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Veröffentlicht am 05.04.2023

Levanto sehen und sterben

Abschied auf Italienisch
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"Abschied auf Italienisch" ist der Auftaktband einer neuen Krimireihe von Andrea Bonetto, die im Droemer Verlag erscheint.

Vito Grassi ist Commissario in Rom und erbt von seinem verstorbenen Vater ein ...

"Abschied auf Italienisch" ist der Auftaktband einer neuen Krimireihe von Andrea Bonetto, die im Droemer Verlag erscheint.

Vito Grassi ist Commissario in Rom und erbt von seinem verstorbenen Vater ein Haus im idyllisch gelegenen Städtchen Levanto in Ligurien. Da es um Vitos Privatleben nicht gut bestellt ist, nutzt er die Chance und lässt sich beruflich nach Levanto versetzen. Im Haus seines Vaters lebt Toni, die sich um den Olivenhain und den Garten des Hauses kümmert. Vito fühlt sich in dieser landschaftlich schönen Gegend sofort heimisch und hat keine Sehnsucht nach dem Großstadttrubel in Rom. Doch kaum hat er seinen Dienst begonnen, sorgt die erste Leiche für Aufregung und Vito und seine neue Kollegin Marta Ricci bearbeiten den Fall.


Der Krimi beginnt mit dem Ortswechsel Vitos, kaum ist er nach Levante gezogen, wird in einem Tunnel eine Tote gefunden. Angeblich wurde sie von einem Radfahrer angefahren. Doch die Ergebnisse der Obduktion beweisen, dass man von einem Gewaltverbrechen ausgehen muss, Vito und Marta werden auf den Fall angesetzt.

Andrea Bonetto zeigt in seinem Krimi auf bildhafte Weise die malerisch schöne Landschaft der Riviera di Levante und lässt auch die kulinarische Seite ab und zu aufblitzen, sodaß man sich stimmungsvoll nach Italien versetzt fühlt. Die Charakterdarstellung finde ich insgesamt gesehen, nicht ganz ausgearbeitet. Vito entpuppt sich als aufbrausender Römer, der schon länger kaum Kontakt zu seinem Vater hatte und gleich an seinem ersten Arbeitstag mit seiner neuen Kollegin aneinander rasselt. Beide profitieren allerdings von den Erfahrungen und Fähigkeiten des anderen und wachsen während ihrer Ermittlungen etwas mehr zusammen.

Während Vito mit seinem E-Roadster durch die Gegend kurvt und sich beruflich in den neuen Fall kniet, gibt es auch Einblicke in sein Privatleben. Seine Ehe hat sich auseinander gelebt, beide Kinder sind groß und längst aus dem Haus. Ob sich Vito in einer Midlifecrisis befindet oder nicht, vermag ich nicht zu sagen. Die Tochter studiert in Berlin, braucht scheinbar doch noch etwas Nähe zu den Eltern, denn sie ist in ständigem Kontakt mit ihnen. Aber Vito hat durch seinen Job wenig Zeit und lässt seiner Frau den Vortritt im Bemuttern. Man kann sich gut vorstellen, dass die Ehe unter der beruflichen Karriere und damit verbundenen wenigen Zeit für die Familie gelitten hat. Doch mit dem örtlichen Wechsel bieten sich für Vito neue Lebenschancen. Er gewöhnt sich sogar an seine Mitbewohnerin Toni, die in ihrer Vergangenheit auch einiges zu verbergen hat.

Der Krimifall ist verzwickt und kurz nach der Toten im Tunnel wird in einem Waldgebiet eine von Wildschweinen angefressene Leiche entdeckt. Hängen beide Fälle zusammen?

Die Ermittlungen beleuchten das private Umfeld beider Toten, die Motive sind nicht offensichtlich erkennbar. Ich hatte allerdings von Anfang an einen Verdacht, der sich dann auch als richtig herausstellte. Dennoch habe ich gern bis zum Ende mitgefiebert und finde die Auflösung absolut stimmig.

Ein unterhaltsamer, kurzweiliger Urlaubskrimi mit dem Flair Italiens und einem ruppigen Ermittler, auf dessen weitere Fälle ich mich schon jetzt freue!

