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Veröffentlicht am 13.01.2023

Nett zum Hintergrund-Enträtseln

Das Hotel
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Ich war in der Erwartung eines Mysterythrillers, der womöglich paranormale Elemente beinhalten könne, an das Lesen dieses Buchs gegangen: Tatsächlich habe ich „Das Hotel“ nun aber eher als Drama empfunden, ...

Ich war in der Erwartung eines Mysterythrillers, der womöglich paranormale Elemente beinhalten könne, an das Lesen dieses Buchs gegangen: Tatsächlich habe ich „Das Hotel“ nun aber eher als Drama empfunden, bei dem bis zur Auflösung unklar blieb, ob es sich nun eher im Bereich Spiritualität oder SciFi abspielte.

Die als Ich-Erzählerin auftretende Protagonistin erwacht regelmäßig aufs Neue mit dem Gedanken „Endlich Urlaub!“ in einem Hotelzimmer und erlebt in dieser Ferienanlage, in der alles perfekt zu sein scheint, dennoch sehr diffuse Tage, die von Gedankenfetzen und Erinnerungsfragmenten, nicht greifbaren Flashbacks, durchdrungen sind. Mit einer Geschichte wie sie „Und täglich grüßt das Murmeltier“ erzählt kann „Das Hotel“ aber nicht verglichen werden, denn die Hauptfigur Alice ist sich nicht bewusst, dass sie diese Dinge schon einmal erlebt hat, dass sie Personen bereits kennengelernt hat etc., sie hat lediglich stets so ein vages Déjà-vu-Empfinden. Mit jedem Neubeginn ihres Urlaubs haben sich auch kleine Details verändert und wer hier nicht wirklich aufmerksam liest, den dürfte die Geschichte vermutlich bald langweilen, denn die Tage sind eben doch sehr gleich. Für mich bestand die hauptsächliche Spannung eigentlich nur darin, was sich quasi von einem Tag zum anderen geändert hatte, und zu rätseln, warum das so sein könnte. Zudem erlebt Alice immer mal wieder „weiße Bilder“, ganz so, als befinde sich ihre Urlaubsumgebung in einer Art Matrix.

Ohne zu spoilern: Nach dem ersten Zehntel des Romans, also quasi mit dem Ende der gängigen Leseprobe, war ich mir sehr sicher, dass „Das Hotel“ eine gegenwärtige Nahtoderfahrung berichtet und Alice tatsächlich um ihr Leben kämpfend auf einer Intensivstation läge. Von diesem Glauben habe ich nie wirklich abgelassen, aber so ab der Hälfte gab es immer wieder Momente in der Geschichte, die mich mit dieser Theorie doch auch haben hadern lassen; aber da fühlte ich mich dann auch sehr an „Im nächsten Leben wird alles besser“ von Hans Rath erinnert – die Auflösung hat mich tatsächlich auch ein wenig überrascht, obschon sie weitgehend einer der vier Szenarien entsprach, die ich mir bis dahin zurechtgelegt hatte; zugleich war sie mir aber auch ein bisschen zu kaputterklärt. Denn während die Geschichte zuvor sehr viel auf Empfindungen, Stimmungen und Wahrnehmungen basierte, wurde sie letztlich eher eiskalt und nüchtern, fast schon technisch, erklärt und Alice schilderte plötzlich, grade im Vergleich zuvor, kaum noch, was sie fühlte und das passte für mich nicht so recht, da sie es schließlich war, die sich hier plötzlich mit diesem ganz großen Knall konfrontiert sah.

Ich habe „Das Hotel“ zwar gerne gelesen, aber es war nun auch keines dieser Bücher, die ich gar nicht aus der Hand legen konnte: Durch die ganzen ständig wiederholten Tagesabläufe fand ich die Geschichte, trotz der veränderten Nuancen in der Handlung, mitunter ebenfalls ermüdend, da hätte mir der Schluss auch ruhig bereits zu einem etwas früheren Zeitpunkt erfolgen können. Aber grad wer „Matrix“, das täglich grüßende Murmeltier und eben den erwähnten Rath-Titel mochte, dem würde ich „Das Hotel“ dennoch auch als Lektüre nahelegen.

Veröffentlicht am 06.12.2022

Völlig vorhersehbare clean romance, aber: irgendwie schön

Sehnsucht nach Sunset Rock
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Die Prämisse der Geschichte finde ich definitiv ein wenig konstruiert: da hat die Krebserkrankung eines schwerreichen Magnaten inzwischen gar das Endstadium erreicht und hier wird er sich plötzlich bewusst, ...

