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Veröffentlicht am 15.11.2020

Schwaches Durcheinander von Namen und Sonstigem

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Ich bin ein wenig überrascht, dass die Druckausgabe hier so ein fetter Schinken ist: Während des Lesens des eBooks kam mir dieser Serienauftakt (ergo: nicht in sich abgeschlossener Roman) sehr viel kürzer ...

Ich bin ein wenig überrascht, dass die Druckausgabe hier so ein fetter Schinken ist: Während des Lesens des eBooks kam mir dieser Serienauftakt (ergo: nicht in sich abgeschlossener Roman) sehr viel kürzer vor, was allerdings nicht daran liegt, dass ich die Geschichte als derart ungemein kurzweilig empfunden haben würde, sondern viel mehr daran, dass, und zwar trotz zweier Todesfälle, nicht wirklich etwas passiert ist (und alles, was geschah, wiederholte sich im Grunde genommen ständig, da Dasselbe immer anderen Figuren widerfuhr) und sich das eBook „mal eben“ weglesen ließ.
Ich hatte mir diesen Jugendthriller sehr viel spannender und intensiver vorgestellt; ich fand die Idee einer Gruppe, die sich für Mobbingopfer einsetzt bzw. diese rächt, auf Anhieb interessant – leider bleibt im Roman relativ unklar, was DGM bisher eigentlich angestellt hat; auf den ersten Seiten werden sie bereits als ein regelrechter Mythos der Schule beschrieben, aber wie genau die unbekannte Gruppierung es zu diesem „Ruhm“ geschafft hat, bleibt unklar: Wer ist bisher wie an wem gerächt worden? Bald wird zwar ein vom Coach getriezter Mitschüler gerächt, aber das Ganze wirkt eher wie ein amüsanter Streich – der Coach wird blamiert, aber ein so krasses Bloßstellen war das nun nicht.
Insgesamt blieb es mir ein wenig rätselhaft, wieso man DGM unbedingt enttarnen wollte und weshalb DGM hier als absolutes Feindbild konstruiert worden war (weil eben an keiner Stelle erwähnt wurde, worin DHMs Wirken zuvor bestanden hatte); auch dass DGM gleich als Mörder in den Fokus rückte, wirkte auf mich an den Haaren herbeigezogen.

Schwierig fand ich auch die vier Protagonistinnen, die nur im DGM-Verborgenen „offiziell“ miteinander zu tun hatten, während sich im Schulalltag ihre privaten Wege doch auch mal kreuzten (so verliebt sich die Eine zum Beispiel in den Ex der Anderen), die im Privatleben aber völlig anders verliefen. Es gibt sehr viel typische Teeniedramen (die Tochter des Senators, die diesem als schwarzes Schaf der Familie gilt; die vormals selbst Gemobbte, die nach einem Suizidversuch von ihren Eltern mit Argusaugen beobachtet und mit einem genauestens durchgetakteten Terminplan belegt wird; die ambitionierte Schauspielerin, deren Mutter selbst vom Schauspielern in den Alkoholismus abgestürzt ist und ihre Karriereziele nun auf die Tochter projiziert…, gepaart mit den ganzen pubertätsüblichen Techtelmechteleien und Eifersuchtsdramen) und die Perspektive wechselt ständig von einer Protagonistin zur nächsten: Ich hatte angesichts all der Namen echt Schwierigkeiten, diese ganzen Figuren auseinanderzuhalten – bis hin zu dem Punkt, an dem ich hoffte, es würde endlich mal die ein oder andere tragende Figur der Geschichte aus dem Weg geräumt werden, um einen besseren Überblick zu erhalten.
Unglücklicherweise erwischte es dann aber doch nur Personen, bei denen es mir völlig egal war, dass sie weg waren: Person 1 war kaum erwähnt worden und hm, Person 2 war ein derartiges arrogantes Ekelpaket gewesen, dass er zudem die einzige Figur war, die definitiv ein Alleinstellungsmerkmal besaß. Dem besseren Durchblick hat es da also auch nicht geholfen.

