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Veröffentlicht am 19.10.2023

Die „Sturmlichter“ flackern im Wind...

Sturmlichter
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Eine Saga über drei mutige Frauen, die den Konventionen ihrer Zeit entfliehen, verspricht der Klappentext. Und ja, das ist der Roman auch. Ansonsten sollte man auf den Klappentext nicht gar zu viel geben, ...

Eine Saga über drei mutige Frauen, die den Konventionen ihrer Zeit entfliehen, verspricht der Klappentext. Und ja, das ist der Roman auch. Ansonsten sollte man auf den Klappentext nicht gar zu viel geben, denn er ist - mit Verlaub gesagt - nicht gut. Das, was dort als Handlung zusammengefasst wird, setzt die Geschehnisse im Buch in merkwürdige Zusammenhänge - so fragt man sich zum Beispiel, warum sich Torie danach sehnt „mehr als nur Tochter und Ehefrau zu sein“, wenn sie im gesamten Buch nie verheiratet ist. Das abgedruckte Jahr 1914 suggeriert, dass die Handlung genau dann spielt - doch das Buch beleuchtet sowohl Jahre vor als auch weit nach 1914. Kurz - wer nur nach dem Klappentext geht, könnte enttäuscht werden. Vieles was dort steht, passiert übrigens erst in der zweiten Hälfte des Buches.

Es ist ein typischer historischer Frauenroman. Die Mädchen wollen mehr als das, was das Schicksal ihnen zugedacht hat und die Konventionen verlangen. Ihre Wege begleitet man von der Kindheit bis 1926, als sie etwa Mitte zwanzig sind.

Doch nicht jede der drei Figuren bekommt im Text die gleiche Aufmerksamkeit. Den größten Anteil an der Geschichte hat die Pariserin Victoria („Torie“). Diese lernt im Schweizer Internat die Deutsche Clarissa kennen, wobei sich die Mädchen recht früh wieder aus den Augen verlieren. Mia hat eine eigenständige Geschichte. Die Verbindung zwischen den drei Frauen knüpft Maurice. Er ist Victorias Bruder, heiratet später Clarissa, liebt aber Mia. Doch die Wege, die das Buch hier geht, sind sehr verschlungen und von so vielen Zufällen geprägt, dass es auf mich leider sehr konstruiert wirkt. So lernt Clarissa Maurice z.B. nicht über Victoria kennen, sondern begegnet zufällig im riesigen Berlin einem interessanten Mann und findet dann heraus, dass er ausgerechnet der Bruder der Kindheitsfreundin ist. Was für ein glücklicher Zufall! Wie gesagt, ich bin kein Fan solcher Plots, weil es einfach zu unglaubwürdig ist.

Gut gefallen hat mir der Erzählstrang über die Crosière Noire, die von Citroen initiierte Afrika-Expedition (wieviel davon wahr und was Fiktion ist, wird aber leider nicht aufgeklärt, da es kein Nachwort gibt, das die Begebenheiten einordnet). Victoria hat ein Händchen für Motoren und möchte unbedingt mit auf diese Expedition - doch für Frauen ist dort kein Platz. Mehrmals wird sie abgelehnt, obwohl ihre Arbeitsergebnisse als Mechanikerin geschätzt werden. So greift sie zu einem Trick und heuert als Mann bei der Expedition an. Auch da frage ich mich, ob so etwas tatsächlich hätte klappen können - gerade in dem unkomfortablen Umfeld einer solchen Expedition... wäre sie da nicht sofort aufgeflogen? Es geht ja schon damit los, dass sie sich nie einfach an den Wegrand stellen kann um ihren menschlichen Bedürfnissen nachzukommen - wie es wahrscheinlich alle Männer einfach getan haben.

