Platzhalter für Profilbild

jules_jude

Lesejury Profi
offline

jules_jude ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit jules_jude über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 22.03.2023

Fesselnd erzählte Suche nach einer verschwundenen Liebe mit kleineren Schwächen

Melody
0

Mit "Melody" hat Martin Suter einen kurzweiligen und fesselnd erzählten Roman vorgelegt, der zwar nicht einer seiner Besten ist, aber durchaus mit einer spannenden Handlung aufwarten kann.

Der 34-jährige ...

Mit "Melody" hat Martin Suter einen kurzweiligen und fesselnd erzählten Roman vorgelegt, der zwar nicht einer seiner Besten ist, aber durchaus mit einer spannenden Handlung aufwarten kann.

Der 34-jährige Langzeitstudent Tom Elmer braucht dringend einen Job und da kommt ihm das Stellengesuch vom Alt-Nationalrat und Millionär Dr. Stotz wie gerufen. Dr. Stotz hat nicht mehr lang zu leben und sucht jemanden mit juristischen Kenntnissen, der seinen Nachlass für ihn ordnet. Tom als junger Anwalt bewirbt sich auf die Stelle und wird kurz darauf auch gleich eingestellt. Mit der Stelle einhergeht ein ansehnliches Honorar sowie Kost und Logis in Dr. Stotz' Villa. Tom beginnt mit seiner Arbeit und bei gemeinsamen Kaminaufenthalten mit Dr. Stotz erfährt Tom nach und nach, was es mit den ganzen Porträts einer jungen Frau in der Villa auf sich hat. Bei der Frau handelt es sich um Melody, die große und kurz vor der gemeinsamen Heirat verschwundene Liebe von Dr. Stotz. Dieser erzählt ihm, wie er Melody kennen und lieben gelernt hat, von Melodys muslimischen Eltern, seinen Verdacht, ihn Bezug auf ihr Verschwinden und seiner jahrelangen Suche nach ihr. Doch beim Ausmisten des Archivs kommen Tom mit der Zeit Zweifel, ob Dr. Stotz, die ganze Wahrheit erzählt über sich, sein Leben und Melodys Verschwinden erzählt hat.

Ein schnörkelloser und angenehm zu lesender Schreibstil entführen einen gleich von Anfang an in die vom Wohlstand geprägte Welt des Züricher Alt-Nationalrates und dessen Villa. Seine Haushälterin tischt gut und üppig auf und es wird viel getrunken, während man durch Rückblicke in die Vergangenheit von Melody erfährt. Beim Lesen ergeht es einem ähnlich wie Tom, der vom Geheimnis um Melody in dessen Bann gezogen wird, und man fliegt förmlich durch die Seiten, um zu erfahren, was hinter dem Verschwinden von Melody steckt.
Doch mit der Zeit gerät die Handlung etwas ins Stocken und die Geschichte verflacht etwas. So verlieren die anfangs gut gezeichneten Charaktere etwas an Kontur und driften teilweise ins Klischeehafte ab.
Nach etwa der Hälfte des Buches nimmt dann die Geschichte jedoch wieder deutlich an Fahrt auf. Es beginnt eine packende und ereignisreiche Suche nach Antworten und der Wahrheit, die dann in einer überraschenden Auflösung endet.

Das Mysterium um Melodys Verschwinden hält eindeutig die Geschichte am Laufen, auch wenn es eigentlich nicht Toms Aufgabe war, nach ihr zu suchen.

Insgesamt ist "Melody", ein gut konstruierte und erzählte Geschichte, die trotz kleinerer Schwächen, einen von Beginn packt, für angenehme Lesestunden sorgt und einem beim Lesen etwas genauer über Wahrheit und Fiktion nachdenken lässt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 20.03.2023

Fesselnder Thriller zur Zeit des 2. Weltkrieges auf Hawaii und in Japan

Fünf Winter
0

Bei "Fünf Winter" handelt es sich um einen harten Thriller, der eine spannende Detektivgeschichte mit einer bewegenden Liebesgeschichte zur Zeit des 2. Weltkrieges und danach verbindet.

Dezember 1941, ...