Tatsächlich fand ich es noch am Interessantesten, wie es den Protagonistinnen in ihren teils prekären Elternhäusern erging und wie sie mit den dortigen Verhältnissen umgingen, was allerdings auch nur schwach beleuchtet wurde: Grundsätzlich ging es eigentlich bloß darum, dass sich DGM bedroht sah und im Grunde genommen fast jedes Mitglied früher oder später mit einem eigenen dunklen Geheimnis konfrontiert wurde, das es verzweifelt geheimzuhalten versuchte.
Wie anfangs gesagt: wirklich viel passiert ist jedoch nicht; nach dem Ende des Buchs bin ich eigentlich genauso schlau wie am Anfang; einerseits würde ich nun zwar schon gerne wissen, wer jetzt eigentlich der ganz große Antagonist ist, der DGM herausfordert, aber andererseits habe ich kein rechtes Interesse daran, die Fortsetzung zu lesen. Da würde es mir vollauf reichen, einfach bloß noch den Namen des Bösewichts genannt zu bekommen.

Veröffentlicht am 13.10.2020

Wenn die Romanze in einem Liebesroman fehlplatziert ist...

Wo die Sterne tanzen
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Von sich überzeugen vermochte dieser Liebesroman zumindest mich nicht: Nele reist nach dem Tod ihrer Oma nach Juist, um das Haus der Oma zu räumen und für einen Verkauf vorzubereiten; als Kind hat sie ...

Von sich überzeugen vermochte dieser Liebesroman zumindest mich nicht: Nele reist nach dem Tod ihrer Oma nach Juist, um das Haus der Oma zu räumen und für einen Verkauf vorzubereiten; als Kind hat sie dort stets ihre Ferien verbracht, sich mit Henry eng befreundet und sich letztlich ebenso rasch in ihn verliebt, wie er ihr das Herz gebrochen hat, woraufhin sie sich dem stets mit der Familie auf Juist urlaubenden Ben zugewendet hat… und nun ja, heute gibt es da irgendwie Ben in ihrem Leben, aber irgendwie auch doch nicht; Ähnliches gilt für Henry, dem sie aber beflissentlich aus dem Weg zu gehen versucht… Alle sind nun Mitte 30, aber auf mich wirkte Nele bis zuletzt sehr wie die 15Jährige, die sich nicht so recht zwischen Jugendschwarm A und Jugendschwarm B entscheiden konnte: Ich hatte nicht das Gefühl als habe da tatsächlich irgendwer füreinander echte Gefühle, sondern als ob das Ziel von „Wo die Sterne tanzen“ lediglich war, Nele einfach irgendwie an irgendeinen Kerl zu bringen, weil… Ja, warum eigentlich? Generell wirkte Nele gar nicht so als ob sie unbedingt einen Mann bräuchte bzw. sich nach einer festen, dauerhaften Beziehung sehnte, aber auch in Bezug auf die anderen Figuren schien in diesem Roman zu gelten, dass man möglichst viele der Singles, die es eingangs gab, zum Romanende hin hatte verkuppeln wollen – wenn nicht, mussten sie wenigstens um eine vergangene/entgangene Liebe trauern.
Dann beklagte sich Nele gefühlt ständig wegen verpasster Rollen, hatte andererseits aber ständig in irgendwelchen der weltweit bekannteren Musicalproduktionen am Broadway getanzt. Ohnehin war das ganze Verhältnis in Sachen New York in meinen Augen ein wenig arg konstruiert: Irgendwie schienen zig Leute, die Nele von Juist her kannte, plötzlich dort zu arbeiten, ob nun ständig oder temporär, so dass ein potentieller Umzug nach München schon fast exotisch und so, als sei das von Juist aus völlig aus der Welt und ein solcher Umzug nach München darum völlig abwegig, dargestellt wurde.

