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Veröffentlicht am 30.04.2018

Eine literarische Reise nach Turin

Die Fäden des Glücks
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Carlotta ist die älteste von drei Töchtern der alleinerziehenden Mimi, Gewandmeisterin an der Oper in Turin.

Umgeben von schönen Stoffen aller Art ist es geradezu selbstverständlich für sie Schneiderin ...

Carlotta ist die älteste von drei Töchtern der alleinerziehenden Mimi, Gewandmeisterin an der Oper in Turin.

Umgeben von schönen Stoffen aller Art ist es geradezu selbstverständlich für sie Schneiderin zu werden. 

Carlotta ist etwas molliger als es das vermeintliche Schönheitsideal des 21. Jahrhunderts verlangt. Aber das ist ihr egal. Sie steht selbstbewusst zu ihren Rundungen.

In ihrem Laden Cenerentola (Aschenputtel), den sie mit ihren Schwestern gemeinsam betreibt, schneidert sie Kleider, die ihren Trägerinnen einen ganz besonderen Zauber verleihen.

Vielleicht weil sie kleine individuelle Botschaften, versteckt unter dem Futter, in ihre Werke einstickt....?


Mit 18 erbt Carlotta die Weberei ihres bis dahin unbekannten Vaters und trifft fast zur gleichen Zeit ihren Freund Daniele aus Kindertagen wieder. Fast vergessene Gefühle werden wach...

Danieles Vater Vincenzo möchte Carlotta die Weberei abkaufen und ein Museum daraus machen. Er plant dazu außerdem noch, das Familiengeschäft an Daniele zu übergeben, der die Zentrale nach Mailand verlegen wird.

Ist Daniele der richtige Mann für Carlotta? Will sie ihre Heimatstadt Turin wirklich verlassen und mit ihm nach Mailand gehen?

Was wird aus ihren Träumen die Welt zu bereisen?


Der Roman besticht durch seinen gefühlvollen, fast schon poetischen Schreibstil und die bildhaften und farbenprächtigen Beschreibungen der Stadt Turin. 

Man möchte durch die Strassen und Parks der Stadt streifen, in die Oper gehen, oder in einem der zahlreichen Cafés einen Bicerin trinken - die traditionelle Kaffeespezialität Turins.

Hervorzuheben ist unbedingt eine bemerkenswert detaillierte Recherche in der Welt der Stoffe und der Welt der Oper! Die Schilderungen waren faszinierend!

Die Geschichte wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt, was den Erzählfluss noch lebendiger macht und einem gleichzeitig die Protagonisten noch näher bringt. 

Die selbstbewusste, liebenswerte Carlotta muss man sofort ins Herz schließen!

Angetan haben es mir aber auch Mimi, ihre eher unkonventionelle Mutter, und ihr langjähriger Verehrer Gino. Und natürlich Pasquale, der Butler des reichen Vincenzo Giordano.

In Vincenzo selber habe ich mich sogar (fast) sofort verliebt!


Gefallen hat mir auch der Epilog, beantwortet er noch offene Fragen (z.B.: "Was wird aus Pasquale" und "Wer ist die Dame im maigrünen Kleid"?)


Ich habe mich beim lesen nach Turin geträumt, denn die Autorin erzeugt mit ihren Worten eine zauberhafte, warmherzige Geschichte, die einen umhüllt wie ein zart gewebter Plaid.

Veröffentlicht am 05.03.2018

Tregaron House

Die Klippen von Tregaron
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Mit "Die Klippen von Tregaron" hat Constanze Wilken den fünften (in sich abgeschlossenen) Roman mit Schauplatz Wales geschrieben.
Zum wiederholten Mal schafft die Autorin es, den Leser in sehr kurzer Zeit ...

Mit "Die Klippen von Tregaron" hat Constanze Wilken den fünften (in sich abgeschlossenen) Roman mit Schauplatz Wales geschrieben.
Zum wiederholten Mal schafft die Autorin es, den Leser in sehr kurzer Zeit durch Raum und Zeit in diesen rauen und faszinierenden Landstrich zu entführen.

