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Veröffentlicht am 01.04.2023

Das für die Nachwelt erhaltenes Gedicht einer vergänglichen Frau

Ein Geist in der Kehle
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Mitten in ihrer routinierten Alltag, zwischen Windel und Milchpumpe entdeckt eine irische Mutter das irische Gedicht „Caoineadh Airt Uí Laoghaire“ wieder, das Eibhlín Dubh Ní Chonaill im 18. Jahrhundert ...

Mitten in ihrer routinierten Alltag, zwischen Windel und Milchpumpe entdeckt eine irische Mutter das irische Gedicht „Caoineadh Airt Uí Laoghaire“ wieder, das Eibhlín Dubh Ní Chonaill im 18. Jahrhundert nach dem Tod ihres Ehemannes verfasst hat. Dieser Text in Gaeilge (die irische Sprache) begleitet sie in den schwierigen Momenten, in der sie um das Leben ihres Kindes bangt. Das Klagelied und seine Autorin faszinieren sie so sehr, dass sie eine umfassende Recherchearbeit unternimmt, um bei ihrer Übersetzung ins Englisch Eibhlín Dubh Ní Chonaill gerecht zu werden. Ihre Besessenheit für die Frau und Mutter kennt keine Grenzen.

Die irische Dichterin Doireann Ní Ghríofa hat mit diesem Roman ein unglaubliches und sehr persönliches Werk gezaubert. Mit „Ein Geist in der Kehle“ weicht sie von ihren üblichen Lyrik-Werken ab und versucht sich an Prosa. Das Ergebnis ist ein unkonventionellen Roman, dessen poetische und atmosphärische Schreibstil für mich ein Vergnügen war. Man schwebt regelrecht über die Seiten.

Der Inhalt dieses Buches lässt mich allerdings zwiegespalten. Die Autorin ist eine großherzige Frau, die trotz Schicksalsschlägen sich durchs Leben kämpft. Aber ihr Alltag konnte mich nicht besonders hinreißen, außer wenn es um die Recherche um Eibhlín Dubh Ní Chonaill ging. Diese fand ich sehr spannend, weil die Autorin hervorragend die Besessenheit beschreibt, die einen bei solchen Forschungen überwältigt.

Die Verweise auf die irischen Sprache, Geschichte, Kultur und Landschaften entsprechen den Erinnerungen an „mein“ Irland. Die erwähnten Orte in County Cork sind wie Musik in meinem Ohr und bedeuten für mich eine Menge Erinnerungen. Mit der Interview von Doireann Ní Ghríofa am Ende des Buches schnappt man noch weiter irische Luft.

Auch Daniel O‘Connell, der seinerzeit als „The Liberator“ bekannt war, wird in diesem Buch mehrmals erwähnt. Dank seiner Briefe haben einige der wenigen Informationen über seine Tante Eibhlín Dubh Ní Chonaill ihren Weg bis ins 21. Jahrhundert gefunden.

Mit dem anfänglichen Satz „Dies ist ein weiblicher Text“, der wie einem Motto mehrmals wiederholt, wirft Doireann Ní Ghríofa die Frage der Position der Frau in der Gesellschaft und in der Geschichte auf. Obwohl ihres Klagelieds „Caoineadh Airt Uí Laoghaire“ dazu beigetragen hat, dass ihr Name verewigt wurde, sind nur noch wenige Spuren von Eibhlín Dubh Ní Chonaill als Frau zu finden. Trotz der Zweifel, die sie an ihrer Methodik hegt, überliefert Doireann Ní Ghríofa den Lesern einen unglaublichen Einblick im Leben einer Frau des irischen Landadels am Ende des 18. Jahrhunderts.

Das dunkle, aber schöne Cover verleiht dieses Buch ein gewisses Flair, dass viele Leser in Versuchung bringen könnte. Obgleich es mir sehr gut gefallen hat, bezweifle ich, dass alle Leser diese Meinung teilen werden. Dafür ist dieses Werk viel zu ungewöhnlich.

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Veröffentlicht am 23.03.2023

Auf der Suche nach Glück: zwischen Initiationsgeschichte und Märchen

Lea und das blaue Glück
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Die Sommerferien sind da. Von ihrer Lehrerin angespornt stellt sich die siebzehnjährige Lea Fragen über das Glück. Von einem Adler geführt folgt Lea einen Weg, der dazu beiträgt, ihre Fragen zu beantworten. ...

Die Sommerferien sind da. Von ihrer Lehrerin angespornt stellt sich die siebzehnjährige Lea Fragen über das Glück. Von einem Adler geführt folgt Lea einen Weg, der dazu beiträgt, ihre Fragen zu beantworten. Allerdings kommt noch viel mehr ans Licht: Ein Familiengeheimnis und das Gewissen, dass es in der Welt mehr Verbindungen gibt, als man denkt.