Die Prämisse der Geschichte finde ich definitiv ein wenig konstruiert: da hat die Krebserkrankung eines schwerreichen Magnaten inzwischen gar das Endstadium erreicht und hier wird er sich plötzlich bewusst, dass seine vor zig Jahren verstorbene Frau davon geträumt hat, ein Hotel in ihrer Heimatstadt zu erbauen, weswegen sein letzter Wunsch nun ist, dass dieser Traum noch wahrwerden möge. Da stellt sich natürlich die Frage, wieso er sich diesem Hotelbau nicht selbst schon sehr viel früher verschrieben hat oder wieso seine Krebserkrankung nun das Endstadium erreichen musste, bis seine Tochter plötzlich völlig überhastet agieren muss, um noch ganz schnell vor dem Tod des Vaters einen Hotelneubau vom Zaun zu brechen.
Auch dass Nathan, der sich selbst um den Kauf des mutmaßlichen Hotelgrundstückes bemüht, um dort eine Art Baumhaus-Ferienclub zu errichten, genau da bereits „einfach so“ einen Prototyp errichtet hat, wirkte ein wenig seltsam, zumal er in der direkten Nähe im Wald bereits eine Art Naturferienpark besaß, in dem er sicherlich auf eigenem Grund ein entsprechendes Baumhaus hätte bauen können, ohne sich wundern zu müssen, dass er sein Baumhaus nun noch wieder von einem fremden Grundstück abbauen sollte.
Da wirkte niemand auf mich wie wer, mit dem man größere Geschäfte abschließen sollte.

Aber gut, da ist nun also das Grundstück, auf dem so oder so Hotellerie betrieben werden soll: Der Eine, fest verwurzelt in der zugehörigen Stadt, will alles naturnah gestalten, die Andere, immerhin noch eine Großtante dort vorweisen könnend, erstmal den Wald abholzen – Letzteres sorgte in dem kleinen Städtchen abseits von Nathans empörter Familie für eher wenig Aufruhr, was ich auch schon eher unglaubwürdig fand. Da im Grunde nun beide Hauptfiguren letztlich das gleiche Ziel haben, ist das Ende jedoch von vornherein absehbar, erst recht, wenn man das Genre berücksichtigt sowie den Klappentext, der suggeriert, dass hiermit eine Reihe „mit ganz viel Baumhausromantik“ beginnt.
Da ist „Sehnsucht nach Sunset Rock“ (angesichts der Tatsache, dass sich fast die gesamte Handlung hier vor Ort zuträgt, ist der Titel, so romantisch er auch klingt, dabei doch eher seltsam gewählt) ein absolut typischer Romance-Vertreter; ich habe die Geschichte aber ganz gerne gelesen, zumal ich zuletzt einige teils sehr düstere Thriller gelesen hatte und es mich darum, und auch zur Einstimmung auf die Adventszeit, nach etwas Kuschlig-Romantischem und eher Leichtfüßigem verlangte. Zudem ist Nathans Familie sehr toll, und ich hoffe wirklich, dass es im nächsten Band dann um Nathans Schwester gehen würde. Ein Buch mit ihr als Hauptfigur würde mich wirklich reizen.
Was „Sunset Rock“ angeht, räume ich allerdings ein, dass es ungefähr das komplette letzte Fünftel für mich nimmer gebraucht haben würde; die Geschichte war eigentlich völlig auserzählt, als noch ein dramatischer Auftritt von Nathans Ex stattfand, von der ich mir (wie wohl auch Nathans Schwester) ohnehin nicht erklären habe können, wieso die Beiden je ein Paar waren. Dieser „Konflikt“ war da völlig überflüssig und passte für mich auch nicht so wirklich in das sonstige Gefüge der Handlung; irgendwie hatte das alles was von einer Schauspielerin, die sich einen Cameoauftritt eingeklagt hat, den niemand sehen, und das ganze Team auch nicht drehen, will.