Caron, eine gebürtige Waliserin, lebt und arbeitet als Glaskünstlerin in den USA, als sie Post von einem Anwalt erhält.
Von einem ihr unbekannten Erblasser erbt sie ein Gemälde und ein Cottage in Wales.
Caron reist in die ihr mittlerweile fremde Heimat um sich ihr Erbe zumindest anzuschauen und erlebt eine Überraschung, denn das mysteriöse Gemälde zeigt eine junge Mutter, die ihr verblüffend ähnlich sieht.
Wer ist diese Frau? Und vor allem: Wer ist dieser Brynmore Bowen, der ihr Cottage und Gemälde vererbt hat, ohne sie überhaupt zu kennen?
Auf der Suche nach den Hintergründen um das Gemälde erfährt sie nach und nach immer mehr aus der Vergangenheit der Familie Bowen, dem Maler Lloyd Pierce und seinem Modell, der jungen Selma.
Innerhalb der Familie Bowen, seit mehreren Generationen Bewohner des Herrenhauses zu dem Tregaron House gehört, scheinen ihr aber nicht alle wohlgesonnen.
Gibt es ein, oder gar mehrere Geheimnissse, die nicht ans Tageslicht kommen sollen?
Caron lässt nicht locker, denn sie spürt, es gibt eine Verbindung von ihr und ihrer Familie zu Tregaron House.
Ihr zur Seite steht der Landschaftsgärtner Ioan, zu dem sie sich von Anfang an hingezogen fühlt....

Lloyd Pierce, ein junger Maler, trifft im 19. Jahrhundert auf der walisischen Halbinsel Llýn auf die reiche Familie Bowen und bietet seine Dienste als Porträtmaler an.
Er lernt in dieser Zeit ein paar einheimische Fischer, sowie Arbeiter in den Minen von Lawrence Bowen kennen.
Das Leben ist hart in dieser kargen und rauen Umgebung. Die Arbeitsbedingungen sind oft grausam und die Menschen sind arm.
Lawrence Bowen, nur auf den eigenen Vorteil aus, ist ein ungerechter und launischer Mensch. Einziger Lichtblick für Lloyd ist Selma, Tochter eines Fischers und Zofe im Haus Bowen.
Als Lloyd dann den Umtrieben einer Schmugglerbande zu nahe zu kommen scheint, wird es gefährlich für das junge Paar....


"Die Klippen von Tregaron" ist ein echter Pageturner!
Der fesselnde Schreibstil katapultiert einen sofort an die walisische Küste. Die Beschreibungen von Wales und der Landschaft dort sind so bildhaft - man vermag fast die Wellen des Meeres hören und den Wind spüren.
Die Protagonisten und ihre Lebensumstände sind sehr detailliert beschrieben und alles wirkt dadurch sehr authentisch.
Man kann sich wunderbar mit ihnen identifizieren und durch den jeweiligen Spannungsbogen in beiden Erzählsträngen fiebert man die ganze Zeit an ihrer Seite mit.
Hier ist übrigens nicht, wie in vielen anderen Romanen, der historische Teil der Geschichte interessanter. Beide Handlungen sind hier gleichermaßen atmosphärisch geschrieben und fesselnd zu lesen.
In diesem historisch wieder sehr gut recherchierten Roman geht es um Familie, die Liebe und um Geheimnisse aus der Vergangenheit.

Von mir ***** und eine ganz klare Leseempfehlung!

Ich hoffe nicht, dass "DIe Klippen von Tregaron" (wie angekündigt) der letzte Teil der Wales-Reihe von Constanze Wilken ist, denn selten weckt ein Buch nicht nur Reiselust, sondern schon fast Sehnsucht nach Ort und Land der Handlung.

Veröffentlicht am 09.01.2018

Dum spiro spero

Die Oleanderfrauen
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DUM SPIRO SPERO
Das bekannte Zitat von Cicero geht noch weiter:
"Dum spiro spero. Dum spero amo. Dum amo viro" - "Solange ich atme, hoffe ich. Solange ich hoffe, liebe ich. Solange ich liebe, lebe ich".


Dies ...

DUM SPIRO SPERO
Das bekannte Zitat von Cicero geht noch weiter:
"Dum spiro spero. Dum spero amo. Dum amo viro" - "Solange ich atme, hoffe ich. Solange ich hoffe, liebe ich. Solange ich liebe, lebe ich".