„Was ist Glück?“ ist eine grundlegende Frage, die sich wahrscheinlich jeder schon mindestens einmal gefragt. Aber, eine Antwort zu geben ist gar nicht so einfach. Auf ihre Reise begegnet Lea auf gut Glück mehrere Personen, die ihr ihre persönliche Vorstellung vermitteln.

Wiebke Wiedeck hat mit Lea und ihrer herzergreifenden Geschichte eine besondere Botschafterin des Glücks erschaffen. Eine introvertierte Jugendliche, die sich „anders“ fühlt, ohne es wirklich nachvollziehen zu können. Eine junge Frau, die in einer besonderen Familie, mit Höhen und Tiefen, aufgewachsen ist. All das, und noch mehr, ist Lea. Als Ich-Erzählerin beschreibt sie ihre Erfahrungen und Gemütszustand vor und während der Reise.

In der gleichen Erzählform kommen immer wieder Kapitel aus einem anderen Standpunkt. Zuerst überraschend, vielleicht irritierend. Später erkennt man aber als Leser diese Kapitel und sehnt sich sogar danach, weil sie die Verbindungen zwischen den Figuren untermauern.

Für die volle Punktzahl hat es nicht gereicht, weil ich den Eindruck hatte, dass die besondere Atmosphäre, die ich mit Leas Reise verband, unter einigen unnötigen Ereignissen und dem fehlenden Tiefgang einiger Figuren, die Leas Weg gekreuzt haben, litt. Auch die Verankerung in der Gegenwart, die durch einige Verweise auf sozialen Medien entsteht, fand ich schade, weil Wiebke Wiedeck einen feinen und angenehmen Schreibstil besitzt, der wunderbar zu einer zeitlosen Initiationsgeschichte passt.

Noch erwähnenswert ist das bezaubernde blaue Cover. Selbstverleger achten nicht immer auf das Cover (oder haben vielleicht nicht die Mittel dafür), obwohl es auch eine entscheidende Rolle, ob man einen Roman lesen wird oder nicht. Aber, mit diesem besonderen Blauton und einer adretten Gestaltung hat die Autorin ins Schwarze getroffen.

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Veröffentlicht am 26.02.2023

Ode an die Mutterliebe

Der Ruf des Eisvogels
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Als Olga zur Welt kam, verließ sie ihre Mutter. In Ginsterburg in der Uckermark wird sie vor allem von ihrem Großvater Albert Blume, der Hausarzt des Ortes, groß gezogen. Mit ihm entdeckt Olga die Welt ...

Als Olga zur Welt kam, verließ sie ihre Mutter. In Ginsterburg in der Uckermark wird sie vor allem von ihrem Großvater Albert Blume, der Hausarzt des Ortes, groß gezogen. Mit ihm entdeckt Olga die Welt der Medizin und der Geburtshilfe, die nach vielen Schicksalswenden zu ihrem Beruf wird. Der Zweite Weltkrieg zwingt Olga zur Flucht in den Westen. Nach der Wende kommt sie widerwillig mit ihren Tochter und Enkelin nach Ginsterburg zurück.

Wie ein Schutzengel wacht der Eisvogel über Anne Prettins Roman und verwandelt das türkis-farbenes Cover in ein bezauberndes Kunstwerk. In Olgas Kindheit und Jugend spielt dieser kleine Vogel auch eine wichtige Rolle und erinnert sie an ihre Mutter, die ihr unter dramatischen Umständen das Leben geschenkt hat.

Trotz der Liebe ihres Großvaters und der Freundschaft zu Lotte, Annemie, Gero und Fritz ist Olgas Kindheit alles anders als unbeschwert. Obwohl die Frontlinien weit entfernt laufen, hat der Krieg auch auf Olgas Freundeskreis Konsequenzen.

Auch die Nachkriegszeit, die Anne Prettin unverblümt beschreibt, ist für Olga kein Vergnügen. Als junge Mutter mit einer kleinen Tochter in den Westen zu fliehen und im Flüchtlingslager in Oldenburg zu überleben beweist, wie wichtig ihr Becki ist. Das Kind kommt immer an erster Stelle, obwohl sie selber ohne Mutter aufwachsen musste.

Auch wenn einige Sprünge zwischen der Zeiten verwirrend oder konfus wirken mögen, basiert diese herzergreifende Geschichte auf einem gut ausgebauten Plot. Für den Leser, genauso wie für die Protagonisten wird das Geheimnis erst in den letzten Kapiteln gelüftet.

Im Buch wimmelt es von ernsten Themen, wie Schuld, Verlust oder Trauer, die den Leser zum Nachdenken bringen. Dennoch ist dieser hoffnungsvolle Roman vor allem eine Ode an die Mutterliebe, die sehr unterschiedlichen Formen nehmen kann und sich täglich neu erfinden lässt.

