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Veröffentlicht am 10.01.2024

Weil du meine Tochter bist

Weil du meine Tochter bist
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Das Cover des Buches fasst auf einen Blick zusammen, worum es in dieser Geschichte geht: ein kleines Mädchen, allein mit ihrem Koffer. Die Farben sind nicht leuchtend und fröhlich, sondern eher gedeckt ...

Das Cover des Buches fasst auf einen Blick zusammen, worum es in dieser Geschichte geht: ein kleines Mädchen, allein mit ihrem Koffer. Die Farben sind nicht leuchtend und fröhlich, sondern eher gedeckt und melancholisch. Es hat mir gleich gefallen und hat mich animiert, das Buch zu lesen.

Das Buch selbst behandelt viele Themen, die auch heute noch aktuell sind. Welche Opfer ist man bereit, für seine Kinder bringen? Ist das, was ich möchte auch für andere das Beste? Was wiegt schwerer – Religion und Ansehen oder Liebe und Familie? Die Autorin verbindet diese Fragen mit der Zeit des Zweiten Weltkriegs und der Evakuierung der englischen Kinder aufs Land zu Gastfamilien. Dabei gelingt es ihr, die verschiedenen Parteien dieses Arrangements nachvollziehbar zu skizzieren. Ich konnte mich gut in Viv hineinversetzen, die sich aus Sicherheitsgründen von ihrer Tochter trennen muss. Ich fühlte mit der kleinen Maggie, die plötzlich ganz woanders mit fremden Leuten leben muss. Verstehen konnte ich auch das Ehepaar Thompson, das sich schon immer ein Kind gewünscht hatte und nun alle Mittel auf das kleine Mädchen verwendet um sie glücklich zu machen und sie nie wieder hergeben möchte. Parallel dazu verfolgen die Lesenden Joshua, Maggies Vater. Er hatte sich kurz nach der Hochzeit mit Viv dazu entschlossen, sein Glück als Musiker in New York zu suchen. Mit Beginn des Krieges meldet er sich bei der Royal Air Force. Nach Ende des Krieges wird ihm immer mehr bewusst, dass er falsch gehandelt und große Teile von Maggies Kindheit verpasst hat. Seine Entwicklung innerhalb der Handlung ist die größte und wurde anschaulich und realitätsnah dargestellt.

Die eigentliche Protagonistin ist aber Viv. Trotz aller schwierigen Umstände, all der Steine, die ihr in den Weg gelegt werden, weiß sie, wohin sie möchte und hat immer nur das Wohl ihrer Tochter im Blick. Sie ist eine von den Menschen, die ihr wahres Potential und ihre wahre Stärke unter widrigen Bedingungen zeigen. Wenn andere resignieren oder sich fügen, geht sie nach vorn und steht ein für sich selbst. Sie arbeitet hart, unterstützt ihre schrecklichen Eltern viel zu lange und setzt alles in Bewegung um ihre Tochter zu finden. Besonders der Kontrast zu ihrer hartherzigen Mutter macht Viv zu einer liebenswerten Hauptfigur, der man beim Lesen nur das Beste wünscht. Schade, dass sie bei aller Liebe zu ihrer Tochter ihr persönliches Glück vernachlässigt.

Der Schreibstil der Autorin kann nur als angenehm und flüssig bezeichnet werden. Sie schafft es, die Lesenden in die Zeit zu versetzen, Spannung zu erzeugen, aber auch Begebenheiten und Emotionen so zu beschreiben, dass ich mit den Figuren mitfühlen konnte. Trotz des eher traurigen Themas und der eher melancholischen, ausweglosen Situation, vermittelt die Geschichte ein Gefühl von Hoffnung und Optimismus. Durch die Schilderung der Gedanken von Viv und Joshua können die Lesenden ihre Entwicklung von unbedarften Jugendlichen zu verantwortungsvollen und selbstbewussten Erwachsenen verfolgen. Diese passiert nicht plötzlich und unmotiviert, sondern nachvollziehbar und kontinuierlich.

