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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 11.05.2023

Hat mich sehr berührt

So weit der Fluss uns trägt
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Die 17-jährige Victoria lebt mit ihrem Vater, ihrem nichtsnutzigen jüngeren Bruder und dem kriegsversehrten Onkel auf einer kleinen Farm in Colorado. Seit sie ihre Mutter bei einem Unfall verloren hat, ...

Die 17-jährige Victoria lebt mit ihrem Vater, ihrem nichtsnutzigen jüngeren Bruder und dem kriegsversehrten Onkel auf einer kleinen Farm in Colorado. Seit sie ihre Mutter bei einem Unfall verloren hat, muss sie deren Haushaltspflichten übernehmen. Sie ist mit ihrem Leben zufrieden, denn sie kennt nichts anderes.
Als sie eines Tages im Dorf den charismatischen jungen Indianer Will Moon sieht, verlieben sich die beiden auf den ersten Blick und fangen an, sich heimlich zu treffen. Es ist das Jahr 1948 und eine Beziehung zwischen einem Indianer und einer Weißen wird im ländlichen Colorado nicht gern gesehen. Bald kursiert das Gerücht, Will sei ein Verbrecher, und es wird ein Kopfgeld auf ihn ausgesetzt. Die Liebe zwischen Will und Victoria ist von vornherein zum Scheitern verurteilt.
Als Victoria feststellt, dass sie schwanger ist, verlässt sie die Farm, um in der Fremde ein neues Leben zu beginnen. Wir begleiten Victoria durch die Höhen und Tiefen ihres Lebens, von 1948 bis ins Jahr 1971. „So weit der Fluss uns trägt“ besticht durch dramatische Handlung, wunderschöne poetische Sprache und bildgewaltige Naturbeschreibungen. Ich habe mit Victoria Liebe und Hass, Angst und Glück und die ganze Palette an menschlichen Emotionen durchlebt. Es ist ein Buch, das mich zutiefst berührt hat. Normalerweise bin ich eher skeptisch, wenn ein Buch auf dem Cover überschwänglich gelobt wird, doch hier teile ich die Meinung, dass es ein großer Erfolg werden wird. Ein ganz und gar wundervoller Debütroman!

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Veröffentlicht am 03.05.2023

Der Club der Schlaflosen

Nachts ist man am besten wach
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Seit dem Tod ihrer Mutter, die sie jahrelang gepflegt hat, liegt Sophia nachts wach. Ihr Mann hat sie vor einem Jahr für eine Jüngere verlassen, mit der er nun gern in die Villa einziehen würde, die Sophia ...

Seit dem Tod ihrer Mutter, die sie jahrelang gepflegt hat, liegt Sophia nachts wach. Ihr Mann hat sie vor einem Jahr für eine Jüngere verlassen, mit der er nun gern in die Villa einziehen würde, die Sophia bewohnt. Schließlich ist die Villa seiner Meinung nach für eine Person viel zu groß. Dass es sich dabei um Sophias Elternhaus handelt, tut nichts zur Sache. Sophia weiß nicht mehr ein noch aus, denn mit ihren Finanzen steht es auch nicht zum Besten.
Eines Nachts, als sie mal wieder schlaflos ist, fragt sie auf Twitter, ob es im Raum Hamburg noch mehr Schlaflose wie sie gibt. Die ersten, die sich melden, sind Margarete, Klara und Katharina, die alle ihre eigenen Probleme haben.
Zunächst treffen sich die Frauen jede Nacht auf Twitter, bald gehen sie zu Zoom-Meetings über. Obwohl alle vier grundverschieden sind und auch mit völlig unterschiedlichen Problemen zu kämpfen haben, verstehen sie sich hervorragend und unterstützen sich gegenseitig. Nach kurzer Zeit treffen sie sich auch persönlich und es entwickeln sich richtig schöne Freundschaften. Gemeinsam schaffen sie es, Lösungen für ihre Probleme zu finden.

Was mir an diesem Hörbuch ganz hervorragend gefallen hat, ist die Sprecherin Katja Danowski. Ihre ruhige, bedächtige Sprechweise passt ganz hervorragend zu der vorsichtigen Sophia, die sich viele Dinge nicht traut, weil sie verlernt hat, auf eigenen Beinen zu stehen. Nachdem ich das Hörbuch fertig gehört hatte und es mich wirklich sehr gut unterhalten hat, habe ich die Autorin gegoogelt und festgestellt, dass sie hier unter einem Pseudonym schreibt. Ihre früheren Romane hätten mich von der Aufmachung her – typische Wohlfühl-Frauenromane mit Blümchen und verschnörkelter Schrift – mit Sicherheit abgeschreckt, so dass ich mir dieses Hörbuch erst gar nicht angehört hätte, was wirklich schade gewesen wäre. Mir hat das Hörbuch sehr vergnügliche Stunden bereitet.

