Profilbild von gatita2211

gatita2211

Lesejury Star
offline

gatita2211 ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit gatita2211 über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 12.10.2017

Erschütternd klare Literatur

Anne Frank Tagebuch
0

Klappentext
Zwei voneinander unabhängige Linien verschlingen sich in diesem ergreifenden Lebensdokument zu einer Einheit: das Schicksal einer verfolgten Familie und das Seelenleben eines ungewöhnlich begabten ...

Klappentext
Zwei voneinander unabhängige Linien verschlingen sich in diesem ergreifenden Lebensdokument zu einer Einheit: das Schicksal einer verfolgten Familie und das Seelenleben eines ungewöhnlich begabten und empfindsamen Kindes. Es scheint, als habe die bedrängte Existenz und der stets drohende Tod die Erlebnisfähigkeit und den Verstand dieses Mädchens vertieft und ihm eine Aussagekraft verliehen, die sein Tagebuch für immer in die kleine Zahl der unvergänglichen und unvergesslichen Zeugnisse Frühvollendeter einreiht. Denn wer könnte je dieses Kind vergessen, das heimlich auf den Speicher des hässlichen Hinterhauses, in dem sich seine Familie verborgen hält, schlüpfen muss, um den sternbesäten Nachthimmel zu sehen. In diesem Gefängnis, in das sie von ihren Mitmenschen getrieben worden ist, schreibt Anne Frank: "Wenn man an seine Nächsten denkt, müsste man weinen. Eigentlich müsste man den ganzen Tag weinen. So bleibt nur das Gebet und die Bitte zu Gott, dass er ein Wunder geschehen lasse und einige von Ihnen am Leben erhalte! Und ich bete aus tiefstem Herzen."

Einstieg ins Buch
Samstag, 14. Juni 1942
Am Freitag wurde ich schon um 6 Uhr wach. ...

Meine Meinung
Anne Frank flieht frühzeitig mit ihrer Familie nach Amsterdam, als sich 1933 in Deutschland der Hass auf Juden herauskristallisiert. Annes Vater Otto Frank hat bereits seit Monaten das alte Hinterhaus in der Prinsengracht in Amsterdam als Versteck herrichten lassen, nur für den Fall, dass das Verstecken notwendig werden sollte. Nach und nach brachte er Kleidung und Möbel in das Hinterhaus, baute den Dachboden aus und erschuf einen wohnlichen Unterschlupf. Im Juli 1942 war es dann soweit. Die Ereignisse spitzten sich zu. Juden mussten den Judenstern als Erkennungsmerkmal tragen, sie durften weder Bahn, Auto noch Fahrrad fahren, Juden durften nur noch in jüdischen Geschäften einkaufen und das auch nur zwischen 15 und 17 Uhr, sie durften nicht mehr ins Theater oder Kino gehen, sportliche Aktivitäten wie schwimmen oder Tennis spielen waren tabu, Christen durften keinen Besuch mehr von Juden empfangen und jüdische Kinder mussten auf jüdische Schulen gehen. Nach und nach wurden sie schließlich einfach weggebracht.

In dem Hinterhaus verschanzt sich die Familie Frank, bestehend aus Anne und ihrer zwei Jahre älteren Schwester Margot, Mutter Edith und Vater Otto. Zusätzlich sind in dem Hinterhaus noch die Familie v. Daans und Herr Dussel untergebracht. Alle müssen auf engsten Raum über zwei Jahre miteinander auskommen, in der ständigen Angst entdeckt zu werden. Und keiner von ihnen scheint ein einfacher Charakter zu sein. Es gibt genaue Regeln, wann was gemacht werden darf und wie lange, denn unter dem Dachboden arbeiten noch Menschen im Büro, die auf gar keinen Fall mitbekommen dürfen, dass sich hier oben Menschen verstecken. Unterstützt werden sie durch verschiedene Leute, wie beispielsweise die liebe Miep. Sie bringen den Untergetauchten Nahrungsmittel, Bücher und Anziehsachen. Als der Krieg voranschreitet werden die Lebensmittel knapp. Manchmal gibt es tagelang nur Brei, Brot oder Sauerkraut.

