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jules_jude

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 09.04.2023

Solider und unterhaltsamer, aber spannungsarmer Krimi

30 Tage Dunkelheit
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"30 Tage Dunkelheit" von Jenny Lund Madsen hat es mir nicht einfach gemacht.

Hannah ist eine angesehene Romanautorin, aber ihre Bücher verkaufen sich nicht gerade wie warme Semmeln. Zudem leidet sie momentan ...

"30 Tage Dunkelheit" von Jenny Lund Madsen hat es mir nicht einfach gemacht.

Hannah ist eine angesehene Romanautorin, aber ihre Bücher verkaufen sich nicht gerade wie warme Semmeln. Zudem leidet sie momentan unter einer Inspirationskrise. Sie reagiert vermehrt dünnhäutig, was auf einer Buchmesse dazu führt, dass sie in Anwesenheit eines Krimibestsellerautors übermütig behauptet, jeder könne innerhalb von 30 Tagen einen Krimi schreiben. Sie schließt eine Wette ab, dass sie genau das schaffen wird und reist dazu nach Island in ein kleines ruhiges Dorf. Doch mit der Ruhe ist schon bald Schluss, denn es taucht die Leiche eines Jungen auf. Bei dem ertrunkenen Jungen handelt es sich um den Sohn eines Fischers und schon bald wird aus literarischer Fiktion Wirklichkeit und Hannah wird in die Ermittlung hineingezogen, was nicht jedem im Dorf gefällt. Je näher Hannah dem Geheimnis kommt, umso gefährlicher wird es für sie.

Die Idee hinter dem Kriminalroman fand ich interessant und der Anfang hat mir noch gut gefallen. Ein unterhaltsamer und atmosphärischer Schreibstil zusammen mit einer vielversprechenden Handlung sorgen für flüssiges Lesen. Bis auf das Ende lässt der Kriminalroman jedoch an Spannung missen, einzig zum Ende hinnimmt die Geschichte deutlich an Fahrt auf, auch wenn von den Geschehnissen etwas zu überzogen dargestellt.
Anfangs hatte ich auch meine Probleme mit der Protagonistin Hannah warm zu werden, sie ist zynisch und kommt ziemlich unsympathisch rüber, was es schwierig macht, mit ihr mitzufiebern. Man ist eher genervt von ihr als Charakter, zum Ende hin wird es aber ein bisschen besser.
Zudem hatte ich auch das Gefühl, dass der Roman nicht wusste, ob er eher eine Parodie auf das Krimi-/Thrillergenre sein wollte oder ein literarisch angehauchter Kriminalroman. So konnte mich weder der Kriminalfall noch der kritische Blick auf die Buchbranche komplett überzeugen, obwohl beide Handlungsstränge an sich durchaus Potenzial hatten.

Trotz der inhaltlichen Schwächen ist "30 Tage Dunkelheit" ein gelungener Debütroman, der vor allem durch seinen flüssigen und stimmungsvollen Schreibstil überzeugen kann. Ein solider Krimi, mehr aber auch nicht.

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Veröffentlicht am 30.03.2023

Verschiedene Zeitstränge sorgen für Frust statt Lust

Tochter einer leuchtenden Stadt
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"Tochter einer leuchtenden Stadt" von Defne Suman hat es mir nicht leicht gemacht.
Eine geschichtsträchtige und bewegende Handlung zusammen mit einer poetischen Sprache, die auf eine verwirrende Erzählstruktur ...

"Tochter einer leuchtenden Stadt" von Defne Suman hat es mir nicht leicht gemacht.
Eine geschichtsträchtige und bewegende Handlung zusammen mit einer poetischen Sprache, die auf eine verwirrende Erzählstruktur und blasse Charaktere treffen, lassen mich mit zwiespältigen Gefühlen zurück.

"Tochter einer leuchtenden Stadt" erzählt die Geschichte von vier Familien - einer levantinischen, einer griechischen, einer türkischen und einer armenischen Familie - in der antiken Stadt Smyrna (das heutige Izmir) in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg. Die Geschichte beginnt im September 1905. In einer dunklen Septembernacht wird Scheherazade geboren, in der Zwischenzeit trifft ein indischer Spion, der in geheimer Mission für das britische Empire arbeitet, an Smyrnas Küste ein. Über die kommenden Jahre hinweg werden die vier über die ganze Stadt verstreuten Familien in ein kompliziertes Netz aus Täuschung, Liebe und Tragödie hineingezogen vor der geschichtlichen Kulisse eines großen Brandes von Smyrna im Jahr 1922 und dem griechischen Militäraufmarsch im Jahr 1919.