Ich fand das alles so überzogen, zumal Neles eigene Biografie als eher wild geschildert wurde, was bereits bei den Eltern anfing ([abgehalfterter] Rockstar und dessen Groupie) und bei der wohlkalkulierten Besetzungscouch endete, und auch Henry wurde noch eine eigene Knastgeschichte angedichtet, aber auf Juist war immer alles ganz idyllisch und erholsam und nichts und niemand konnte ein Wässerchen trüben. Für den „Das Leben ist hart“-Faktor musste da noch rasch ein kriegstraumatisiertes Flüchtlingskind herhalten. Wurde nicht gestorben, ließ da die Mutter die Familie plötzlich sitzen, während dort der Vater ein Ekel war, das seine Familie psychisch misshandelte. Von zig Kindern wollte keines die elterlichen Geschäfte übernehmen… so „normal“ wie das alles auch sein mag: In „Wo die Sterne tanzen“ traten all diese Gegebenheiten viel zu gehäuft vor. Es gab hier definitiv nicht auch nur eine einzige funktionale Familie oder mal eine laufende Partnerschaft, die fokussiert wurde.
Das heile Leben fand irgendwo anders statt, während zugleich propagiert wurde, dass auf Juist noch das heile Leben vorherrsche.

Gefallen hat mir das Achronologische bzw. die verschiedenen Zeitstränge; so manchen mag es nerven, dass hier ständig die Zeitebene gewechselt wird, aber ich gebe zu, dass ich es sehr mag, wenn sozusagen zwischen Vorgestern, Gestern und Heute hin- und hergewechselt wird.

Wäre „Wo die Sterne tanzen“ explizit nur als (Frauen-)Roman und eben nicht als Liebesroman bezeichnet worden und hätte man auf das unausgegorene Liebeschaos ganz generell verzichtet (für mich wäre die Handlung sehr viel authentischer gewesen, wäre Nele zum Schluss gekommen, dass sie aktuell gar keinen Bedarf nach einem Partner verspürte), würde es das Buch für mich deutlich aufgewertet haben – aber einen Liebesroman zu propagieren, in dem letztlich gar keine derartige Gefühle widergespiegelt werden und die vorgebliche Romanze auf Teufelkommraus in die Geschichte gestopft wird, hat für mich einfach einen mehr als fahlen Beigeschmack. Ich hab das Lesen mittendrin auch zunächst unterbrochen, unschlüssig, ob ich den Roman nicht komplett abbrechen sollte; weitergelesen hab ich dann hauptsächlich, weil ich doch irgendwie wissen wollte, ob es nicht doch noch die ganz großen Gefühle geben würde, worauf ich sehr hoffte, denn immerhin sollte es sich hierbei doch um ein romantisches und vor Allem „berührendes“ Buch handeln?!
Da sich „Wo die Sterne tanzen“ meines Empfindens nach eigentlich aber wirklich ausschließlich darum gedreht hat, wie und wo Nele ihre Zukunft sah, vor Allem beruflich, und ihr Liebesleben im Grunde genommen völlig irrelevant war, hätte es allerdings immerhin ein ganz netter Selbstfindungsroman sein können; schade, Chance vertan!

Veröffentlicht am 25.05.2020

Ungewohnt langweilig

Kann Gelato Sünde sein?
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Was Tessa Hennigs Bücher angeht, habe ich nur einen Anspruch: fluffige Kurzweil zu erleben. Und da war „Kann Gelato Sünde sein?“ nun unglücklicherweise ihr erstes Werk, das mich wirklich enttäuscht hat. ...

Was Tessa Hennigs Bücher angeht, habe ich nur einen Anspruch: fluffige Kurzweil zu erleben. Und da war „Kann Gelato Sünde sein?“ nun unglücklicherweise ihr erstes Werk, das mich wirklich enttäuscht hat. Ich habe kurz überlegt, ob mir der Roman noch drei Sterne wert wäre, auf die ich definitiv hätte aufrunden müssen, aber für mich hängt das Buch zu sehr zwischen zwei und drei Sternen fest als dass ich das guten Gewissens noch hätte tun können, zumal ich bei ungefähr 45% des Inhalts angelangt faktisch auch kurz davor stand, den Roman abzubrechen, weil mich einfach nichts so wirklich bei der Stange hielt.