Das Buch hat mich nicht nur nachdenklich gestimmt, sondern auch äußerst demütig gemacht. Heute haben wir alles und doch nicht genug. Vieles ist für uns selbstverständlich geworden und wir denken gar nicht darüber nach wenn wir z. B. einfach in den Supermarkt gehen und uns das kaufen worauf wir gerade Lust haben. Im Krieg aufzuwachsen ist bestimmt schlimm, doch als Mensch verfolgt zu werden, weil man einer bestimmten Religion angehört, weil man einfach ist wer man ist, muss besonders schlimm sein. Das Tagebuch macht sehr deutlich, dass Anne oft verzweifelt war und nicht verstanden hat, warum sie dieses Leben im Versteck führen muss, wo doch andere ihr Leben ganz normal weiterleben. Warum sie weniger wert ist als die Menschen dort draußen. Warum sie sterben soll nur weil sie Jüdin ist und an Gott glaubt.

Mit der Zeit entwickelt sich Anne weiter, sie wird erwachsener und versucht auf ihre Art und Weise sich mit der Situation zu arrangieren. Sie ist oft an der Grenze zur Depression, was für mich auch keine Überraschung ist, wenn man bedenkt, dass sie 24/7/365 mit den selben Menschen auf engstem Raum zusammenleben muss. Es gibt keinen Rückzugsort und auch oft keine Privatsphäre. Sie vermisst es draußen in der Natur zu sein und einfach nur den Wind zu spüren, wie er durch ihre Haare weht. Solche Kleinigkeiten werden extrem wichtig und die Sehnsucht wächst. Sie verliebt sich in den Sohn der v. Daans. Er versteht sie wie niemand sonst. Aber was viel wichtiger ist: Er hört ihr zu. Anne ist ein Hitzkopf und ihrer Zeit voraus. Sie denkt viel, lernt unglaublich viel auf verschiedensten Wissensgebieten - Sprachen wie Französisch, Englisch und Holländisch sind für sie kein Problem, die Königshäuser der Welt kennt sie auswendig, ebenso jede Kritik und jeden Schauspieler zu jedem Film. Sie ist schlau und eigenständig und weiß auch schon in diesen jungen Jahren und dieser extremen Situation ihren Kopf durchzusetzen. Der Preis jedoch ist hoch dafür: Mit ihrer Mutter hat sie nie ein gutes Verhältnis, obwohl ihre Mutter alles für ihre Kinder gegeben hat und auch ihr Vater entfremdet sich immer mehr von Anne. Sie fühlt sich einsam und unverstanden.

Besonders schwer war es für mich, die Passagen zu lesen, in denen sie ihre Träume erzählt, wie bei dem von mir gewählten Zitat. Es war schwer weil ich wusste, wie ihr Leben enden wird. Sie stirbt mit ihrer Schwester in einem Vernichtungslager und alle ihre Träume mit ihr. Doch etwas Bedeutendes hat sie der Welt hinterlassen. Als Schriftstellerin. Jeder von uns sollte sich mit diesem Thema auseinandersetzen, denn wie Otto Frank ganz richtig sagte: "Wir können nicht ändern was geschehen ist. Das Einzige, was wir tun können ist, von der Vergangenheit zu lernen und zu begreifen was Diskriminierung und Verfolgung unschuldiger Menschen bedeutet. Ich glaube, dass es in der Verantwortung jeden einzelnen liegt, Vorurteile zu bekämpfen."

Zitat
Aber, und das ist die große Frage, werde ich jemals etwas Bedeutendes schreiben, werde ich Journalistin oder Schriftstellerin werden können? Ich hoffe es, ich hoffe es von ganzem Herzen! (Seite 150)

Fazit
"Das Tagebuch der Anne Frank"zeigt mit erschütternder Klarheit, wie die Familie und vor allem Anne die Zeit des Krieges erlebten. Für jeden, der verstehen möchte, was Verfolgung und Diskriminierung wirklich bedeutet. Von mir eine absolute Leseempfehlung.

