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Veröffentlicht am 21.11.2023

Würdevolles, humorvolles Buch

Oben Erde, unten Himmel
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Inhalt:
Suzu ist eine Einzelgängerin die sich aber perfekt und unauffällig in die Gesellschaft einfügen kann. Nachdem sie unerwartet ihre Stelle verliert und Angst hat, sich und ihren Hamster Punsuke nicht ...

Inhalt:
Suzu ist eine Einzelgängerin die sich aber perfekt und unauffällig in die Gesellschaft einfügen kann. Nachdem sie unerwartet ihre Stelle verliert und Angst hat, sich und ihren Hamster Punsuke nicht mehr lange ernähren zu können, bewirbt sie sich auf drei verschiedene Anzeigen. Von einem Arbeitgeber wird sie zu einem Gespräch eingeladen. Erst, als sie den Job bekommt, realisiert sie, mit welcher Arbeit sie es zu tun hat: ab sofort gehört sie zu einem Reinigungsunternehmen, das sich um die Aufräumarbeiten nach einem Kodokushi, einem "einsamen Tod" kümmert.
Erst beim Aufräumen fremder Wohnungen und Leben beginnt sie, auch in ihrem Leben ein wenig mehr Platz für sich und ihre Bedürfnisse zu schaffen.

Meine Meinung:
"Ich nannte in Krawatte" habe ich vor einigen Jahren gelesen und war komplett begeistert. Als ich mir dann das neueste Buch von Flašar ausleihen durfte, habe ich nicht gezögert. Aber ich war überrascht, wie zäh sich der Anfang für mich angefühlt hat. Dann aber habe ich die Figuren mehr und mehr ins Herz geschlossen. Suzus Chef, der im Buch nur "Herr Sakai" genannt wird, führt sein Unternehmen mit viel Gefühl und Humor. Er achtet die Verstorbenen und ihre Besitztümer, ist pragmatisch und zupackend und sorgt hinter seiner ein wenig strengen Fassade liebevoll für seine Angestellten. Seine Figur hat mir imponiert und obwohl mir natürlich bewusst war, dass Kodokushis, also Todesfälle einsamer Personen, die erst nach Wochen oder Monaten entdeckt werden, ein grosses Problem in eher anynomen Regionen sind, so habe ich mir vor der Lektüre dieses Buches nie überlegt, dass es (ähnlich den Tatortreinigern) eigene Reinigungsfachkräfte für Kodokushis geben könnte. In Japan ist dies der Fall. Und mit wie viel Würde und Respekt Suzu, ihr Mitarbeiter Takada und Herr Sakai jeden Tag an ihre Arbeit gehen, hat mich tief beeindruckt.

Schreibstil:
Ja, dieses Buch kann man riechen und ja, die Gerüche sind alles andere als angenehm. Wie Suzu gewöhnen wir uns aber beim Lesen daran. Dabei beobachten wir ausserdem, wie unsere Protagonistin beginnt, ihr eigenes Leben Woche für Woche ein wenig anders zu organisieren und Raum für neue Menschen, Routinen und Erlebnisse zu schaffen. Ganz zart beschreibt Flašar, wie sehr wir Menschen Gesellschaft brauchen und wie gut bereits kleinste Versuche des Kümmerns und Begegnens unsere Seele streicheln können.

Meine Empfehlung:
Auf "Oben Erde, unten Himmel" muss und darf man sich ein wenig einlassen und dann wird man mit schrulligen Figuren in einer bewegenden und zugleich humorvollen Geschichte über ein ernstes Thema unserer Zeit belohnt. Von mir gibt es eine herzliche Empfehlung für dieses zart erzählte Buch.

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Veröffentlicht am 21.10.2023

Frischer Wind im Moseltal

Die kleine Pension im Weinberg
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Inhalt:
Katie Sheridan wollte eigentlich nur über die Festtage in Wümmerscheid-Sollensbach bleiben, aber nach Silvester zieht sie nichts mehr nach London zurück. Also beschliesst sie, im beschaulichen ...

