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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 05.04.2023

Alte Legenden, starke Akzente und komplexe Charaktere – willkommen in den Highlands! Es gibt reichliche Beschreibungen, nur leider wenig Atmosphäre zwischen den Zeilen.

Outlander – Feuer und Stein
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Schottland 1945: Claire geniesst gerade ihre Flitterwochen mit ihrem Mann, als sie sich bei einem Spaziergang in einem Steinkreis wiederfindet. Auf einmal fällt sie in eine ahnungslose Ohnmacht, und als ...

Schottland 1945: Claire geniesst gerade ihre Flitterwochen mit ihrem Mann, als sie sich bei einem Spaziergang in einem Steinkreis wiederfindet. Auf einmal fällt sie in eine ahnungslose Ohnmacht, und als sie aufwacht, befindet sie sich im 1743.
Es wurde höchste Zeit, dass ich mich dieser Reihe stellte. Natürlich ist das über 1000-seitige Buch zu Beginn etwas abschreckend, aber es lässt sich gut meistern.
Ich habe die Serie vor einigen Jahren begonnen, mittlerweile habe ich den Grossteil der Handlung vergessen und wollte sie mit dem Buch auffrischen. Charakteristisch für diese Geschichte ist der rasche Bruch, als Claire in einem anderen Jahrhundert aufwacht. Im Buch lässt sich die Autorin Zeit, bis unsere Protagonistin endlich Craigh na dun entdeckt. Davor muss man sich durch einige trockene Lektionen Kräuterkunde, Highland Geographie und schottische Geschichte schlagen. All diese Informationen brauchen Platz, was bedeutet, dass die Handlung erst nach mehr als hundert Seiten beginnt.
Dann, endlich, findet sich Claire in den natürlichen und überwucherten Highlands wieder, lernt Jamie und die damaligen Sitten und Gebräuche kennen. Wo eine Legende, die hinter einem Trinklied steckt, auf mehreren Seiten geschildert wird und das Schloss, in dem sie gezwungenermassen haust ebenfalls viele Paragraphe in Anspruch nimmt, wird die Landschaft Schottlands atmosphärisch überhaupt nicht aufgebaut. Die alten Geschichten helfen, diese altertümliche Stimmung herzustellen – auch Erklärungen der damaligen medizinischen Verhältnisse oder von überholten Traditionen . Aber wo bleibt die erzeugte Atmosphäre durch Beschreibungen? Wo sind die Bilder in meinem Kopf? Es ist nicht irgendeine Landschaft, durch die Claire reitet, es sind die Highlands! Ein Hochland, das Fotograf:innen aus der ganzen Welt besuchen, um es abzulichten, weil es eben voller Wirkung und Atmosphäre ist.
Der Schreibstil ist trotz der teils in die Länge gezogenen Umschreibungen angenehm zu lesen. Vor allem reflektiert er Claires Denken sehr gut: Ihre Beobachtungen sind scharf und sie lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. Viele kritisieren den Entscheidungsprozess der Protagonistin: Wie sie nur so gedankenlos von einem Mann zum nächsten wechseln könne, ob sie den gar keine Schuldgefühle hege. Zu ihrer Verteidigung möchte ich anfügen, dass Claire sehr praktisch denkt; sie möchte den Nutzen in jeder Situation maximieren, und dafür stellt sie ihre Gefühle manchmal in den Hintergrund. Ich finde ihre Gedanken grösstenteils gut nachvollziehbar.
Eher fraglich finde ich einzelne Entscheide der Autorin. Braucht es wirklich so viele Sexszenen mit Claire und Jamie? Nein, denn dann wäre das Buch auch um einiges kürzer gewesen. Auch tendiert Gabaldon dazu, viel zu früh aufzulösen, was gleich passieren wird. Die Protagonistin geht sehr taktisch vor, dafür habe ich Verständnis, aber mir als Leserin muss ihr detaillierter Plan nicht schon zwanzig Seiten im Voraus vorliegen. Ich lasse mich bei Büchern tatsächlich auch gerne überraschen. Trotzdem muss ich zugeben, dass ich die Dynamik der beiden liebe! Nicht selten musste ich bei Jamies Aussagen lachen oder meine Tränen unterdrücken.
Letzten Endes hat die Autorin wahnsinnig komplexe Charaktere erschaffen, die sich in einer unvorstellbaren Situation befinden und sich immer weiter hineinverstricken. Auch Jamie hat einiges zu bieten, vor allem, wenn er von seiner Kindheit erzählt. Faszinierend finde ich hierbei, wie es Gabaldon geschafft hat, die krassen und mittlerweile nicht mehr akzeptierten Normen von damals in Jamies’ lockeren Plauderton zu erzählen. Die wichtigen geschichtlichen Ereignisse fahren im ersten Band erst langsam an und legen die Basis für den zweiten; es ist also definitiv Spannung im Buch vorhanden (sonst hätte ich es nicht fertiggelesen), aber man verpasst nichts, wenn man mal paar Seiten einfach überfliegt …

