berlins im Jahr 1948 alleine versorgen, was zunehmend immer schwieriger wird. Die nötigsten Lebensmittel sind kaum zu bekommen, von Süßigkeiten können die Kinder nur träumen. Der Mann von Nora ist im Krieg vermisst, Mutter Else und Schwester Hanna leben mit in ihrer Wohnung. Dann findet Nora überraschend eine Stelle als Übersetzerin bei der US-Air Force. Kurz darauf wird Westberlin von den Sowjets abgeriegelt und die Versorgungslage verschärft sich nochmals drastisch. Als Antwort errichten die Alliierten eine Luftbrücke und versorgen die Westberliner auf diesem Wege mit dem Notwendigsten. Dabei lernt Nora den amerikanischen Piloten Matthew kennen und lieben.

Der neue Roman Juliana Weinbergs spielt im Berlin des Jahres 1948, zur Zeit der Blockade und der Luftbrücke. Sie zeichnet mit ihrer Erzählung ein bewegendes Zeitporträt. Das Buch hat mich von der ersten bis zur letzten Seite gefesselt. Der Schreibstil ist flüssig, die Protagonisten sind sehr authentisch. Die Autorin spiegelt die dramatische Situation der Menschen zu dieser Zeit eindringlich wider. Ich konnte die Erleichterung Noras nachempfinden, als sie ihre neue Stelle antritt und wieder Geld verdient. Zudem findet sie unter ihren Kolleginnen mit Ella eine wahre Freundin. Leider bekommt sie die Feindschaft einer anderen Kollegin zu spüren, die ihre Beziehung zu Matthew mit Neid und Intrigen verfolgt. Auch Noras Mutter Else ist anfangs von der Beziehung ihrer Tochter zu dem amerikanischen Piloten nicht begeistert. Erst als sie ihn persönlich kennenlernt, ändert sie ihre Meinung. Noras liebenswerten, lebhaften Sohn Jörg habe ich sofort ins Herz geschlossen. Seine Freude einen Rosinenbomber aufzufangen, war spürbar. Dabei handelte es von den Piloten selbst gefertigte kleine, mit Süßigkeiten gefüllte Fallschirme. Für die an Entbehrungen gewöhnten Kinder Westberlins eine große Freude und sehr berührend von der Autorin beschrieben. Spürbar wird der Konflikt, in den Nora durch ihre Liebe zu Matthew gerät. Einerseits sind da ihr vermisster Mann und die Kinder. Andererseits liebt sie Matthew mehr als ihren sehr viel älteren Mann. Juliana Weinberg hat eine zu Herzen gehende Liebesgeschichte vor historischem Hintergrund geschaffen. Sie überzeugt durch ihre emotionale, bildhafte Erzählweise. Ich vergebe für das Buch fünf Sterne und spreche eine unbedingte Kaufempfehlung aus.

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Veröffentlicht am 29.11.2022

Harry Holes Rückkehr nach Oslo

Blutmond (Ein Harry-Hole-Krimi 13)
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Bereits das düster gestaltete Cover, ein Mond rot wie Blut, vor dunklem Hintergrund, verspricht atemberaubende Spannung. Harry Hole hat sich wieder einmal von seinem alten Leben verabschiedet ...










Bereits das düster gestaltete Cover, ein Mond rot wie Blut, vor dunklem Hintergrund, verspricht atemberaubende Spannung. Harry Hole hat sich wieder einmal von seinem alten Leben verabschiedet und ist in Los Angeles dem Alkohol verfallen. Dennoch hilft er Lucille, einer älteren Filmdiva, die hohe Schulden hat. Irgendwie plagt ihn trotz allem noch Sehnsucht nach Oslo, seiner alten Heimat. Dann werden in Oslo zwei junge Frauen ermordet. Beide waren auf einer Feier bei einem bekannten Immobilienmakler. Die Polizei kommt bei ihrer Suche nach dem Mörder nicht weiter. Nun fordert Kommissarin Katrine Bratt Harry Hole dringend an, stößt aber bei der Polizeiführung auf Ablehnung. Der Immobilienmakler sieht seinen Ruf in Gefahr und bietet Harry Hole ein Vermögen an, wenn dieser für ihn privat ermittelt, um seine Unschuld zu beweisen. Da seine Freundin Lucille mittlerweile mit dem Tod bedroht wird, willigt Harry ein. Für ihn beginnnt ein Wettlauf mit der Zeit.

