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Veröffentlicht am 27.04.2023

Literaturfestival mit Überraschungen

Wenn Worte töten
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Der Schriftsteller Anthony Horowitz wird von seinem Verlag gebeten, an einem Literaturfestival auf der Kanalinsel Alderney teilzunehmen. Dabei soll ihn der Ex-Polizist und Privatdetektiv Daniel Hawthorne ...

Der Schriftsteller Anthony Horowitz wird von seinem Verlag gebeten, an einem Literaturfestival auf der Kanalinsel Alderney teilzunehmen. Dabei soll ihn der Ex-Polizist und Privatdetektiv Daniel Hawthorne begleiten, dessen Ermittlungserfolge Horowitz bereits in zwei Büchern beschrieben hat. Wie sich herausstellt, ist das Interesse der Leserschaft an Hawthorne weitaus größer als an Horowitz, was diesem natürlich missfällt, doch ein paar Tage Auszeit auf einer beschaulichen Insel können nicht schaden, also sagt Horowitz zu. Außerdem erhofft er sich, den sehr zurückhaltenden Detektiv etwas näher kennenzulernen.
Die anderen Teilnehmer des Festivals sind ein bunt gemischtes Grüppchen: ein lokaler Historiker, ein Fernsehkoch, eine französische Performancekünstlerin, die ihre Werke in einem Dialekt vorträgt, den keiner versteht, eine blinde Seherin und eine Kinderbuchautorin. Es verspricht, ein ziemlich ereignisloses Event zu werden, doch dann geschieht ein Mord. Der Mäzen des Festivals, ein schwerreicher Unternehmer, der auf der Insel ziemlich verhasst ist, weil er eine Stromtrasse quer durch Alderney führen will, wird tot aufgefunden. Kurz danach wird eine weitere Leiche gefunden. Die völlig überforderte örtliche Polizei, die noch niemals mit einer Mordermittlung zu tun hatte, bittet Hawthorne um Mithilfe. Natürlich ist auch Horowitz als Assistent bei den Ermittlungen dabei, schließlich besteht die Möglichkeit, einen Roman über die Morde zu schreiben, sofern es Hawthorne gelingt, sie zu lösen.
Ich habe mich sehr auf diesen dritten gemeinsamen Fall des Teams Hawthorne/Horowitz gefreut und wurde auch dieses Mal nicht enttäuscht. Es ist herrlich, mit welcher Selbstironie Horowitz über sich selbst schreibt. Ich liebe seinen Humor und Schreibstil sowie die Art seiner Krimis, typisch britischer whodunits im Stil von Agatha Christie. Natürlich werden etliche „red herrings“, falsche Fährten, präsentiert, schließlich gibt es eine Vielzahl von Menschen auf der Insel, denen das Mordopfer ein Dorn im Auge war. Hawthorne ist ein Ermittler mit einer einzigartigen Beobachtungsgabe, es macht Spaß zu lesen, welche Schlüsse er aus den alltäglichsten Situationen zieht.
Mir hat auch dieser dritte Roman der Reihe sehr gut gefallen und mich hervorragend unterhalten.

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Veröffentlicht am 15.04.2023

Tiefgründiger als zunächst angenommen

Seemann vom Siebener
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Ottersweiler ist ein kleines pfälzisches Dorf mit einem schönen Freibad. Dort treffen sich an diesem heißen Sommertag die unterschiedlichsten Leute. Dauerschwimmer, die jeden Tag dort anzutreffen sind ...