Fazit
Die Geschichte überzeugt mit den komplexen Charakteren, die nicht nur mit ihrer Vergangenheit zu kämpfen haben, sondern jetzt vor allem mit der Gegenwart. Gabaldon bleibt ihren Figuren treu und schafft eine gesunde Nähe zu den Leser:innen. Nichtsdestotrotz verlor ich mich oft in irrelevanten Beschreibungen und hätte mir mehr Atmosphäre gewünscht, wo wir uns schon in so einer wunderschönen Landschaft befinden. Die Spannung hielt, der Cliffhanger nagt, also wird weitergelesen!

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Veröffentlicht am 22.02.2023

Eine atmosphärische Erzählung mit einem äusserst angenehmen Protagonisten – leider gelingt der Spannungsaufbau nicht, was zu wenigen langatmigen Passagen führt

Schicksal und Gerechtigkeit
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William Warwick möchte Commissioner werden. Dafür muss er als Streifepolizist anfangen und entdeckt Seiten von London, die ihm bisher verborgen geblieben sind. Kurzerhand wird der Kunstliebhaber zum Dezernat ...

William Warwick möchte Commissioner werden. Dafür muss er als Streifepolizist anfangen und entdeckt Seiten von London, die ihm bisher verborgen geblieben sind. Kurzerhand wird der Kunstliebhaber zum Dezernat für Kunstfälschung versetzt, wo er mit dem bekanntesten Gemäldefälscher seiner Zeit in Berührung kommt. Währenddessen lernt er Beth Rainsford kennen, doch sie scheint ein Geheimnis vor ihm zu hüten …

Jeffrey Archers Einzelromane konnten mich bisher auf voller Länge überzeugen. Die Warwick Saga ist also die erste Reihe, die ich von ihm lese.

Um es gleich zu Beginn auf den Punkt zu bringen: Ich finde das Buch ganz gut. Es ist immerhin der Auftakt einer Reihe, das erst einmal das Fundament für weitere Geschichten legt. Charaktere werden vorgestellt und Williams Leben wird aufgegleist. Bis in die Mitte finde ich die Geschichte spannend und aufrüttelnd. Zwar ist sie relativ konfliktarm – was für einen Roman doch ziemlich gewagt ist – aber irgendwie läuft es.

Sicherlich liegt das an dem Schreibstil des Autors, der es wieder einmal schafft, die Worte zu Sätzen zu bilden, die ohne ein geringstes Zögern ihre Arbeit tun und erzählen. Was mir am meisten gefällt, ist, dass es er sich nicht mit ellenlangen Beschreibungen aufhält. Es gibt natürlich Beschreibungen der Gebäude, der Menschen und der Städte, aber nur so detailliert, wie man es auch braucht. Der Rest wird gezielt ignoriert, was die Erzählung selbst dynamischer wirken lässt. Die Informationen werden nicht hinausgepresst, damit man alles erklärt hat, sondern die Handlung passiert einfach und fortlaufend – wie im echten Leben.

William ist vergleichsweise ein einfach gestrickter Protagonist, aber das macht ihn so liebenswürdig. Er steht einem nah, obwohl man keine Gemeinsamkeiten miteinander hat, und trotzdem interessiert man sich für seine Geschichte.