Dies steht perfekt zu dieser unglaublich spannend geschriebenen Familiengeschichte.
Im Mittelpunkt steht die zu Beginn 17jährige Sophie. Die Liebe zu ihrem Freund aus Kindertagen scheint unmöglich, denn Sophie ist die Tochter des reichen Kaffeehändlers Friedrich Terhoven und Hannes "nur" der Sohn der Köchin.
Doch die beiden treffen sich heimlich und werden in der Zeit des aufstrebenden Nazi-Regimes ein Paar.
Der Leser erlebt diese bittersüße Liebesgeschichte genauso hautnah mit, wie den schleichenden Wandel der Zeit.
Die Lebensumstände, sowie die Emotionen der verschiedenen Protagonisten, werden sehr lebensnah und eindringlich vermittelt, ohne aufdringlich zu wirken.
Das betrifft auch "Nebencharaktere" wie z.B. Sophies Bruder Lenny, der sehr früh in die Fänge der HJ gerät, oder ihren besten Freund, den homosexuellen Malte, dessen Qualen mich besonders berührt haben.

Ich möchte auf noch so viel mehr eingehen, so sehr hat mich dieses Buch bewegt. Aber ich will den Lesegenuss nicht schmälern, denn gerade von den vielen grandios beschriebenen Personen und dem unglaublichen Spannungsbogen lebt das Buch!
Ich kann den Schreibstil nur als fesselnd beschreiben - und das ist schon fast untertrieben: Ich habe die Geschichte quasi inhaliert!

Umrahmt wird die Geschichte von Jule und Johanna.
Jule ist die Besitzerin eines kleines Cafés und betreibt dazu noch einen Service für Familienchroniken
Johanna ist eine ältere Dame, die auf dem Dachboden im Haus der verstorbenen Mutter ein altes Tagebuch findet.
Gemeinsam vertiefen sich die zwei Frauen in die gleichermaßen bewegenden, wie spannenden Seiten der Vergangenheit und entdecken Erstaunliches - und Gemeinsamkeiten!

Genau wie Jule und Johanna mag man sich kaum von den Seiten lösen, weil man unbedingt wissen will, wie es weitergegangen ist!
Denn mit " Die Oleanderfrauen" ist Teresa Simon ein hervorragend recherchierter Roman gelungen, der mich von der ersten bis zur letzten Seite begeistert hat!


Abgerundet wird das Buch durch ein historisches Nachwort und einige Rezepten aus Jules Café.

Veröffentlicht am 25.12.2017

Dramatisch und bewegend

Abschied in Prag
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„Abschied in Prag“ ist die Geschichte von Lenka und Josef aus Prag, die sich in den frühen 30er Jahren des letzten Jahrhunderts ineinander verlieben.
Als sich die Situation der Juden auch in der damaligen ...

„Abschied in Prag“ ist die Geschichte von Lenka und Josef aus Prag, die sich in den frühen 30er Jahren des letzten Jahrhunderts ineinander verlieben.
Als sich die Situation der Juden auch in der damaligen Tschechoslowakei dramatisch verschlimmert, beschließen die beiden zu heiraten und in die USA zu emigrieren.
Durch unglückliche Umstände verlässt aber nur Josef mit seiner Familie das Land und Lenka bleibt mit ihrer Schwester und den Eltern zurück.
Man erlebt, kapitelweise im Wechsel, die Geschichte der beiden rückwirkend erzählt.
Dabei ist Lenkas Schicksal weitaus tragischer, als das von Josef!
Nachdem der Alltag für Ihre Familie immer schwieriger geworden war, kommen sie nach Theresienstadt. Und von dort gehen regelmäßig Transporte nach Osten....
Die Geschichte wird rückwirkend erzählt. Immer kapitelweise abwechselnd in der Ich-Form, was die Dramatik noch erhöht, da man gefühlt näher am Geschehen beteiligt ist.
Den Schreibstil kann ich nur als "extrem fesselnd" beschreiben.
Gerade die Beschreibungen aus dem KZ sich sehr bildhaft, da unglaublich detailliert was den grausamen Alltag der Häftlingen betrifft.
Auch wenn man viele historischen Fakten kennt, ist die lebendige  Darstellung hier teilweise schon sehr beklemmend.
Aber auch die Beschreibung der weiteren Lebenswege nach dem Krieg sind sehr emotional.
Irgendwie fühlt man immer direkt mit: Beide sind nie glücklich, da nie wirklich komplett.
Als sie nach vielen Jahren durch eine unglaubliche Fügung aufeinandertreffen, ist es wie eine Erlösung.
Auch wenn Lenka und Josef nur eine kurze Zeit gemeinsam hatten wussten beide immer, dass sie füreinander bestimm waren.
Interessant und beeindruckenden fand ich, dass einige der Insassen des Lagers Theresienstadt tatsächlich gelebt haben und das ihr Schicksal hier noch einmal, wenn auch nur kurz, erzählt wird.