Bewertung
5/5

Der Autor
Anne Frank wurde am 12. Juni 1929 als Kind deutscher jüdischer Eltern geboren. Sie musste schon in ihrer frühen Jugend die Schrecken der Verfolgung und die Ängste des Lebens in der Verborgenheit erfahren. Die Familie, die nach Holland emigriert war, wurde im August 1944 in ihrem Versteck in Amsterdam entdeckt und in Konzentrationslager gebracht. Im März 1945 starb Anne Frank im Vernichtungslager Bergen-Belsen. Nach der Verhaftung der Familie fand man zwischen alten Büchern und Zeitungen das Tagebuch, das Anne seit ihrem 13. Lebensjahr in holländischer Sprache geführt hatte. Es wurde in mehreren Sprachen veröffentlicht und erregte auf der ganzen Welt als ein erschütterndes menschliches Dokument größtes Aufsehen.

Titel der Originalausgabe: Het Achterhuis (1947)

Seitenanzahl: 202
ISBN:3-436-00088-4
Verlag: Fischer

Veröffentlicht am 12.10.2017

Eine wahrlich herzerwärmende Geschichte!

Mein Leben in seinen Pfoten
0

Klappentext
Eine seltene Erbkrankheit machte Wendy Hillings Leben jahrelang zum Albtraum. Jeder Tag konnte zur Qual, jede Nacht zum Überlebenskampf werden. Doch dann kam Ted - der Golden Retriever, der ...

Klappentext
Eine seltene Erbkrankheit machte Wendy Hillings Leben jahrelang zum Albtraum. Jeder Tag konnte zur Qual, jede Nacht zum Überlebenskampf werden. Doch dann kam Ted - der Golden Retriever, der seitdem nicht mehr von ihrer Seite weicht. Er hilft ihr, die Hürden des Alltags zu bewältigen, und wacht über ihren Schlaf. Ted hat Wendys Leben inzwischen so viele male gerettet, dass sie aufgehört hat zu zählen. Dies ist die erfgreifende Geschichte einer unvergesslichen Freundschaft. Die Geschichte einer Frau und ihres vierbeinigen Retters.

Einstieg ins Buch
Ich wache auf und kann weder atmen noch mich bewegen. ...

Meine Meinung
Wendy Hillings leidet seit ihrer Geburt an EB (Epidermolysis bullosa), einem Gendefekt, der dafür sorgt, dass die Haut nicht korrekt mit den tieferen Lagen des Gewebes verbunden ist und sich damit sehr schnell ablöst. Sobald Wendy mit dem Arm eine Türklinke berührt, löst sich die Haut ab. Wenn Wendy mehr als ein paar Meter zu Fuß gehen muss, löst sich die Haut an ihren Füßen ab. Als sie ein Kind war, hat ein Junge sich auf ihre Hand gestellt und weil er nicht mehr davon runter gehen wollte, zog Wendy ihre Hand einfach unter dem Schuh hervor und die Haut klebte am Schuh des Jungen. Auch heute sind alltägliche Dinge, die für die meisten von uns selbstverständlich sind, für Wendy eine Herausforderung. Das An- oder Ausziehen muss mit absolutem Fingerspitzengefühl passieren, Schuhe kann sie nur mit Klettverschluss tragen, denn eine Schleife zu binden ist ihr nicht möglich und sogar singen oder weinen sind ihr komplett untersagt, weil sich sonst ihre Kehle zuschnürt und sich die Haut im Hals ablöst.