Tatsächlich fand ich an diesem Roman nun den Nebenstrang betreffs Julia, der Tochter der Protagonistin, die just mit ihrem Freund Francesco einen Agriturismobetrieb aufbaut, sehr viel interessanter als die Geschichte rund um Emilia, die gefühlt innerhalb von nur drei Tagen nach Kalabrien reist, eine leerstehende Bäckerei entdeckt, diese erwirbt und renoviert, um dort unter den bösen Blicken des Bürgermeisters eine sofort megaerfolgreiche und bei den Dorfbewohnern sehr beliebte Konditorei zu eröffnen. Da hatte ich zudem den Eindruck als habe man Emilia zum Ende hin unbedingt noch einen etwas tiefschürfenderen Hintergrund andichten wollen, um sie womöglich nahbarer erscheinen zu lassen oder zumindest verbundener mit ihrer Tochter, zu der sie insgesamt kein allzu inniges Verhältnis (gehabt) zu haben schien.
Emilia fand ich im Allgemeinen auch eher unsympathisch; für mich kam sie wie das Klischee einer „Deutschen, die den Italienern mal so richtig zeigen will, wie gutes Leben geht“ rüber. Dass der nachmittägliche Kaffeeklatsch in Italien nicht üblich ist, dass Kuchen/Torten dort eher als Dessert betrachtet werden: egal, wenn Emilia ihr Café erst einmal geöffnet hätte, würden die Leute sich dort schon den Bauch vollschlagen. Und natürlich machten die Dorfbewohner das auch gleich, weil deutsche Backwaren doch auch ach so legendär sind. Okay, nein, eigentlich wurde ständig Tartufo bzw. Tartufo-Eistorte gegessen, wobei auf die Idee, Tartufo auf einen Teigboden zu setzen, meiner Meinung nach eh auch nur eine Deutsche kommen kann. Für eine Eistorte würde es da doch schon ausreichen, eine größere Tartufo-Kuppel zuzubereiten und diese dann in Stücke zu schneiden?! Womit man die Italiener weniger von deutscher Tortenbackkunst als von ihrem eigenen Dessert überzeugt… da war das Glaubwürdigste am Emilia-Thema für mich noch die wiederholte Betonung, dass das Café prominent an einer Durchfahrtsstraße liegt – was mich denken ließ, dass man dort tatsächlich einen Gewinn einfahren könnte, denn rein auf die paar Menschen, die dort quasi im (N)Irgendwo lebten, hätte man wohl kaum vertrauen können, dass sie jetzt ständig kamen, um Schwarzwälder Kirschtorte zu essen und sich das Café dadurch refinanzieren könnte.

Ich habe mich aber wirklich über jede Szene gefreut, die auf dem Hof von Julia und Francesco spielte, die aber eben eher hauptsächlich im ersten Drittel von „Kann Gelato Sünde sein?“ vorkamen; als sich das Geschehen dann mehr zur alten, neuen Konditorei auf dem Dorfplatz verlagerte, verlor mich die Handlung mehr und mehr. Für mich würde es den Roman definitiv aufgewertet haben, wäre die Hauptfigur Emilia überhaupt nicht darin vorgekommen, sondern die Bühne allein Julia und Francesco und ihren Bemühungen, was ihre Agristurismo-Pension anging, nebst ihrer kleinen persönlichen Liebeskrise überlassen worden.
Ich fand es sehr überraschend und gar schon etwas erschreckend, dass mich dieser Roman insgesamt eher gelangweilt hat; Potential ist zwar durchaus vorhanden gewesen, wurde aber kaum ausgenutzt und mir bleibt letztlich nur die Hoffnung, dass ein nächster Roman Hennigs mir wieder deutlich mehr fluffige Kurzweil zu bieten vermag.



[Ein Rezensionsexemplar war mir, via #NetGalleyDE, unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden.]

Veröffentlicht am 04.10.2019

Der Ball ging ins Aus...

Der Manndecker
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Der Lektüre von „Der Manndecker“ war ich von Anfang an nicht allzu euphorisch entgegengetreten; eine erste Leseprobe vom Romananfang hatte mich kaum für sich einnehmen können, aber da mein Bruder (wie ...