In meinen Augen ist „Sehnsucht nach Sunset Rock“ ein geeigneter Kitschroman, wenn man mal was eher Schmalziges lesen möchte, das ohne besonderen Tiefgang daherkommt und im weitesten Sinne auch eher clean romance ist, denn heiße Szenen fehlen hier eigentlich komplett, ohne dass sie wirklich „fehlen“. Wer es gerne steamy mag, ist von daher eher fehl am Platz; hitzig sind hier allenfalls die ersten Aufeinandertreffen der Konkurrenten um das Grundstück. Also meiner groschenromanbegeisterten Großmutter würde ich diesen Roman durchaus empfohlen haben und ich bin mir sehr sicher, dass sie mir nach dem Lesen vorgeschwärmt hätte, „wie schöööööööön“ diese Geschichte doch war.

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Veröffentlicht am 19.11.2022

Spannung in und aus Schweden

Kalt und still
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Der „erste Fall“ für Hanna Ahlander ist natürlich nicht ihr erster Fall, sondern lediglich ihr erster Fall in einem neuen Umfeld: Infolge einer gegen ihr Dafürhalten eingestellten Ermittlung gegen einen ...

Der „erste Fall“ für Hanna Ahlander ist natürlich nicht ihr erster Fall, sondern lediglich ihr erster Fall in einem neuen Umfeld: Infolge einer gegen ihr Dafürhalten eingestellten Ermittlung gegen einen Kollegen, der verdächtigt wird, Gewalt gegenüber seiner Frau ausgeübt zu haben, wird sie auf ihrer bisherigen Dienststelle bei der Stockholmer Citypolizei, wo sie auf häusliche Gewalt spezialisiert ist, geschasst und vorerst beurlaubt, mit der dringenden Empfehlung, sich einen neuen Job zu suchen. Als ihr Lebensgefährte sich zeitgleich von ihr trennt und sie auffordert, in Bälde aus seiner, bislang von beiden bewohnten Wohnung auszuziehen, flüchtet sie sich auf Geheiß ihrer Schwester in das abgelegene Åre, wo eine 18jährige Schülerin nach einer Luciafeier spurlos verschwunden ist – und wo Hanna bald in Kontakt mit der dortigen, personell unterbesetzten Polizeidienststelle kommt… Tatsächlich beginnt die Hanna-Ahlander-Reihe somit reichlich typisch für eine Reihe Regionalkrimis: Man wird mit einer Gegend vertraut gemacht, in der sich Fuchs und Hase Gute Nacht sagen, und in der die Polizei kaum mal etwas zu tun hat; dennoch wird deren Unterbesetzung ausschweifend beklagt und als total überraschend ein Kapitalverbrechen geschieht, taucht ebenso überraschend eine spezialisierte Person von sonstwo auf, die sich gleich in Pussemuckel anwerben lässt, wo ab da Roman um Roman ständig Schwerverbrechen passieren werden.
Was mir allerdings gefallen hat, war, dass der Fokus hier nicht ausschließlich auf Hanna lag, sondern die Perspektive immer wieder zwischen wesentlichen Figuren geswitcht ist; so wurden neben Hanna auch noch der örtliche Polizist und Ermittlungsleiter Daniel, der erst vor drei Monaten Vater geworden ist und sich nun schwertut, seiner Familie gerecht zu werden, sowie die Familie der verschwundenen Amanda, insbesondere ihre Eltern, näher beleuchtet. Häufig nervt es mich in Krimis, wenn neben dem Fall noch sehr viel Privatleben geschildert wird, aber hier empfand ich das als sehr angemessen und ausgewogen, da eben alles auch einen Bezug zur Polizeiarbeit hatte (wie ergeht es Opferfamilien; wie sehr belastet die Arbeit am Fall, grad wenn es noch dazu privat zuletzt große Veränderungen gegeben hat…?).
Das Einzige, was mich hier nun genervt hat, war, dass Hanna Blessuren an der verschreckten Reinigungskraft, die das Haus ihrer Schwester putzte, entdeckte und sofort stur deren Hintergründe klären wollte; das passte zwar einerseits zu ihrem Engagement und ihrer Profession in Sachen häuslicher Gewalt, aber andererseits unternahm sie hier sofort einen absoluten Alleingang, noch ehe sie überhaupt von der lokalen Polizei als Unterstützung angefragt worden war, und schreckte da auch nicht vor Einbruch zurück. Auch wenn sie dabei letztlich Relevantes entdeckte: Das hätte man auch deutlich „offizieller“ in die Handlung einbauen können; mir ist es da echt ein wenig aufgestoßen, dass Hanna, die sich dem Schutz vor körperlichen Übergriffen verschrieben hatte, da dann doch selbst in gewisser Weise ebenfalls übergriffig wurde und der Reinigungskraft, von der sie sicher war, dass sie ein Gewaltopfer war, und von der sie ganz genau wusste, wie sehr es sie zuvor erschreckt hatte, im vermeintlich leeren Haus von deren Schwester plötzlich Hanna gegenüberzustehen, letztlich in ein weiteres, fremdes Haus nachstellte und da wiederum plötzlich neben ihr auftauchte.