Um den Alltag zu bewältigen benötigt Wendy Hilfe. Zuerst wird sie von ihrem Mann so gut es geht unterstützt. Er gibt letztendlich sogar seinen Job auf um für sie da zu sein. Doch das alles reicht nicht. Immer wieder ist sie dem Tod sehr nahe und schließlich entscheiden sich die beiden für einen Assistenzhund. Ted ist ein Golden Retriever und wird von Wendy mit der Unterstützung der Organisation Canine Partners zu einem solchen Hund ausgebildet als er noch ein Welpe ist. Ted unterstützt zukünftig nicht nur Wendys alltägliches Leben, er hilft ihr auch zu neuem Lebensmut und verschafft ihr ein Selbstbewusstsein, das sie selbst nicht für möglich gehalten hat.

Ich finde dieses Buch so schön! Es ist eine wahre Geschichte und erzählt von einer beeindruckenden Freundschaft zwischen Hund und Mensch. Besonders der einzigartige Charakter von Ted, der sehr sensibel ist, hat mich immer wieder berührt. Ganz deutlich konnte ich spüren, wie sehr Wendy ihren Ted liebt und dass sie alles für ihn tun würde. Ted ist aus Wendys Leben nicht mehr wegzudenken und sie empfindet großen Respekt für seine täglichen Leistungen. Als Welpe ist er einfach nur ein niedlicher Wirbelwind, doch je älter er wird, desto bewusster wird sich Wendy, dass sie ihn genauso braucht wie er sie. Sie liebt ihn von ganzem Herzen. Sie liebt ihn bedingungslos und mehr als ihr eigenes Leben. Auch gegenüber Wendy empfinde ich allergrößten Respekt. Ihr Durchhaltevermögen und ihr Dickkopf haben sie nie aufgeben lassen. Sie war immer stark und hat sich ihren größten Ängsten gestellt. Hut ab vor so viel Stärke!

Besonders schön fand ich, dass Wendy viel über die Ausbildung von Ted erzählt hat. Den überwiegenden Teil der Aufgaben hat Wendy über das Klickertraining trainiert und ich fand es einfach herrlich wenn Ted sich dann den ganzen Tag im Kreis gedreht und seinen Schwanz gefangen hat, weil Wendy mit dem Klicker zu spät dran war. Ted dachte dann, dass DAS ganz klar seine Aufgabe ist. Einen Welpen zu erziehen ist schon eine Herausforderung, aber ihn zu einem Assistenzhund auszubilden ist eine ganz andere Sache. Wendy beweist, das mit Liebe und Geduld alles möglich ist.

Wie tief Freundschaften mit Tieren gehen können, wurde in diesem Buch sehr deutlich und ich musste an vielen Stellen im Buch eine kleine Pause machen, weil die Emotionen mich einfach fertig gemacht haben. Teilweise tobte ein wahrer Sturm in meinem Inneren und ich musste das Buch an die Seite legen um mich wieder zu beruhigen. "Mein Leben in seinen Pfoten" habe ich fast in einem Rutsch durchgelesen, weil ich einfach mehr erfahren wollte. Mehr über Ted aber auch mehr über Wendy und ihre außergewöhnliche Krankheit. Die Geschichte ist so schön und flüssig geschrieben, dass ich nicht einmal auf Grund des Schreibstils aus dem Lesefluß gekommen bin. Ich bin beeindruckt von Ted, wie sehr ihm seine Besitzerin am Herzen liegt und kann absolut nachvollziehen, wie sehr Wendy an Ted hängt. Ich hoffe, dass die beiden noch ein paar schöne Jahre zusammen genießen können und dass es mehr Menschen wie Wendy und noch mehr Hunde wie Ted auf der Welt gibt!

Zitat
Denn wer hier wen trainiert hat, weiß ich nicht! Und am Ende halte ich zwar deine Leine, aber du hältst mein Herz. (Seite 231)

Fazit
Ein wundervolles Buch über eine tiefe Freundschaft zwischen Hund und Mensch. Dieses Buch hat mich zu gleichen Teilen berührt und beeindruckt, mich zum Weinen und zum Lachen gebracht. Eine absolute Leseempfehlung nicht nur an alle Tierliebhaber.