Bei "Fünf Winter" handelt es sich um einen harten Thriller, der eine spannende Detektivgeschichte mit einer bewegenden Liebesgeschichte zur Zeit des 2. Weltkrieges und danach verbindet.

Dezember 1941, kurz vor dem Angriff auf Pearl Harbor, wird der Protagonist Joe McGrady, Detective beim Honolulu Police Department, mit einem grausamen Doppelmord konfrontiert. Der Neffe des Oberbefehlshabers der Pazifikflotte und eine junge Japanerin werden auf brutale Art und Weise ermordet aufgefunden. Angesichts der angespannten Kriegslage will Joes Vorgesetzter den Fall so schnell und unauffällig wie möglich lösen, und McGrady folgt die Spur des Verdächtigen bis nach Hongkong. Dort fällt er jedoch einer Intrige zum Opfer und wird nach Japan verschleppt. Nicht ohne Eigennutz rettet der Diplomat Takahashi Kansei McGrady vor dem Gefangenlager und versteckt ihn bis zur Kapitulation Japans. Als nach Kriegsende McGrady wieder nach Hawaii zurückkehrt, wird er mit privaten und beruflichen Veränderungen konfrontiert und nimmt den alten Fall wieder auf.

Gleich von Beginn an schafft der Autor es, die Leser und Leserinnen in das Jahr 1941 zu versetzen. Dies liegt zum einen an der stimmungsvollen und überzeugenden Beschreibung der Handlungsorte auf Hawaii und in Japan sowie in der unheilvollen und beklemmenden Beschreibung der vorherrschenden Kriegsstimmung und -atmosphäre. Zum anderen an der realistischen Darstellung der Arbeit eines Detektives in der Zeit vor Computerdatenbanken, moderner Forensik und Kommunikationsmitteln.

Neben der authentischen Beschreibung der Handlung kann auch die komplexe Charakterzeichnung von Joe McGrady überzeugen. Als ehemaliger Soldat ohne nennenswerte Familie ist Joe ein Einzelgänger, der nicht auf Hawaii aufgewachsen ist, sodass er selbst von seinen Polizeikollegen als Außenseiter angesehen wird, und es ist von Anfang an klar, dass sie ihm nicht ganz trauen. Dieses Gefühl geht in beide Richtungen, denn Joe muss sich mit den Plänen seines Vorgesetzten und anderer auseinandersetzen. Nach außen scheint er ein abgebrühter und wenig emotionaler Mensch zu sein, aber mit der Zeit merkt man, dass unter der harten Schale ein weicher Kern liegt mit einem ausgeprägten Sinn nach Gerechtigkeit. Man folgt gerne McGrady bei seiner Suche nach dem Mörder und fiebert mit ihm, wenn es um sein Liebesleben und dem Erwerb seiner Freiheit geht.

Kurze Kapitel mit spannenden Wendungen und ein knapper, emotionsarmer und schnörkelloser Schreibstil sorgen für einen konstant hohen Spannungsbogen. Passend zum Genre und der Zeit wird es zudem zeitweise auch ziemlich brutal.

Einzig die Handlung könnte manchmal etwas dichter und der Schreibstil weniger distanziert in seiner Beschreibung sein.

Ansonsten ist "Fünf Winter" von James Kestrel ein gelungener und fesselnder Thriller, der gekonnt Noir-Krimi-Elemente mit historischen Ereignissen und einer emotionalen Liebesgeschichte verknüpft und sich wie ein epischer historischer Kinofilm mit Krimi-,/Thriller- und Actionelementen liest.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 05.03.2023

Präziser Blick hinter die Fassaden der privilegierten Gesellschaft

Die spürst du nicht
0

"Die spürst du nicht" von Daniel Glattauer ist ein dicht komponierter und fesselnd geschriebener Roman, der einen präzisen und humorvollen Blick hinter die Fassade der privilegierten Gesellschaft wirft, ...

"Die spürst du nicht" von Daniel Glattauer ist ein dicht komponierter und fesselnd geschriebener Roman, der einen präzisen und humorvollen Blick hinter die Fassade der privilegierten Gesellschaft wirft, vor allem in Bezug auf aktuelle Themen wie Flüchtlingspolitik, Rassismus sowie Medien- und (Online-)Debattenkultur.