Scheherazade stellt den Leser*innen ihre Lebensgeschichte vor, wodurch man beim Lesen Zeuge des Leids, der Zerstörung und des Todes wird, der über Smyrna hereinbricht.
Die Stärke des historischen Romans liegt ganz eindeutig in seiner melodiösen und atmosphärischen Sprache. Die Landschaften und Schauplätze werden von Suman wunderschön dargestellt und vermitteln ein echtes Gefühl für Zeit und Ort. Die Atmosphäre, die durch diese Beschreibungen entsteht, fühlt sich greifbar an und trägt wirklich dazu bei, dass der Leser in die Geschichte hineingezogen wird. Auch schafft es die Autorin, die verschiedenen Kulturen authentisch und nuancenreich darzustellen.

Großes Manko des Romans ist jedoch die verwirrende Zeitstruktur der Handlung. Es wurde viel vor- und zurückgesprungen, ohne dass die jeweilige Zeitlinie wirklich klar ersichtlich war. Auch nimmt nach einem starken Beginn die Erzählung nur langsam an Fahrt auf und verliert sich in Nebensächlichkeiten. Erschwerend kommt hinzu, dass viele verschiedene Charaktere auftauchen und es so schnell passiert, dass man den Überblick verliert. Bedingt durch die Fülle an handelnden Personen und Handlungssträngen gewinnen die Figuren nie richtig an Kontur und bleiben in Bezug auf die Emotionalität der Geschichte vergleichsweise blass.
So konnte der Roman im Ganzen mich leider nicht so fesselnd, wie ich es mir anfangs erhofft habe.

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Veröffentlicht am 22.03.2023

Kurzweilige, aber spannungsarme Reise nach Indien

Der Geheimnishüter von Jaipur
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Alka Joshi bleibt sich in "Der Geheimnishüter von Jaipur" ihrem bildhaften und detailverliebten Schreibstil treu, der einen schon beim Lesen "Der Hennakünstlerin" in das Indien der 50er-Jahre eintauchen ...

Alka Joshi bleibt sich in "Der Geheimnishüter von Jaipur" ihrem bildhaften und detailverliebten Schreibstil treu, der einen schon beim Lesen "Der Hennakünstlerin" in das Indien der 50er-Jahre eintauchen ließ.

Der 2. Band der Reihe spielt nun 12 Jahre später im Jahre 1969 und im Mittelpunkt steht diesmal vorwiegend Malik anstatt Lakschmi, die mit Dr. Jay Kumar verheiratet ist. Lakschmi hat dank ihrer Beziehungen es geschafft, dem 20-jährigen Malik eine Anstellung im königlichen Palast von Jaipur zu verschaffen und arbeitet dort am Bau eines modernen Kinos mit. Als ehemaliges Straßenkind von Jaipur kennt er sich in Jaipur aus und weiß von den ungeschriebenen Gesetzen, die unter den Mächtigen und Reichen gelten. Dieses Wissen kommt ihm zugute, als Malik versucht, die Wahrheit herauszufinden, wie es zur Tragödie am Eröffnungstag des Kinos kommen konnte. Unterstützung erhält er von Lakshmi, die jetzt in Shimla wohnt und dort mit Maliks Liebe Nimmi auch nicht vor Gefahren geschützt ist.

"Die Hennakünstlerin" ist gut abgeschlossen, sodass dieser Folgeband vor allem ein Wiedersehen mit den Charakteren ist. Es ist deshalb nicht unbedingt nötig, den ersten Band gelesen zu haben, es erleichtert jedoch, in die Handlung hineinzufinden. Obwohl es spannende Elemente sowie Geheimnisse und eine Ermittlungshandlung gibt, nehmen diese nicht den Hauptteil der Handlung ein, was dem Spannungsbogen etwas abträglich ist. So braucht die Handlung am Anfang einige Zeit, um Fahrt aufzunehmen und die Geheimnisse bzw. Ermittlungen werden dann vergleichsweise schnell gelöst bzw. abgehandelt.