Veröffentlicht am 03.04.2023

Vom Leben in der Dunkelheit

Lebendige Nacht
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Das Sachbuch "Lebendige Nacht" von Sophia Kimmig erscheint im Hanser Verlag.

Die Nacht verbirgt einiges Leben, das wir nur erahnen, nach Sonnenuntergang fängt bei vielen Wildtieren das Leben erst richtig ...

Das Sachbuch "Lebendige Nacht" von Sophia Kimmig erscheint im Hanser Verlag.

Die Nacht verbirgt einiges Leben, das wir nur erahnen, nach Sonnenuntergang fängt bei vielen Wildtieren das Leben erst richtig an. In den Städten tummeln sich Wildschweine, Waschbären und Füchse auf der Suche nach Essbarem. In der Dunkelheit der Nacht fangen Eulen und Fledermäuse ihre Nahrung. Die Wildbiologin Sophia Kimmig bringt Licht in die Geheimnisse der Nacht und erklärt, auf welche Weise sich nachtaktive Tiere auf ein Leben in dieser Dunkelwelt angepasst haben.

In kleinen Episoden bringt die Wildbiologin Sophia Kimmig Licht in die Geheimnisse der Nacht. Sie erklärt mit Fachwissen die Erkenntnisse, die sie auf Versuche, Erlebnisse oder Beobachtungen bezieht.

Der Prolog startet etwas mystisch, die folgenden Kapitel sind dann doch weniger märchenhaft angehaucht und gefallen mir deshalb viel besser. Dort wird das Wissen über verschiedene Tiere profund erklärt und mit wissenschaftlichen Hintergründen näher beleuchtet.

Sophia Kimmigs Doktorarbeit dreht sich um Füchse und entsprechende Forschungsprojekte, in denen sie nachtaktive Tiere erlebt und erforscht hat. Diese Kenntnisse bringt sie im Buch ein und streift alle möglichen Themen, die zum Beispiel mit nächtlichem Sehen zusammenhängen, was sie sehr verständlich und fundiert erklärt.

Vorgestellt werden die typischen bekannten nachtaktiven Tiere, wie etwa die Nachtfalter, Eulen, Fledermäuse, Waschbären, Haselmäuse und Siebenschläfer. Doch auch etwas unbekanntere Tiere werden hier mit ihren Lebensgewohnheiten gezeigt, dazu gehören die Kakapos in Neuseeland, der Tüpfelkuskus und die Blattschwanzgeckos, von ihnen hätte ich mir ein paar Fotos gewünscht, um die Tiere genauer vor Augen zu haben. Es gibt einige Illustrationen, die wie Federzeichnungen wirken, Fotos wären noch ausdrucksvoller gewesen.

Bei diesem interessanten Buch wurde mir mal wieder sehr bewusst, wieviel Leben in der Nacht abläuft, was wir nur in geringem Maße wahrnehmen. Dazu müssen sich die Tiere der Nacht in ihren Fähigkeiten spezialisieren, um in ihren Sinnen den tagaktiven Tieren (und Menschen) überlegen zu sein. Man denke nur an die Fledermäuse oder die Nachtfalter, deren Flügel teilweise für Fledermäuse unsichtbar wirken.

Dieses Buch hält unglaublich viele Themen bereit, es geht um flatternde Vielfalt, Unterwasserwelten, Nachtlichter und die Macht des Mondes. Besonders lesenswert sind die eingebauten Fun Facts, die von "klebrigen" Füssen der Siebenschläfer berichten und viele weitere spezielle Fakten aus dem Reich der Tiere bereit halten.

Der Erzählstil ist fachbezogen, aber auch unterhaltsam zu lesen und inhaltlich bringt Sophia Kimmig die Zusammenhänge gut auf den Punkt, sodaß man dem Text gut folgen kann. Man merkt ihrem Buch ihre Begeisterung für die nächtlichen Lebewesen deutlich an, wird über Probleme und Folgen von Umweltverschmutzung aufgeklärt und ganz besonders liegt ihr die Lichtverschmutzung am Herzen.


In "Lebendige Nacht" erlebt man nicht nur faszinierende Tiere, sondern kann die Nacht regelrecht erleben. Meine Leseempfehlung für alle Naturfreunde!

