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Veröffentlicht am 14.12.2023

Lässt Geschichte lebendig werden

Aktion Phoenix
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Das Cover ist großartig gewählt, passt super zu einem historischen Roman und hat mich direkt angesprochen.
Zum Inhalt: 1936 möchte die Stadt Berlin sich zu den Olympischen Spielen von ihrer besten Seite ...

Das Cover ist großartig gewählt, passt super zu einem historischen Roman und hat mich direkt angesprochen.
Zum Inhalt: 1936 möchte die Stadt Berlin sich zu den Olympischen Spielen von ihrer besten Seite zeigen. Hermann Schmidt hat die Aufgabe, genau dafür zu sorgen. Doch dann trifft er auf Anna Kollmann, eine im Widerstand engagierte Kunststudentin. Zur gleichen Zeit träumt Georg Finkbeiner von einer Karriere als Zeppelin-Steward und gerät dabei in ein gefährliches Spiel.
Gleich vorweg: Dieses Buch ist keine einfache Lektüre. Es hat mich häufig aufgewühlt. Erreicht wird das unter anderem durch eine grandiose Atmosphäre, die perfekt eingefangene, bedrohliche Stimmung der Zeit, wodurch mir so manches Mal ein kalter Schauer über den Rücken lief. Wer besagte Atmosphäre noch verstärken will, sollte einmal in das großartig gesprochene Hörbuch hineinhören, dass das Kopfkino noch einmal extra anregt. Alles in allem würde ich dieses Buch jedoch definitiv eher als historischen Roman mit Krimielementen, denn als etwaigen Thriller bezeichnen.
Liebevolle Details, die sich beispielsweise in den Kapitelüberschriften niederschlagen, zeugen vom Herzblut des Autors. Auch der immense Rechercheaufwand wird immer wieder deutlich. So konnte ich auf angenehmste Weise nebenbei mein Zeppelin-Wissen auffrischen.
Der Spannungsbogen erschien mir mitunter etwas unausgeglichen. Eine unterschwellige Grundspannung war zwar durchweg da, was für gute Lesbarkeit sorgt, richtig mitgefiebert habe ich aber erst im letzten Fünftel des Buchs. Das lag vor allem daran, dass ich einfach nicht mit den Charakteren warmgeworden bin.
Ich schätze zwar moralisch graue Charaktere und die Abwesenheit von typischen Heldenfiguren, jedoch stolpern unsere Protagonisten recht naiv durchs Leben. Ohne spoilern zu wollen, sei hier nur erwähnt, dass mich besonders die Linie der weiblichen Protagonistin lange Zeit etwas enttäuscht hat. Dadurch konnte mich die Geschichte letztlich nicht immer mitreißen. Dennoch haben wir es hier immerhin mit authentischen Figuren mit nachvollziehbaren Problemen zu tun, die mit all ihren Stärken und Schwächen portraitiert werden.
Spätestens im großen Finale ist die Handlung auch um Actionszenen nicht verlegen, die jedoch nie völlig übertrieben wirken und die Geschichte zu einem vielleicht etwas zu glatten, aber doch runden Ende führen.
Insgesamt wurde ich gut unterhalten und würde das Buch jedem Fan historischer Romane ans Herz legen.

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Veröffentlicht am 13.11.2023

Überzeugende Fortsetzung für Fans klassischer Krimis

Der Cocktailmörderclub
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Das Cover ist farblich ein echter Eyecatcher, passt super zum Vorgängerband der Reihe und verweist gelungen auf den Inhalt.
Worum geht’s? Bei einer Wohltätigkeitsorganisation treffen aufstrebende Hobbyautoren ...

Das Cover ist farblich ein echter Eyecatcher, passt super zum Vorgängerband der Reihe und verweist gelungen auf den Inhalt.
Worum geht’s? Bei einer Wohltätigkeitsorganisation treffen aufstrebende Hobbyautoren auf ihre berühmten Vorbilder. Mittendrin und Organisatorin des Ganzen ist Agatha Christies Haushälterin Phyllida Bright. Doch dann kommt es zu einem Todesfall während der Auftaktveranstaltung und Phyllida muss einmal mehr ermitteln…
Der Schreibstil überzeugt durch die gemütliche und zugleich klatschsüchtige Dorfatmosphäre, unterhaltsame Schlagabtausche und fein beobachtete, authentisch präsentierte zwischenmenschliche Beziehungen.
Der Aufbau ähnelt einem klassischen britischen Krimi, wodurch wir ziemlich früh in etwas ausufernder Weise mit einem großen Kreis Verdächtiger bekannt gemacht werden. Lange Zeit bleibt die Lage dank spannender Wendungen undurchsichtig und so gut wie jede Person wirkt einmal verdächtig. Auch wenn die ausgeklügelte Auflösung für mich als geübte Krimileserin nicht komplett unvorhersehbar war, so habe ich die Lektüre doch sehr genossen. Besonders im letzten Drittel konnte ich das Buch kaum noch aus der Hand legen.
Der Krimi besticht neben einer fesselnden kriminellen Einlage vor allem durch seine eigenwilligen, teilweise herrlich kauzigen Charaktere, die wir in diesem zweiten Band näher kennenlernen dürfen. Phyllida Bright als starke Protagonistin stellt mit ihrer scharfen Zunge, ihrem Organisationstalent und ihrer Kombinationsgabe für mich nach wie vor ein Highlight dar. Besonders ihre Auseinandersetzungen mit dem Butler und Chauffeur des Hauses ergeben einen wahren Lesegenuss. Zudem sorgt die Einbindung des Dienernetzwerks für eine gehörige Prise Downtown-Abbey-Charme.
Man kann diesen Band sicher auch ohne Vorkenntnis des Reihenauftakts lesen. Wer jedoch die jeweiligen Beziehungsgeflechte näher erkunden und den Erfahrungswerten der Protagonisten nachspüren will, sollte lieber die Reihenfolge einhalten.
Insgesamt wurde ich trotz kleinerer Abzüge wirklich gut unterhalten und würde jederzeit mehr mit Phyllida Bright als Ermittlerin lesen wollen. Fans klassischer whodunnits im Stil von Agatha Christie sollten hier unbedingt einmal reinlesen.