Ottersweiler ist ein kleines pfälzisches Dorf mit einem schönen Freibad. Dort treffen sich an diesem heißen Sommertag die unterschiedlichsten Leute. Dauerschwimmer, die jeden Tag dort anzutreffen sind wie die ehemalige Lehrerin Frau Trautmann, und andere, die schon jahrelang nicht mehr dort waren wie der bekannte Fotograf Lennart, den es in die USA verschlagen hat und der nur deshalb in den Ort seiner Kindheit zurückgekehrt ist, weil sein ehemals bester Freund Max am Abend beerdigt wird. Dann ist da noch das namenlose Mädchen, dem das Buch seinen Titel verdankt, denn sie will an diesem Tag ein Trauma überwinden und einen Seemann, eine Art Kopfsprung, vom Sieben-Meter-Brett hinlegen. An der Kasse des Schwimmbads sitzt Renate, die sich die Zeit mit Kreuzworträtseln vertreibt und nicht zu vergessen das Urgestein des Schwimmbads, der Bademeister Kiontke, der mir im Lauf des Buchs immer sympathischer wurde.
„Seemann vom Siebener“ ist in drei Teile unterteilt. Im ersten Teil werden die Personen vorgestellt, allerdings auf eine für mich sehr verwirrende Weise. Beispielsweise ist mal von Isobel die Rede, dann wieder von Frau Trautheimer. Zu Beginn weiß man nicht, dass es sich um ein und dieselbe Person handelt. Es sind Puzzlestücke, die noch nicht zusammenpassen. Am Ende dieses Abschnitts war ich ziemlich enttäuscht und der Meinung, dass mir dieses Buch nicht gefallen wird. Doch schon im zweiten Abschnitt ändert sich das Bild. Man beginnt Zusammenhänge zu sehen oder zumindest zu erahnen. Im dritten Abschnitt steuern die Ereignisse auf einen dramatischen Höhepunkt zu, dessen Ausgang allerdings offenbleibt. Sicher ist jedoch, dass dieser Tag im Schwimmbad für jede der Hauptpersonen eine Veränderung herbeigeführt hat.
Sehr schön ist im Übrigen auch die Beschreibung der Atmosphäre des Schwimmbads: die Betonstufen, auf denen sich die Sonnenhungrigen tummeln, nach dem Motto „sehen und gesehen werden“, die jugendlichen Turmspringer, der Frittenduft, der vom Kiosk her über das Becken weht und natürlich die Trägheit eines heißen Sommertags.
Ein wirklich beeindruckendes Buch, in dem allerdings vieles nur angedeutet wird und somit Platz für Spekulation lässt. Wenn ich das Buch nicht im Rahmen einer Leserunde gelesen hätte, wäre mir mit Sicherheit manche Andeutung und Interpretation entgangen. Ein Buch, bei dem sich das Durchhalten lohnt, denn der erste Eindruck täuscht. Es ist weitaus tiefgründiger als der Beginn vermuten lässt.

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Veröffentlicht am 08.04.2023

Der Albtraum jeder Mutter

Institut für gute Mütter
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Die alleinerziehende Frida hat einen schlechten Tag. Ihre kleine Tochter schreit in einem fort, Frida leidet unter Schlafentzug und muss eine berufliche Deadline erfüllen. Sie trifft die schlechteste Entscheidung ...

Die alleinerziehende Frida hat einen schlechten Tag. Ihre kleine Tochter schreit in einem fort, Frida leidet unter Schlafentzug und muss eine berufliche Deadline erfüllen. Sie trifft die schlechteste Entscheidung ihres Lebens: sie lässt ihre kleine Tochter allein, um ins Büro zu fahren und Unterlagen zu holen. Ein Nachbar alarmiert die Polizei und das Unheil nimmt seinen Lauf. Die kleine Harriet wird in die Obhut ihres Vaters und dessen neuer Lebensgefährtin gegeben, Frida wird das Sorgerecht entzogen und sie wird dazu verurteilt, ein Jahr lang ein Institut für gute Mütter zu besuchen. Dort soll sie anhand einer KI-Puppe, die ihrer Tochter Harriet nachempfunden ist, üben, die künstliche Tochter über alle anderen Bedürfnisse zu stellen.

Mit Eintritt in das Institut verlieren die Mütter sämtliche Rechte. Sie werden gedemütigt und müssen mantrahaft wiederholen, dass sie schlechte Mütter sind, aber lernen, bessere Mütter zu werden. Die Methoden, mit denen ihnen dies beigebracht werden soll, sind äußerst fragwürdig, ihre Persönlichkeitsrechte werden mit Füßen getreten. Manche Frauen zerbrechen daran, es kommt zu Selbstmorden und Fluchtversuchen. Die Chance, nach Ablauf des Jahres als gute Mutter angesehen zu werden und das eigene Kind zurückzubekommen, sind verschwindend gering. Entsprechend deprimierend und aufwühlend ist die Lektüre dieses dystopischen Romans. War mir Frida zu Beginn der Geschichte fremd und nicht gerade sympathisch – welche Rabenmutter lässt schon ihr eineinhalbjähriges Kind allein zuhause?! – so habe ich mich doch immer mehr mit ihr verbunden gefühlt und mit ihr gelitten und (wider besseres Wissen) gehofft.

Ich fand die Lektüre sehr bedrückend und doch konnte ich sie fast nicht aus der Hand legen. Von mir eine klare Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 06.04.2023

Ansprechend und übersichtlich mit leckeren Rezepten

The Veg Box
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"The Veg Box" ist ein äußerst ansprechend gestaltetes, übersichtliches Kochbuch mit Rezepten, die einfach nachzukochen sind. Es werden 10 Gemüsesorten vorgestellt, zu denen es jeweils 10 Rezepte gibt. ...