Generell bin ich aber an weiteren Hanna-Ahlander-Bänden interessiert; die Auflösung, nachdem bereits mehrere Verdächtige präsentiert worden waren, war hier zwar nicht völlig unerwartet, aber eben doch auch keine „Klischee-Lösung“, die man gleich zu Anfang schon hätte vorhersehen können; ich mochte es eben, wie auch die Auswirkungen der psychischen Belastung auf diverse Figuren beschrieben wurden und auch der Lokalkolorit der einsamen, in Schnee versinkenden Gegend und die Gefährdung durch die unwirtliche, eisige Wetterlage wurden sehr gut und quasi fühlbar (ich habe mich tatsächlich beim Lesen zum Schluss hin mit einer Wärmflasche eingemummelt) herübergebracht. Durchaus ein gelungener Reihenauftakt!

Veröffentlicht am 10.10.2022

Andersartig, aber doch auch typischer Mittelteil

This Charming Man
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Wenn ich im Buchladen ein Regal ignoriere, ist es häufig mit “Fantasy” angeschrieben: Mit diesem Genre tue ich mich generell eher schwer und liebe Bücher dieses Fachs mitunter aber dann doch sehr, wenn ...

Wenn ich im Buchladen ein Regal ignoriere, ist es häufig mit “Fantasy” angeschrieben: Mit diesem Genre tue ich mich generell eher schwer und liebe Bücher dieses Fachs mitunter aber dann doch sehr, wenn sie zugleich unter „Humor“ fallen, und skurriler Humor von der Insel sammelt generell zusätzliche Pluspunkte bei mir: Den ersten Band der (voraussichtlichen) Trilogie rund um die Stranger-Times-Redaktion hatte ich sehr gefeiert, da ist „This Charming Man“ nun in sehr große Fußstapfen getreten – und obschon ich diesen Roman wiederum sehr gerne gelesen habe, hat er die vorgelegten Spuren doch nicht ganz ausfüllen können.
Ein bisschen krankt „This Charming Man“ ebenfalls am für mich häufig typischen Problem des Serien-Mittelbandes: Dass er eine eigene Geschichte erzählen muss, die an den vorhergehenden Band anknüpft, aber noch genug erwartbare Handlung für den nächsten Band offenlässt, in dem sich erst wirklich alles aufklären darf.
Dass „This Charming Man“ nun mit einer Vampir-Thematik aufwartete, habe ich als sehr positiv empfunden; nicht, weil ich Vampirgeschichten ganz gerne mag, sondern weil im ersten Band eben null Vampirismus auftauchte und es hier somit um ganz andere „Monster“ ging, wobei die bereits bekannten magischen Gestalten allesamt abstritten, dass es Vampire überhaupt gäbe – was nun den Kern der Recherchen der Redaktion abbildete: denn da draußen fielen ganz eindeutig Menschen auf, die plötzlich alle Merkmale von Vampiren aufwiesen, aber wenn es doch keine Vampire gäbe, hätte doch auch niemand derart auffallen können?!