Veröffentlicht am 11.09.2017

Ein gegebenes Versprechen

Karolinas Töchter
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2013: Lena, fast 80 Jahre alt, beauftragt den Detektiv Liam und seine Frau, die Anwältin Catherine, ihr zu helfen ein altes Versprechen einzulösen: Die Zwillingstöchter ihrer Freundin Karolina sind in ...

2013: Lena, fast 80 Jahre alt, beauftragt den Detektiv Liam und seine Frau, die Anwältin Catherine, ihr zu helfen ein altes Versprechen einzulösen: Die Zwillingstöchter ihrer Freundin Karolina sind in den Wirren des zweiten Weltkrieges verloren gegangen und Lena hatte ihrer Freundin damals versprochen diese nach dem Krieg zu suchen.
Während Lena Catherine ihre Lebensgeschichte erzählt versucht zeitgleich ihr Sohn Arthur seine Mutter für dement erklären zu lassen, denn er ist überzeugt, es hat weder Karolina, noch diese Kinder je gegeben.
Lenas Leben im von Nazi-Deutschland überrannten Polen ist dramatisch!
Nachdem ihre komplette Familie verhaftet und deportiert worden war muss sich das junge Mädchen alleine durchschlagen.
In einer Fabrik trifft sie Karolina, ihre Freundin aus Kindertagen wieder, und beide durchleiden gemeinsam Hunger, Kälte und die stetigen Repressalien der Deutschen. Die beiden geben sich gegenseitig Halt und Schutz!
Es gibt Freunde und Feinde, sowohl bei den Deutschen, als auch bei den Polen! Sie treffen Nazi-Deutsche, die ihnen helfen wollen - aber auch auf Polen, die um den eigenen Vorteil willen zu Verrätern werden!
Auch mit dem Widerstand kommt Lena in Kontakt....
Als die Deportationen beginnen wird Karolina schwanger und Kinder haben in einem Lager keine Chance.
Auf dem Weg nach Auschwitz-Birkenau treffen die beiden eine folgenschwere Entscheidung....

Karolinas Töchter erzählt den Holocaust aus der Sicht einer "Überlebenden" aus Polen.
Lena ist eine Kämpferin. Nach dem Verlust ihrer Familie wird sie sehr schnell erwachsen und sie muss ihr Leben als Jüdin in einem polnischen Ghetto alleine meistern!
Die Beschreibungen des Alltags im Ghetto werden sehr eindringlich geschildert und man kann sich vieles (leider) sehr gut vorstellen.
Unterbrochen werden Lenas Erzählungen immer wieder von Catherines juristischem Kampf gegen Lenas Sohn Arthur und dessen schmierigem Anwalt!
Das amerikanische Rechtssystem ist ein ganz anderes als das deutsche, aber der Autor (selbst auch Rechtsanwalt) schafft es die juristischen Sachverhalte gut nachvollziehbar zu beschreiben.
Nach und nach erfährt der Leser gemeinsam mit Catherine die dramatischen Ereignisse dieser Zeit und auch das Geheimnis um Karolina und ihre Töchter.
Durch die immer wieder unterbrochenen Erzählungen von Lena ist der Schreibstil der Geschichte sowohl rational, als auch sehr emotional!
Das Schicksal der polnischen Juden ist eigentlich allgemein bekannt, aber in dieser Geschichte wird sie einem sehr nahe gebracht, denn man ist stets bei Lena und Karolina im Ghetto, auf der Flucht, im Lager....
Aber auch der juristische Teil der Geschichte ist sehr spannend! Zeitgleich mit dem Kampf im Gerichtssaal erfährt man von Liams Suche nach dem Verbleib der Zwillinge und nach Zeugen, die nach über 70 Jahren Lenas Geschichte bestätigen könnten.
Das "Finale" ist, wie ich finde, typisch amerikanisch. Eine Art Showdown auf die letzte Minute mit Happy-End!
Das tut der gesamten Geschichte aber keinen Abbruch, denn sie ist durchgängig wunderbar und fesselnd zu lesen.
Das weite Teile der Geschichte auf Tatsachen beruhen hat mich überrascht und bewegt!
Alle die von "Die Nachtigall" begeistert waren, dürfte auch diese Buch sehr gefallen!