Vielen Dank an bloggerportal.de und die Verlagsgruppe Random House GmbH für dieses wunderschöne Rezensionsexemplar!

Bewertung
5/5

Der Autor
Wendy Hilling, geboren 1949, leidet seit ihrer Geburt an Epidermolysis bullosa, einer seltenen Erbkrankheit, die ihre Haut so empfindlich macht wie die Flügel eines Schmetterlings. Gegen alle Widrigkeiten hat sie sich ein erfülltes Leben erkämpft, gearbeitet und zwei Kinder bekommen. Mit ihrem Ehemann Peter und ihrem vierbeinigen Gefährten Ted lebt sie im Südwesten Englands.

Titel der Originalausgabe: My Life in His Paws. The Story of Ted and How He Saved Me (2016)

Seitenanzahl: 298
ISBN: 978-3-328-10101-7
Verlag: Penguin Verlag

Veröffentlicht am 26.09.2017

Zeit nehmen für wichtige Dinge

Für alle Zeit
0

Klappentext
Die Zeit, die wir mit geliebten Menschen verbringen, ist das Schönste und Kostbarste, was wir im Leben haben. Das erkennt Richard lange nach dem Tod seiner alten Freundin MaryAnne, als er eines ...

Klappentext
Die Zeit, die wir mit geliebten Menschen verbringen, ist das Schönste und Kostbarste, was wir im Leben haben. Das erkennt Richard lange nach dem Tod seiner alten Freundin MaryAnne, als er eines Tages auf das Tagebuch ihres Mannes stößt. Durch dieses Tagebuch erfährt Richard endlich die ganze Lebensgeschichte MaryAnnes. Eine Geschichte von Liebe und Hass, Angst und Verlust und schließlich von Vergebung.

Einstieg ins Buch
Die beständigen, wenn auch vergeblichen Versuche der Menschheit, dem sicheren Vergessen zu entrinnen, erstaunen mich: Sie drücken sich sowohl in den alten Pyramiden wie in dem Stock eines Kindes aus, mit dem es einen Namen in den frisch gegossenen Gehsteig ritzt.

Meine Meinung
David ist sofort von MaryAnne angetan, als sie sich als Sekretärin bei ihm vorstellt. Er stellt sie ein und zahlt ihr mehr als sie verlangt. Ihm gefällt ihr offene, ehrlich Art, ihre Schlagfertigkeit und vor allem ihr Lachen. Er verliebt sich in MaryAnne und fühlt sich wie ein Trottel, als er versucht ihr seine Gefühle klarzumachen. Und sie weist ihn ab. Erst später finden die beiden zueinender und befinden sich Langezeit auf einer Welle des Glücks. Alles ist so traumhaft: Die Hochzeit, die kleine Tochter Andrea und auch die Geschäfte laufen hervorragend. Doch als ein Schicksalsschlag nach dem anderen die kleine Familie heimsucht, müssen sie mehr Kraft aufbringen als sie für möglich gehalten haben.

Dieses Buch hat mich zutiefst berührt. Die Charaktere MaryAnne und David sind einfach schön zu beobachten. Sie respektieren einander und empfinden tiefe Liebe füreinander. Die Schicksalsschläge haben mich fast genauso mitgenommen wie die Protagonisten und der Verlauf des Plots hat mir sehr oft einen Kloß im Hals beschert. Richard Paul Evans hat es auf nur knapp 200 Seiten geschafft mir die beiden Charaktere derart nahe zu bringen, dass ich bis zum Ende mit ihnen gezittert habe und mit ihnen wütend war. Die anderen Charaktere sind eher oberflächlicher gestaltet, was mich aber nicht gestört hat. So konnte ich mich voll und ganz auf MaryAnne und David einlassen.