Endlich ist der neue, lang erwartete Thriller von Jo Nesbø da! Wie gewohnt zieht der Autor seine Leser von der ersten Seite an in Bann. Es wird sofort klar, dass Harry Hole die Morde an den beiden Frauen nicht kalt lässt und er nach Oslo zurückkehrt. Als privater Ermittler stellt er sein eigenes Team zusammen, das aus einem ehemaligen Dealer, einem korrupten, vom Dienst suspendierten Polizisten sowie einem schwer erkrankten Psychologen besteht. Sämtliche Team-Mitglieder sind alte Freunde oder Bekannte von Harry, die ihn bereits in der Vergangenheit bei der Lösung seiner Fälle unterstützt haben. Alle sind interessante Charaktere, die sich auf unterschiedliche Weise in diesen Fall einbringen. Harry muss immer wieder feststellen, dass nichts so scheint, wie es ist. Sein kriminalistischer Spürsinn wird immer wieder aufs Neue gefordert. Zudem erwartet ihn auch privat eine Überraschung. Dem Autor ist zum wiederholten Mal ein spannender, perfekt ausgefeilter Krimi gelungen. Er führt die Leser immer wieder auf falsche Fährten, so dass das Ende überraschend ist. Ich vergebe für diesen spannenden Thriller fünf Sterne und spreche eine Kaufempfehlung aus.

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Veröffentlicht am 04.08.2022

Der lange Weg zur Freiheit

Die Freundinnen vom Strandbad (Die Müggelsee-Saga 2)
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Das freundlich gestaltete Cover mit den drei Freundinnen im Vordergrund vermittelt neben Sommerfreuden auch Leselust.


Die Erzählung, die im Sommer des Jahres 1956 im Strandbad am Müggelsee ihren Anfang ...

Das freundlich gestaltete Cover mit den drei Freundinnen im Vordergrund vermittelt neben Sommerfreuden auch Leselust.


Die Erzählung, die im Sommer des Jahres 1956 im Strandbad am Müggelsee ihren Anfang genommen hat, geht weiter. Nach wie vor stehen die Freundinnen Martha, Bettina und Clara im Mittelpunkt. Während Clara 1961 die Flucht in den Westteil Berlins gelungen ist und sie sich dort ein neues Lebn aufbaut, müssen sich Bettina und Martha mit den Gegebenheiten in der DDR arrangieren. Dabei gehen beide zunächst trotz ihrer Freundschaft unterschiedliche Wege, an denen ihre Freundschaft zu zerbrechen droht. Aber die Sichtweise auf bestimmte Ereignise ändert sich und die Zeit schreitet immer weiter voran. Steigen damit auch die Chancen auf ein Wiedersehen der drei Freundinnen?

Nachdem mir der erste Teil des Romans von Julie Heiland bereits zugesagt hat, finde ich den sehr bildhaft getalteten zweiten Teil noch spannender. Der Schreibstil ist flüssig, das Geschehen geht zügig voran. Während Clara die Flucht in den Westteil Berlins gelungen ist, geht für Betty und Martha das Leben im Osten weiter. Beide treffen sich nach wie vor im Strandbad am Müggelsee, ansonsten bestimmen aber zunehmend Veränderungen ihr Leben. Die Protagonistinnen Clara, Bettina und Martha sowie ihre Familien und ihre Freunde sind fiktiv, das Leben in der DDR sowie in Westberlin wird jedoch realistisch dargestellt. Clara erhält viele Möglichkeiten, ihr Leben neu zu gestalten. Materiell geht es ihr gut, sie denkt aber oft an ihre alte Heimat, an ihre Familie und an die Freundinnen. Betty ist in ihrer Ehe mit Kurt unglücklich und benötigt viel Zeit, sich davon zu lösen. Martha findet aufgrund ihrer Kritik an der DDR keine Arbeit, kämpft aber dennoch mutig für ihre Zukunft. Besonders fasziniert hat mich der Optimismus, den die drei durch die Mauer getrennten Jugendfreundinnen nie verlieren. Der historisch gut recherchierte Roman spiegelt eindrucksvoll einen Teil deutshcer Zeitgeschichte wider. Ich vergebe für den Roman fünf Sterne und spreche eine Kaufempfehlung aus.


