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Veröffentlicht am 08.09.2023

Rückbesinnung

Sinkende Sterne
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Ein Ferienhaus in der Schweiz, der Vater des Autors lebte hier bis zu seinem Tod. Der Sohn reist an den Ort seiner Kindheit und findet diesen Ort durch eine Naturkatastrophe so vollkommen verändert vor, ...

Ein Ferienhaus in der Schweiz, der Vater des Autors lebte hier bis zu seinem Tod. Der Sohn reist an den Ort seiner Kindheit und findet diesen Ort durch eine Naturkatastrophe so vollkommen verändert vor, aber immernoch so voller Erinnerungen.

Der Autor Thomas Hettche tritt in diesem Roman als Ich - Erzähler auf, man könnte fast meinen die Geschichte wäre autobiographisch. Der reale Autor nutzt sein fiktives Alter Ego, um eine alternative Realität zu erschaffen. In seiner Realität wird ein verehrendes Unglück genutz, um eine Abspaltung vorzunehmen, eine Rückbesinnung auf alte Normen, Regeln, Bräuche und Lebensweisen. Was unbesehen vielleicht romantisch verklärt wahrgenommen werden könnte, zeigt bald Anzeichen von Rückschritt, Isolation und Bedrohung.

Zugegebenermaßen muss man sich schon etwas anstrengen, um dem Autor über die gesamte Strecke des Buches zu folgen, denn in all seiner Sprachgewalt schweift er doch auch gern einmal ab. Natürlich hat es eine große erzählerische Kraft, wenn auf fast mystische Weise das ursprüngliche Leben in den abgelegenen Bergregionen beschrieben wird, aber es gibt dazwischen immer wieder Momente, die Audienz bei der Bischöfin zB, in denen ich nicht weiß, was der Autor mir genau sagen möchte. Das Eintauchen in die alpine Sagenwelt, ebenso die Exkurse zu Odysseus und Sindbad und die Macht der Worte fand ich sehr interessant eingebaut.

Die Erzählungen Hettches sind immer etwas ganz besonderes, sein Umgang mit Worten ist speziell, aber sehr virtuos. Auch wenn ich vielleicht nicht immer die tiefere Botschaft dahinter verstehe, kann ich mich doch von ihnen tragen und treiben lassen. Ich glaube die Bücher des Autors sind solche, die man mit Abstand ein zweites, oder drittes Mal lesen kann und die einem dann immer wieder eine andere Sicht ermöglichen. Ich mag den Stil des Autors, seine Art eine Geschichte zu erzählen sehr.

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Veröffentlicht am 22.08.2023

Neue Bedrohung

Prophet
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Sunil Rao, ehemaliger britischer MI6 Agent, wird überraschend aus dem Gefängnis geholt um sich einige eigenartige Gegenstände anzusehen. Mit seinem einzigartigen Talent Fälschungen und Lügen zu erkennen, ...

Sunil Rao, ehemaliger britischer MI6 Agent, wird überraschend aus dem Gefängnis geholt um sich einige eigenartige Gegenstände anzusehen. Mit seinem einzigartigen Talent Fälschungen und Lügen zu erkennen, ist ihm schnell klar, das mit den Objekten etwas nicht stimmt. Kurz darauf arbeitet er gezwungenermaßen wieder mit seinem ehemaligen Partner Adam Rubenstein zusammen und gemeinsam kommen sie der gefährlichen Wahrheit auf die Spur.

Mit "Prophet" hat das Autorinnenduo einen Roman vorgelegt, der wie auf dem Buchrücken zu lesen, genresprengend ist. Das Buch vereint in unnachahmlicher Weise Thrillerelemente mit Science-Fiction, Horror und ein klein bisschen Liebesgeschichte. Die Figuren selber beschreiben die Ereignisse wie aus einer Folge "Twilight Zone", aber auch "Akte X" trifft es ganz gut. Wobei das Buch ganz eindeutig nicht nur von seiner Geschichte lebt, sondern noch mehr von seinen Figuren.

Mit Rao und Rubenstein haben die Autorinnen ein sehr ungleiches Ermittlerduo geschaffen. Die Figuren sind so unterschiedlich, wie sie nur sein können. Der Eine unberechenbar und vergnügungssüchtig mit einem Hang zum Alkohol und dem Talent immer wieder in Schwierigkeiten zu geraten, der Andere, ein disziplinierter Elitesoldat, durchtrainiert bis in die letzte, glattgekämmte Haarspitze und bis an die Zähne bewaffnet. Nicht ganz so ein Team wie Mulder und Scully, aber nah dran. Die Interaktion der Beiden ist es, die die Geschichte auch bei kurzen Längen im Mittelteil spannend hält. Das Gefrotzel, die Dialoge, das Zusammenspiel sind fein ausbalanciert, denn obwohl man meinen könnte die Figur von Rubenstein wäre nur ein Sidekick, der Dr. Watson zu Sherlock/Rao Holmes, tragen beide Figuren die Handlung gleichermaßen. Ich stehe ja total auf so "kaputte", "abgeranzte" Typen, die Autorinnen haben hier gut abgeliefert und dem Ganzen gerade bei Rubenstein viel Tiefe gegeben, in dem sie seine Kindheit in Rückblenden eingebaut haben. Selten habe ich beim Lesen ein konkretes Bild der Figur vor Augen, hier habe ich mich aber ziemlich bald dabei ertappt, wie ich mir vorgestellt habe, welcher Schauspieler wohl gut ins Bild passen würde.