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Veröffentlicht am 01.11.2023

Ein Künstler und seine Zeit

Um 1500
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Albrecht Dürer ist einer der wohl bekanntesten Künstler der Zeit um 1500. Anhand seiner Werke und Aufzeichnungen bekommen wir einen Einblick in die alltägliche Lebenswelt eines Menschen am Übergang zwischen ...

Albrecht Dürer ist einer der wohl bekanntesten Künstler der Zeit um 1500. Anhand seiner Werke und Aufzeichnungen bekommen wir einen Einblick in die alltägliche Lebenswelt eines Menschen am Übergang zwischen Spätmittelalter und Früher Neuzeit.
Zuerst ein paar Worte zur äußeren Aufmachung des Buchs: Die Gestaltung von Vor- und Nachsatzpapier, Lesebändchen, Papierdicke und die enorme Abbildungsqualität der Werke Dürers - all das macht einen hochwertigen Eindruck und das Buch so schon oberflächlich betrachtet zu einem Gewinn für jedes Bücherregal.
Der Schreibstil ist für mich der größte Kritikpunkt an diesem Sachbuch. Am ehesten ähnelt der Aufbau einer gut aufbereiteten Überblicksvorlesung für Studierende. Für Leute vom Fach enthält es potenziell nur wenig Neues. In den kurzen und inhaltlich weit reichenden Kapiteln werden die Themen oft nur knapp angerissen, was schnelles Umdenken beim Lesen erfordert. Auch Fachbegriffe werden kaum erklärt; insgesamt wird bei den Ausführungen so einiges an Vorwissen vorausgesetzt.
Die Grundidee überzeugt. Anhand von Dürers Werken und unter Berücksichtigung verschiedener historischer Teildisziplinen werden die familiäre Situation des Künstlers, die ihn umgebenden Personennetzwerke aber auch die Nürnberger Stadtgeschichte als sein Lebensmittelpunkt rekonstruiert. Durch Vergleichsaspekte, deren Untersuchungspersonen allerdings quellenbedingt meist aus Adel und Bürgertum stammen, bekommen Lesende Einblick in verschiedene soziale Schichten. Gleiches gilt auch für betrachtete Regionen, die sich jedoch an Dürers Lebenshorizont und Reisen orientieren, also in der Regel eher nicht aus Europa hinausführen.
Die behandelten Themen reichen von Familie, Geschlechterrollen, Bildung, sozialen Aufstiegsmöglichkeiten, politischen Entwicklungen, Ernährung und Religion bis hin zu Altersvorsorge. Der Autor ist dabei stets um Anschaulichkeit bemüht und behandelt so beispielsweise auch die Frage, wie die Welt um 1500 roch. Besonders durch die alltagsgeschichtlichen Einblicke wird es möglich, sich Dürer und den Menschen der Zeit um 1500 trotz der zeitlichen Distanz näherzufühlen. Dürers Lebenszeit war geprägt von Umbrüchen und Unsicherheiten, dieses Spannungsfeld wird ebenso gelungen deutlich wie die gesellschaftlichen Rahmenbedingen, die die Entwicklung des oder der Einzelnen der Zeit prägten.
Daneben bietet das Buch kunsthistorisch Interessierten viel Input durch die dargebotenen Interpretationsansätze zu den Dürergemälden. Nicht zuletzt führt es das Talent des Künstlers, seine Beobachtungsgabe sowie die Vielseitigkeit seiner Werke vor Augen und lädt so zur tiefgreifenden Beschäftigung mit diesen ein.
Insgesamt stellt dieses Buch eine stimmige Einführung in die europäische Geschichte der Zeit um 1500 und damit dem Übergang vom Mittelalter zur Frühen Neuzeit dar, weshalb ich es geschichtsinteressierten Personen nur empfehlen kann.