Das Buch ist eher in einem Tagebuch-Charakter geschrieben, was dem Lesefluss aber nicht schadet. Richard Paul Evans hat gekonnt die einzelnen Tagebucheinträge von David in die Geschichte mit eingeflochten und damit bereichert. Der Schreibstil ist einfach und flüssig, deshalb habe ich das Buch auch innerhalb eines Tages durchgelesen.

Mich hat dieses Buch nachdenklich gemacht. Was zählt wirklich im Leben? Worauf kommt es an? Was ist der Sinn unseres Lebens? Für mich selbst spielen materielle Dinge eine eher untergeordnete Rolle. Geld macht das Leben vielleicht etwas einfacher, aber glücklicher macht es nicht. Für David wird sein Leben erst lebenswert, als er auf MaryAnne trifft und seine Zukunft erscheint ihm erst mit der Geburt seiner Tochter Andrea sinnvoll und erstrebenswert. Und sollten es nicht diese Dinge sein, die wichtig sind? Liebe, Familie und möglichst viel Zeit, um sie mit den Liebsten zu verbringen. Das sind Dinge, die das Leben erfüllen.

Zitat
"Jetzt, da Sie mich fragen, ich wollte wissen, was einen Mann dazu bringt, Uhren zu sammeln. Und außerdem so viele."
David musterte ihr Gesicht und beugte sich dann nach vorn, als wolle er ihr ein großes Geheimnis enthüllen. "Das tue ich deshalb, weil ich mehr Zeit brauche."

Fazit
Ein wunderschönes und bewegendes Buch über wahre Liebe und den Sinn des Lebens. Gerade in der heutigen Zeit, in der Hass immer größer wird ein Buch, das noch mal an die wirklich wichtigen Dinge erinnert. Von mir eine absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 26.09.2017

Anregend und echt!

Eines Tages, Baby
0

Klappentext
"Eines Tages, Baby, werden wir alt sein, oh Baby, werden wir alt sein und an all die Geschichten denken, die wir hätten erzählen können."

In einem vollen Hörsaal tritt eine junge Frau schüchtern ...

Klappentext
"Eines Tages, Baby, werden wir alt sein, oh Baby, werden wir alt sein und an all die Geschichten denken, die wir hätten erzählen können."

In einem vollen Hörsaal tritt eine junge Frau schüchtern ans Mikrofon und spricht leise in die Stille hinein - und verzaubert mit ihren Worten das Publikum. Julia Engelmann hat mit ihrem Poetry-Slam-Vortrag "One Day" eine Welle der Begeisterung ausgelöst und Millionen Fans im Netzt gefunden. Ihre Message, Träume endlich in die Tat umzusetzen, spricht uns allen aus dem Herzen. Denn in jedem von uns steckt so viel mehr! Und diese mitreißende Energie zeichnet alle Slam-Texte in ihrem ersten Buch "Eines Tages, Baby" aus. Mit erfrischende Ehrlichkeit gibt sie Denkanstöße, rüttelt wach und erzählt hinreißend über die kleinen und großen Momente im Leben. Mal zart, mal kraftvoll und immer berührend, ruft Julia Engelmanndazu auf, mutig zu sein, das Glück zu suchen und das Leben zu leben, bevor es zu spät ist - "Los!, schreiben wir Geschichten, die wir später gern erzählen".

Einstieg ins Buch
Irgendwann versteh ich das vielleicht:
ich kann werden, wer ich sein will,
ich kann mir nehmen, was ich brauche,
und ich muss nicht länger suchen,
weil ich längst bin, wo ich hingehöre ...

Meine Meinung
Dieses Buch von Julia Engelmann ist mein erster Gedichtband und ich bin begeistert. Sie wählt eine Sprache, die nicht trocken ist, sondern vor Leben nur so strotzt. Sie erzählt von ganz alltäglichen Dingen, aber macht sich auch um tiefgründige Sachen eine Menge Gedanken. Besonders gut gefällt mir, dass man genau merkt, dass Julia Engelmann die Texte nicht oberflächlich schreibt, sondern sich mit dem Thema wirklich auseinandergesetzt hat.