"The Veg Box" ist ein äußerst ansprechend gestaltetes, übersichtliches Kochbuch mit Rezepten, die einfach nachzukochen sind. Es werden 10 Gemüsesorten vorgestellt, zu denen es jeweils 10 Rezepte gibt. Mittlerweile habe ich ca. 10 von 100 Rezepten ausprobiert und bin wirklich sehr angetan. Seit Jahren habe ich mit kleineren Abwandlungen die immer gleichen Rezepte gekocht. Dieses Kochbuch hat mir richtig Lust gemacht, mal wieder etwas Neues auszuprobieren und Zutaten wie beispielsweise Kichererbsen und Linsen zu verwenden. Ich koche gerne vegetarisch, aber nicht unbedingt vegan, weshalb ich veganen Käse durch "normalen" Käse ersetzt habe. Besonders lecker finde ich die Karotten-Walnuss-Cupcakes, die ich auch schon Gästen vorgesetzt habe, die ebenso begeistert davon waren wie ich. Hier setzt allerdings auch mein einziger Kritikpunkt an: die süßen Rezepte enthalten viel zu viel Zucker! Ich habe sehr viel weniger Zucker verwendet und die Cupcakes waren immer noch sehr süß. Ein anderes Beispiel ist der Schokoladenkuchen mit roter Beete und Kaffee, der laut Rezept sage und schreibe insgesamt 680 Gramm Zucker enthalten soll! Aber das ist natürlich Geschmacksache und jedem selbst überlassen, wie viel Zucker verwendet wird.

Alles in allem bin ich jedoch sehr angetan von diesem neuen Kochbuch, das aufgrund der genauen Anleitungen auch durchaus für Anfänger geeignet ist.

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Veröffentlicht am 24.03.2023

Eine Geschichte, die noch lange nachwirkt

Die spürst du nicht
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Zwei gut betuchte, befreundete Familien verbringen ihren Urlaub gemeinsam in der Toskana. Zu dem luxuriösen Urlaubsdomizil gehört auch ein Pool, „vermutlich der größte private in der gesamten Toskana“. ...

Zwei gut betuchte, befreundete Familien verbringen ihren Urlaub gemeinsam in der Toskana. Zu dem luxuriösen Urlaubsdomizil gehört auch ein Pool, „vermutlich der größte private in der gesamten Toskana“. Mit von der Partie ist das somalische Flüchtlingsmädchen Aayana, das mit Sophie Luise, der 14jährigen Tochter der einen Familie, in eine Klasse geht. Eigentlich haben die beiden Mädchen herzlich wenig gemeinsam, doch Sophie Luise hat es sich zum Ziel gesetzt, der schüchternen Aayana im Urlaub das Schwimmen beizubringen. Außerdem plant sie, sich in den sozialen Medien gemeinsam mit der dunkelhäutigen Aayana in Szene zu setzen, das wird mit Sicherheit Aufmerksamkeit und jede Menge Likes generieren!

Kurz nach der Ankunft der Familien kommt es zu einer Tragödie, die das Leben aller Beteiligten für immer verändern wird.

„Die spürst du nicht“ ist ein sehr vielschichtiges Buch. Wir erleben die Geschehnisse aus verschiedenen Perspektiven und lernen die Beteiligten und ihre Art und Weise, mit der Tragödie umzugehen, kennen. Während die einen „die Angelegenheit“ so schnell wie möglich hinter sich bringen wollen, werden andere, vor allem Sophie Luise, völlig aus der Bahn geworfen. Erschreckend ist, dass zunächst Aayanas Familie und ihre Gefühle völlig außen vor bleiben. Das ändert sich, als sich ein Anwalt einschaltet, der vor Gericht eine hohe Schadenersatzsumme für die somalische Familie einklagen will. Die Medien, die das Vorkommnis eigentlich bereits ad acta gelegt hatten, wittern eine gute Geschichte, zumal eine bekannte Politikerin zu den Beklagten gehört. Auch in den sozialen Medien schlägt der Fall nun hohe Wellen, und wie üblich äußern sich alle möglichen Leute mehr oder minder abwertend bis hin zu schadenfreudig und menschenverachtend.

Mich hat dieser Roman, der sich spannend wie ein Krimi liest und gleichzeitig der Gesellschaft einen Spiegel vorhält, fasziniert. Manche Bücher vergisst man sofort, nachdem man die letzten Seiten gelesen hat, dieser Roman hat mich noch lange gedanklich beschäftigt.

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