Insgesamt ein sehr gelungenes Buch, das eine gute Mischung aus persönlichen Schicksalen, historischen Begebenheiten und größeren (philosophischen) Fragen schafft.

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Veröffentlicht am 15.11.2023

Familiengeschichte mit aktueller Thematik

Du hast mir nie erzählt
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Ich muss zugeben, dass mich das Cover mit seinem schreienden Pink eher abgeschreckt hätte in einem Buchladen. Das wäre sehr schade gewesen, denn es ist ein sehr gelungenes, bewegendes und nachdenklich ...

Ich muss zugeben, dass mich das Cover mit seinem schreienden Pink eher abgeschreckt hätte in einem Buchladen. Das wäre sehr schade gewesen, denn es ist ein sehr gelungenes, bewegendes und nachdenklich machendes Buch. „Du hast mir nie erzählt“ ist die Geschichte einer Mutter und einer Tochter in verschiedenen Zeiten. Sook-Yin wird in den 60er Jahren von Hongkong nach London geschickt. Knapp 30 Jahre später reist ihre Tochter Lily von London nach Hongkong um mehr über das Leben ihrer verstorbenen Mutter herauszufinden. Die Lesenden begleiten abwechselnd Sook-Yin in ihrem Werdegang und Lily auf ihrer Suche nach der verstorbenen Mutter, an die sie sich nur wenig erinnern kann.

Sook-Yin, von ihrem unmöglichen Bruder weggeschickt, versucht in London Fuß zu fassen und ist häufig Rassismus ausgesetzt. Trotz aller Widrigkeiten, geht sie ihren Weg, ist engagiert, packt an und schafft es immer wieder, Arbeit zu finden und Geld zu verdienen. Am Anfang habe ich lange gebraucht, einzuordnen, warum sie alle für dumm halten (einschließlich ihr selbst) und sie dann aber z.B. so schnell Englisch lernt. Genauso ungerecht ist ihr Rausschmiss aus der Ausbildung, da sie offensichtlich alles kann und nur an der Prüfungssituation und der Sprache scheiterte.

Ihre Tochter Lily hatte in der Vergangenheit mit psychischen Problemen zu kämpfen. Als sie einen Brief aus Hongkong wegen einer Erbschaft erhält, nimmt sie das zum Anlass, mehr über ihre Mutter zu erfahren, über die ihr Vater und ihre ältere Schwester immer geschwiegen haben. Da sie viel asiatischer aussieht als ihre Schwester ist auch sie ihr Leben lang mit Rassismus und Ausgrenzung konfrontiert. An ihrer Figur wird gezeigt, wie lange sich Traumata durch Familiengeheimnisse, Totschweigen und Ausgrenzung - oft bis in die nächste Generation - halten. Auch in Hongkong läuft es zunächst nicht so gut. Sie ist in beiden Kulturen die Außenseiterin, an beiden Orten die ungewollte Fremde.

Wiz Wharton schafft es mit ihrem angenehmen, aber eindringlichen Schreibstil sehr genau, die Gefühle der beiden Frauen und ihren Kampf gegen die äußeren Umstände zu vermitteln. Beim Lesen schwankte ich immer zwischen Mitleid und Respekt für die beiden sowie Kopfschütteln über die unmöglichen Familienmitglieder, die beiden das Leben einfach nur schwer machen. In den Text sind viele Vergleiche und kluge Beobachtungen eingeflossen, die die Lesenden zum Nachdenken animieren. Die Autorin hat ein gutes Gespür für zwischenmenschliche Beziehungen und deren Beschreibung. Besonders die ambivalente Beziehung der Schwestern untereinander finde ich sehr gelungen dargestellt. Die Darstellungen des Rassismus legen nahe, dass die Autorin aus Erfahrung schreibt. Auch die Schilderungen zur Rückgabe Hongkongs an China sind sehr differenziert dargestellt, sodass ich einen guten Einblick gewonnen habe, wie es zu der Zeit gewesen sein könnte. Zudem erhalten die Lesenden Einblick in die hongkongische Kultur. Vielleicht hätte eine kurze Einleitung zum Chinesischen dem Buch gutgetan: wann und warum benutzt man ah-... z.B. Dadurch hatten viele Figuren mehrere Namen, was mich zunächst etwas verwirrte.

