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Veröffentlicht am 22.05.2023

Die Definition von „unkompliziert“

Kastenbrote
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Im Rahmen einer Leserunde durfte ich mich durch „Kastenbrote“ von Valesa Schell lesen und probieren. Bei uns im Hause gibt es einige Allergien und Unverträglichkeiten, dazu bin ich eine erfahrene Bäckerin ...

Im Rahmen einer Leserunde durfte ich mich durch „Kastenbrote“ von Valesa Schell lesen und probieren. Bei uns im Hause gibt es einige Allergien und Unverträglichkeiten, dazu bin ich eine erfahrene Bäckerin von Kuchen, Pizzateig, Kleingebäck. Und der Titel verspricht „Unkompliziert backen, einfach im Kasten“. Was liegt also näher als auf diese Weise unkompliziert gesundes Brot zu backen?

Nun, vorab sei gesagt: Das Ergebnis war köstlich. Unser Favorit war das „Joghi“, ein fluffiges helles Brot mit griechischem Sahnejoghurt, einer lockeren Krume und knusprigen Kruste. Sehr lecker.

Das Problem war eher der Weg dorthin, denn es stellte sich schnell heraus, dass „unkompliziert“ sich nur darauf bezieht, dass der Teig direkt in der Kastenform gart. Für mich ist der Titel äußerst irreführend. Anfänger:innen werden erst einmal von den vielen Kapiteln der Einführung erschlagen. Diese Kapitel sind wahnsinnig interessant und wissenswert, machen jedoch gleich klar, dass dies keine Rezepte für Neueinsteiger:innen sind. Die Rezepte selbst sind wahnsinnig vielseitig, erfordern jedoch teilweise außergewöhnliche Mehle. Ich wüsste gar nicht, wo es die zu kaufen gibt. Ebenfalls im Buch enthalten ist eine Anleitung, wie innerhalb von 7 Tagen Sauerteig selbst angesetzt werden kann. Eine großartige Idee, die sich aber leider nicht in meinen Alltag integrieren lässt und nicht unbedingt meinem Verständnis von „unkompliziert backen“ entspricht.

Insgesamt würde ich festhalten, dass es ein wunderbares Backbuch ist für alle, die sich zeit- und aufwandsintensiv mit Brot beschäftigen wollen. Die werden mit köstlichen Ergebnissen belohnt. Einsteiger:innen sollten sich darauf einstellen, dass erst einmal einige Lektüre und eventuell sogar Anschaffungen bevorstehen, ehe es ans Backen geht. Mich überforderte etwa die Technik des „Schwadens“ und ich habe darauf komplett verzichtet. Die Ergebnisse überzeugten dann jedoch trotzdem auf voller Linie.

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Veröffentlicht am 29.03.2023

Leider nicht das Richtige für mich

Emerdale 2: One Side of the Light
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Dieses Buch und ich wurden einfach keine Freunde. Mich persönlich konnte diese Story leider nicht erreichen.

Während Band 1 „Two sides of the dark“ für meinen Geschmack zu gemächlich daherkam, bietet ...

Dieses Buch und ich wurden einfach keine Freunde. Mich persönlich konnte diese Story leider nicht erreichen.

Während Band 1 „Two sides of the dark“ für meinen Geschmack zu gemächlich daherkam, bietet die Fortsetzung „One side of the light“ nun jede Menge Tempo und Action. Allerdings leider zulasten der Logik. Gerne lasse ich mich von einer rasanten Handlung mitnehmen, und gerade bei einem Sci-Fi-Fantasy-Roman ermöglicht das Genre auch phantastische Entwicklungsmöglichkeiten und viele Freiheiten. Beim Lesen stolperte ich jedoch leider ständig über unlogische Zusammenhänge, fehlerhafte Kausalitäten. Teilweise widersprach sich die Geschichte selbst oder war realitätsfern – und ich spreche hier nicht vom Sci-Fi-Anteil. Mich persönlich hat das beim Lesen gestört. Ich wollte diese Geschichte so gerne mögen, aber sie hat mich leider einfach nicht „gecatcht“.

