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Veröffentlicht am 14.10.2023

Verstrickungen in Schuld

Helle Tage, dunkle Schuld
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„….Carl ging mehrmals um die Tote herum und betrachtete sie aus jedem nur möglichen Blickwinkel...“

Noch einem Prolog, der im April 1945 spielt, beginnt mit obigen Satz die eigentliche Handlung im Jahre ...

„….Carl ging mehrmals um die Tote herum und betrachtete sie aus jedem nur möglichen Blickwinkel...“

Noch einem Prolog, der im April 1945 spielt, beginnt mit obigen Satz die eigentliche Handlung im Jahre 1948. Die Tote hieß Adelheid Hoffmann. Noch war unklar, ob sie aus dem Fenster ihres Hauses gestürtzt war oder ob jemand nachgeholfen hat.
Die Autorin hat einen spannenden Roman geschrieben, der historische Fakten mit einer Krimihandlung kombiniert. Die Geschichte spielt in Essen.
Der Schriftstil ist gut ausgearbeitet. Er sorgt für einen hohen Spannungsbogen. Der ergibt sich nicht nur aus dem Kriminalfall, sondern auch aus den komplexen Beziehungen der Protagonisten. Nicht zuletzt bringen die gesellschaftlichen Verhältnisse einen weiteren Spannungseffekt.
Carl Bruns war bei der Polizei wieder eingestellt worden, nachdem er während des Krieges untertage gearbeitet hatte. Zu verdanken hatte er dies der Tatsache, dass sein Großvater Jude war. Sein damaliger Vorgesetzter hatte bewusst nicht darüber hinweggesehen.
Die Tote war die Mutter eines SS-Mannes, der wegen der Erschießung von Ostarbeitern zum Tode verurteilt worden war. Doch er konnte rechtzeitig untertauchen.
Als Erbe hat die Tote ihren Enkelsohn Emil eingesetzt, dessen Mutter mit ihm rechtzeitig vor dem gewalttätigen Vater geflohen war.
Carl macht sie ausfindig und trifft dabei auch auf ihre Schwester Anna, seine Jugendliebe.
Dann gibt es einen weiteren Toten. Wieder ist Carl der ermittelnde Beamte. Der Pathologe weißt ihn auf eine Besonderheit hin.

„...Dieser Mann war bei der Waffen-SS. Kommt mir immer wieder unter. Manche brennen es sich weg, andere benutzen ein Messer. Der hier hat es mit dem Messer gemacht, nicht besonders filigran. Weg mit Schaden, würde ich sagen...“

Neben der vielschichtigen Handlung geht es in dem Buch auch um die Schuldfrage. Nicht nur, dass Carl seine alten Kollegen auf dem Revier wieder trifft, selbst sein ehemaliger Vorgesetzter setzt alle Hebel in Bewegung, um erneut eingestellt zu werden. Seine Chancen stehen gut.
Die wirtschaftlichen Verhältnisse sind immer noch schwierig. Das war auch der Grund, dass Frieda, Emils Mutter, mit ihren Schwestern nach Essen zurückgekommen und in die Wohnung ihrer Schwiegermutter gezogen ist.

„...Trotz der jahrelangen leidvollen Erfahrung fiel es den Leuten immer noch schwer, die entsetzliche Grundregel hinter der Rationierung zu begreifen: Auf den Lebensmittelmarken standen keine Mindest-, sondern Höchstmengen. Weniger ging immer...“

Es bleibt aber bei Frieda die Angst, dass ihr Mann plötzlich auftauchen könnte. Die Polizei vermutet, dass er für den Tod seiner Mutter verantwortlich ist.
Das Nachwort trennt Realität von Fiktion.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es wird deutlich, dass Recht und Gesetz ein noch sehr fragiles Gut waren.

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Veröffentlicht am 12.10.2023

Leben mit MS

Vogel ohne Flügel
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„...Ich möchte mit diesem Buch Menschen in schwierigen Lebenssituationen helfen, konstruktiv mit den Herausforderungen umzugehen, die ihnen im Leben begegnen. Ich will ihnen Mut machen...“

Diese Zeilen ...

„...Ich möchte mit diesem Buch Menschen in schwierigen Lebenssituationen helfen, konstruktiv mit den Herausforderungen umzugehen, die ihnen im Leben begegnen. Ich will ihnen Mut machen...“

Diese Zeilen stammen aus der Einleitung des Buches. Darin erzählt die Autorin ihre Lebensgeschichte. Diese änderte sich rapide, als sie im Dezember 2001 erfuhr, dass sie Multiple Sklerose hat. Sie beginnt das Buch mit der Beschreibung, wie heute für sie ein Tag und eine Nacht abläuft. Ihre Form der Krankheit ist nicht nur schnell fortschreitend, sie schränkt auch das Leben immer mehr ein. Sie braucht mittlerweile rund um die Uhr Hilfe.
Dann blickt sie zurück auf Kindheit, Jugend, Studium und erste Ehejahre.
Als studierter Logotherapeutin hatte sie von Anfang an ein Mittel in der Hand, das ihr half, weiterhin Sinn und Ziel zu finden. Anfangs konnte sie noch in ihrem Beruf als Therapeutin arbeiten. Diese Zeit streift sie allerdings nur kurz.