Da der Roman aus drei Perspektiven erzählt wird, die von Malik, Lakschmi und Nimmi, werden manche Handlungsstränge wiederholt aufgegriffen, was zusätzlich dazu führt, dass die Geschichte an Schwung verliert.

Die Stärke des Romans ist eindeutig der bildhafte Schreibstil der Autorin, der das Indien der 60er-Jahre zum Leben erweckt. Man fühlt sich durch die Beschreibungen der Kleidung, des Schmucks, des Hennas, des Essens, der Gebäude und der Stadt, als wäre man selber dort. Einzig die in den Dialogen verwendete Sprache klingt manchmal etwas zu modern.

Insgesamt kann "Der Geheimnishüter von Jaipur" einerseits mit einem tollen Schreibstil aufwarten, andererseits hätte die Handlung mehr Spannung und manche Handlungsstränge mehr Tiefe vertragen können.
Eine kurzweilige Zeitreise in das Indien der 1960er-Jahre, mehr aber auch nicht.

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Veröffentlicht am 20.03.2023

Von Geistern und der Liebe - Kurzweilig, aber ohne Tiefe

Dead Romantics
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Florence Day, Ghostwriterin für einen erfolgreichen Liebesromanautor, ist mit einer Deadline für ihr neuesten Roman als Ghostwriterin konfrontiert. Das Problem ist nur Florence glaubt nicht mehr an die ...

Florence Day, Ghostwriterin für einen erfolgreichen Liebesromanautor, ist mit einer Deadline für ihr neuesten Roman als Ghostwriterin konfrontiert. Das Problem ist nur Florence glaubt nicht mehr an die Liebe. Als ihr neuer Lektor, der gut aussehende Benji "Ben" Andor, sich weigert, ihr einen Aufschub für die Fertigstellung ihres neuesten Romans zu gewähren, steht Florence mit dem Rücken zur Wand. Sie muss dieses Buch zu Ende schreiben.
Dann stirbt auch noch ihr geliebter Vater und ihre ganze Welt steht Kopf. Ihr Vater besaß ein Beerdigungsinstitut und teilte mit Florence die besondere Gabe Geister sehen und mit ihnen sprechen zu können.
Nach über 10 Jahren kehrt sie in ihre Heimatstadt Mairmont, in South Carolina zurück um ihre Mutter, ihren Bruder und ihre Schwester bei der Beerdigung ihres Vaters zu helfen.
Doch dann trifft sie dort auf einen Geist und es ist niemand anderes als Benji Andor. Es muss eine unerledigte Angelegenheit zwischen ihnen geben, etwas, bei dem sie ihm helfen kann. Je mehr sie sich kennen lernen, desto mehr ändern sich Florence' Gefühle gegenüber der Liebe.

Was nach einer emotionalen und unterhaltsamen Liebesgeschichte klingt mit einer Prise Übernatürlichen klingt, konnte mich leider nicht komplett begeistern.
"Dead Romantics" versuchte zu viel auf einmal zu sein, ohne dabei ein was so richtig zu sein. Es ist ein bisschen Familien-, Geister- und Liebesgeschichte, kratzt dabei jedesmal jedoch nur an der Oberfläche, sodass der jeweilige Part allein mich nicht überzeugen kann. So werden zwar vielversprechende Handlungsstränge und Konflikte eingeführt, vor denen Florence erst mal wegrennt und die sich dann später in Nullkommanichts aufzulösen scheinen. Besonders abträglich ist dies in Bezug auf die Entwicklung der romantischen Gefühle zwischen Florence und Ben. Über mehr als die Hälfte des Buches wird nicht so richtig deutlich was Florence an ihn findet außer dass er gut aussieht.
Hinzu kommt, dass bedingt durch die Ich-Perspektive die anderen Charaktere etwas blass und stereotyp bleiben. Auch die Eigenschaft von Florence ungeliebten Dingen aus dem Weg zu gehen anstatt darüber zu sprechen, nervt auf Dauer, da so manches Problem bzw. so mancher Konflikt so keines bzw. keiner geworden wäre.

Die Idee hinter der Geschichte ist gut und kurze Kapitel und ein lockerer humorvoller Schreibstil, auch wenn manchmal zu gezwungen lustig, sorgen für eine kurzweilige und leichte Lektüre. Nett für Zwischendurch, aber leider auch keine die einen wirklich berührt und im Gedächtnis bleibt.