Bei Jeffrey Archer habe ich vor allem die Spannungsbögen immer gelobt, das nervenzerreissende Warten bis zum Schluss, um zur Auflösung zu gelangen. Hier ist das leider nicht der Fall. Denn vor allem in der zweiten Hälfte wartete ich vergeblich auf irgendetwas. Es ist nicht so, dass nichts passiert, aber je länger eine Atempause andauert, desto mehr Spannung baut sich an, und wenn dann ein eher enttäuschender Höhepunkt kommt, wirkt die Handlung sehr flach. Zwar immer noch wie im echten Leben, aber nicht wie eine aufbauende und mitreissende Erzählung, was dieser Roman wahrscheinlich sein möchte.

Das Finale ist zu gewissen Teilen überraschend, zu anderen vorhersehbar. William Warwick konnte mich jedoch überzeugen und ich werde der Reihe eine weitere Chance geben und hoffe auf eine verwickeltere und mitreissendere Geschichte.

Fazit
William Warwick und die weiteren Charaktere in der Geschichte, können mich mit ihrer Komplexität überzeugen. Der Schreibstil von Jeffrey Archer ist wie zu erwarten mitreissend und lässt nicht locker, wo die Handlung doch eher Schwächen zeigt. Vor allem in der zweiten Hälfte lässt die Spannung nach, wo ich sie am meisten erwartet hätte. Nichtsdestotrotz ist es eine atmosphärische Geschichte und ein Protagonist, die zusammen viel Potenzial für Weiteres haben.

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Veröffentlicht am 20.02.2023

Eine tiefgründige und klar verständliche Geschichte, die zwar nichts Neues liefert, aber unterhaltsam zum Lesen ist und eine einzigartige Atmosphäre bietet.

Das Café am Rande der Welt
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John findet sich plötzlich in einem Café am Rande der Welt wieder. Bisher hat er in seinem Leben getan, was von ihm als Manager verlangt wurde. Doch hier wird er mit Fragen konfrontiert, die ihn gedanklich ...

John findet sich plötzlich in einem Café am Rande der Welt wieder. Bisher hat er in seinem Leben getan, was von ihm als Manager verlangt wurde. Doch hier wird er mit Fragen konfrontiert, die ihn gedanklich an ganz andere Orte als den Büroalltag führen. Was John zuerst als einen Zwischenstopp wertet, wird zu einer Reise zum eigenen Selbst.

Meine Erwartungen an das Buch waren gross. John Strelecky ist ein gängiger Name in der Bücherwelt, und das ist das erste Buch, das ich von ihm gelesen habe.

Das Buch ist vor rund 15 Jahren erschienen; ich bin mir sicher, dass es damals vielen Leuten geholfen hat, sich vom Alltag zu entfernen und einfach mal nachzudenken. Ich bin mir auch sicher, dass es damals wenige solcher Bücher gab, in denen philosophische Fragen einem in einer fiktionalen Erzählung nähergebracht wurden.

Die Gespräche im Buch sind knapp und präzis, der Autor vertrödelt keine Zeit damit, unnötige Erklärungen und Beschreibungen einzubringen. John läuft gedanklich von einer Erkenntnis zur nächsten, bis sich hinter ihm ein Weg abzeichnet, auf den er am Ende stolz zurückblicken kann.

Neues gelernt habe ich von dem Buch nichts, auch neuen Denkstoff hat es mir leider nicht geliefert, was aber keinesfalls bedeutet, dass mir die Geschichte nicht gefallen hat: Sie ist unterhaltsam, tiefgründig und trifft auf den Punkt. Und auch der Schreibstil, der fast schon poetisch ist, hat mich überzeugt. Ich habe das Buch ganz einfach zu spät gelesen.

Realitätsnah ist die Geschichte nicht wirklich. Wenn ich in ein Café am Rande der Zivilisation landen würde und auf der Karte Fragen wie «Warum bist du hier?», «Hast du Angst vor dem Tod?» und «Führst du ein erfülltes Leben?» lesen würde, würde ich mich schleunigst aus dem Staub machen. Aber genau dieser Aspekt, dieses vollkommene Vertrauensgefühl zwischen den Charakteren im Buch verleiht der Geschichte das gewisse Etwas, mit dem sie doch heraussticht.