Inhalt:
Katie Sheridan wollte eigentlich nur über die Festtage in Wümmerscheid-Sollensbach bleiben, aber nach Silvester zieht sie nichts mehr nach London zurück. Also beschliesst sie, im beschaulichen Dorf zu bleiben und eine eigene Pension zu eröffnen. Als gelernte Köchin stellt dies für sie zumindest fachlich wenige Schwierigkeit dar. Doch sie hat nicht damit gerechnet, dass ihr ausgerechnet ihr Nachbar zuerst die Pläne vom Blumengarten und dann auch fast noch eine wichtige Kritik zerstört. Ausserdem kommen die Briefe, die sie an eine ganz bestimmte Person in England schreibt, immer wieder ungeöffnet zurück, was ihr zusätzlich Kopfzerbrechen bereitet.

Meine Meinung:
Erst gerade habe ich den letzten Band der Reihe um das kleine Café an der Mühle beendet und möchte darauf hinweisen, dass die Moselpension-Reihe lose an die Café-Reihe anschliesst. Es kommen also atbekannte Figuren vor und die Geschichte wird auch chronologisch weitererzählt. Man kann in beiden Reihen alle Bände unabhängig voneinander lesen, wer sich aber für längere Zeit so richtig heimisch fühlen will im fiktiven Doppeldörfchen, beginnt am besten mit "Das kleine Café an der Mühle".
Besonders gut gefallen hat mir der frische, moderne Wind, der durch die Moselpension-Reihe weht. In der Café-Reihe habe ich einige Male kritisiert, wie stereotyp und weltfremd die Figuren skizziert waren, in der Moselpension tauchen aber mehr und mehr Figuren auf, die sehr viel offener und vielschichtiger sind. So ist die Protagonistin Katie Sheridan eine unabhängige Frau, die sich ihre Träume erfüllt und sämtlichen Schwierigkeiten klug und überzeugt entgegentritt.

Schreibstil:
Besonders hervorheben möchte ich die beeindruckenden, gelungenen Naturbeschreibungen. Auch das Wissen rund um Blumengärten und Weinanbau (inklusive Gartentipps im Anhang des Buches) zeugen einmal mehr von den gründlichen Recherchen des Ehepaars Schulte (aka Barbara Erlenkamp). Auch die Einblicke in die Küche und die Bewirtschaftung einer Pension zeugen von viel Fachwissen und Liebe zum Detail.

Meine Empfehlung:
In Wümmerscheid-Sollensbach hat die Neuzeit Einzug gehalten und das steht dem sympathischen Dörfchen sehr gut. Denn an der Hilfsbereitschaft und Schrulligkeit der Figuren hat sich nichts geändert, aber sowohl sprachlich als auch vom Erzähltempo her wirkt der erste Band der Moselpension-Reihe sehr viel moderner, als die Café-Bände. Ich habe mich in Wümmerscheid-Sollensbach wohler denn je gefühlt und möchte dieses Buch für gemütliche Lesestunden in Blumengärten und an gut gedeckten Frühlstückstischen herzlich empfehlen.

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Veröffentlicht am 02.10.2023

Unterhaltsam und liebevoll erzählt

Kräuter der Provinz
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Inhalt:
Das kleine Dorf Maierhofen droht auszusterben... Es wird immer ruhiger, Geschäfte müssen schliessen und auch die Menschen im Dorf sind nicht mehr glücklich. Die Bürgermeisterin Therese hat aber ...

Inhalt:
Das kleine Dorf Maierhofen droht auszusterben... Es wird immer ruhiger, Geschäfte müssen schliessen und auch die Menschen im Dorf sind nicht mehr glücklich. Die Bürgermeisterin Therese hat aber eine sehr mutige Idee, um ihrer Heimat eine letzte Chance zu geben und gemeinsam mit ihrer besten Freundin Christine und einer kleinen Notlüge schafft sie es, ihre Cousine Greta, eine berühmte Werbetexterin, nach Maierhofen zu locken und um Unterstützung zu bitten. Nun aber müssen alle an einem Strang ziehen, um das Unmögliche möglich zu machen.

