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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 30.10.2023

Angenehm ruhige Erzählung

Melody
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Kurz vor seinem Tod stellt Ex-Nationalrat Dr. Peter Stotz den jungen Tom Elmer ein, um seinen Nachlass zu ordnen.
Wie besessen erzählt Stotz Tom von seiner großen Liebe Melody, die vor über vierzig Jahren ...

Kurz vor seinem Tod stellt Ex-Nationalrat Dr. Peter Stotz den jungen Tom Elmer ein, um seinen Nachlass zu ordnen.
Wie besessen erzählt Stotz Tom von seiner großen Liebe Melody, die vor über vierzig Jahren verschwunden ist.
Schnell stellt sich Tom die Frage, was Wahrheit und Fiktion ist und beginnt mit eigenen Nachforschungen.

"Melody" war mein erstes Buch von Martin Suter und ich wurde nicht enttäuscht.
In gemächlichem Tempo erzählt er seinen LeserInnen die Geschichte, ohne dabei auch nur einen überflüssigen Satz zu nutzen. Der ganze Plot wird sehr unaufgeregt beschrieben, dennoch weckt das Verschwinden Melodys das Interesse und man kommt nicht umhin, eigene Theorien aufzustellen.
Die Wortwahl wirkt sehr bedacht und Suter zeigt definitiv sein schriftstellerisches Können.

Die Charaktere fand ich allerdings allesamt äußerst schwach, keiner hatte wirklich viel Tiefe. Sie erscheinen überaus klischeehaft und ihre Gedanken, Meinungen, Handlungen sehr eingestaubt.

Dennoch hat mir das Buch unterhaltsame Stunden beschert, wenn ich es auch nicht als große Literatur bezeichnen würde.

Nachtrag zur Hörbuchversion: Andreas Fröhlich ist mein absoluter Lieblingssprecher und hier hat er mal wieder bewiesen, warum. Meiner Meinung nach wertet er das Buch noch auf, seine ruhige Erzählart passt perfekt zur Atmosphäre der Geschichte.
Falls ihr vor der Wahl steht: Entscheidet euch unbedingt für das Hörbuch.

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Veröffentlicht am 22.10.2023

Überraschend spannend

Das Damengambit
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Die achtjährige Beth Harmon kommt in ein Waisenhaus. Dort spielt sie durch Zufall eine Partie Schach mit dem Hausmeister im Keller. Ebenso wie ihre Liebe zum Spiel, entdeckt Beth schnell, dass die hier ...

Die achtjährige Beth Harmon kommt in ein Waisenhaus. Dort spielt sie durch Zufall eine Partie Schach mit dem Hausmeister im Keller. Ebenso wie ihre Liebe zum Spiel, entdeckt Beth schnell, dass die hier verabreichten Beruhigungspillen ihre Konzentration fördern.
Nach ihrer Adoption gelingt ihr eine Karriere als Schach-Wunderkind, die jedoch stets von ihrer Drogensucht überschattet wird.

Walter Tevis zeigt mit "Das Damengambit" auf jeden Fall eines: Mit dem nötigen Talent kann man über jedes Thema fesselnd schreiben.
Denn Schach hat mich nie sonderlich interessiert, dennoch hat mich die Handlung des Buches sehr gepackt.
Die einzelnen Partien werden sehr detailliert beschrieben und auch ohne Schachkenntnisse kann man die Spannung der jeweiligen Spiele praktisch greifen. Generell schafft es Tevis trotz seines sehr nüchternen Schreibstils gut, zwischen den Zeilen Emotionen zu erzeugen.

Die Protagonistin Beth mochte ich sehr. Sie war von Anfang an eine Außenseiterin und bleibt es auch bis zum Schluss, selbst in ihrer Schachwelt. Ich bin ihrem Werdegang gerne gefolgt, hab jeden Sieg mit ihr gefeiert, jede Niederlage bedauert und besonders ihren inneren Kampf gegen die verschiedenen Süchte, die ihre Karriere in Gefahr bringen, fand ich gut dargestellt.
Sie ist ein eigenwilliger, starker Charakter, und hebt sich nicht nur wegen ihres Alters, sondern auch wegen ihrer Weiblichkeit in einer männerdominierten Sportwelt ab.
Dass sie von den Medien dabei stets auf ihr Geschlecht statt auf ihr Talent reduziert wird, ist ebenso Thema wie viele andere kleine Kritikpunkte an der amerikanischen Gesellschaft der 50er-/ 60er-Jahre.