Manny kam in diesem Band nun kaum vor, was ich schade fand, aber dafür traf man umso mehr, auch abseits Hannahs, mit den restlichen Redaktionsmitgliedern zusammen; während sich Band 1 noch sehr auf Hannah fokussiert hatte, gab es in diesem Fall nun nicht den einen übermäßig in den Mittelpunkt gestellten Mitarbeitenden der Stranger Times. Da fand ich das „Aufmerksamkeitsverhältnis“ nun deutlich gleichmäßiger und mir ist aufgefallen, dass ich auch gar nicht den oder die eine von der Stranger Times benennen könnte, der oder die mir am Liebsten ist. Da sind mir alle gleichermaßen ans Herz gewachsen, selbst der bärbeißige Banecroft, der hier mitunter erstaunlich freundschaftliche und einfühlsame Züge zeigt.
Allerdings zerstreut sich die Redaktion hier wiederum frühzeitig und ermittelt in kleineren Teams in diverse Richtungen: hier treten sehr viele neue Figuren auf den Plan, dass es tatsächlich sinnvoll sein kann, sich während des Lesens eine grobe Personenübersicht zu notieren. Einige dieser Charaktere spielen für die Hauptgeschichte hier letztlich keine Rolle und da ist zu vermuten, dass sie in Zusammenhang mit ein paar offenbleibenden Dingen stehen und entsprechend im dritten Band nochmals einen (größeren) Auftritt haben werden. Da könnte es sich dann auch als praktisch erweisen, wenn man da während des Lesens noch auf diese Notizen zurückgreifen könnte. (Ich hatte vor „This Charming Man“ tatsächlich den ersten Band nochmals überflogen; generell würde ich auch unbedingt dazu raten; und es gab nun dennoch Momente, während derer ich dachte: „Warte mal… wurde das im ersten Band schon erwähnt, was mit dieser oder jener Person (geschehen) ist?“ Ich bin festen Willens, den dritten Teil definitiv auch zu lesen und werde zuvor die ersten beiden Bände bestimmt nochmals lesen und mir dabei auch eine Personenkarte erstellen. Prinzipiell wäre es natürlich schön, wenn es in den einzelnen Bänden nun entsprechende „Stammbäume“ gäbe.)

Der Schluss von „This Charming Man“, erneut ein Showdown, hat mir im Übrigen besser als jener des vorgängigen Bandes gefallen: Der war dieses Mal „geordneter“ und meinem Empfinden nach klarer nachzuvollziehen; die anschließende Danksagung war auch wieder sehr lesenswert, wobei mir das „Zukunftsorakel“ aus dem ersten Teil doch noch klar besser gefallen hatte.

Insgesamt war „This Charming Man“ für mich nun eine durchaus gelungene Fortsetzung, die einem mittleren Band entsprechend aber doch auch irgendwie in der Schwebe hängenblieb und mir einmal mehr deutlich machte, dass ich Reihen Serien definitiv vorziehe. Aber ich werde garantiert nicht ohne den dritten Band dieser Serie bleiben!

Veröffentlicht am 04.10.2022

Digitale Extras wären noch toll gewesen!

Lina Knut. Schülerin, Gamerin, Weltenretterin
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Die Protagonistin Lina ist just in die 5. Klasse gekommen und spielt in ihrer Freizeit sehr gerne, auch im Onlinestream, das Abenteuer-Computerspiel „Aarona“; da wird ihr kurz nach Schuljahresbeginn angeboten, ...

Die Protagonistin Lina ist just in die 5. Klasse gekommen und spielt in ihrer Freizeit sehr gerne, auch im Onlinestream, das Abenteuer-Computerspiel „Aarona“; da wird ihr kurz nach Schuljahresbeginn angeboten, das Spiel mit einem noch nicht erschienenen Add-on zu spielen, wozu ihr eine Woche Zeit gegeben wird. Nach einigem Widerstand ihrer Mutter (Linas Computerzeit ist strikt begrenzt und ein tägliches Zocken während des ganzen Nachmittags eigentlich ein Unding) gibt diese letztlich doch nach und gestattet Lina, diese Chance zu ergreifen. Doch während Lina nach Unterrichtsschluss nun daheim mit Hausaufgaben, Gassigehen und eben Zocken beschäftigt ist, vernachlässigt sie darüber hinaus vor Allem ihre beste Freundin Mia, mit der sie ansonsten fast jeden Tag verbringt: Dieses Buch konzentriert sich vor Allem auf Lina und ihre Zeit im Game, welches auch sehr detailliert beschrieben wird, so dass man durchaus Lust darauf bekommen kann, dieses Spiel selbst einmal zu zocken. Da wurde sich definitiv sehr viel Mühe gemacht, ein Spiel zu erfinden, was es in der Realität so also (bisher?) nicht gibt. Da wäre es definitiv ein nettes Gadget gewesen, zusätzlich zumindest ein entsprechendes Minispiel anzubieten, was man via eines QR-links bzw. über die Verlagsseite herunterladen hätte können; stattdessen wird eingangs verkündet, man könne während des Lesens Achievements freischalten: auch da hatte ich angesichts des Themas eher etwas Multimediales erwartet oder ein Quiz in Antolin-Manier. Stattdessen werden ganz simpel nur „Auszeichnungen“ vergeben, sobald man soundsoviele Seiten gelesen hat.
Da fand ich es definitiv schade, dass man das Buch hier nicht über mehrere Kanäle hinweg aufgezogen hat, zumal KOSMOS ansonsten doch auch Technikwissen und Forscherdrang sehr fördert; das ist definitiv ein Verlag, dem ich Multimedia zutraue.