Meine Meinung:
Vor einigen Jahren habe ich "Das Weihnachtsdorf", den zweiten Band der Maierhofen-Reihe gelesen und habe mich sofort in diesen kleinen fiktiven Ort verliebt. Nun möchte ich die komplette Reihe (inklusive ReRead des Weihnachtsbands im November/Dezember) lesen. In "Kräuter der Provinz" wird zuerst einmal gezeigt, wie es Maierhofen gelungen ist, über die Ortsgrenzen hinweg als Geniesserdorf bekannt zu werden. Das kleine Dorf ist anfänglich noch ziemlich ausgestorben und die Bürgermeisterin Theresa, die sich neben ihrer Krebserkranung vor allem auch Sorgen um ihre Heimat macht, ist verzweifelt. Es muss etwas geschehen und zum Glück kann sie ihre Cousine Greta, eine bekannte Werbetexterin, dazu bringen, nach Maierhofen zu kommen und ein grosses Projekt für das Dorf zu planen.
Was mir besonders gut gefallen hat: es wird Wert darauf gelegt, dass alle Menschen im Dorf sich mit dem, was sie haben und können beteiligen dürfen und sollen und dass wirklich nachhaltige, regionale Produkte und Dienstleistungen angeboten werden. Die Autorin wendet sich im Anhang auch noch in einem Brief an uns Leserinnen und betont dabei, wie wichtig es ihr ist, nachhaltige Beispiele aufzuzeigen und so zum Nachdenken anzuregen. Ausserdem sind alle Rezepte im Anhang problemlos vegetarisch und vegan umzusetzen.
Insgesamt waren für mich vor allem am Anfang der Geschichte ein wenig zu viele Klischees und Geschlechterstereotype anzutreffen, diese werden aber im Verlauf des Buches ein wenig aufgeweicht und ich habe die Bewohner
innen von Maierhofen, die sich so sehr für ihre Heimat engagieren und dabei auch immer mal wieder etwas wagen, sehr ins Herz geschlossen und freue mich bereits auf den nächsten Band.

Meine Empfehlung:
Der erste Band der Reihe hat es mir wirklich angetan und ich habe mich neu in die idyllische Region Maierhofen verlieben können und freue mich nun sehr auf die weiteren Bände und vor allem auf meinen ReRead des Weihnachtsbandes.

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Veröffentlicht am 14.09.2023

Dicht und spannend erzählt, zarter und zugleich kraftvoller Erzählstil

Herbst
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Inhalt:
Während der Herbst den Sommer ablöst und grosse Veränderungen und Unsicherheiten die Welt prägen, bleibt Daniels Leben gleich. Er befindet sich in einem Schwebezustand zwischen schlafen und wachen ...

Inhalt:
Während der Herbst den Sommer ablöst und grosse Veränderungen und Unsicherheiten die Welt prägen, bleibt Daniels Leben gleich. Er befindet sich in einem Schwebezustand zwischen schlafen und wachen und begeht seinen hundertsten Geburtstag im Pflegeheim. Seine ehemalige Nachbarin Elisabeth konzentriert sich auf eine wichtige, feministische Seminararbeit, auf eine zarte Annäherung an ihre Mutter und auf die täglichen Besuche im Pflegeheim, bei denen sie Daniel vorliest und in Erinnerungen schwelgt.
Im Auftakt der Jahreszeiten-Reihe erzählt Ali Smith von Freundschaft, Liebe und der Vergänglichkeit und macht Lust auf mehr.