Auch die Sprecherin des Hörbuchs, Luise Helm, hat bei mir definitiv zum Hörvergnügen beigetragen: Mal abgesehen davon, dass ihre Stimme perfekt zu Beth passt, hat sie sowohl Spannung, als auch Emotionen erstklassig vermittelt, hat durch kleinste Veränderungen ihrer Stimme jeder Figur die nötige Eigenständigkeit verliehen und verdient meinen größten Respekt für ihre Leistung. Dies wird ganz sicher nicht mein letztes Hörbuch mit ihr sein.

Insgesamt war es ein wirklich interessanter Ausflug in eine mir unbekannte Welt mit einer tollen Protagonistin, jedoch bietet der Roman neben der spannenden Handlung nicht besonders viel Tiefe oder Mehrwert. Daher gebe ich ⭐️4/5⭐️.

*Übersetzt von Gerhard Meier

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Veröffentlicht am 10.10.2023

Horrorgeschichte ganz ohne Übersinnliches

Holly
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Der Anruf einer besorgten Mutter holt Privatermittlerin Holly Gibney aus einem Tief. Die Tochter der Auftraggeberin ist verschwunden, die Polizei unternimmt nichts.
Auf der Suche nach Bonnie stößt Holly ...

Der Anruf einer besorgten Mutter holt Privatermittlerin Holly Gibney aus einem Tief. Die Tochter der Auftraggeberin ist verschwunden, die Polizei unternimmt nichts.
Auf der Suche nach Bonnie stößt Holly auf immer mehr verschwundene Personen, deren Spuren alle zu einem Täter führen ...

Mit Holly hat Stephen King wohl eine der kontroversesten Figuren geschaffen: Die einen lieben sie, die anderen hassen sie. Ich konnte sie schon seit ihrem ersten Auftritt in "Mr Mercedes" ganz gut leiden, alle anderen können aber aufatmen: Holly hat den Großteil ihrer Marotten abgelegt und wird für die Kritiker wohl inzwischen besser zu ertragen sein.

Die Story fand ich sehr gelungen. Mit "Holly" hat King diesmal einen spannenden Thriller geschrieben, der ganz ohne Übersinnliches auskommt.
Sehr gut gefallen hat mir, dass in zwei Zeitebenen berichtet wird, wobei der Vergangenheitsteil irgendwann auf die Gegenwart trifft. Apropos Gegenwart: Der Roman spielt im Jahr 2021, das Thema Corona wird - mit allem, was dazugehört - sehr häufig erwähnt, ebenso wie es vor zwei Jahren auch noch dauerhaft in unseren Köpfen war. King muss viel Kritik dafür einstecken, mich persönlich stört es nicht, wenn AutorInnen das aktuelle Zeitgeschehen mit in ihre Geschichten einfließen lassen.

Zu Kings Stärken zählt meiner Meinung nach definitiv das Schaffen von facettenreichen Charakteren und das ist ihm auch diesmal gelungen: Angefangen bei dem außergewöhnlichen Täterduo, über die verschiedenen Opfer und ihre Angehörigen, bis hin zu Barbaras Mentorin Olivia sind alle Figuren wie immer ausgesprochen gut ausgearbeitet.

King konnte mich nach dem enttäuschenden "Fairy Tale" letztes Jahr wieder mit einer spannenden Horrorgeschichte fesseln, wenn es auch kein richtiges Highlight für mich war.

Kleiner Nachtrag noch zur Hörbuchversion: David Nathan zählt für mich zu den talentiertesten Sprechern überhaupt, diesmal war ich jedoch sehr enttäuscht. Einen Großteil der Geschichte leiert er roboterhaft runter, lediglich bei der wörtlichen Rede hatte ich das Gefühl, dass sich Mühe gegeben wurde.
Hat das noch jemand so empfunden?

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Veröffentlicht am 16.09.2023

Was ist Richtig oder Falsch?