Veröffentlicht am 26.03.2023

Eine lebendige und eindrucksvolle Romanbiografie

Die Diva
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Im Aufbau Verlag erscheint in der Reihe "Mutige Frauen zwischen Kunst und Liebe" der biografische Roman "Die Diva: Maria Callas – die größte Sängerin ihrer Zeit und das Drama ihrer Liebe" von Michelle ...

Im Aufbau Verlag erscheint in der Reihe "Mutige Frauen zwischen Kunst und Liebe" der biografische Roman "Die Diva: Maria Callas – die größte Sängerin ihrer Zeit und das Drama ihrer Liebe" von Michelle Marly/Micaela Jary.

Venedig, 1957: Maria Callas feiert große Erfolge als Opersängerin auf den großen Bühnen der Welt und wird als Stimme ihrer Zeit bezeichnet. Perfektionistisch bereitet sie sich auf ihre Arien vor und verlangt ihrer Stimme soviel ab, dass sie zu versagen droht. Sie braucht eine Erholungsphase, doch als gefeierter Star hat sie Konzertzusagen, die sich erfüllen muss, wie ihr ihr Manager und Mann Meneghini klar macht. Doch dann lernt sie den superreichen Reeder Aristoteles Onassis kennen und verliebt sich in ihn.

Maria Callas und ihre Stimme ist mir ein Begriff aus der Welt der Oper, einige Aufzeichnungen ihrer großen Auftritte kenne ich und wusste von ihrer Beziehung zu Onassis, die mit der Ehe mit der bekannten Jackie Kennedy endete. Doch in diesem biografischen Roman lässt uns Michelle Marly tiefer hinter die Kulisse der Operdiva Maria Kalogeropoulou, genannt Maria Callas blicken. Auf einfühlsame Art erfahren wir aus der unglücklichen Kindheit Marias, erleben ihren kometenhaften Aufstieg als Opernsängerin, erkennen, wie die Ehe mit Giovanni Battista Meneghini nicht glücklich verläuft und erkennen die große Liebe Marias zu dem griechischen Reeder Aristoteles Onassis, die Michelle Marly in den Mittelpunkt ihres Romans stellt. Denn mit Aristo verbindet Maria nicht nur die große Liebe, sondern sie fühlt sich angekommen. Aber dann taucht Jackie Kennedy auf der Bildfläche von Onassis auf und für Maria beginnt eine Zeit des Leidens.

Der wunderbar stimmungsbeschreibende Erzählstil von Michelle Marly hat meinen Blick auf Maria Callas erweitert und sie mir näher gebracht. Sie ist keine Person, die mir sympathisch wurde, aber sie wurde mir vertraut, weil ich in ihre Gedankenwelt eintauchen durfte. Jenseits der schillernden Opernwelt war Maria eine Frau wie jede andere, eine Frau mit Sehnsüchten und Ängsten, die sich nach einer glücklichen Beziehung sehnte. Als sie den griechischen Reeder Aristoteles Onassis kennenlernt, erliegt sie erst spät seinen Bemühungen und Avancen. Beide sind schwierige Persönlichkeiten, aber beide haben sich von ganz unten nach oben gekämpft, das verbindet. Bei Ari kann Maria einfach Maria sein und nicht der gefeierte Opernstar. Doch diese Liebe ist durch die ständig lauernde Öffentlichkeit und eine neue Frau in Aris Leben auch toxischer Natur.

Michelle Marly lässt das Leben des Jet Sets aufleben, aber auch die Strapazen, die hinter den zahlreichen Bühnenauftritten Marias stecken und die ihr zusetzen. Getrieben vom Ehrgeiz ihrer Mutter wurde Maria zur Sängerin erzogen, später von ihrem Mann finanziell ausgenutzt und war zwar gerne ein Star, aber langfristig hat ihr die Zufriedenheit im normalen Leben gefehlt.

Mit den Schilderungen fühlt man sich mittendrin in Marias Umfeld und erlebt die Figuren auf kurzweilige und interessante Weise. Die Personen werden lebendig geschildert und bekommen Ecken und Kanten und zeigen Gefühle, das Flair des berühmten Paares wird sichtbar, aber auch die Narben und Risse in Marias Wesen. Marias Privatleben war längst nicht so sagenhaft wir ihre musikalische Karriere.