Der Lektüre von „Der Manndecker“ war ich von Anfang an nicht allzu euphorisch entgegengetreten; eine erste Leseprobe vom Romananfang hatte mich kaum für sich einnehmen können, aber da mein Bruder (wie diverse weitere Anverwandte) ein großer BVB-Fan ist, hatte ich darauf spekuliert, hiermit einen Buchtipp für ihn (und eben diverse Angehörige mehr) aufgetan zu haben. Selbst war ich dann allerdings wegen des scheinbaren westfälischen Lokalkolorits auch auf das Buch gespannt, da Westfalen für mich ein großes Stück Heimat bedeutet. Letztlich werde ich allerdings definitiv davon absehen, dieses Buch weiterzuempfehlen geschweige denn mein Exemplar an meinen Bruder weiterzureichen, der ohnehin nicht die größte Leseratte ist und dem dieses Buch vermutlich eher nochmals veranschaulichen würde, wieso er eher selten liest.

Ich könnte nun nichtmals sagen, was hier Dreh- und Angelpunkt der Geschichte sein soll. Klar, der Achim, eine reichlich verkrachte Existenz: mit Ende 40 kann seine Schauspielkarriere getrost als gescheitert betrachtet werden, seine Ehe besteht auch nur noch pro forma, zu seinem Sohn aus einer vorherigen Partnerschaft hat Achims Frau eine engere Bindung als er (was allerdings wenig überraschend ist, da er als Vater ebenso wie als Ehemann vornehmlich durch Abwesenheit glänzt) und Achim tingelt mit seiner Einmannshow als „Der Manndecker“ über das Land und tritt dort in jeder noch so kleinen Dorfkneipe auf, verdient im Grunde genommen nix, denn das, was er verdient, versäuft er zumeist direkt vor Ort gleich wieder. Seine Show, in der er einen alternden Ex-Fußballer mimt, ist an Trostlosigkeit kaum zu überbieten; viele Szenen aus seinem Programm werden hier im Buch geschildert und für mich hatte das gemeinhin nur einen „Ist das Kunst oder kann das weg?“-Anstrich; für mich bleibt es auch unerklärlich, wieso man für eine derartige Darbietung Eintritt bezahlen wollen sollte: Mir scheint es da weitaus unterhaltsamer zu sein, sich an einem Donnerstagabend mal neben einen typischen Stammtisch in der kleinen (Dorf)Kneipe nebenan zu setzen und die dortige Gesprächsrunde still zu verfolgen. In diesem Sinne: gut, dass im Klappentext bereits erwähnt wurde, dass Achim später für ein BVB-Fest engagiert werden sollte, denn ohne diesen Hinweis würde ich den Roman wahrscheinlich nicht zu Ende gelesen haben, aber so war für mich die spannendste Frage die, wieso zum Geier irgendein Verantwortlicher beim BVB diesem belanglosen „Manndecker“-Geblabbel genug Showpotential für das vereinsinterne Saisonabschlussfest zugestehen würde: Verlöre so jemand in der hinterletzten Kaschemme eine Runde Skat gegen Achim und der gewänne so einen Auftritt; gäbe es beim BVB eventuell eine Art Wettstreit, wer den miesesten Künstler anschleppen kann…? Den „Manndecker“ würde doch wohl niemand als echten Hit für das Fest sehen?! (Mein Bruder hat mich übrigens vor vielen, vielen Jahren einmal zur Saisoneröffnung beim BVB mitgeschleppt, die mit einem großen öffentlichen Fest gefeiert wurde – und wenn ich überlege, was damals dort für ein Programm für Jedermann aufgefahren wurde: Da müsste man den Verein schon echt hassen, wenn man für ein internes Betriebsfest dann wen wie den „Manndecker“ zur Unterhaltung buchen würde.)

Warum seine Frau, die Achim ohnehin auch ständig betrogen hat, noch mit ihm zusammen war und ihn nicht längst vor die Tür gesetzt hatte bzw. sich selbst abgesetzt hatte, blieb mir ebenso unerklärlich, wieso dann auch noch ganz vorsichtig eine Zufallsbekanntschaft näher mit ihm (und umgekehrt) anbändeln sollte, wobei es sich bei jener Dame um eine absolut gestandene, selbstbewusste und sehr resolute Frau handelte, von der ich eher erwartet hätte, dass sie Achim als armseligen Wicht betrachten würde, den man vielleicht mal für einen Helferjob anstellen könnte, wohlweislich bereits damit rechnend, dass er nach spätestens zwei Monaten eh hinschmeißt und auf Nimmerwiedersehen verschwindet.
Ich habe eigentlich damit gerechnet, dass der Roman letztlich abrupt damit enden würde, dass Achim irgendwo totgesoffen in einer Ecke liegt – und ein richtig tragisches Ende hätte ich auch weitaus glaubwürdiger gefunden, als den Schluss, der letztlich geboten wurde, wobei ich den allerdings auch als lediglich halbgar empfunden habe.

