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Veröffentlicht am 02.04.2023

Was Hass anrichtet

Tochter einer leuchtenden Stadt
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Smyrna, das heutige Izmir, muss eine wunderschöne, lebendige Stadt gewesen sein, bis ein großer Brand sie zu großen Teilen zerstörte und unzähligen Menschen das Leben nahm.
Während das osmanische Reich ...

Smyrna, das heutige Izmir, muss eine wunderschöne, lebendige Stadt gewesen sein, bis ein großer Brand sie zu großen Teilen zerstörte und unzähligen Menschen das Leben nahm.
Während das osmanische Reich zerfällt, träumen die Griechen von einem Großgriechenland und die Türken unter Mohammed Kemal (später "Atatürk" genannt) von der Befreiung von der Unterdrückung. In dieser Situation wird 1905 ein Mädchen geboren, das ein Geheimnis mit sich auf die Welt bringt. Die Hebamme bringt das Kind in einer griechischen Familie unter, wo es Panayota genannt wird und behütet aufwächst. Die leibliche Mutter Edith, eine Französin, glaubt, das ihr Kind bei der Geburt gestorben ist und leidet ihr Leben lang unter dem Verlust. Im Krieg zwischen Griechen und Türken werden die Griechen immer weiter zurückgedrängt und fliehen in den Hafen von Smyrna, wo sie hoffen von den Schiffen der Alliierten gerettet zu werden. Doch diese sehen den Flüchtlingsmassen tatenlos zu. Dann bricht ein verheerender Brand aus und auch Panayota muss ihr Leben retten. Ein türkischer Offizier rettet sie in letzter Minute, aber sie hat ihre Sprache verloren.
Anfangs fand ich das Buch verwirrend, da es in verschiedenen Zeitebenen geschrieben ist und man nicht auf Anhieb feststellen kann, wann und wo man sich befindet. Aber das Personenverzeichnis am Ende des Buches hilft weiter. Je mehr ich las, umso stärker war ich von der bildreichen Sprache und den mit bisher unbekannten Ereignissen fasziniert. Defne Suman macht es den Leserinnen und Lesern nicht leicht, aber das Durchhalten lohnt sich. Man kann das Buch kaum noch aus der Hand legen. Es ist manchmal sehr malerisch, die grausamen Ereignisse des Krieges haben mich aber erschreckt. Da hat sich in den letzten hundert Jahren nichts geändert...
Ausdrücklich erwähnen möchte ich noch das wunderschöne Titelbild, das sehr gut zur Geschichte passt.
Ein Buch, das sich definitiv zu lesen lohnt!

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Veröffentlicht am 15.03.2023

Wiener Flair

Der Kuss des Kaisers
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Der Krimi führt uns zurück in das Wien des Jahres 1908. Das Kaiserreich steht auf tönernen Füßen, das alte Kaiser Franz-Joseph regiert zwar noch, aber sein Neffe und Thronfolger Franz-Ferdinand drängt ...

Der Krimi führt uns zurück in das Wien des Jahres 1908. Das Kaiserreich steht auf tönernen Füßen, das alte Kaiser Franz-Joseph regiert zwar noch, aber sein Neffe und Thronfolger Franz-Ferdinand drängt an die Macht. Die beiden Habsburger verstehen sich nicht gut und so gibt es immer wieder Probleme zwischen den beiden Haushalten. Auch die Geschmäcker sind verschieden, das zeigt sich, als der kaiser ein "modernes" Gemälde von Gustav Klimt ankaufen lässt.
Als im Park des Schlosses Belvedere, in dem die Familie von Franz-Ferdinand lebt, eine zerstückelte Leiche ohne Kopf gefunden wird, will man das unbedingt geheim halten und so werden die beiden Geheimpolizisten Pospischil und Frisch mit den Ermittlungen betraut. Sie müssen diplomatisch vorgehen.
Mit hat die etwas altertümliche Schreibweise des Buches gut gefallen, sie passt zum Thema mit all den wienerischen Ausdrücken und der Umständlichkeit des Benehmens. Auch ist das Buch spannend und zeigt uns sehr unterschiedliche Lebenswelten im Kaiserreich. Die Auflösung ist überraschend und der historische Hintergrund gut recherchiert. Ich musste allerdings etwas zur Geschichte von Franz-Ferdinand und seiner Frau nachlesen, das alles war mir nicht präsent.
Ein gutes Buch für alle Freunde historischer Krimis!

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Veröffentlicht am 13.03.2023

Ein Autorinnenleben

Wir hätten uns alles gesagt
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Dass Judith Hermann schreiben kann, das hat sie schon in ihren vorigen Werken bewiesen.
In diesem Buch wird sie sehr persönlich und schreibt über ihr eigenes Leben und und über den Schreibprozess und ...