Ich möchte der Emerdale-Dilogie zur Ehrenrettung zugutehalten, dass ich vielleicht auch einfach die falsche Zielgruppe bin. Meine jüngste Teenie-Tochter hat beide Bücher gelesen und gemocht.

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Veröffentlicht am 19.02.2023

Ein Stillleben in Worten

Männer sterben bei uns nicht
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Zum Tod der Großmutter kommen sie alle zusammen. Alle Frauen. Da ist Luise, der Augenstern der Großmutter, und die Erbin des Anwesens am See. Luise, die sich an vieles scheinbar nicht zu erinnern vermag, ...

Zum Tod der Großmutter kommen sie alle zusammen. Alle Frauen. Da ist Luise, der Augenstern der Großmutter, und die Erbin des Anwesens am See. Luise, die sich an vieles scheinbar nicht zu erinnern vermag, die vieles nicht zu wissen scheint. Und all die anderen Frauen, die sich nicht in der Gunst der Großmutter hatten sonnen dürfen. Verstoßene Frauen, verachtete Frauen und sogar verschwunden gewesene Frauen. Nur keine Männer.

Das Cover des Romans von Annika Reich schmückt ein prächtiges Stillleben, und ebenso erschien mir beim Lesen auch der Inhalt der Erzählung: Wie eine Anordnung prachtvoller Komponenten mit geheimnisvoller Bedeutung. Staunend betrachte ich nicht nur die Sujets auf der Bildkomposition, sondern auch die Parade der Frauen und deren Begegnungen und Gespräche in der Textkomposition. Und wie ein Stillleben leblose Gegenstände zeigt, fühlt es sich beim Lesen stellenweise an, als würden mir leblose Seelen gezeigt. Vieles bleibt rätselhaft, so wie Luises Gedächtnis, das ihr vieles unterschlägt oder sie Dinge anders sehen und bewerten lässt. Der Einfluss der Großmutter wirft lange Schatten. Bereitwillig hatte Luise zu deren Lebzeiten die Deutungshoheit an diese abgegeben. Oft frage ich mich beim Lesen, wie ihr die wahren Zusammenhänge entgehen konnten – doch auch mir entziehen sie sich beim Lesen nur allzu gerne, so dass mir stellenweise nur die staunende Betrachtung der geschilderten Momentaufnahmen bleibt. Und hinter allem thront im Hintergrund unheilverkündend und symbolträchtig das Anwesen am See.

Wer es schafft, diesen Kurzroman wie ein bildhaftes Kunstwerk als Gesamteindruck in sich aufzunehmen, wird mit Eindrücken und Andeutungen gefüllt. Wer sich eine klare Deutung wünscht, wird von der Geschichte enttäuscht sein.

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Veröffentlicht am 17.12.2022

Tabubruch mit Ansage

Liebewesen
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Dass dieses Buch Grenzen überschreiten möchte, kündigt bereits das Cover plakativ an. Für den Fall, dass jemand den Tabubruch mit Ansage noch nicht verstanden hat, liegt dem Rezensionsexemplar ein Brief ...

Dass dieses Buch Grenzen überschreiten möchte, kündigt bereits das Cover plakativ an. Für den Fall, dass jemand den Tabubruch mit Ansage noch nicht verstanden hat, liegt dem Rezensionsexemplar ein Brief der Lektorin bei mit deren Rezension. Lehrreiche Hinweise, damit ich schon vor dem Lesen erkenne, was für ein kantiges Juwel mir da in die Hände gefallen ist. Oder darf ich den Brief als Blaupause verstehen, nach der ich meine Rezension richten könnte/sollte?