Der Roman wurde umfassend recherchiert und setzt Maria Callas Leben interessant und lebendig in Szene. Leider haben mich die zeitlichen Sprünge ein wenig im Lesefluss gestört. Es wechseln sich aktuelle mit vergangenen Erlebnissen ab, sodaß man schon sehr konzentriert lesen muss, um die jeweiligen Gefühle und zeitlichen Vorgänge richtig einschätzen zu können. Damit wird zwar etwas mehr Spannung aufgebaut, aber auch die Entwicklung der Maria Callas etwas undeutlich gemacht, denn, wie man am Ende sieht, scheint sie ihrer Liebe nachzuweinen und ihm alles zu verzeihen. Ob das im wahren Leben auch so war, kann ich nicht einschätzen.

"Die Diva" lässt uns hinter die Fassade des Mythos der Maria Callas blicken. Es ist ein lebendiger Einblick in das Leben und Lieben der gefeierten Opernsängerin Maria Callas und wir bekommen Einblicke in einen Lebensabschnitt, der wohl ihre glücklichste und unglücklichste Zeit ihres Lebens beschreibt. In der Musikwelt bleibt sie immer ein gefeierter Star!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 22.03.2023

Trau dich, denn gemeinsam macht das Leben noch viel mehr Spaß!

Willst du tanzen?
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Agi Ofners Bilderbuch "Willst du tanzen?" erscheint im cbj Verlag. Das Buch richtet sich an Kinder ab vier Jahren.

Der lebenslustige Elch Ole freut sich seit Wochen auf das Mittsommerfest, für ihn ist ...

Agi Ofners Bilderbuch "Willst du tanzen?" erscheint im cbj Verlag. Das Buch richtet sich an Kinder ab vier Jahren.

Der lebenslustige Elch Ole freut sich seit Wochen auf das Mittsommerfest, für ihn ist es der perfekte Tag zum Tanzen und so fragt er im Wald die anderen Tiere, ob sie mit ihm tanzen wollen. Aber alle finden eine Ausrede, warum sie nicht tanzen können. Ole wird unsicher, ob er vielleicht auch nicht tanzen kann.

Ole hat sich so sehr auf das Mittsommerfest gefreut und auf den Tanz mit den anderen Tieren. Aber keiner möchte mitmachen. Als Ole völlig allein am Festplatz ankommt, fragt er sich, ob die anderen Tiere recht haben und Elche vielleicht gar nicht tanzen können. Doch dann erfüllt ein Kribbeln Oles Körper, er wippt mit dem Kopf und seine Beine zucken dazu. Ole tanzt und die anderen Tiere beobachten ihn heimlich und finden Ole ganz schön mutig. Und dann springt plötzlich der Funke über und Fuchs, Kaninchen, Luchs und Bär tanzen munter mit. Das ist wirklich ein perfekter Tag zum Tanzen!

Dieses Bilderbuch kommt mit wenig Text aus, der kindgerecht und verständlich ist und zeigt, dass man nicht aus Scheu oder Unsicherheit auf einen großen Spaß verzichten muss. Denn das wäre schade und mit anderen kann man wie hier beim Tanzen große Freude haben. Doch das müssen die Tiere hier auch erst entdecken. Genauso geht es Kindern häufig. Sie möchten mit anderen Kindern spielen, trauen sich aber vielleicht nicht, sie zu fragen.

Aber Ole zeigt, dass man ruhig mal seine eigene Scheu ablegen sollte. Dazu gehört nur ein wenig Mut und wenn man andere überzeugen kann, wächst damit auch das eigene Selbstbewusstsein. Was Ole kann, kann jedes Kind. Tanzt doch auch einmal!

Die schönen Illustrationen kommen in harmonischen Farben daher und zeigen unterschiedliche Tiere, sowie einige Details, die man sich gerne anschaut. Was macht denn das Rotkehlchen in Oles Geweih? Das regt dazu an, sich die Bilder genauer anzusehen.

Ein motivierendes Bilderbuch, das zeigt, wie glücklich gemeinsame Aktivitäten machen können. Man muss sich auch mal trauen!

Veröffentlicht am 21.03.2023

Ein ausdrucksstarkes Liebesdrama

Mistral
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Der Roman "Mistral" von Maria Borrély wurde von Amelie Thoma ins Deutsche übersetzt und erscheint im Kanon Verlag Berlin.