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Veröffentlicht am 18.02.2023

Für kleine und große Philosophen

Ludwig und das Nashorn
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Es ist Zeit, ins Bett zu gehen. Laut Ludwig befindet sich ein Nashorn in seinem Kinderzimmer. Der Vater sucht es im ganzen Zimmer, ohne es zu finden.

Auf den ersten Blick stellt diese Geschichte die ...

Es ist Zeit, ins Bett zu gehen. Laut Ludwig befindet sich ein Nashorn in seinem Kinderzimmer. Der Vater sucht es im ganzen Zimmer, ohne es zu finden.

Auf den ersten Blick stellt diese Geschichte die Frage, ob Erwachsene so fantasielos sind, dass sie ein Nashorn im Schlafzimmer übersehen könnten. Auch wenn der Verstand manchmal ein Hindernis darstellen kann, geht es in diesem Kinderbuch nicht darum, ein Mangel an Fantasie und Vorstellungskraft bei Erwachsenen anzuprangern.

Mit einer scharfsinnigeren Absicht präsentiert die Autorin eine Beweisführung zur These des österreichischen Philosophen Ludwig Wittgenstein: Nur weil man etwas, wie das Nashorn in der Geschichte, nicht sieht, kann man nicht beweisen, dass es nicht da ist.

Dieses philosophische Kinderbuch bringt Kindern ab vier Jahren das philosophische Denken und das Beweisen näher. Durch die unterschiedlichen Schriftarten lassen sich die Gesprächspartner gut zuordnen. So gibt es die Möglichkeit, die Rollen zwischen Kinder (Erstleser) und Eltern aufzuteilen. Kinder sind auch begeistert, auf jeder Seite nach dem Nashorn zu suchen. Schrille Farben und fantasievolle Illustrationen peppen diese philosophischen Gute-Nacht-Geschichte auf.

Auch Erwachsenen finden Freude an diesem erstaunlichen Buch: Die Illustrationen dieses kleinen Kunstwerk entstanden aus mehreren Techniken und wurden nur mit drei Farben ausgedruckt. Zusätzlich bietet die Autorin Hintergrundwissen über Ludwig Wittgenstein und seine Werke.

Fazit: Eine wunderbare (Vor-)Lesezeit aus der Kinder sowie Erwachsene was für sich ziehen können.

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Veröffentlicht am 25.01.2023

Ein Kinderkrimi mit Kawaii-Flair

Detektiv Parzival Po (1) - Das Geheimnis der Frau Purpur
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Dieser erste Band der Detektiv-Parzival-Po-Reihe beinhaltet zwei spannenden Kriminalfälle. In der ersten Geschichte werden der Detektiv Parzival Po und sein treuer Assistent Brown angeworben, um eine verschlüsselte ...

Dieser erste Band der Detektiv-Parzival-Po-Reihe beinhaltet zwei spannenden Kriminalfälle. In der ersten Geschichte werden der Detektiv Parzival Po und sein treuer Assistent Brown angeworben, um eine verschlüsselte Nachricht zu entziffern. Auf Schatzsuche für Frau Purpur lösen sie sogar eine brisante Einbruchserie. In der zweiten Ermittlung geht es um einen tückischeren Fall von Puddingdiebstahl.

Mit diesem Buch aus Japan werden Krimi-Fans ihre Begeisterung mit ihren Kindern teilen können und vielleicht die gleiche Leidenschaft fürs Rätsellösen bei ihren Sprösslingen wecken. Beide Geschichten sind kindgerecht geschrieben und lassen sich ohne große Schwierigkeit lösen, sofern man den Details ein bisschen Aufmerksamkeit schenkt. Die Reihenfolge der Bilder mit Kawaii-Flair auf den Seiten ermöglichen den Leser mitzurätseln, bevor Parzival Po seinen Lösungsansatz verrät.

Parallel zu den Ermittlungen von Detektiv Parzival Po und Brown bieten die Autoren weitere Rätsel und Mitmachspiele, wie Labyrinth, Wimmelbilder oder Unterschiede-Spiele. Sogar beide Seiten des Buchumschlages werden dafür in Anspruch genommen.

Wieso die Autoren einen Detektiv mit einem überdimensionierten Po-Gesicht erfunden haben, bleibt mir allerdings ein Rätsel. Höchstens bei der Entlarvung des Täters lässt sich diese Wahl nachvollziehen. Eine überdimensionierte Nase hätte aber vermutlich den gleichen Zweck erfüllen können.

Nichtsdestoweniger ist dieses Buch ein gelungenes Beispiel für einen spannenden und unterhaltsamen Kinderkrimi. Viel Spaß mit diesem Ermittlerduo aus Japan!

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