Es ist ein sehr gelungenes Buch mit einer aktuellen Thematik, obwohl es in der Vergangenheit spielt.

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Veröffentlicht am 03.10.2023

Suche nach Freiheit

Die Glücksfrauen - Der Geschmack von Freiheit
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„Die Glücksfrauen - Der Geschmack von Freiheit“ von Anna Claire ist der Auftakt einer Reihe über drei Freundinnen, die der Krieg trennt und die alle aus unterschiedlichen Gründen aus ihrer Heimat fliehen ...

„Die Glücksfrauen - Der Geschmack von Freiheit“ von Anna Claire ist der Auftakt einer Reihe über drei Freundinnen, die der Krieg trennt und die alle aus unterschiedlichen Gründen aus ihrer Heimat fliehen müssen.

Das Cover ist sehr ansprechend gestaltet und durch die goldenen Blätter auch haptisch interessant. Das Motiv passt zum Inhalt des Buches und vermittelt den Aufbruch in die Freiheit für die Protagonistin Luise.

Die Geschichte verläuft auf zwei Zeitebenen, in der Gegenwart und in den 30er Jahren. Während des Aufstiegs der Nazis in Deutschland beginnen die Freundinnen Luise, Maria und Anni über Auswanderung nachzudenken. Während Luise sich im Widerstand engagiert und Maria als Jüdin gefährdet ist, führt Anni eine Beziehung mit einem Nazi-Soldaten. Es entsteht der Traum von einem gemeinsamen Restaurant in Amerika, für das alle Freundinnen Geld zusammenlegen. Letztendlich verlieren sie sich aus den Augen.

In der Gegenwart wird Luises Enkelin June testamentarisch damit beauftragt, die Freundinnen oder deren Nachkommen zu ermitteln und ihnen ihren Anteil am Restaurant zu übergeben. Sie beginnt, das Leben ihrer Großmutter anhand von Briefen und Tagebucheinträgen nachzuvollziehen. Im Laufe des Buches hat mich immer mehr gewundert und teilweise auch gestört, dass June fast nichts über ihre Großmutter weiß, bei der sie aufgewachsen ist. Insbesondere wusste sie nicht einmal, dass Luise ursprünglich aus Deutschland ist und wie ihr Großvater heißt. Sie fängt – wie die Lesenden des Buches – mit nichts an. Das mag der Spannungsführung im Roman zuträglich sein, aber realistisch ist das nicht.

Obwohl sich die Geschichten von Luise und ihrer Enkelin leicht parallel entwickeln, erschien mir die Vergangenheit interessanter. Sie war insgesamt aufwändiger beschrieben als die Gegenwart, sodass June eher das vereinende Element ist, das die drei Frauen und ihre Geschichten verbindet. Luises Weg wird spannend und glaubwürdig geschildert: ihre Flucht nach Amerika, die Überfahrt mit dem Schiff, die Ängste der Auswandernden, der gnadenlose Einwanderungsprozess.

Der Erzählstil des Buches ist beschreibend, flüssig und eindringlich. Ich konnte mitfühlen und nachempfinden. Es geht um eine Liebesgeschichte, Emanzipation, Tatkraft und die tolle Gemeinschaft der Exilfrauen in Amerika. Am Rande natürlich auch um Nationalsozialismus und den Widerstandskampf. Das Buch zeigt anschaulich, was erzwungene Auswanderung mit einem Menschen machen kann: Luise geht ihren Weg, wird erfinderisch und ist motiviert, während ihr Partner Richard es schwer hat, sich an das neue Leben zu gewöhnen und depressiv wird.