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Veröffentlicht am 05.03.2023

Stark beginnender Roman, der an seinen eigenen Ambitionen scheitert

Morgen, morgen und wieder morgen
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"Morgen, morgen und wieder morgen" fängt vielversprechend an, lässt dann aber im weiteren Verlauf stark nach. Besonders die Zunahme von Klischees, Oberflächlichkeiten und überflüssigen Passagen in der ...

"Morgen, morgen und wieder morgen" fängt vielversprechend an, lässt dann aber im weiteren Verlauf stark nach. Besonders die Zunahme von Klischees, Oberflächlichkeiten und überflüssigen Passagen in der zweiten Hälfte trübten den ersten positiven Eindruck für mich.

Nach einem Unfall, bei dem sich Sam als Jugendlicher schwer verletzt, muss er längere Zeit im Krankenhaus verbringen. Dort freunden er und Sadie sich, indem sie gemeinsam Videospiele spielen. Später treffen sie sich zufällig als Juniors in Harvard (Sam) und am MIT (Sadie) wieder. Sie verbringen den Sommer damit, gemeinsam das Videospiel "Ichigo" zu entwickeln, das ihnen einen großen Erfolg in der Gaming-Branche beschert, während sie sich eine Wohnung mit dem wohlhabenden Schauspielstudenten Marx teilen.
Über die Jahre hinweg haben Sam und Sadie eine dauerhafte freundschsatliche Verbindung.

Keine Frage, der Roman ist unterhaltsam und gut geschrieben. Der lockere und leichte Schreibstil sorgt dafür, dass man nur so durch die Seiten fliegt und leicht in die Geschichte eintaucht. Auch muss man kein Gaming-Fan sein und vom Spieldesign und -produktion Ahnung haben um der durchaus interessanten Handlung folgen zu können.

Doch leider hat "Tomorrow, Tomorrow, Tomorrow" nicht so einen bleibenden Eindruck hinterlassen, wie ich es mir nach all den Lobeshymnen erhofft habe.
Zum einen mangelt es der Geschichte mit zunehmender Seitenanzahl an Fokussierung, sodass sich dich Handlung sich vermehrt in Nebensächlichkeiten verliert, wodurch die Tiefe in der Charakterzeichnung und der Handlung verloren geht. Verstärkt wird dies dadurch, dass häufig vom Handlungsstrang in der Gegenwart zu verschiedenen Punkten in der Vergangenheit gesprungen wird.
Zum anderen fängt der Drang der Autorin "woke" zu sein und soziale bzw. gesellschaftliche Kommentare einzufügen mit zunehmenden Romanverlauf an leicht zu nerven (z.B. das Thema Rassismus und kulturelle Aneignung). Ich respektiere und verstehe ihre Absicht, das Bewusstsein für dringende soziale Probleme zu schärfen und für Diversität zu sorgen, aber teils wirkte es arg konstruiert und aufgesetzt sowie teils belehrend, wodurch ihre Botschaft an Glaubwürdigkeit bzw. Authentizität verlor. Ich finde es faszinierend, wenn Autoren und Autorinnen es schaffen, die Erkundung gesellschaftlicher Belange geschickt in ihre Erzählungen einweben. Leider gelang dies Zenin nur bedingt.
Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die Freundschaft von Sam und Sadie. Ich fand die Freundschaft zwischen den beiden nicht ausreichend entwickelt, um all die Konflikte und Turbulenzen zu rechtfertigen, die sie durchleben. So konnte ich Sams Idealisierung von Sadie nicht wirklich nachvollziehen, da Sadie und Sam im Laufe des Buches sich häufig gegenseitig schlecht behandeln und sich streiten und diese Streitigkeiten dann durch Vergessen und Verzeihen lösen, anstatt über den Konflikt zu kommunizieren und zu verarbeiten, was eigentlich passiert ist.

Insgesamt ist "Morgen, morgen und wieder morgen" ein interessanter Roman über Freundschaft sowie Videospiele und die Gaming-Branche mit einem einnehmenden Schreibstil, aber ab der zweiten Hälfte bricht der Roman unter dem Gewicht seiner eigenen Ambitionen zusammen.

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