Mich hat die Story von Anfang an gepackt, das Thema, die Mischung war ganz meins, ich bin mir aber bewußt, dass das nicht jedem Leser so gehen wird. Die Autorinnen verbinden geschickt Elemente aktueller Verschwöhrungstheorien mit dem Thema biologische Kriegsführung und Gedankenkontrolle. Vielleicht muss der Ein, oder Andere, der mit SciFi noch noch nicht so vertraut ist hier etwas aus seiner Komfortzone kommen. Es lohnt sich aber auf jeden Fall dranzubleiben. Der Showdown ist speziell, teilweise etwas abgedreht, aber letztlich durchaus stimmig. Das Ende des Buches hätte ich ehrlicherweise nicht in der Form gebraucht, wie die Autorinnen es gewählt haben, wobei es mir nicht um die letzten paar Seiten geht, die sind klasse, sondern um das was zu den letzten paar Seiten führt. Hier bin ich etwas mit mir im Zwiespalt, kann aber nicht näher erläutern was ich meine, ohne zu spoilern.

Ein absolut spannendes Szenario, dem ein paar Seiten weniger hie und da gut getan hätte, gepaart mit einem speziellen Ermittlerduo, in dem der Antiheld am Ende hoffentlich die Welt rettet.

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Veröffentlicht am 15.06.2023

Charismatischer Ermittler

Düster ruht die See
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Ben Kitto ist als Kriminalbeamter auf seiner Heimatinsel tätig. Sein eher beschauliches Leben gerät nicht nur durch die bevorstehende Geburt seines ersten Kindes aus dem Gleichgewicht, sondern auch der ...

Ben Kitto ist als Kriminalbeamter auf seiner Heimatinsel tätig. Sein eher beschauliches Leben gerät nicht nur durch die bevorstehende Geburt seines ersten Kindes aus dem Gleichgewicht, sondern auch der Fund einer skelettierten Leiche sorgt für Wirbelauf der kleinen Insel. Als dann auch noch ehemalige Kollegen des Ermittlers ermordet werden sind alle in Alarmbereitschaft.

Das Buch ist bereits das sechste aus der Reihe um den Ermittler Ben Kitto und spielt auf den Scilly Inseln vor Cornwall. Ich kannte bisher noch keines der anderen Bücher und das ist wahrscheinlich letztlich auch der Grund, warum das Buch von mir einen Stern Abzug bekommt, den ich hatte ab und an etwas Probleme mit den Hintergründen und daraus resultierenden Handlungen der Figuren. Die Figur des Ben Kitto ist sehr komplex und hier hätten mir einige Vorkenntnisse wohl gut genützt.

Die Geschichte ist in zwei Handlungsstränge unterteilt. Es gibt den Leichenfund auf der Insel und die damit verbundenen Ermittlungen, bei denen gut die Eigenheiten der Inselbewohner ausgearbeitet sind und die Mordserie an den Kollegen Kittos aus dessen Undercover Zeit. In wie weit es hier Erwähnungen in den anderen Büchern gibt kann ich nicht sagen. Während dieser Handlungsstrang sehr spannend und brutal erzählt wird, sind die Ermittlungen auf der Insel eher etwas ruhiger und schwerfälliger dargestellt, gehen dafür aber mehr in die Tiefe.

Bei Ruby, dem Schatten aus Kittos Vergangenheit hingegen habe ich diese Tiefe etwas vermisst. Ihre Figur ist sehr zerrissen dargestellt, gequält, aber leider insgesamt zu flach und die Erklärung für ihr Verhalten war mir etwas zu viel Klischee, etwas zu sehr schwarz weiß.

Trotzdem war die Lektüre spannend, Handlung, Figuren und Schauplatz gelungen und ich habe das Buch gern gelesen. Ich denke Ben Kitto wird mir sicher nicht zum letzten mal über den Weg gelaufen sein.

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Veröffentlicht am 09.06.2023

Unterhaltsam

Foellig nerdiges Wissen
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Jeder kennt diese Situation, wenn in einem Gespräch plötzlich eine Person mit einer Info um die Ecke kommt, die so gar nichts mit dem Thema zu tun hat und eigentlich auch niemanden interessiert und bei ...