„...Es ist eine beachtenswerte Stärke, trotz Leiden eine positive Einstellung zum Leben zuerwerben und zu erhalten...“

Es ist auch ihr glaube, der sie durch die Zeit trägt. Außerdem finde sie Hilfe und Unterstützung bei ihrer Familie. Doch bleiben Kämpfe nicht aus. Warum wird sie nicht geheilt, obwohl sie lange darum gebetet hat? Auf diese frage findet sie keine Antwort.

„...Ich weiß nicht, warum ich nicht geheilt wure, aber ich hoffe, dass trotzdem ein Sinn dahinter liegt...“

Kritische Worte fallen über das Gesundheitssystem der Schweiz. Das betrifft insbesondere die fehlende Empathie mancher Ärzte und Pflegekräfte.
Dass es trotz aller Probleme vielfältige Gründe für Dankbarkeit gibt, durchzieht wie ein roter Faden die Geschichte.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen, auch wenn es keine leichte Lektüre ist.

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Veröffentlicht am 24.09.2023

Ein sehr diszipliniertes Leben

Jenseits des Bretts
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„...Dies war mein erster Eintrag, also möchte ich mich vorstellen. Mein Name ist Hajin, und ich bin professionelle Baduk-Spielerin...“

Im Jahre 2008 begann die Koreanerin einen Blog in Englisch. Darin ...

„...Dies war mein erster Eintrag, also möchte ich mich vorstellen. Mein Name ist Hajin, und ich bin professionelle Baduk-Spielerin...“

Im Jahre 2008 begann die Koreanerin einen Blog in Englisch. Darin beschreibt sie wichtige Jahr ihrer Entwicklung. Später entschied sie sich, die Blogeinträge als Material für ein Buch zu nutzen.
Der Schriftstil ist meist sachlich. Das ist auch dem Thema geschuldet. Baduk ist bei uns unter dem Namen Go bekannt. Es ist eines der ältesten und komplexesten Spiele der Welt.
In den einzelnen Abschnitten beschreibt die Autorin ihr gegenwärtiges Leben, schließt aber immer wieder Einblicke in die Vergangenheit mit ein. Sie hatte mit 5 Jahren von ihren Eltern Baduk gelernt. Mit 9 Jahren hat sie ihr Elternhaus verlassen, um Profispielerin zu werden. Mittlerweile sind 11 Jahre vergangen. Vor vier Jahren hat sie die Prüfung zur Profispielerin bestanden. Sie lebt in Seoul, entschließt sich aber, in ihren 200 km entfernten Heimatort zurückzukehren.
Wichtige Hinweise zu den Partien werden allgemeinverständlich im Text integriert.

„...Die Dauer von sieben Stunden mag euch überraschen, aber es ist nicht ungewöhnlich, dass eine Profi-Partie sogar acht oder neun Stunden dauert. In traditionellen Turnieren wie dem Kuksu hat jeder Spieler drei Stunden Grundbedenkzeit...“

Nach ihrer ersten Europareise lernt sie Englisch. Das eröffnet ihr neue Wege ins Ausland. So beschreibt sie ihre Reise in die USA und nach Prag.
Hajin ist vielfältig interessiert. Zwar bleibt man ein Leben lang Profispielerin, doch sie möchte mehr. Sie bemüht sich um ein Studium. Das ist nicht ganz einfach, weil sie die Schule nur sporadisch besucht hat. Aber sie ist extrem zielstrebig und diszipliniert. Fehlendes Wissen holt sie nach.

„...Man sagt oft, Baduk sei eine Miniatur für das Leben. […] Es geht in Baduk nicht nur darum, Steine zu fangen und Gebiete zu bauen. Es geht um Pläne und Zielsetzungen, Stellungsbewertungen, psychologische Strategien und so weiter...“

Die Zulassung zum Studium stellt sie vor neue Herausforderungen, ermöglicht ihr gleichzeitig aber auch viele Erfahrungen. Ein andere Freundeskreis und ein Leben in den Strukturen des Studiums zwingt sie, Wesentliches und Unwesentliches zu unterscheiden. Zwar nimmt sie weiter an Baduk-Wettkämpfen teil, ordnet die aber den Erfordernissen des Studiums unter.
Das Buch endet mit dem Studienabschluss und der ersten unerwarteten Arbeitsstelle.
Einige Partien Go zum Nachspielen befinden sich im Anhang des Buches.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es führt mich in eine Welt ein, die mir bisher weitgehend unbekannt war.

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Veröffentlicht am 09.09.2023

Wo ist Dora?

Die Passage nach Maskat
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„...Sie lassen sich von Dora scheiden. Sie verzichten auf Ihre Anteile von der Firma. Dann sind Sie ein freier Mann. Wenn Sie jedoch an Bord bleiben, werden Sie es bereuen...“

Theodor Jung aber lässt ...

