Zauberhafte Zeichnungen mit zahlreichen liebevollen Details
Eine WeihnachtsgeschichteDickens‘ Weihnachtsgeschichte begleitet mich seit meiner Kindheit und gehört zu den Büchern, die ich am häufigsten gelesen habe. Hier wird diese altbekannte Geschichte in Comicform umgesetzt und das auf ...
Dickens‘ Weihnachtsgeschichte begleitet mich seit meiner Kindheit und gehört zu den Büchern, die ich am häufigsten gelesen habe. Hier wird diese altbekannte Geschichte in Comicform umgesetzt und das auf zeichnerisch erfreuliche Weise. Schon der Einband erfreut mit silbernen Ornamenten, im Vorsatz vorne und hinten sieht man Scrooge einsam durch den Schnee gehen und unter jeder Kapitelüberschrift befindet sich ein kleines Bild aus diesem Kapitel – diese und weitere Details zeigen, wie liebevoll dieses Buch gemacht ist.
Die Zeichnungen überzeugen uneingeschränkt, sind eine wahre Freude. Besonders bemerkenswert ist es, wie hier mit Farben gearbeitet wird, um Stimmungen zu vermitteln. So sind die Szenen in Scrooges Kontor bräunlich gehalten, es mangelt ihnen an der Farbenfreudigkeit, welche die weihnachtlichen Straßenszenen auf der ersten beiden Seiten so ungemein heimelig machte (und in denen Ebenezer Scrooge als schwarz-graue Gestalt düster hervorsticht). Das Fest bei Scrooges Neffen ist in warmen, freundlichen Tönen unterlegt, bei traurigen oder unheimlichen Szenen ist alles in Schwarz-Grau gehalten, das letzte Kapitel mit Scrooges Wandlung erfreut mit hellen Farben und kräftigen Akzenten, wie dem leuchtenden Rot seines Morgenrocks. Es ist absolut bemerkenswert, wie diese Farbschattierungen eingesetzt werden.
Auch sonst sind die Zeichnungen gekonnt. Ein Bild von Scrooge als Kind über Scrooge als altem Mann zeigt herrliche Übereinstimmungen gerade in der Augenpartie und doch die Unterschiedlichkeit der Gesichtszüge, die sich mit dem Alter ergeben. Man sieht gleich: ja, das ist derselbe Mensch in verschiedenen Altersstufen. Scrooges Mimik ist im ganzen Buch ungemein aussagekräftig, es ist eine Freude, ihn und seine Reaktionen zu sehen, auch seine Körperhaltung ist herrlich getroffen, wie aber auch all die anderen Details, die ein köstliches Gesamtbild ergeben.
Textlich gab es hier und da einige Kleinigkeiten, die nicht gänzlich überzeugten, so redet man sich mit „Ihr“ und nicht mit „Sie“ an, was für die Zeit völlig falsch ist und mich beim Lesen jedes Mal irritierte. Der an sich lobenswerte kurze Text über Charles Dickens am Schluß enthält auf einer halben Seite gleich mehrere Fehler und auch eine Textstelle ist nicht richtig wiedergegeben. Allerdings war insgesamt erfreulich, wie gut der Comic die Geschichte auch textlich wiedergibt, einige Sätze stammen direkt aus dem Buch und gerade das letzte Bild ist textlich ganz nah am Buch. Manches wird etwas zu kurz behandelt, manches – wie die Kinder unter dem Umhang des zweiten Geists – fehlt ganz, was bedauerlich ist. Insgesamt aber lernt man Dickens‘ Weihnachtsgeschichte auf eine bezaubernde Art kennen und die Zeichnungen begeistern. Ich habe diese bildlich hinreißende Reise gerne gemacht und werde dieses Buch sicher noch oft ansehen.