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Veröffentlicht am 16.10.2023

Grundkurs in Archäologie

Staub, Steine, Scherben
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Das Cover wirkt ansprechend, passt hervorragend zum Genre eines Sachbuchs und schlägt dank der Illustrationen bereits einen gelungenen Bogen zum Inhalt des Buchs.
Wie sieht eigentlich der Arbeitsalltag ...

Das Cover wirkt ansprechend, passt hervorragend zum Genre eines Sachbuchs und schlägt dank der Illustrationen bereits einen gelungenen Bogen zum Inhalt des Buchs.
Wie sieht eigentlich der Arbeitsalltag von Archäologinnen und Archäologen aus? Wie läuft eine Ausgrabung ab? Durch welche Vor- und Nachbereitungen wird diese ergänzt? Welche technischen Hilfsmittel stehen heute zur Verfügung und wo ist noch Handarbeit gefragt? Wer schon immer mal eine Antwort auf eine oder mehrere dieser Fragen gesucht hat, sollte einen Blick in dieses Buch werfen.
Gleich vorab: Selten hat mich ein Sachbuch in einem solchen Maß zum Schmunzeln gebracht. Der Autor hat ein gut verständliches und dabei auch noch wahrlich unterhaltsames Buch geschrieben, bei dessen Lektüre man fast schon unbewusst Wissen anhäuft. Ich möchte ganz ehrlich sein: Gerade bei den Ausführungen zu technischen Hilfsmitteln oder naturwissenschaftlichen Fachtechniken war das Ganze dann doch schon mal etwas zäher, jedoch schafft Jens Notroff es mit gut gewählten Beispielen und dem ein oder anderen Augenzwinkern für Nahbarkeit und Nachvollziehbarkeit zu sorgen. Dazu haben nicht zuletzt die liebevollen Illustrationen beigetragen, die der Autor selbst beigesteuert hat.
Jens Notroff beschreibt nicht nur die Rahmenbedingungen des archäologischen Arbeitsalltags - verglichen mit so manch idealisiertem Filmhelden - und das Erkenntnispotenzial hinter interdisziplinärer Zusammenarbeit, sondern stellt auch einen Aktualitätsbezug her, durch den sich die zeitlich zum Teil weit entfernten Forschungsgegenstände der Archäologie plötzlich gar nicht mehr so fremd anfühlen. Besonders interessant fand ich die ausgewählten Beispiele aus dem Arbeitsalltag des Autors. Von solchen persönlichen Erfahrungsberichten hätte ich gerne noch etwas mehr gelesen.
Alles in allem eine lohnenswerte Lektüre. Ich wage zu behaupten, dass dieses Buch nicht zuletzt neben einem Überblickswerk für interessierte Laien auch eine gelungene Werbung für das Fach darstellt.
Wer das eigene Wissen rund um Archäologie auffrischen, in einem Pubquiz oder beim nächsten Kreuzworträtsel- oder Filmmarathon mit Expertise glänzen möchte, sollte hier unbedingt einmal reinlesen.

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Veröffentlicht am 05.10.2023

Lesenswerter Krimiklassiker

Und dann gab's keines mehr
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Das Cover sieht umwerfend aus, passt durch die dunklen Farben großartig zum Krimigenre und darüber hinaus auch zum Setting der Geschichte.
Zum Inhalt: Zehn Menschen werden auf eine einsame Insel eingeladen. ...

Das Cover sieht umwerfend aus, passt durch die dunklen Farben großartig zum Krimigenre und darüber hinaus auch zum Setting der Geschichte.
Zum Inhalt: Zehn Menschen werden auf eine einsame Insel eingeladen. Doch dort angekommen stellt sich bald heraus, dass eben jene Einladung womöglich zu gut war, um wahr zu sein…
Der Krimi ist nicht zuletzt aufgrund seiner Kürze schnell weggelesen. Agatha Christie hat hier eine einnehmende Gruselatmosphäre geschaffen, die es quasi unmöglich macht, das Buch zwischendurch aus der Hand zu legen. Dazu tragen auch die geringen Kapitellängen und schnellen Perspektivwechsel bei. Langeweile Fehlanzeige!
Die vielen verschiedenen und zumeist moralisch äußerst fragwürdigen Charaktere haben das Lesen dank einer ordentlichen Portion Ironie, scharfzüngiger Dialoge und pointierter Beschreibungen zusätzlich zum Genuss werden lassen.
Einziges aber doch relativ großes Manko: Der Großteil der Handlung hat mich eindeutig in den Bann gezogen und begeistern können. Leider konnte die vergleichsweise unspektakuläre Auflösung jedoch nicht ganz mithalten und hat mich etwas zerknirscht zurückgelassen.
Auch wenn locked-room-mysteries beziehungsweise unmögliche Verbrechen heute keine literarische Seltenheit mehr sind, ist dieser Christie-Roman immer noch ein absolutes Lesehighlight, weshalb ich eine klare Empfehlung an alle klassischen Krimifans ausspreche.

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