Von meiner Seite ist das Buch eine interessante Lektüre für Zwischendurch, die der ein oder dem anderen womöglich doch zu erstmaligen Gedanken verhilft.

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Veröffentlicht am 21.01.2023

Eine wahre Geschichte, die Schiller mit Fiktion begründet: Ein interessanter psychologischer Einblick mit dem Ziel für mehr Objektivität in der Berichterstattung

Der Verbrecher aus verlorener Ehre
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Die wahre Geschichte des Mörders Friedrich Schwan. Der Text versucht ein philosophisches Problem zu bekunden, wobei Friedrich Schwan als historisches Vorbild für die Figur des Christian Wolf dient, also ...

Die wahre Geschichte des Mörders Friedrich Schwan. Der Text versucht ein philosophisches Problem zu bekunden, wobei Friedrich Schwan als historisches Vorbild für die Figur des Christian Wolf dient, also liegt der Geschichte sicherlich eine bekannte und wahrhaftige Struktur zugrunde.

Es ist interessant, wie Schiller faktuale Tatsachen mit Fiktion begründen möchte – wie beispielsweise mit den geschilderten Gedankengängen von Wolf, die wir als Leser:innen nah miterleben. Nicht nur vertritt Schiller damit den Punkt, dass bei einer Tat ebenfalls der Kontext und die darin entstandenen Beweggründe des Täters in Betracht gezogen werden. Die moralische Überheblichkeit wird hier von Schiller kritisiert und er macht deutlich, dass mehr Objektivität im Rechtssystem herrschen sollte.

In der Erzählung selbst thematisiert der Autor zusätzlich noch, wie eine Erzählung geschrieben sein sollte, was er dann natürlich auch umsetzt. Dazu zählt, dass man als Leser:in versteht, weshalb die Protagonisten in dieser bestimmten Art und Weise handeln; wir müssen also die Hintergründe von ihnen kennen.

Auch finde ich, dass das Buch sehr angenehm zu lesen ist und es – obwohl es wirklich schon älter ist – immer noch erfolgreich zum Denken anregt.

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Veröffentlicht am 11.01.2023

Stolls zweibändiges Sammelwerk lässt einen unbeschwert in die bedeutsamsten und schönsten Sagen der Antike eintauchen!

Die Sagen der Antike
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Oft brauchen wir im Alltag Wörter wie »Achillesferse« oder »Trojanisches Pferd«, die ihren Ursprung in der Antike finden. In diesem Band findet sich das zweibändige Sammelwerk von Stoll, der in seinen ...

Oft brauchen wir im Alltag Wörter wie »Achillesferse« oder »Trojanisches Pferd«, die ihren Ursprung in der Antike finden. In diesem Band findet sich das zweibändige Sammelwerk von Stoll, der in seinen eigenen Worten die wichtigsten und interessantesten Sagen erzählt.

Für Leute, die sich für die griechisch-römische Antike interessieren und ein kleines bisschen Vorwissen mitnehmen, ist dieses Werk perfekt! Zu meiner Überraschung enthält das Buch nicht nur die bekanntesten Sagen, wie beispielsweise den Trojanischen Krieg oder die Geschichte von Achilleus, sondern auch Erzählungen, von denen ich noch nie etwas gehört habe, die die bekannteren Sagen stützen oder auch einfach etwas mehr Tiefe hineinbringen.

Dieses Werk wird von mehreren passenden Illustrationen geschmückt, die eine gelungene Abwechslung zu all den Informationen sind. Die Sagen lassen sich flüssig lesen, ohne, dass man über unbekannte Wörter stolpern muss.

Natürlich ist das kein Buch, das man vor Spannung verschlingt – das möchte es auch gar nicht sein. Es ist ein Buch, in dem man immer wieder mal weiterliest und das gut für Recherchezwecke verwendet werden kann.

Auf jeden Fall eine Empfehlung für alle, die sich für antike Sagen interessieren und ihr Wissen in diesem Bereich erweitern wollen!

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