Obwohl ich den Schreibstil sehr genossen habe und es sich flott liest, so wie ein Schmöker eben sein sollte, hat der Plot nicht ganz meinen Erwartungen entsprochen. Zwar habe ich teilweise mit den Frauen mitgefiebert, aber andererseits fand ich die Wendungen zu konstruiert und die Erzählung wirkte auf mich nicht ganz rund. Für meinen Geschmack waren auch zu viele Themen enthalten. Die drei unterschiedlichen Charaktere der Protagonistinnen, Traumata nach dem 1. Weltkrieg, Medizin/Pflege in dieser Zeit, Frauenrechte, Technik/Automobilkonstruktion, die Afrika-Expedition, die Kunstszene in Paris und in Deutschland... hier wäre aus meiner Sicht weniger mehr gewesen, denn so war es schon ein ganz schön turbulentes Potpourri.

Mir persönlich hätte es besser gefallen, wenn das Buch sich nur mit Torie und ihrem Weg als Mechanikerin bis zur Afrika-Expedition beschäftigt hätte. Das hätte die Geschichte mehr fokussiert und man hätte mehr in die Tiefe gehen können. So ist es für mich zwar ein angenehmer Schmöker gewesen, aber kein Buch, das mir im Gedächtnis bleiben wird.

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Veröffentlicht am 08.08.2023

Guter Lesefluss - nicht so guter Plot

Die Kreuzfahrt
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Mit Die Kreuzfahrt von Guido Dieckmann bin ich von Berlin aus nach Griechenland, Ägypten und in den Nahen Osten gereist - und zwar im Jahr 1936. Das Setting des Buches war exotisch und hat mich sofort ...

Mit Die Kreuzfahrt von Guido Dieckmann bin ich von Berlin aus nach Griechenland, Ägypten und in den Nahen Osten gereist - und zwar im Jahr 1936. Das Setting des Buches war exotisch und hat mich sofort in seinen Bann gezogen. Auch der Schreibstil war so, dass ich immer dran geblieben bin und wissen wollte, wie die Geschichte weitergeht.

Problematisch wurde es für mich mit dem Plot. Ich fand viele Handlungsstränge nicht gut ausgearbeitet, ich wurde mitunter neugierig gemacht, ohne dass es zu einer wirklichen Auflösung kam (Stichwort: der Major, der nie erreichbar war...) bzw. vor Tatsachen gestellt, ohne dass sie schlüssig erläutert waren (wie kamen die Musiker zu den Diamanten?).

Deshalb war das Buch, obwohl es ein Lesevergnügen war, für mich "nur" solides Mittelmaß mit 3 Sternen.

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Veröffentlicht am 25.07.2023

Die schöne Unnahbare

Greta Garbo (Ikonen ihrer Zeit 9)
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„Ich kenne niemanden, der Filme macht und glücklich ist.“ soll Greta Garbo gesagt haben. Bereits aus diesem Zitat spricht ihre Unzufriedenheit mit ihrem Leben. Doch wie kam es dazu, wenn doch die Schauspielerei ...

„Ich kenne niemanden, der Filme macht und glücklich ist.“ soll Greta Garbo gesagt haben. Bereits aus diesem Zitat spricht ihre Unzufriedenheit mit ihrem Leben. Doch wie kam es dazu, wenn doch die Schauspielerei immer ihr großer Traum gewesen ist?

Greta wächst behütet in Stockholm auf, verliert allerdings früh - schon mit 14 Jahren - ihren Vater. Ein Verlust, der für sie nur schwer zu ertragen ist und mit dem sie lange Zeit hadert. Als junges Mädchen träumt sie von der Schauspielerei. Ihre Schulbildung endete wie bei so vielen jungen Frauen der damaligen Zeit früh - statt dessen versuchte sie zum Familienunterhalt beizutragen, indem sie arbeiten ging. In einem Stockholmer Bekleidungsgeschäft verkauft sie Hüte und wird als Hutmodell für den Katalog des Warenhauses abgelichtet. Dies und zwei folgende Werbefilme waren ihr Sprungbrett in Richtung Schauspielerei.