Zwei privilegierte Familien verbringen gemeinsam ihren Urlaub in der Toskana. Dabei ist Ayana, Flüchtlingskind aus Somalia und Schulfreundin der 14-jährigen Tochter Sophie-Luise. Was ein paar entspannende und sonnige Tage in Italien werden sollten, endet jedoch abrupt in einer Katastrophe, als Ayana plötzlich verschwunden ist.

Anfangs noch etwas gemächlich und distanziert, beginnt die Handlung sich nach und nach vor den Augen der Leser und Leserinnen in all seiner Sprengkraft zu entfalten und zieht einen besonders nach dem Verschwinden von Ayana und den Folgen dieser tödlichen Katastrophe in ihren Bann.
Über weite Strecken liest sich der Roman wie ein dichtes und teils beklemmendes Kammerspiel, das aber auch vor allem in den Beschreibungen der Treffen mit dem Anwalt und in den Szenen vor Gericht einen absurden Charakter bekommt, ohne dabei ins Lächerliche abzudriften.
Der Autor schafft es hierbei geschickt hinter die Masken sowohl der einzelnen Personen als Mensch als auch als Vertreter bestimmter Gesellschafts- oder Berufsgruppen zu blicken und so der Gesellschaft als Ganzes schonungslos den Spiegel vorzuhalten besonders in Bezug auf deren gelebte Doppelmoral. Glattauer nimmt dabei die Position eines teilnehmenden Beobachters ein, der klug und präzise das Geschehene schildert und analysiert, kommt dabei jedoch ohne Anklagen und ohne einen oberlehrerhaften Ton anzuschlagen aus.
Trotz der Schwere des Themas wirkt der Roman zudem zu keinem Zeitpunkt überladen, was auch an den starken Dialogen mit Wortwitz liegt.
Pressemitteilungen, die mit Kommentaren von Online-Usern versehen sind, geben der Handlung darüber hinaus noch einen authentischen Charakter.

Umfassend, glaubwürdig und vielschichtig gezeichnete Charaktere zusammen mit einer fesselnd erzählten und aktuellen tragisch Handlung machen "Die spürst du nicht" von Daniel Glattauer zu einem lesenswerten Roman, der einen noch nach Beenden der letzten Seite nicht so schnell loslässt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 05.03.2023

Spannende Vermissten- und Mördersuche im Weinort

Mörderfinder – Mit den Augen des Opfers
0

Arno Strobel weiß einfach, wie man spannende und wendungsreiche Krimis bzw. Thrillers schreibt, die von der ersten Seite an einen in ihren Bann ziehen.
Der 3. Fall für den Fallanalytiker Max Bischoff stellt ...

Arno Strobel weiß einfach, wie man spannende und wendungsreiche Krimis bzw. Thrillers schreibt, die von der ersten Seite an einen in ihren Bann ziehen.
Der 3. Fall für den Fallanalytiker Max Bischoff stellt da keine Ausnahme dar.

Max Bischoff erhält von unerwarteter Seite die Bitte in einem ungeklärten 20 Jahre alten Vermisstenfall zu ermitteln. Niemand anderes als Polizeirätin Eslem Keskin bittet ihn im Weinörtchen Klotten an der Mosel zu reisen um dort inoffiziell nach Auftauchen neuer Hinweise in Form eines privaten Tagebuchs nachzugehen. Schnell wird jedoch klar, dass nicht alle Dorfbewohner von der Anwesenheit des Fallanalytikers erfreut sind. Zudem wird Max das Gefühl nicht los, dass ihm die Clique des Verschwundenen einige Geheimnisse zu haben scheinen und ihm nicht die ganze Wahrheit erzählen. Unterstützung erhält er von einem Psychologen und seinen Freund Böhmer. Als eine Frauenleiche auftaucht, versucht der für den Fall zuständige Kriminalkommissar ihm das ermitteln so schwer wie möglich zu machen bzw. es Max komplett zu verbieten. Doch Max lässt sich davon nicht einschüchtern, doch seine Nachforschungen bringen ihn schon bald in Lebensgefahr.

