Weil du meine Tochter bist
Weil du meine Tochter bistDas Cover des Buches fasst auf einen Blick zusammen, worum es in dieser Geschichte geht: ein kleines Mädchen, allein mit ihrem Koffer. Die Farben sind nicht leuchtend und fröhlich, sondern eher gedeckt ...
Das Cover des Buches fasst auf einen Blick zusammen, worum es in dieser Geschichte geht: ein kleines Mädchen, allein mit ihrem Koffer. Die Farben sind nicht leuchtend und fröhlich, sondern eher gedeckt und melancholisch. Es hat mir gleich gefallen und hat mich animiert, das Buch zu lesen.
Das Buch selbst behandelt viele Themen, die auch heute noch aktuell sind. Welche Opfer ist man bereit, für seine Kinder bringen? Ist das, was ich möchte auch für andere das Beste? Was wiegt schwerer – Religion und Ansehen oder Liebe und Familie? Die Autorin verbindet diese Fragen mit der Zeit des Zweiten Weltkriegs und der Evakuierung der englischen Kinder aufs Land zu Gastfamilien. Dabei gelingt es ihr, die verschiedenen Parteien dieses Arrangements nachvollziehbar zu skizzieren. Ich konnte mich gut in Viv hineinversetzen, die sich aus Sicherheitsgründen von ihrer Tochter trennen muss. Ich fühlte mit der kleinen Maggie, die plötzlich ganz woanders mit fremden Leuten leben muss. Verstehen konnte ich auch das Ehepaar Thompson, das sich schon immer ein Kind gewünscht hatte und nun alle Mittel auf das kleine Mädchen verwendet um sie glücklich zu machen und sie nie wieder hergeben möchte. Parallel dazu verfolgen die Lesenden Joshua, Maggies Vater. Er hatte sich kurz nach der Hochzeit mit Viv dazu entschlossen, sein Glück als Musiker in New York zu suchen. Mit Beginn des Krieges meldet er sich bei der Royal Air Force. Nach Ende des Krieges wird ihm immer mehr bewusst, dass er falsch gehandelt und große Teile von Maggies Kindheit verpasst hat. Seine Entwicklung innerhalb der Handlung ist die größte und wurde anschaulich und realitätsnah dargestellt.
Die eigentliche Protagonistin ist aber Viv. Trotz aller schwierigen Umstände, all der Steine, die ihr in den Weg gelegt werden, weiß sie, wohin sie möchte und hat immer nur das Wohl ihrer Tochter im Blick. Sie ist eine von den Menschen, die ihr wahres Potential und ihre wahre Stärke unter widrigen Bedingungen zeigen. Wenn andere resignieren oder sich fügen, geht sie nach vorn und steht ein für sich selbst. Sie arbeitet hart, unterstützt ihre schrecklichen Eltern viel zu lange und setzt alles in Bewegung um ihre Tochter zu finden. Besonders der Kontrast zu ihrer hartherzigen Mutter macht Viv zu einer liebenswerten Hauptfigur, der man beim Lesen nur das Beste wünscht. Schade, dass sie bei aller Liebe zu ihrer Tochter ihr persönliches Glück vernachlässigt.
Der Schreibstil der Autorin kann nur als angenehm und flüssig bezeichnet werden. Sie schafft es, die Lesenden in die Zeit zu versetzen, Spannung zu erzeugen, aber auch Begebenheiten und Emotionen so zu beschreiben, dass ich mit den Figuren mitfühlen konnte. Trotz des eher traurigen Themas und der eher melancholischen, ausweglosen Situation, vermittelt die Geschichte ein Gefühl von Hoffnung und Optimismus. Durch die Schilderung der Gedanken von Viv und Joshua können die Lesenden ihre Entwicklung von unbedarften Jugendlichen zu verantwortungsvollen und selbstbewussten Erwachsenen verfolgen. Diese passiert nicht plötzlich und unmotiviert, sondern nachvollziehbar und kontinuierlich.
Insgesamt ein sehr gelungenes Buch, das eine gute Mischung aus persönlichen Schicksalen, historischen Begebenheiten und größeren (philosophischen) Fragen schafft.