Also lese ich den Roman erst einmal selbst und so unvoreingenommen, wie das nach diesem Brief überhaupt noch möglich ist. Plakative, große Sätze kommen mir da entgegen. Dieser Roman wurde „gebaut“, nicht geschrieben. Mehr ist mehr. Oder vielleicht doch nicht? Die Sprache ist stark, laut. Man muss entgegen der Meinung der Lektorin die Sätze auch nicht zweimal lesen, denn sie werden mir auf wenig subtile Weise entgegengebrüllt. Die beste Beschreibung hat uns die Autorin im Roman selbst geliefert, als sie Max ein Bild beschreiben lässt: „sehr plakativ und auf die Zwölf“.

Inhaltlich wartet der angekündigte Tabubruch mit einer intensiven, schmerzhaften Beziehung und dem nicht weniger intensiven Ausscheiden von Körperflüssigkeiten und -inhalten aller Art. Leider kann das nicht wirklich schockieren, denn die „Feuchtgebiete“ von Charlotte Roche haben bereits vorgemacht, wie das geht. Schälen wir also das Blut und die Kotze herunter und betrachten die eigentliche Geschichte: Es bleibt eine junge Frau mit schwerer Kindheit, die sich in eine erschreckende Beziehung mit einem depressiven, labilen Partner ergibt. Beim Lesen schmerzt der Opferungswillen von Lio, und ich muss einräumen: Ja, hier geht der Roman endlich dorthin, wo es weh tut. Hier im Kern kommen die wahren Konflikte endlich zum Vorschein, und nun erkenne auch ich das Funkeln des Juwels.

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Veröffentlicht am 27.11.2022

Archaisch, brutal, verstörend

Das Gesetz der Natur
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Dieses Endzeit-Epos spielt in einer Welt nach der Nuklearkatastrophe. „Jener Tag“ hat die alte Welt zerstört, was die völlige Verwüstung der Lebenswelt und Mutationen zur Folge hatte. Aus der Asche erhoben ...

Dieses Endzeit-Epos spielt in einer Welt nach der Nuklearkatastrophe. „Jener Tag“ hat die alte Welt zerstört, was die völlige Verwüstung der Lebenswelt und Mutationen zur Folge hatte. Aus der Asche erhoben sich neue Völker, die alle nach dem „Gesetz der Natur“ leben. Das geschriebene Wort existiert nicht mehr, nur noch einige Gesetzesrollen, die auch wiederum nur wenige Ausgewählte lesen können. Bereits hier deutlich biblische Anklänge an die Zehn Gebote. In dieser archaischen, mittelalterlich anmutenden Welt in Neuamerika lebt verborgen die letzte Mutantin, Gaia. „Entstanden aus den Tiefen der Deformation“, was sich bei ihr vordergründig in entstellter Haut an Händen und linker Kopfhälfte manifestiert. Sie wird fernab der Welt von zwei geächteten Männern aufgezogen – dem Lehrer und dem Jäger. Von ihnen lernt sie das Lesen und das Töten. Es entspinnt sich eine Endzeitgeschichte, während der Gaia in Gefangenschaft gerät und dann auf eine Mission geschickt wird, um die letzten Bücher zu finden und damit die Neue Welt zu verändern.

Der Schreibstil orientiert sich deutlich an der Bibel; es gibt Phrasen wie „Selig sind …“ und psalmenhafte Passagen. Bei der Handlung geht es entgegen des Klappentextes lange Zeit nicht um die Rettung der Bücher; stattdessen wählt Gaia den Weg als Kriegerin und Schlächterin. Brutales Töten und Abschlachten nehmen eine zentrale Rolle in diesem Roman ein. Fantasy-Elemente durchbrechen das Genre des reinen Endzeit-Epos. Schwierig wurde es für mich bei der Rechtfertigung allen Mordens und Tötens durch Gaia. Für sie ist dies das probate Mittel zum Schutz ihres Sohnes. Diesem wird in Jesus-Christus-artiger Manier überhöht eine Zukunft als „der Gerechte“ vorbestimmt.

Während der biblische Schreibstil und die primär alttestamentarischen Anspielungen in diesem Buch durchaus als Kunstkniff gelten dürfen, hat mich vor allem die rohe Brutalität abgeschreckt. Besonders die Rechtfertigung der Gewalt fand ich verstörend.

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