„...Sie lassen sich von Dora scheiden. Sie verzichten auf Ihre Anteile von der Firma. Dann sind Sie ein freier Mann. Wenn Sie jedoch an Bord bleiben, werden Sie es bereuen...“

Theodor Jung aber lässt sich nicht einschüchtern. Er ist Fotoreporter und wird auf Luxusdampfer Champollion bleiben. Klar werden die kommenden Tage auf engsten Raum mit seinen Schwiegereltern und dem Bruder seiner Frau nicht einfach. Was aber wirklich auf ihn zukommt, hat er nicht.
Der Autor hat einen spannenden Krimi geschrieben. Doch das Buch ist mehr als ein Krimi. Es liest sich wie ein Gesellschaftsroman, der im Jahre1929.
Die Passagiere auf dem Schiff werden gut beschrieben. Die Zusammensetzung ist ein Spiegelbild der Gesellschaft. Neben den Reichen und Schönen gibt es auch Vertreter der Halbwelt. Und die befinden sich nicht nur auf den Decks der weniger begüterten Personen.
Theodors Schwiegervater hat eine Firma, die mit Gewürzen handelt. Sein Prokurist war derjenige, der anfangs die Drohungen gegen Theodor ausgestoßen hat.
Nach wenigen Tagen ist plötzlich Dora verschwunden. Theodor hofft, dass deren Eltern ihm helfen können. Jetzt beginnt ein bizarres Spiel. Aller persönlicher Besitz von Dora ist verschwunden. Es scheint so, als wäre sie nie an Bord gewesen.
Theodor macht sich auf die Suche. Unterstützung bekommt er von der Stewardess Fanny.

„...Verschwundene sind wie Gespenster. Immer, wenn man glaubt, man bekommt sie zu fassen, gleiten sie einem wieder durch die Hände, und es bleibt nichts zurück als Leere...“

Nach und nach stellt sich heraus, dass in den Reihen der Prominenten jeder sein kleines Geheimnis hat. Alles ist auf Schau ausgerichtet. Auch Theodor erfährt ziemlich spät, was sein Schwiegervater mit der Reise wirklich beabsichtigt hat. Gewürzhandel ist nur das äußere Mäntelchen. Es gibt lukrativere Waren.
Vor allem das Gespräch mit einem Vertreter der Berliner Halbwelt öffnet Theodor die Augen.

„...Herr Lichtbildner, bevor Immertreu ein Geschäft macht, ziehen wir Erkundungen ein. Dit is ne Lebensversicherung, verstehnse? Kenne deinen Feind gut und deinen Freund noch besser!...“

Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es hatte einen hohen Spannungsbogen und strotzte vor Überraschungen.

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Veröffentlicht am 09.09.2023

Schöne Kurzgeschichten

Alltagsglücksgeschichten
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„...Männer brauchen einen Zweck und ein Ziel. Sonst machen sie sich Sorgen. Allzu leicht gerät das Bummeln zur vorsorglichen Vorratshaltung...“

Moni lädt ihrem Mann Jannik zum Bummeln ein. Beide landen ...

„...Männer brauchen einen Zweck und ein Ziel. Sonst machen sie sich Sorgen. Allzu leicht gerät das Bummeln zur vorsorglichen Vorratshaltung...“

Moni lädt ihrem Mann Jannik zum Bummeln ein. Beide landen in der Textilabteilung des Kaufhauses. Dieser Gegenwartsgeschichte, die jeder aus seinem eigenen Erleben auf seine Art weitererzählen könnte, geht die biblische Geschichte von den Lilien auf dem Felde voraus.
Damit wären wir schon beim Aufbau des Buches. Jedes der 28 kurzen Kapitel beginnt mit einem Zitat aus der Bibel. Dann wird der Inhalt auf zwei bis vier Seiten ins Heute und Jetzt übertragen. Das gelingt je nach Thema mehr oder weniger gut. Manchmal folgt den auf einer letzten Seite ein Kernwort in kräftigem Orange.
Der Schriftstil lässt sich gut lesen. Er ist vielseitig. Es gibt ernste Abschnitte, aber auch Szenen voller Humor. Ab und an fallen Sätze, die man sich merken sollte.

„...Wenn Vorwürfe laut auf die einprasseln, stehst du im Regen. Das ist blöd. Wenn Vorwürfe stumm auf dich niedergehen, fällt Schnee. Das ist gefährlich...“

Das Zitat stammt aus einer Geschichte, die zeigt, dass auch in heutigen Firma manchmal David gegen Goliath kämpft.
Manche Erzählungen haben ein überraschendes Ende. Leon beobachtet die Passagiere am Bahnhof.

„...Statt mich über die Bahn zu ärgern, gucke ich Menschenzoo. Kostet nix und ist lustig...“

Dabei fallen ihm vier junge Leute auf, um die die anderen sicherheitshalber einen weiten Bogen machen. Da nähern sich zwei ältere Ordensfrauen. Die Jungen zeigen Respekt. Es kommt zu einem intensiven Austausch zwischen beiden Gruppen.
Das Büchlein hat mir sehr gut gefallen. Die Geschichten sind lebensnah und nachvollziehbar.

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