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Veröffentlicht am 08.08.2021

Die spannende Gutsherrin-Saga geht weiter

Die Heimkehr der Störche (Die Gutsherrin-Saga 2)
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Dora Twardy, ihre Ziehtochter Clara, die Eltern und ihre Schwester sind nach der dramatischen Flucht aus Ostpreußen im Jahr 1952 auf einem Bauernhof in der Lüneburger Heide angelangt. Dora muss ...



Dora Twardy, ihre Ziehtochter Clara, die Eltern und ihre Schwester sind nach der dramatischen Flucht aus Ostpreußen im Jahr 1952 auf einem Bauernhof in der Lüneburger Heide angelangt. Dora muss dort schwer arbeiten und ist den Schikanen der Bäuerin ausgesetzt. Sie hat sich aber entschlossen, ein Studium der Veterinärmedizin an der Humboldt-Universität Berlin zu beginnen und ihre Bewerbung eingereicht. Mit Erfolg, sie wird angenommen und zieht mit Clara nach Berlin. Aufnahme finden sie bei Doras Bruder Erich, der mit Ehefrau Hettie in Ostberlin, in der Villa ihrer Eltern, der Hagemanns lebt. Dora hat in Berlin außer ihrem Studium ein weiteres Ziel vor Augen, sie forscht nach dem Verbleib ihrer großen Liebe, des Fotografen Curt von Thorau. Seine letzte Adresse war Ostberlin und Dora muss zu ihrem Entsetzen feststellen, dass Curt seit vielen Jahren in einem Stasigefängnis inhaftiert ist. Nun kämpft sie um seine Freilassung und muss sich dabei widerwillig mit der Staatssicherheit arrangieren. Doch im Juni 1953 gerät sie zwischen alle Fronten und muss sich entscheiden in Ostberlin zu bleiben, oder neue Wege zu gehen. Wird sie Curt doch noch finden?

Bereits das idyllisch anmutende Cover mit der Frau und dem kleinen Mädchen vor dem Hintergrund eines Sees, das Sehnsucht und Hoffnung verbreitet, hat mich in Bann gezogen.
Auch der zweite Band um Dora, ihre Familie und Freunde beginnt spannend, der Leser befindet sich sofort mitten im Geschehen. Besonders fasziniert hat mich der Optimismus, den Dora trotz der schrecklichen Ereignisse des Krieges und der Flucht nicht verloren hat. Sie kämpft mit aller Kraft für ihren Traum, Tierärztin zu werden. Die fesselnde Erzählung spielt vor den historischen Ereignissen rund um den 17. Juni 1953, dem Aufstand der Bevölkerung in Berlin. Theresia Graw schildert die Ereignisse bildhaft, authentisch und sehr emotional, ihr Schreibstil ist flüssig, die Protagonisten sind überzeugend dargestellt. Der Roman spiegelt nicht nur einen wichtigen Teil Zeitgeschichte wider, sondern auch die Lebensweise der Menschen in Ostberlin. Der Lebensstandard der Bevölkerung ist gering, auf Lebensmittelkarten können oftmals noch nicht einmal die notwendigsten Lebensmittel eingekauft werden. Die Normen für Arbeiter werden ständig erhöht und erreichen unzumutbare Ausmaße. Im Gegensatz dazu genießen SED-Funktionäre zahlreiche Privilegien, was am Beispiel von Erichs Schwiegervater deutlich wird. Besonders beeindruckt hat mich der Mut und die Entschlossenheit von Doris und ihren Freunden, die sich am 17. Juni unter Einsatz ihres Lebens gegen das SED-Regime aufgelehnt haben.
Insgesamt hat mich die Erzählung sehr berührt ich habe gemeinsam mit Dora, ihren Freunden und Curt gebangt. Ich hoffe auf eine Fortsetzung des Romans, vergebe gerne fünf Sterne und spreche eine Kaufempfehlung aus.

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