Für mich persönlich fand ich es halt allerdings ganz nett, dass diverse Käffer aus meiner Heimatgegend Erwähnung fanden, wobei ich den Lokalkolorit ansonsten aber eher schwach eingefärbt fand: Ohne diese „ha, den Ort kenn ich; und in dem bin ich auch schon gewesen; ha, da bin ich mal zur Schule gegangen…!“-Ortsnamen hätte ich vermutlich kaum mal das Gefühl gehabt, diese Geschichte müsse in Westfalen spielen. Irgendwie verströmte die Handlung mehr die Aura von Spielorten irgendwo in den hinterletzten Wäldern, in denen die Zeit vor 30 Jahren stehengeblieben zu sein scheint; das hätte nichtmals in Deutschland sein müssen. Wenn man neben den Ortsnamen diese BVB-Referenz außen vor lässt, hätte ich auch glauben können, „Der Manndecker“ spiele irgendwo in der abgelegensten Ecke der Karpaten. Damit kann der lokale Faktor des Romans allerdings auch weithin außer acht gelassen werden; der Fußballfaktor ist nun auch nicht so enorm; ich hatte da generell mehr Euphorie und Leidenschaft erwartet, weswegen ich den „Manndecker“ nun definitiv auch nicht als must read für Fußballfans ansehen würde. In meinen Augen war das insgesamt in erster Linie Larifarilangeweile und ohne mir wohlvertraute Ortsnamen könnte ich hier eigentlich nichts wirklich auf der Plusseite verbuchen. Außer vielleicht, dass sich das Ganze nicht ganz zäh lesen lies, obschon sich eigentlich ständig alles nur wiederholte.


[Ein Rezensionsexemplar war mir, via Vorablesen, unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden.]

Veröffentlicht am 23.03.2023

Was lange währt, hört endlich auf.

Das Sanatorium
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Wie man bei totaler Ahnungslosigkeit ein Cover gestaltet: unbedingt eine aufregende Catch Phrase gut sichtbar platzieren, wie z.B. „Du willst hier gar nicht mehr weg. Bis es zu spät ist.“ Völlig egal, ...

Wie man bei totaler Ahnungslosigkeit ein Cover gestaltet: unbedingt eine aufregende Catch Phrase gut sichtbar platzieren, wie z.B. „Du willst hier gar nicht mehr weg. Bis es zu spät ist.“ Völlig egal, dass die mit ihrem Lebensgefährten anreisende Protagonistin schon während der Anreise die abgelegene Lage des neuen Luxushotels verflucht, und der ganze Aufenthalt davon geprägt ist, dass man hofft, möglichst bald wieder von dort wegzukommen. Ganz zu schweigen von der als total unangenehm empfunden beschriebenen Atmosphäre des Hotels, in dem sich immer mal wieder Memorabilien in Form altertümlicher medizinischer Instrumente finden, die früher im Sanatorium Anwendung fanden und im Hotel nun als sehr eigentümliche Dekoobjekte herhalten – klar wer gibt nicht gerne ein paar Hundert Franken pro Hotelübernachtung aus, um am Frühstücksbüffet dann genau diejenigen Stahlspitzen zu bestaunen, die genau dort, wo jetzt der Brötchenkorb steht, ein paar Jahrzehnte zuvor Leuten zwecks Lobotomie ins Hirn gerammt wurden? Da dürfte Elin Warner, Hauptfigur und derzeit freigestellte britische Kriminalbeamtin, nicht die Einzige sein, die dem gegenüber ein gewisses Unbehagen verspürt.
Generell wird das Gebäude übrigens auch an nicht einer Stelle so beschrieben als dass es Ähnlichkeit mit dem auf dem Cover gezeigten Anwesen haben könnte, sondern merkwürdigerweise wie ein so lieb- und trostloser Kasten, dass ich mich teils schwertat, mir ein umgebautes Sanatorium vorzustellen anstelle eines abgerissenen Sanatoriums, das durch einen hässlichen Betonklotz ersetzt worden war.