Doch ab hier erstaunte mich das Buch. Gretas Schauspielversuche und ihre Vorsprechen werden als völlige Desaster geschildert, so dass ich als Leser leider den Eindruck hatte, dieses Mädchen sei hoffnungslos untalentiert. Und das bei einer Frau, die später als eine der größten Schauspielerinnen ihrer Zeit gefeiert wird? Das kam mir sehr merkwürdig vor, zumal man in vielen Artikeln über sie lesen kann, sie habe ein so „natürliches Talent“ besessen. Mehr als einmal musste ich die Augen verdrehen, als sie wieder einmal kein Wort rausbrachte und vor sich hinstammelte und ich muss leider sagen - meine Geduld mit der Hauptfigur näherte sich ihrem Ende...

Zum Glück schwenkt das Buch schließlich über in die Phase ihres Filmschaffens, angefangen mit den schwedischen Filmen bis zu ihrer Karriere in Hollywood. Immer an ihrer Seite: ihr „Entdecker“ und Mentor Mauritz Stiller. Das Verhältnis zwischen Greta und ihm war schwierig, um nicht zu sagen toxisch. Er muss wohl außerordentlich cholerisch gewesen sein, was im Buch sehr deutlich herausgestellt wird. Dennoch schafft Greta es nicht, sich von ihm zu lösen. Auch als er sie mit nach Amerika nimmt, steht sie in seinem Schatten.

Später, als sie auch ohne ihn Erfolg hat in Hollywood, kann sie sich leider kein glückliches Leben aufbauen. Hinter der Leinwandgöttin kommt immer mehr die verzweifelte Frau zum Vorschein, die von Heimweh und Trauer (mittlerweile auch um ihre früh verstorbene Schwester) geprägt ist.

Greta Garbo hat nie geheiratet und ob sie sich eher für Männer oder Frauen interessierte, wird auch in dieser Romanbiografie nicht geklärt. Zwar geht der Roman auf mehrere sehr enge Freundschaften mit Frauen ein, die viel Interpretationsspielraum lassen, jedoch positioniert sich der Roman nicht.

Letztendlich hatte ich den Eindruck, dass die geheimnisvolle Greta Garbo auch in diesem Roman ein großes Geheimnis bleibt. Leider hatte ich nicht das Gefühl, ihr durch den Roman wirklich näher gekommen zu sein. Unbestritten liest sich das Buch leicht und schnell, man fliegt förmlich durch die Seiten. Aber es hat mir leider keine Verbindung zu Greta vermitteln können, so dass ich es von seiner Gesamtwirkung her bei 3 Sternen ansiedle.




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Veröffentlicht am 04.06.2023

Ein Vergleich drängt sich auf - und tut dem Roman nicht gut

Tochter des Marschlands
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Eine Frau, die aus den Marschlanden der südlichen USA stammt. Die eine schwierige Kindheit hatte und schon früh ihren Vater verlor. Deren großes Talent es ist, Vögel so real zu zeichnen, dass man glaubt, ...

Eine Frau, die aus den Marschlanden der südlichen USA stammt. Die eine schwierige Kindheit hatte und schon früh ihren Vater verlor. Deren großes Talent es ist, Vögel so real zu zeichnen, dass man glaubt, sie würden sich gleich vom Papier erheben... das kommt euch bekannt vor? Mir auch! Denn die Parallelen zu „Der Gesang der Flusskrebse“ sind einfach nicht zu übersehen. Doch ich fürchte, die Autorin hat sich damit keinen Gefallen getan...

Das Schwierige dabei ist ja, dass Leser dann mit einer gewissen Erwartungshaltung an das Buch herangehen - die „Flusskrebse“ haben so viele Menschen auf der ganzen Welt begeistert, der Film hat Millionen ins Kino gelockt - ist es da clever, eine Geschichte zu präsentieren, die fast auf jeder Seite zum direkten Vergleich animiert? Ich denke nicht, und meiner Meinung nach kann man da auch nur verlieren - zumal gegen einen solch bekannten Weltbestseller.