Dass Judith Hermann schreiben kann, das hat sie schon in ihren vorigen Werken bewiesen.
In diesem Buch wird sie sehr persönlich und schreibt über ihr eigenes Leben und und über den Schreibprozess und was ihn beeinflusst.
Die Autorin wuchs in schwierigen Verhältnissen auf, der Vater war lange Zeit Alkoholiker und die Mutter musste die Familie mit Großmutter und drei Kindern am Laufen halten. Was von Weitem wie ein legeres Bohemienleben aussieht, war für die Kinder nicht einfach, nie konnten sie Freunde mit nach Hause bringen und sie passten nicht in bürgerliche Schemata. Judith Hermann suchte sich später eine Wahlfamilie, verlor aber nie den Kontakt zu den Eltern.
Das Buch besteht aus Erinnerungsfetzen, Betrachtungen über das Schreiben, über Träume und kleine Ereignisse. Man kann es nicht einfach so weglesen, es ist schon anstrengend den Gedankengängen immer zu folgen. Aber mich hat das Buch durch seine wunderbar sensible und genaue Sprache beeindruckt. Viele Sätze muss man sich anstreichen, weil sie so schön komponiert und hautnah an der Realität sind.
Mir hat auch das sehr ruhige Cover gut gefallen, im Hintergrund durch ein Fenster das Meer und im Vordergrund zwei Jacken und ein Fernglas an einer Garderobe. Man muss genau hinsehen, so wie Judith Hermann es tut!
Auf jeden Fall lesenswert für alle, die beim Lesen einen hohen Anspruch stellen.

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Veröffentlicht am 04.02.2023

Viel Ostfrieslandflair

Ostfriesengier
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Der 17. Fall für Ann Kathrin Klaasen beginnt explosiv, denn bei der Amtseinführung der neuen Polizeidirektorin in Aurich fliegt der Wagen von Dirk Klatt in die Luft. Zum Glück wird niemand verletzt, doch ...

Der 17. Fall für Ann Kathrin Klaasen beginnt explosiv, denn bei der Amtseinführung der neuen Polizeidirektorin in Aurich fliegt der Wagen von Dirk Klatt in die Luft. Zum Glück wird niemand verletzt, doch wenig später ist Klatt tot, erschossen am Fenster seiner Ferienwohnung. Auch ein weiterer Mitarbeiter der Polizei wird wenig später getötet und man fragt sich, ob jemand einen Krieg gegen die ostfriesische Polizei führt. Ann Kathrin Klaasen glaubt an einen Verräter in den eigenen Reihen, denn ihre Ermittlungen werden immer wieder ausgebremst. Zur selben Zeit verschwindet eine Mitarbeiterin von Café ten Cate mit ihrem Kind, wurde sie bedroht? Eine mörderische Jagd beginnt. Ich bin ein großer Fan von Ostfriesland und den Krimis, die dort spielen, denn immer wieder erkenne ich die Orte und die Menschen. Das macht die Krimis von Wolf für mich besonders interessant. Auch in diesem Buch gibt es wieder viel Lokalkolorit, auch wenn Wolf es manchmal mit der Schleichwerbung etwas übertreibt. Das Buch ist spannend, allerdings mit vielen Bezügen zu den vorigen Büchern. Es ist daher hilfreich, wenn man weiß, wer Dr. Sommerfeldt ist und was Rupert sonst alles anstellt. Apropos Rupert, er scheint ja doch etwas (zu) vernünftig geworden zu sein... Insgesamt aber ist das Buch ein echtes Lesevergnügen für alle Ostfrieslandkrimifans und alle, die es noch werden wollen!

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Veröffentlicht am 28.01.2023

Ein Märchen um John Lennon

Gezählte Tage
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Zuerst fiel mir bei diesem Buch das Titelbild ins Auge: John Lennon mit der für ihn typischen kleinen Brille, umwabert von psychedelischen Farben und im Kleinformat begleitet von seinem Kumpels, den Beatles, ...

Zuerst fiel mir bei diesem Buch das Titelbild ins Auge: John Lennon mit der für ihn typischen kleinen Brille, umwabert von psychedelischen Farben und im Kleinformat begleitet von seinem Kumpels, den Beatles, kreischenden Mädchen und Jesus. Aus dem Hintergrund schießt eine rote Schlange hervor, die wohl das Böse symbolisieren soll.

Und damit sind wir auch schon beim Inhalt. Was wäre, wenn die Beatles ihren Erfolg nicht dem Können von John, Paul, George und Ringo verdankt hätten, sondern einem faustischen Pakt, den John in einer schlimmen Stunde mit dem Teufel abgeschlossen hätte? Martin Häusler spielt dieses Szenario in seinem Buch konsequent durch, bis hin zu Johns Reue und seinen Versuchen vom Teufel loszukommen. Immer wieder ergibt er sich der Versuchung, Drogen, Alkohol, Mädchen führen ihn immer neu an den Rand des Absturzes. Bis zu seinem viel zu frühen Tod 1980 kämpft er einen fast aussichtslosen Kampf, bei dem ihm Yoko Ono manchmal zur Seite steht.

Ich habe die Beatlemania in meiner Jugend noch selbst miterlebt und fand das Buch deshalb spannend, es weckte viele Erinnerungen an die Lieder, Filme, Auftritte der "Fab Four". Deshalb war das Buch für mich auch so etwas wie eine Zeitreise, die aber mit neuen und mal märchenhaften und mal alptraumhaften Aspekten angereichert war.

Die Grundidee des Buches fand ich spannend, die Ausführung lief ab und zu aus dem Ruder.

Aber insgesamt hat mir das Buch gefallen. Es ist allerdings hilfreich, wenn man sich etwas mit dem Thema beschäftigt und den Aufstieg der Beatles zumindest in groben Zügen kennt.

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