Das Hauptthema des Buches ist die Schuld, die Luise ihren Freundinnen gegenüber empfindet, obwohl nicht ganz klar ist, warum sie sich schuldig fühlt: ist es eher abstrakt, weil sie es geschafft hat, zu entkommen und sich etwas aufzubauen und bis an ihr Lebensende nicht erfahren hat, was aus ihren Freundinnen geworden ist, oder ist es etwas ganz Konkretes? Am Ende bleiben noch Fragen offen, die hoffentlich im Laufe der Reihe noch geklärt werden, wenn die Geschichten der beiden Freundinnen beleuchtet werden.

Mein Fazit zu „Die Glücksfrauen - Der Geschmack von Freiheit“ ist sehr positiv. Es hat mir viel Spaß gemacht, das Buch zu lesen und ich freue mich auf die beiden weiteren Teile der Reihe.

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Veröffentlicht am 29.11.2025

Zwei Frauen, ein Flugzeug

The Business Trip
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"The Business Trip" fängt spannend an. Stephanie, eine erfolgreiche Nachrichtenchefin, sitzt im Flugzeug neben der Kellnerin Jasmine, die vor ihrem gewalttätigen Freund flieht. Kurz darauf sind beide verschwunden ...

"The Business Trip" fängt spannend an. Stephanie, eine erfolgreiche Nachrichtenchefin, sitzt im Flugzeug neben der Kellnerin Jasmine, die vor ihrem gewalttätigen Freund flieht. Kurz darauf sind beide verschwunden und ihre Angehörigen bekommen seltsame Nachrichten.

Die Geschichte wird aus verschiedenen Blickwinkeln erzählt und wechselt zwischen Personen und Chatnachrichten. Durch die unvollständigen Einblicke ist lange nicht klar, was tatsächlich hinter dem mysteriösen Trent McCarthy steckt und welche Rolle er beim Verschwinden der beiden Frauen spielt.

Da im Mittelteil viele Szenen aus unterschiedlichen Blickwinkeln dargestellt werden, doppelt sich manches und zieht sich dadurch in die Länge. Das Ende an sich wirkt etwas konstruiert, die Wendung am Schluss ist allerdings sehr gelungen.

Insgesamt hat mir "The Business Trip" viel Spaß gemacht. Vor allem der flüssige Schreibstil und die Charaktere trösten über die kleineren Makel hinweg.

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Veröffentlicht am 02.08.2025

Neuanfänge

Wedding People (deutsche Ausgabe)
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Phoebe Stone will ihrem Leben im noblen Cornwall Inn ein Ende setzen. Doch statt Einsamkeit erwartet sie eine Hochzeitsgesellschaft. Sie begegnet Lila, der Braut, die jedes Detail ihrer Feier kontrollieren ...

Phoebe Stone will ihrem Leben im noblen Cornwall Inn ein Ende setzen. Doch statt Einsamkeit erwartet sie eine Hochzeitsgesellschaft. Sie begegnet Lila, der Braut, die jedes Detail ihrer Feier kontrollieren will. Was folgt, ist eine intensive Annäherung zweier Frauen, die mehr gemeinsam haben, als es zunächst scheint.

Alison Espach erzählt mal melancholisch, mal mit trockenem Humor. Themen wie Suizidgedanken, Kinderlosigkeit oder familiärer Druck werden nachvollziehbar geschildert ohne den Roman zu beschweren. Besonders Phoebe ist eine klug gezeichnete Figur, deren Entwicklung sehr glaubhaft erzählt wird. Der Stil ist atmosphärisch und dialogreich. Die Handlung ist eher ruhig, durch die psychologischen Einblicke aber sehr eindrücklich.

"Wedding People" ist ein feinfühlig erzähltes Buch, das schräg ist und berührt. Es ist eine subtile Geschichte über Umbruch und unerwartete Verbindungen.

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