Meine Meinung:
"Herbst" ist mein erstes Buch von Ali Smith und stand schon ziemlich lange auf meiner Wunschliste. Ich wusste überhaupt nicht, worauf ich mich einlassen würde und bin mit einem bunten Strauss von Themen, einer zarten und zugleich äusserst eindringlichen Erzählsprache sowie einer spannenden Rahmenhandlung belohnt worden.
Vor allem die erste Hälfte des Buches hat mich überwältigt. In der zweiten Hälfte waren mir die Abschnitte manchmal fast ein wenig zu kurz und verzettelt, aber gegen Ende stimmte der Erzählrhythmus für mich wieder und ich habe mich erneut verzaubern lassen von dieser schönen Sprache und der nahegehenden Geschichte.
Besonders gut gefallen hat mir, dass ich - durch die Seminararbeit der Protagonistin Elisabeth - gleich zwei wichtige historische Frauenfiguren kennenlernen durfte, die mir bis dahin noch kein Begriff gewesen sind. Zum einen ist das die Pop-Up-Künstlerin und Begründerung der britischen Pop-Art Pauline Boty, zum anderen ist es die Schauspielerin Christine Keeler, die sich auf dem verschollenen Kunstwerk "Scandal 63" von Pauline Boty befindet. Es ist absolut beeindruckend, wie Ali Smith so viele Themen auf so wenigen Seiten zu vereinen vermag, ohne dass ihre Geschichte auch nur einmal überladen wirkt. Ich freue mich schon sehr auf die weiteren Bände der Reihe und bin gespannt auf alles, was ich noch entdecken darf.

Meine Empfehlung:
Von mir gibt es eine sehr herzliche Empfehlung für dieses Buch, das mit seiner aussergewöhnlich fesselnden Sprache, den berührenden Themen und die aus dem Leben gegriffenen Figuren überzeugt.

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Veröffentlicht am 29.08.2023

Der letzte Wallander, emotional und tiefgründig

Der Feind im Schatten
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Inhalt:
Kurt Wallanders Gedächtnis lässt nach und das Altern macht ihm zu schaffen. Immerhin konnte er sich einen Traum erfüllen und lebt nun gemeinsam mit seinem Hund Jussi auf dem Land. Eigentlich würde ...

Inhalt:
Kurt Wallanders Gedächtnis lässt nach und das Altern macht ihm zu schaffen. Immerhin konnte er sich einen Traum erfüllen und lebt nun gemeinsam mit seinem Hund Jussi auf dem Land. Eigentlich würde auch bald sein Urlaub beginnen, doch Håkan und Louise von Enke, die fast-Schwiegereltern seiner Tochter Linda, verschwinden plötzlich. Schnell bemerkt Wallander, dass die von Enkes voller Geheimnisse stecken und dass nur ein tiefes Graben in der Vergangenheit Licht ins Dunkel bringen wird.

Meine Meinung:
Die Wallander-Krimis von Henning Mankell haben definitiv einen ganz besonderen Platz in meinem Herzen. Dieser letzte Band der Wallander-Reihe steht schon länger bei mir im Regal und ich war mir (und bin mir auch jetzt) nicht ganz sicher, ob ich das Buch nicht doch schon einmal vor Jahren gelesen habe. Viele Szenen kamen mir nämlich bekannt vor, das kann aber natürlich auch daran liegen, dass ich mittlerweile fast alle Wallander-Filme (teilweise mehrfach) gesehen habe.
Aber so oder so: dieser letzte Band der Reihe hat es mir angetan. Wallanders zunehmende Vergesslichkeit macht ihm zu schaffen und gleichzeitig beschäftigt er sich mit einem Fall, der ihn und vor allem seine Tochter persönlich betrifft. Sehr viele nachdenkliche und ruhige Szenen haben mich tief berührt. Besonders emotional war ein Wiedersehen mit seiner grossen Liebe Baiba Liepa, die aus Riga angereist ist, um Wallander etwas wichtiges mitzuteilen. Generell ist dieser Krimi sehr poetisch erzählt und die Spannung wird nur langsam aufgebaut. Darauf muss man sich einlassen, denn es zeichnet Henning Mankells Erzählstil aus. Zwischentöne waren im sehr wichtig, genauso wie politische und historische Bezüge, Charakterstudien und Melancholie.

Meine Empfehlung:
Ihr wollt euch auf einen langsam erzählten, gesellschaftskritischen Krimi mit einem oft zynischen, aber vor allem kompetenten und melancholischen Ermittler einlassen? Ihr schreckt nicht vor komplexen Handlungen und tiefgründigen menschlichen und historischen Verstrickungen zurück? Dann ist diese Reihe genau für euch gemacht und ich empfehle euch (nicht nur) die Krimis von Henning Mankell sehr gerne.

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