Zwar ist die Geschichte hier etwas anders gestrickt. Sie spielt in der Gegenwart und die Protagonistin Loni ist aus den Marschlanden nach Washington DC gegangen, um ihre Vergangenheit abzustreifen. Aufgrund eines familiären Notfalls kehrt sie jedoch zurück in den Ort in ihrer Kindheit, der geprägt war vom frühen Tod ihres Vaters - und obwohl jeder sagt, dass es ein Unfall war, als er mit dem Boot hinausfuhr und dann ertrank, kann Loni das auch im Erwachsenenalter noch nicht wirklich glauben. Deshalb geht sie erneut auf Spurensuche.

Obwohl also die Story durchaus Unterschiede zum „Vergleichsbuch“ aufweist, gibt es genau so viele Parallelen - Boote und Kanus spielen eine sehr große Rolle. Das Misstrauen unter den Menschen ist sehr deutlich spürbar. Die Schönheit, aber auch Tücken der Marschlande werden in den Fokus genommen. Naturbeschreibungen tragen entscheidend zum Leseerlebnis bei. Und so kann man gar nicht anders als zu vergleichen - doch leider erreicht die Tochter der Marschlande bei weitem nicht so viel Tiefe und Mystik wie „Der Gesang der Flusskrebse“.

Das Buch liest sich sehr flüssig, man ist auch hier mit Bildern vor dem geistigen Auge schnell mitten im Geschehen und daher denke ich, dass auch dieser Roman mit Sicherheit viele Freunde finden kann. Insbesondere wer die Stimmung und das Setting der „Flusskrebse“ geliebt hat, kann hier weiter in dieser besonderen Atmosphäre schwelgen.

Mein persönlicher Eindruck konnte sich jedoch leider nicht von den „Flusskrebsen“ als Vergleichsmaterial lösen, so dass mir die Tochter des Marschlandes an vielen Stellen zu bekannt vorkam und von mir kaum als eigenständige Geschichte wahrgenommen werden konnte. Zu dominant war für mich der Vergleich, den ich einfach beim Lesen nicht aus dem Kopf bekam.

Daher kann ich das Buch nur eingeschränkt empfehlen - denn diejenigen, die Delia Owens gelesen haben, könnten es als „Abklatsch“ empfinden. Für diejenigen unter euch, die stimmungsvolle Romane in landschaftlich herausragenden Settings lieben, könnte es aber definitiv etwas sein. Falls es irgendjemanden gibt, der den „Gesang der Flusskrebse“ noch nicht kennt... dann macht man mit diesem Buch ebenfalls keinen Fehler - denn ich könnte mir vorstellen, eine völlig unvoreingenommene Perspektive lässt einen den Roman definitiv mehr genießen.

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Veröffentlicht am 11.03.2023

Wenn Geschichte über Generationen nachwirkt

Als Großmutter im Regen tanzte
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Von einem Geheimnis aus Kriegszeiten, das noch über Generationen nachwirkt, erzählt Trude Teige in Als Großmutter im Regen tanzte .

Leider konnte mich das Buch nicht ganz so packen wie erhofft, einige ...

Von einem Geheimnis aus Kriegszeiten, das noch über Generationen nachwirkt, erzählt Trude Teige in Als Großmutter im Regen tanzte .

Leider konnte mich das Buch nicht ganz so packen wie erhofft, einige Erzählstränge erschienen mir zu lang und ausufernd, andere - die aus meiner Sicht wichtig waren - wiederum zu kurz. Es hat auch recht lange gedauert, bis mir die Figuren mit ihren (ohne Frage dramatischen) Erlebnissen nahekamen. Vielleicht war es für mich einfach nicht das richtige Buch zur richtigen Zeit.

Sehr interessant fand ich es aber, wie eine nichtdeutsche Autorin - in diesem Fall eine Norwegerin - das Thema Nachkriegszeit in Deutschland sieht und darstellt. Wer sich dafür interessiert, für den könnte das Buch die richtige Wahl sein.

Ihr solltet außerdem dazu greifen, wenn ihr geschichtlich interessiert seid und noch nie vom Massensuizid von Demmin 1945 gehört habt (mir war das bisher kein Begriff). Wenn ihr darüber etwas erfahren möchtet, kann euch das Buch etwas vermitteln.

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