In einem kleinen Dorf der Haute-Provence leben die Menschen zu Beginn des 19. ...

Der Roman "Mistral" von Maria Borrély wurde von Amelie Thoma ins Deutsche übersetzt und erscheint im Kanon Verlag Berlin.

In einem kleinen Dorf der Haute-Provence leben die Menschen zu Beginn des 19. Jahrhunderts als einfache Bauern, deren Leben von der täglichen Arbeit bestimmt wird. Dort lebt auch die junge und schöne Marie, die sich um die Wäsche und den Haushalt kümmert, Oliven und Mandeln erntet und gerade zur Frau erblüht. Als sie die Oliven zur Ölmühle bringt, lernt sie den attraktiven Olivier kennen verliebt sich in ihn und wird durch ihre Gefühle überwältigt. Maries geordnetes Leben beginnt zu wanken als Olivier seiner Wege geht. Die Liebe trifft Marie wie eine Naturgewalt, wie der Mistral, der das Leben der Menschen in dem Dorf bestimmt.

Dieser Roman führt in die malerische Landschaft der Haute-Provence mit ihren Lavendel- und Weizenfeldern, mit Öl- und Mandelbäumen und Kräutern und wilden Pflanzen. Eine bezaubernde Gegend, die die Autorin sehr stimmungsvoll beschreibt und so vor dem geistigen Auge des Lesenden abbildet. Gleichzeitig zeigt sie unterschiedliche Phasen des Mistral, der als kalter, starker Fallwind aus den Alpen die Gegend heimsucht. Dieser Wind spiegelt die Gefühle der Protagonistin Marie wieder, die ihre erste Verliebtheit erlebt und fröhlich und glücklich ist, dann aufgeregt und erregt, später enttäuscht wird, zu Tode betrübt ist und an ihrer Sehnsucht zerbricht.

In diesem Roman wird auf wunderbar einfühlsame Weise die Landschaft der Haute-Provence geschildert, die sich unter den Jahreszeiten und dem einfallenden Mistral verändert. So wie sich Marie durch die Liebe verändert, verändert sich auch der Mistral.

Der ausdrucksstarke Erzählstil Maria Borrélys wird in der deutschen Übersetzung von Amelie Thoma spürbar gemacht. Sie schafft es, durch die Landschaftsbeschreibungen und die der Bewohner der Haute-Provence eine bildhafte Szenerie zu zeigen, die teilweise wunderschön und dann auch etwas bedrohlich wirkt. Die einfachen Bauern sind arbeitssam, bescheiden und leben mit und von der Natur. Sie sind abhängig von den Witterungen und man erlebt sie während ihrer harten Arbeit auf dem Feld oder bei der Ernte, Lebenswünsche oder Sehnsüchte erfüllen sich bei ihnen selten. Die Pflichten gehen vor, die Träume vergehen, so wird gesagt.

Maries Gefühle, die anfänglichen Schmetterlinge im Bauch, ihre Glücksgefühle, dann die Traurigkeit und Verzweiflung im Hinblick auf die hoffnungslose Liebe habe ich gespannt verfolgt. Mir war früh klar, wie ihr Schicksal ausgehen würde. Aber während der Lektüre habe ich gehofft, dass ihre Familie, besonders ihre Mutter sie auffangen und ihr über diese Enttäuschung hinweg helfen würden.

Die Sprachweise ist ungewöhnlich, die Sätze wirken teilweise abgehackt, die Namen der Personen werden mit "der" oder "die" angeführt, was mich sehr gestört hat. Dafür wird in der Beschreibung der Landschaft und der Szenerie der Bauernhöfe und Häuser eine fast schon poetische Sprache genutzt, die mich entzückt eingenommen hat.
Sehr interessant ist auch das Nachwort der Übersetzerin Amelie Thoma, die aus dem Leben der Maria Borrély und ihrer literarischen Werke berichtet.

Es war eine wunderschöne Erfahrung, in dieses Buch mit der tragischen Liebesgeschichte eintauchen zu dürfen und dabei die Lebensbedingungen, die Landschaft und den Mistral mitzuerleben. Wer Naturschilderungen mag, wird dieses Buch dafür lieben. Aber es ist auch ein besonderes Leseerlebnis, dass sich zu lesen lohnt.

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