Der Club
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Hans wird mit fünfzehn Vollwaise, kommt aufs Internat und lernt dort Boxen.
Irgendwann lädt seine Tante Alex ihn auf eine Universität in Cambridge ein: Dort gibt es einen elitären Boxclub, in dem ein Verbrechen ...

Hans wird mit fünfzehn Vollwaise, kommt aufs Internat und lernt dort Boxen.
Irgendwann lädt seine Tante Alex ihn auf eine Universität in Cambridge ein: Dort gibt es einen elitären Boxclub, in dem ein Verbrechen begangen wurde. Unter einem Decknamen soll Hans Mitglied werden und das Rätsel lösen.

Den Einstieg in Takis Würgers Debütroman "Der Club" mochte ich sehr: Er wirkt zugleich schnörkellos und märchenhaft, ich war sofort gebannt.
Dieser nüchterne, präzise Schreibstil zieht sich durch das gesamte Buch, man hat als LeserIn teilweise das Gefühl, man habe eine Enthüllungsreportage vor sich. Im Gegensatz zu "Unschuld" lässt Würger den LeserInnen hier auch deutlich mehr Spielraum für eigene Gedanken und Meinungen.

Insgesamt werden wieder sehr viele wichtige Themen angesprochen, aber keins besonders detailliert ausgearbeitet - bis aufs Boxen. Man bemerkt hier definitiv die eigenen Erfahrungen des Autors. Für mich persönlich hätte dieses spezielle Thema ruhig etwas kürzer, die anderen dafür ausführlicher behandelt werden können.

Obwohl früh klar ist, worin das Verbrechen besteht und wer dafür verantwortlich war, wird der Spannungsbogen bis zum Schluss gehalten. Denn es geht vielmehr um die Frage: Welchen Preis ist Hans bereit zu zahlen, um endlich dazuzugehören? Was ist richtig und falsch? Gibt es verschiedene Wahrheiten?

Am Ende verlief mir wieder alles zu glatt und wurde zu rund aufgelöst. Dennoch hat mir das Buch etwas besser gefallen als "Unschuld".

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Veröffentlicht am 30.08.2023

Spannend bis zum Schluss

Der Kastanienmann
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Die Polizei steht vor einem Rätsel: In Kopenhagen taucht eine grausam entstellte Leiche auf, es gibt weder Verdächtige, noch ein Motiv für den Mord. Die einzige Spur ist das am Tatort platzierte Kastanienmännchen, ...

Die Polizei steht vor einem Rätsel: In Kopenhagen taucht eine grausam entstellte Leiche auf, es gibt weder Verdächtige, noch ein Motiv für den Mord. Die einzige Spur ist das am Tatort platzierte Kastanienmännchen, welches die Fingerabdrücke eines Mädchens trägt, das seit einem Jahr tot ist.

Mit gut 600 Seiten veröffentlicht Søren Sveistrup einen eher langen Thriller. Das tut der Spannung allerdings keinen Abbruch: Sobald ein Fünkchen Langeweile aufkommen könnte, überrascht er mit einem unerwarteten Ereignis, einem weiteren Verdächtigen oder einer neuen Spur.
Mit zwei Einzelkämpfern, die beide eigentlich gar nicht bei der Mordkommission sein wollen, schafft er ein interessantes Ermittlerduo. Die Charaktere sind allgemein gut ausgearbeitet und authentisch, auch wenn man nicht alles über sie erfährt. Ich mochte es, dass neue Figuren nach und nach ins Spiel kommen, sodass man trotz vieler Personen nicht durcheinander kommt.
Auch die skandinavisch-herbstliche Atmosphäre wird wunderbar vermittelt. Der Autor führt die Lesenden ebenso wie sein Ermittlerteam immer wieder auf falsche Spuren und es macht Spaß, diesen zu folgen.
Als ich gerade dachte, dass es nun aber genug ist mit falschen Fährten, kam man der Lösung endlich auf die Spur.
Das Ende hingegen war etwas unglaubwürdig, sowohl das Motiv bzw. Plan des Täters, als auch der gesamte Showdown und das etwas zu postive Happy End.
Dennoch hat mich das Buch gut unterhalten und die ein oder andere Nacht wachgehalten, weil ich es einfach nicht aus der Hand legen konnte.

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