Der Text "Für meine Eltern" zum Beispiel handelt davon sich abzukapseln, aber nie zu vergessen, dass bei den Eltern immer Geborgenheit und Liebe ist, zu der man jederzeit zurückkehren kann. Dass man nie vergisst, wo die Wurzeln sind. Ich selbst habe diesen Text auf meiner Hochzeit verlesen weil ich ihn einfach sehr passend fand und er hat alle einfach zu Tränen gerührt.

Auf Julia Engelmann bin ich tatsächlich auch über das Video von ihr gekommen. Ich war einfach total verblüfft und wusste vorher absolut nichts über Poetry Slams. Mittlerweile habe ich mal einen Poetry Slam Abend besucht und es hat mir gut gefallen. Jeder hatte eigene Texte und Gedanken, die er vorgetragen hat. Vieles hat mich zum Nachdenken veranlasst. Genau wie die Texte in diesem Buch. Sicherlich ist nicht jeder Text für mich ansprechend und ich finde manche Texte einfach besser als andere aber insgesamt finde ich alle Texte auf ihre Weise toll.

Im Wesentlichen handeln die Texte vom Erwachsenwerden. Davon, dass man ernst genommen wird in der Welt der Erwachsenen aber doch irgendwie noch halb in der Kindheit verwurzelt zu sein. Davon auch einfach mal faul zu sein, obwohl man wirklich etwas tun müsste. Davon, das Leben zu leben, bevor es zu spät ist.

Mehr gibt es darüber auch nicht zu sagen. Es gibt eben keine Charaktere, keinen Plot und auch keinen Spannungsbogen. Aber es gibt Futter. Futter zum Nachdenken und Auseinandersetzen. Und das mag ich sehr.

Zitat
Lass und möglichst viele Fehler machen und möglichst viel aus ihnen lernen,
lass uns jetzt schon Gutes säen, damit wir später Gutes ernten!
Lass uns alles tun, weil wir können und nicht müssen,
jetzt sind wir jung und lebendig, und das soll ruhig jeder wissen! (Seite 29)

Fazit
"Eines Tages, Baby" ist ein wundervoller Gedichtband für jedes Alter. Die Lyrik spricht jeden an, der sich darauf einlässt und keine trockene, humorlose Poesie erwartet. Von mir eine absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 12.09.2017

Ein Buch, das Hoffnung macht

Bob, der Streuner
0

Klappentext
Als James Bowen den verwahrlosten Kater vor seiner Wohnungstür fand, hätte man kaum sagen können, wem von beiden es schlechter ging. James schlug sich als Straßenmusiker durch, er hatte eine ...

Klappentext
Als James Bowen den verwahrlosten Kater vor seiner Wohnungstür fand, hätte man kaum sagen können, wem von beiden es schlechter ging. James schlug sich als Straßenmusiker durch, er hatte eine harte Zeit hinter sich. Aber dem abgemagerten, jämmerlich maunzenden Kater konnte er einfach nicht widerstehen, er nahm ihn auf, pflegte ihn gesund und ließ ihn wieder laufen. Doch Bob war anders als andere Katzen. Er liebte seinen neuen Freund mehr als die Freiheit und blieb. Heute sind sie eine stadtbekannte Attraktion, ihre Freundschaft geht Tausenden zu Herzen …

Einstieg ins Buch
"Das Glück liegt auf der Straße", sagt ein Sprichwort. "Man muss es nur aufheben. Aber die meisten Menschen gehen achtlos daran vorüber." ...