Jeder kennt diese Situation, wenn in einem Gespräch plötzlich eine Person mit einer Info um die Ecke kommt, die so gar nichts mit dem Thema zu tun hat und eigentlich auch niemanden interessiert und bei der man sich am Ende fragt, woher und warum weiß man sowas. Mit der Lektüre von Jens Foells Buch lernt man genau so eine Person kennen und entdeckt genau solche Fakten, eigentlich total sinnlos, aber dann auch irgendwie wieder total spannend und unterhaltsam.

Mich hat das Buch ein ums andere Mal zum schmunzeln gebracht, manche Infos waren vielleicht etwas ecklig (keine Angst, der Autor warnt vor) und auf manche hätte ich auch verzichjten können, aber der Großteil war durchaus interessant und spannend. Natürlich handelt es sich, wie groß auf dem Cover angekündigt, um Nerdwissen und so bleibt es nicht aus, dass man manchmal einfach nur Bahnhof versteht, aber der Autor schafft es eben mir sogar diesen Bahnhof noch witzig rüber zu bringen. Wenn das mit der Wissenschaft mal nicht mehr läuft kann er gut bauch Schriftsteller werden.

Ich bin jetz auf jeden Fall gerüstet, wenn demnächst die Gesprächstthemen ausgehen. Ich kann dann ganz locker von Nacktmullen dozieren, oder das total faszinierende Axolotl in den Raum werfen, ich kann vom Müll auf dem Mond erzählen, weiß, dass War of Warcraft auch in Sachen Pandemie einiges zu bieten hat und dass es Menschen gibt, die ein Glas mit Lamakacke auf dem Schreibtisch stehen haben. Spannend, oder!?

Wenn das Schulwissen ähnlich interessant erzählt würde wie hier, würde die Pisa Studie sicher besser ausfallen. Gern mehr davon, ich bin sicher der Autor hat noch einiges in Petto.

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Veröffentlicht am 29.05.2023

Roadtrip mit Gruselfaktor

Road of Bones – Straße des Todes
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Die Kolyma ist eine Straße im tiefsten Sibirien, obwohl Straße hier wahrscheinlich nicht unbedingt das beschreibt, was wir uns darunter vorstellen. Auf 1200 Meilen ist hier einfach eine Schotterschicht ...

Die Kolyma ist eine Straße im tiefsten Sibirien, obwohl Straße hier wahrscheinlich nicht unbedingt das beschreibt, was wir uns darunter vorstellen. Auf 1200 Meilen ist hier einfach eine Schotterschicht auf den Permafrostboden aufgebracht worden. Unter dieser Schotterschicht liegen die Überreste derer, die am Bau der Straße beteiligt waren, meist Gefangene aus den unzähligen Gulags, aber auch für Autofahrer wird die Kolyma oft zum eisigen Grab. Dieser Tatsache verdankt sie dann auch den Titelgebenden Beinamen Road of Bones, Straße der Knochen.

Autor Christopher Golden schickt seine beiden Protagonisten Teig und Prentiss auf einen Roadtrip der besonderen Art. Filmemacher Teig steckt finanziell in der Klemme und hofft mit einer Reportage über diese unwirtliche Gegend aus seinem Tief zu kommen. Prentiss, Freund und immer wieder Geldgeber von Teig ist hauptsächlich dabei, um seine Investition zu schützen.

Die Geschichte startet recht klassisch für diese Art Grusel mit einer Alltagssituation, der Leser erwartet in keiner Weise das, was später im Verlauf der Geschichte passiert. Ich mag diese vielleicht schon fast altmodische Art der Herangehensweise sehr, erinnert mich das Ganze doch etwas an Storys von Stephen King. Hier konkret musste ich stellenweise an seinen Roman "Duddits" denken.

In den ersten Kapiteln werden die wenigen beteiligten Figuren eingeführt. Hier hatte die Geschichte dann auch die ein oder andere Länge, einfach aber eben auch, weil man so gar nicht weiß, was der Autor einem eigentlich sagen will und dann, quasi aus dem Nichts, beginnt die Hetzjagd. Die Story spielt hier geschickt mit verschiedensten Horrorelementen, während manches recht detailliert beschrieben wird, bleibt anderes der Phantasie des Lesers überlassen. Bei einigen Szenen kam mir das Beschriebene etwas holprig daher, Handlungsabläufe vielleicht nicht unbedingt realistisch nachvollziebar. Wahrscheinlich würde einiges visuell besser funktionieren, aber das ist nur meine subjektive Meinung.

Das Buch vermischt recht spannend Legenden der indigenen Bevölkerung Sibiriens, mit ein bisschen Blair Wich Project und Reality TV Geisterjagd. Wer, wie ich, auf diese Art moderner Schauergeschichte steht, wird sich gut unterhalten fühlen.

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