Ich liebe Locked-In-Thriller gemeinhin, erst recht wenn sie eine Eingeschneit-Thematik beschreiben; und ich habe Reese Witherspoons Buchclub-Empfehlung tatsächlich im Vorfeld als echte Empfehlung verstanden, aber: „Das Sanatorium“ war für mich ein echter Reinfall.
Gleich am Anfang wird eine Figur verschleppt, was niemand mitbekommt, und zunächst einmal geht es nur darum, dass Elin aufgrund eigener Flashbacks ihren Bruder verdächtigt, in ihrer Kindheit ein als Unfall getarntes Verbrechen begangen zu haben, und dass nun irgendwie geklärt wissen will, aber mit ihrem Bruder reden will sie andererseits auch nicht. Kurz: Es passiert nichts. Schneesturm, Lawine, knapp 40 Leute konnten nicht rechtzeitig evakuiert werden und sitzen da nun gemeinsam fest, aber in „Das Sanatorium“ spielt nur eine Handvoll dieser Menschen eine Rolle. Der Rest tritt überhaupt nicht in Erscheinung, sondern sitzt ganz ruhig im Hintergrund und selbst als dann, nachdem der Roman schon fast halb rum ist, doch zumindest mal ein erstes Mordopfer entdeckt wird, findet nicht einmal ein „Die Anderen werden allmählich unruhig.“ Erwähnung.
Es bleibt nicht bei einem Opfer und ich habe noch nie einen Thriller gelesen, in dem es derart gleichgültig bis völlig abgebrüht aufgenommen wurde, dass da plötzlich mehrere „frische“ Mordopfer umherlagen.

Elin hat als britische Polizistin in der Schweiz natürlich gar keine Befugnis, aber nun ist sie halt als „Profi“ schon vor Ort und sonst kann ja grad keiner mehr dahinkommen. Profi in Anführungszeichen, denn Elins Überlegungen, ob sie überhaupt in den aktiven Dienst zurückkehren soll, sollten rational gesehen einfach nur zu einem „Gott bewahre! Bloß nicht!“ führen: sie ist die mieseste Ermittlerin, die ich je erlebt habe, und ich denke nicht, mich allzu weit aus dem Fenster zu lehnen, wenn ich behaupte jeder Hobby-Detektivin könnte problemlos mit ihr konkurrieren.
Natürlich löst sie den Fall letztlich korrekt auf (allerdings wirklich auch erst als Zweite) – aber erst nachdem sie ihn bereits drei, oder waren es gar vier, Mal falsch gelöst hatte. Jedes noch so kleine Indiz führte sehr schnell zu: „Heureka, ich hab’s: XY war’s!“, ehe unmittelbar darauf deutlich wurde, dass XY es eben keinesfalls gewesen sein konnte.

Nach 60% des Romans, und ich kann mir ehrlich gesagt selbst nicht erklären, dass ich ihn bis dahin nicht längst abgebrochen hatte, nahm die Geschichte Fahrt auf und wurde überhaupt erstmal zum Thriller und Whodunnit; bis dahin war es meiner Meinung nach in erster Linie echt nur ein quälend undurchsichtiges Geschwisterdrama; da war ich tatsächlich gespannt, wie das alles aufgedröselt werden würde und wer der Bösewicht war - der ganz zum Schluss übrigens höchstpersönlich groß und breit ausführen musste, was er warum getan hatte und wie die ganzen Zusammenhänge waren, damit das überhaupt offensichtlich und verständlich wurde. Denn Elin hatte sich auch hier wieder rein auf Indizien verlassen und wusste eigentlich gar nichts außer dass dies nun ganz bestimmt (also vielleicht) der wahre Bösewicht sein müsste.
Kurz: sämtliche Ermittlungsarbeit war im Grunde genommen einfach nur ein Ins Blaue raten.

Der Epilog ließ nun darauf schließen, dass es noch weitere Bände rund um Elin Warner geben soll, aber für mich gilt auch da lediglich: „Gott bewahre! Bloß nicht!“