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Veröffentlicht am 27.04.2023

Literaturfestival mit Überraschungen

Wenn Worte töten
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Der Schriftsteller Anthony Horowitz wird von seinem Verlag gebeten, an einem Literaturfestival auf der Kanalinsel Alderney teilzunehmen. Dabei soll ihn der Ex-Polizist und Privatdetektiv Daniel Hawthorne ...

Der Schriftsteller Anthony Horowitz wird von seinem Verlag gebeten, an einem Literaturfestival auf der Kanalinsel Alderney teilzunehmen. Dabei soll ihn der Ex-Polizist und Privatdetektiv Daniel Hawthorne begleiten, dessen Ermittlungserfolge Horowitz bereits in zwei Büchern beschrieben hat. Wie sich herausstellt, ist das Interesse der Leserschaft an Hawthorne weitaus größer als an Horowitz, was diesem natürlich missfällt, doch ein paar Tage Auszeit auf einer beschaulichen Insel können nicht schaden, also sagt Horowitz zu. Außerdem erhofft er sich, den sehr zurückhaltenden Detektiv etwas näher kennenzulernen.
Die anderen Teilnehmer des Festivals sind ein bunt gemischtes Grüppchen: ein lokaler Historiker, ein Fernsehkoch, eine französische Performancekünstlerin, die ihre Werke in einem Dialekt vorträgt, den keiner versteht, eine blinde Seherin und eine Kinderbuchautorin. Es verspricht, ein ziemlich ereignisloses Event zu werden, doch dann geschieht ein Mord. Der Mäzen des Festivals, ein schwerreicher Unternehmer, der auf der Insel ziemlich verhasst ist, weil er eine Stromtrasse quer durch Alderney führen will, wird tot aufgefunden. Kurz danach wird eine weitere Leiche gefunden. Die völlig überforderte örtliche Polizei, die noch niemals mit einer Mordermittlung zu tun hatte, bittet Hawthorne um Mithilfe. Natürlich ist auch Horowitz als Assistent bei den Ermittlungen dabei, schließlich besteht die Möglichkeit, einen Roman über die Morde zu schreiben, sofern es Hawthorne gelingt, sie zu lösen.
Ich habe mich sehr auf diesen dritten gemeinsamen Fall des Teams Hawthorne/Horowitz gefreut und wurde auch dieses Mal nicht enttäuscht. Es ist herrlich, mit welcher Selbstironie Horowitz über sich selbst schreibt. Ich liebe seinen Humor und Schreibstil sowie die Art seiner Krimis, typisch britischer whodunits im Stil von Agatha Christie. Natürlich werden etliche „red herrings“, falsche Fährten, präsentiert, schließlich gibt es eine Vielzahl von Menschen auf der Insel, denen das Mordopfer ein Dorn im Auge war. Hawthorne ist ein Ermittler mit einer einzigartigen Beobachtungsgabe, es macht Spaß zu lesen, welche Schlüsse er aus den alltäglichsten Situationen zieht.
Mir hat auch dieser dritte Roman der Reihe sehr gut gefallen und mich hervorragend unterhalten.

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Veröffentlicht am 15.04.2023

Tiefgründiger als zunächst angenommen

Seemann vom Siebener
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Ottersweiler ist ein kleines pfälzisches Dorf mit einem schönen Freibad. Dort treffen sich an diesem heißen Sommertag die unterschiedlichsten Leute. Dauerschwimmer, die jeden Tag dort anzutreffen sind ...