Meine Meinung
James Bowen ist ein drogenabhängiger Straßenmusiker in London. Als er eines Abends nach Hause in seine erste eigene Wohnung kommt, sitzt vor der Tür ein kleiner roter Kater. James besitzt schon immer eine Schwäche für Katzen und da der Kleine so verwahrlost und hungrig aussieht, beschließt James ihn mit rein zu nehmen und ihn aufzupeppeln. James sucht tagelang nach dem Besitzer des Katers, den er mittlerweile Bob getauft hat, jedoch ohne Erfolg. Erst als Bob wieder fit ist, lässt James ihn frei. Doch Bob verschwindet nicht. Im Gegenteil: Er mag seinen neuen Freund so gerne, dass er beschließt zu bleiben. Es beginnt sich eine einzigartige Freundschaft zu entwickeln. Bob begleitet James fortan überall hin. Im Bus oder zu fuß, zum Arzt oder zur Arbeit.

Die Geschichte ist aus der Ich-Perspektive geschrieben, was ich auch sinnvoll finde bei einer Biographie. James erzählt in dem Buch von seiner Vergangenheit. Er zeigt uns Lesern einen Menschen, der am Rand der Gesellschaft lebt und jeden Tag um das Überleben auf Londons Straßen kämpft. Seine Geschichte gab mir einen Einblick in eine Welt, die mir sonst verwehrt geblieben wäre. James berichtet ganz ungeschönt vom Alltag auf der Straße, von Drogen und wie er immer wieder versucht davon weg zu kommen. Er erzählt von Obdachlosigkeit und davon wie es ist, nicht zu wissen, ob man am Ende eines Tages eine Mahlzeit auf dem Tisch hat. Mit Straßenmusik und dem Verkauf der Obdachlosen-Zeitung „Big Issue“ versucht sich James irgendwie über Wasser zu halten. Das gelingt mal besser und mal schlechter.

Wirklich überrascht hat mich, dass unter den Obdachlosen selbst ein großer Neid herrscht. Bis jetzt dachte ich immer, dass es eine gewisse Art der Gemeinschaft unter Obdachlosen gibt. Aber als James dank Bob so langsam zur Touristen-Attraktion wird, trifft er auf Menschen, die ihn aggressiv von der Straße vertreiben wollen und es ihm sehr schwer machen mit seiner üblichen Arbeit Geld zu verdienen.

Gut hat mir gefallen, dass ich Schritt für Schritt die Veränderung gemerkt habe, die James mit der Zeit gemacht hat. Wie er anfängt Verantwortung zu übernehmen, für sich selbst und für andere. Und das alles dank Bob.

Das Buch ist wunderbar einfach geschrieben, sodass es sich fast wie von selbst gelesen hat. Die Kapitel sind nicht sehr lang, aber da ich immer sofort weitergelesen habe, war es für mich eher so, als gäbe es gar keine einzelnen Kapitel. Innerhalb von 2 Tagen war ich mit dem Buch durch und ich denke auch heute noch manchmal über diese berührende Geschichte nach.

Zitat:
In den letzten Minuten, die auch Stunden gewesen sein konnten, hatte ich einen furchtbaren Gedanken verdrängt, der jetzt mit voller Wucht zuschlug: Vielleicht wollte er gar nicht zurück zu mir. Vielleicht hatte er die Schnauze voll von mir und diesem mickrigen Leben, das ich ihm bieten konnte. Vorsichtig näherte ich mich dem Schrank. Ich war auf alles gefasst. Was, wenn er bei meinem Anblick wieder die Flucht ergreifen würde? Mein Herz pochte laut und voller Angst, als ich langsam in die Knie ging. (Seite 115)

Fazit
„Bob, der Streuner“ ist ein Buch über den Mut etwas zu wagen und die Hoffnung, dass es gut ausgehen wird. Es handelt sich um eine Biographie, die zu Herzen geht und obwohl hier keine actiongeladenen Szenen vorhanden sind, fesselt das Buch von Anfang an. Es zeigt eindrucksvoll wie tief Freundschaften sein können und, dass es dabei keine Rolle spielt woher man kommt oder wer bzw. was man ist. Freundschaft kennt keine Grenzen. Ein absolutes Muss für jeden Katzen- und Buchliebhaber! Absolute Leseempfehlung.