Mein 8jähriger Neffe ist im Gaming-Bereich erstaunlich firm, aber nicht so sehr der begeisterte Leser, und ihn würde diese Geschichte deutlich mehr bei Leselaune halten, wenn es eben entsprechende digitale Extras gäbe. Seine Zwillingsschwester ist da nicht so zockbegeistert, aber eine totale Leseratte: Mit dem zahlreichen vorhandenen Gaming-Vokabular, mit dem „Aarona“ mitunter beschrieben wird, könnte sie persönlich nicht so viel anfangen; allerdings werden diese Ausdrücke zumeist innert der Geschichte erläutert und würde sie ein Wort dennoch nicht einordnen können, könnte sie zweifelsfrei ihren Bruder fragen – theoretisch wäre dies ein Buch, was die Beiden toll zusammen entdecken könnten, aber es fehlen eben die Gaming-Extras.
Die Altersempfehlung ab 9 finde ich völlig okay; die Protagonistin Lina ist als Fünftklässlerin halt zwar ein bisschen älter, aber meine Nichte liest aktuell mitunter auch schon Literaturempfehlungen für die 5./6. Klasse, wobei ich im Fall von „Lina Knut“ nun davon abraten würde, es Kindern zu lesen zu geben, die sich mit dem Lesen (noch) etwas schwerer tun, nicht zuletzt wegen der häufig englischbasierten Spielausdrücke oder auch einfach nur bestimmter erfundener Bezeichnungen im Spiel.

Ich dachte zunächst, dass es eventuell schwierig sein könnte, dass eine Hauptfigur hier hauptsächlich vor dem PC sitzt, aber es wird eingangs sehr deutlich, dass Lina nur jeden zweiten Tag sehr begrenzte Onlinezeit eingeräumt bekommt, und es nun um eine Woche absoluter Ausnahmesituation geht; letztlich wird Lina auch sehr schmerzhaft bewusst, dass ihr Offline-Leben da bereits arg gelitten hat. Es ist also nicht so, dass (dauerhafte) Bildschirmzeit völlig normalisiert wird; zudem wird auch frühzeitig erklärt, worauf Kinder online achten sollen, welche Regeln es gibt, und was mir gut gefallen hat, war, dass der Stream, in dem Lina sich bewegt, auch als geschützter Raum beschrieben wurde; diese Community war speziell für Kinder gestaltet und wurde auch von erwachsenen Aufsichtspersonen monitort. Da war es also nicht so, dass Lina zum Beispiel über eine Plattform wie Twitch, mitten im allgemeinen Netztrubel, gestreamt hätte.
Auch die normalen Alltagsprobleme (beispielsweise Lina stottert, wenn sie vor einer größeren Gruppe reden soll; einer ihrer Mitschüler foppt den Rest der Klasse ständig…) der Kinder werden thematisiert, bis schließlich erkannt wird, dass jede*r seine kleinen Macken hat. Es geht also nicht nur darum, ob es Lina gelingen wird, das Spiel aktuell in der vorgegebenen Zeit durchzuzocken, auch wenn das das absolute Oberthema bleibt.

Die Illustrationen sind toll gemacht, absolut angemessen; die Chatverläufe, die vorkommen, sind auch entsprechend dargestellt, wobei ich da einräumen muss, dass mir hier die Texte teilweise doch ein wenig arg klein erschienen, nicht nur für eventuell sehbehinderte Kinder, sondern generell auch für eine Zielgruppe, die doch noch eher den Leseanfängern zuzurechnen wäre. Wenn da typische Chatsprache geschrieben wird, finde ich es doch etwas schwieriger, Buchstaben und Zeilen relativ gedrängt zu setzen.

Alles in Allem sehe ich „Lina Knut. Schülerin. Gamerin. Weltenretterin“ aber als ein gut geeignetes Buch für Kinder zwischen 9 und 11 an, sich sowohl gerne lesen als auch gerne zocken. Sehr gut wäre es für mich, wenn es eben eine multimediale Anbindung gäbe.