Ottersweiler ist ein kleines pfälzisches Dorf mit einem schönen Freibad. Dort treffen sich an diesem heißen Sommertag die unterschiedlichsten Leute. Dauerschwimmer, die jeden Tag dort anzutreffen sind wie die ehemalige Lehrerin Frau Trautmann, und andere, die schon jahrelang nicht mehr dort waren wie der bekannte Fotograf Lennart, den es in die USA verschlagen hat und der nur deshalb in den Ort seiner Kindheit zurückgekehrt ist, weil sein ehemals bester Freund Max am Abend beerdigt wird. Dann ist da noch das namenlose Mädchen, dem das Buch seinen Titel verdankt, denn sie will an diesem Tag ein Trauma überwinden und einen Seemann, eine Art Kopfsprung, vom Sieben-Meter-Brett hinlegen. An der Kasse des Schwimmbads sitzt Renate, die sich die Zeit mit Kreuzworträtseln vertreibt und nicht zu vergessen das Urgestein des Schwimmbads, der Bademeister Kiontke, der mir im Lauf des Buchs immer sympathischer wurde.
„Seemann vom Siebener“ ist in drei Teile unterteilt. Im ersten Teil werden die Personen vorgestellt, allerdings auf eine für mich sehr verwirrende Weise. Beispielsweise ist mal von Isobel die Rede, dann wieder von Frau Trautheimer. Zu Beginn weiß man nicht, dass es sich um ein und dieselbe Person handelt. Es sind Puzzlestücke, die noch nicht zusammenpassen. Am Ende dieses Abschnitts war ich ziemlich enttäuscht und der Meinung, dass mir dieses Buch nicht gefallen wird. Doch schon im zweiten Abschnitt ändert sich das Bild. Man beginnt Zusammenhänge zu sehen oder zumindest zu erahnen. Im dritten Abschnitt steuern die Ereignisse auf einen dramatischen Höhepunkt zu, dessen Ausgang allerdings offenbleibt. Sicher ist jedoch, dass dieser Tag im Schwimmbad für jede der Hauptpersonen eine Veränderung herbeigeführt hat.
Sehr schön ist im Übrigen auch die Beschreibung der Atmosphäre des Schwimmbads: die Betonstufen, auf denen sich die Sonnenhungrigen tummeln, nach dem Motto „sehen und gesehen werden“, die jugendlichen Turmspringer, der Frittenduft, der vom Kiosk her über das Becken weht und natürlich die Trägheit eines heißen Sommertags.
Ein wirklich beeindruckendes Buch, in dem allerdings vieles nur angedeutet wird und somit Platz für Spekulation lässt. Wenn ich das Buch nicht im Rahmen einer Leserunde gelesen hätte, wäre mir mit Sicherheit manche Andeutung und Interpretation entgangen. Ein Buch, bei dem sich das Durchhalten lohnt, denn der erste Eindruck täuscht. Es ist weitaus tiefgründiger als der Beginn vermuten lässt.

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Veröffentlicht am 08.04.2023

Der Albtraum jeder Mutter

Institut für gute Mütter
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Die alleinerziehende Frida hat einen schlechten Tag. Ihre kleine Tochter schreit in einem fort, Frida leidet unter Schlafentzug und muss eine berufliche Deadline erfüllen. Sie trifft die schlechteste Entscheidung ...

Die alleinerziehende Frida hat einen schlechten Tag. Ihre kleine Tochter schreit in einem fort, Frida leidet unter Schlafentzug und muss eine berufliche Deadline erfüllen. Sie trifft die schlechteste Entscheidung ihres Lebens: sie lässt ihre kleine Tochter allein, um ins Büro zu fahren und Unterlagen zu holen. Ein Nachbar alarmiert die Polizei und das Unheil nimmt seinen Lauf. Die kleine Harriet wird in die Obhut ihres Vaters und dessen neuer Lebensgefährtin gegeben, Frida wird das Sorgerecht entzogen und sie wird dazu verurteilt, ein Jahr lang ein Institut für gute Mütter zu besuchen. Dort soll sie anhand einer KI-Puppe, die ihrer Tochter Harriet nachempfunden ist, üben, die künstliche Tochter über alle anderen Bedürfnisse zu stellen.

Mit Eintritt in das Institut verlieren die Mütter sämtliche Rechte. Sie werden gedemütigt und müssen mantrahaft wiederholen, dass sie schlechte Mütter sind, aber lernen, bessere Mütter zu werden. Die Methoden, mit denen ihnen dies beigebracht werden soll, sind äußerst fragwürdig, ihre Persönlichkeitsrechte werden mit Füßen getreten. Manche Frauen zerbrechen daran, es kommt zu Selbstmorden und Fluchtversuchen. Die Chance, nach Ablauf des Jahres als gute Mutter angesehen zu werden und das eigene Kind zurückzubekommen, sind verschwindend gering. Entsprechend deprimierend und aufwühlend ist die Lektüre dieses dystopischen Romans. War mir Frida zu Beginn der Geschichte fremd und nicht gerade sympathisch – welche Rabenmutter lässt schon ihr eineinhalbjähriges Kind allein zuhause?! – so habe ich mich doch immer mehr mit ihr verbunden gefühlt und mit ihr gelitten und (wider besseres Wissen) gehofft.

Ich fand die Lektüre sehr bedrückend und doch konnte ich sie fast nicht aus der Hand legen. Von mir eine klare Leseempfehlung!

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