Dank des klaren und schnörkellosen Schreibstils Strobels taucht man schnell in das Handlungsgeschehen ein und wird Teil der Ermittlungen. Geschickt platziert Strobel mögliche Hinweise, was hinter dem Vermisstenfall stecken und was die Tote damit zu tun haben könnte, die zum Schluss alle zusammengefügt werden.
Kurze Kapitel, mysteriöse und teils verschreckende Kapitel aus Sicht einer zunächst unbekannten Person sowie ein geheimnisvoller und gut konstruierter Fall sorgen dafür, dass man den Krimi/Thriller kaum aus der Hand legen kann.
Das spannungsgeladene Ende weiß zu überraschen, auch wenn mir die Auflösung etwas zu schnell ging und ich mir mehr Tiefe diesbezüglich gewünscht hätte. Ebenso kam mir der ermittlungstechnische Aspekt etwas zu kurz, ich habe mir mehr Einblick in die Arbeit und Vorgehensweise eines Fallanalytikers erhofft.

Insgesamt ist der 3. Band der "Mörderfinder"-Reihe von Arno Strobel ein solider, kurzweiliger und fesselnder Krimi/Thriller, dem zwar etwas die Tiefe fehlt, aber dem Lesegenuss keinen Abbruch tut.
Nicht nur für Strobel-Fans lesenswert.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 19.02.2023

Spannender Auftakt einer neuen Fantasyreihe um den schlagfertigen Alwyn

Der Paria
0

"Der Paria" von Anthony Ryan ist der erste Band in einer Trilogie und spielt in einer mittelalterlichen fiktiven Welt, die sich wie historische Fiktion liest und ist ein spannender, gut erzählter und bildlich ...

"Der Paria" von Anthony Ryan ist der erste Band in einer Trilogie und spielt in einer mittelalterlichen fiktiven Welt, die sich wie historische Fiktion liest und ist ein spannender, gut erzählter und bildlich lebhaft beschriebener Mix aus Politik, Religion, Kampfszenen, Weltuntergangsstimmung, Gesetzlose sowie einer interessanten Hauptfigur.

Die Geschichte in "Der Paria" wird ausschließlich aus der Perspektive von Alwyn Scribe erzählt. Alwyn, ein junger Geächteter, der zu einer Bande von Geächteten und Gesetzlosen gehört. Er und seine Gefährten ziehen plündernd und mordend durch die Lande, bis ein Verrat schließlich zu ihrer Auslöschung führt. Mit viel Glück kämpft Alwyn ums Überleben, er landet als in einem unentrinnbaren Gefangenenlager und lernt dort das Lesen und Schreiben, er macht eine religiöse Konversion durch und schließt sich später einem religiösen, militarisierten Orden an und wird so in einen Krieg gezogen. Während der ganzen Zeit sinnt er nach Rache für diejenigen, die den Menschen, die ihm am nächsten stehen, geschadet haben.

Anfangs habe ich zwar ein paar Seiten gebraucht, bis ich voll und ganz in die Handlung hineingefunden habe, da der Anfang ziemlich dicht mit einer ganzen Reihe von Charakteren, die eingeführt werden, sowie einer Menge an politischer Intrigen, die ich anfangs etwas verwirrend sein können, ist. Von Seite zu Seite zieht jedoch das fesselnde Geschehen rund um Alwyn einen in seinem Bann.

Ob man "Der Paria" mag oder nicht, hängt meiner Meinung nach stark davon ab, ob man sich mit Alwyns Erzählweise (der Roman wird in Form eines von ihm geschriebenen Tagebuchs erzählt) anfreunden kann oder nicht.
Alwyn Scribe ist eine interessante Persönlichkeit. Zu Beginn eher ein Feigling, verändert er sich im Laufe des Buches. Er ist schlagfertig und kann mit einer Waffe umgehen, aber nicht unfehlbar. Seine Erfahrung als Geächteter kommt ihm in vielen anderen Situationen zugute.

Aber auch die weiteren Charaktere können durch eine vielschichtige Charakterisierung überzeugen.

Alles in allem ist "Der Paria" eine fesselnd dicht erzählte und gut konstruierte Fantasygeschichte, die durch ihren Protagonisten Alwyn besticht und neugierig macht auf die beiden weiteren Bände.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere