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Veröffentlicht am 12.11.2023

Gelungene Mischung aus Grusel und Humor

Zwielicht 18
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Die Bewertung einer Sammlung von Texten unterschiedlicher Autorinnen, wie es die 18. Ausgabe des Zwielicht-Magazins ist, ist natürlich immer eine kleine Herausforderung. Wie in jeder Anthologie gibt es ...

Die Bewertung einer Sammlung von Texten unterschiedlicher Autorinnen, wie es die 18. Ausgabe des Zwielicht-Magazins ist, ist natürlich immer eine kleine Herausforderung. Wie in jeder Anthologie gibt es sowohl Texte, die positiv hervorstechen, als auch solche, die deutlich abfallen. Im Fall von „Zwielicht 18“ ist den Herausgebern Achim Hildebrand und Michael Schmidt jedoch trotz dieser unvermeidlichen Schwankungen eine stimmige Zusammenstellung mit vielen kleinen Highlights gelungen.

In dieser Ausgabe stehen aktuelle Texte von etablierten Autor
innen wie auch Newcomern älteren Texten aus dem Bereich Sci-Fi und Horror gegenüber. Zumeist handelt es sich bei Letzterem um Erstübersetzungen von Erscheinungen aus Magazinen des 20. Jahrhunderts, wo sich so manche Perle versteckt, die ohne „Zwielicht“ womöglich nie an die Oberfläche geraten wäre, allen voran der schräg-komische Text „Die Körperformer kommen!“ von Winston K. Marks. Insgesamt lässt die Zusammenstellung eine gewisse Vorliebe für Bodyhorror und Humor durchblicken – von beidem gibt es auch in dem kaum weniger bizarr-witzigen Text „Merkwürdig“ von Karin Reddemann zur Genüge.

Düsterer und ernster geht es an anderer Stelle in der Sammlung zu. Ein besonderes Highlight für Fans von Mythologie ist Christian Blums „So schreiten keine ird’schen Weiber“, das gekonnt eine Milieustudie mit Mythen des Altertums verbindet. Betroffen macht Erik Hausers „Der Allesschluck“, wohl mit Abstand die düsterste Geschichte in der kompletten Ausgabe, die kindliches Trauma ins Auge fasst. In variierender Qualität tummeln sich auf den übrigen Seiten der Anthologie besessene Mähdrescher und garstige Achterbahn-Betreiber, kosmische Gottheiten und mysteriöse Tiere.

„Zwielicht 18“ ist eine spannende und abwechslungsreiche Zusammenstellung von Kurzgeschichten aus den Bereichen Sci-Fi und Horror sowie deren Schnittstelle, die mit einigen Überraschungen aufwartet. Auch wenn nicht jeder Text in der Sammlung überzeugen kann, so hält sie doch genügend Highlights bereit, um echten Schauergenuss zu garantieren.

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Veröffentlicht am 14.06.2023

Anspruchsvolle Populärwissenschaft für eingefleischte Tolkien-Fans

Die Wissenschaft von Mittelerde
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„Die Wissenschaft von Mittelerde“, herausgegeben von Roland Lehoucq, Loїc Mangin und Jean-Sébastien Steyer, präsentiert sich zwar auf den ersten Blick als reich bebilderter Band zum Schmökern und Staunen, ...

„Die Wissenschaft von Mittelerde“, herausgegeben von Roland Lehoucq, Loїc Mangin und Jean-Sébastien Steyer, präsentiert sich zwar auf den ersten Blick als reich bebilderter Band zum Schmökern und Staunen, hat es jedoch in sich. Mit einem enormen Detailreichtum und fachlicher Kompetenz sezieren die Autor*innen des populärwissenschaftlichen Bandes Tolkiens Worldbuilding und seine Hintergründe in zeitgenössischen Diskursen, Geschichte und Mythologie aufs Genaueste. Nichts für Gelegenheits-Fans!

Es gilt als allgemein bekannt, dass der äußerst gebildete Tolkien sich bei der Erschaffung von Mittelerde nicht allein auf seine Phantasie verließ, sondern sich an vielen Bereichen der Wissenschaft bediente, von mittelalterlicher Literatur über Linguistik bis zu zeitgenössischer Philosophie. Mithilfe von Tolkiens umfangreichem Briefkorpus haben sich die 38 Beitragenden von „Die Wissenschaft von Mittelerde“ der Mammutaufgabe gewidmet, diese Einflüsse sichtbar zu machen, zugleich aber auch die Naturgesetze von Mittelerde zu analysieren. Es kommt dabei eine erstaunliche Materialfülle zusammen, die auf beeindruckende Weise verdeutlicht, wie penibel Tolkien auf die Stimmigkeit von Details in seinem Weltenbau bedacht war.

Besonders empfehlenswert und durchaus nicht humorlos sind die Artikel des Bandes, die moderne Methoden der Wissenschaft auf Tolkiens fiktionale Welt anwenden, etwa Dan Lunts Berechnung eines Klimamodells für Mittelerde – wer hätte gedacht, dass der Westen von Texas Mordor klimatisch am nächsten kommt? Ebenfalls lesenswert ist die Arnaud Varennes-Schmitts wunderbar bebilderte zoologische Einordnung der Olifanten, samt Untergruppierung nach Tolkien-Olifant und Jackson-Olifant. Überhaupt tragen die Illustrationen viel zum Genuss dieses Werks bei, können jedoch nicht davon ablenken, dass der Inhalt im Vordergrund steht. Trivial geht es hier nicht zu, und so erfordert die Auseinandersetzung mit dem Band schon ein tieferes Interesse an der Tolkien’schen literarischen Welt – und nicht zuletzt auch ein gewisses Grundwissen.

„Die Wissenschaft von Mittelerde“ empfiehlt sich also hauptsächlich für Tolkien-Fans, die sich bereits eingehender mit seinen Werken beschäftigt haben und darüber hinaus auch ein vertieftes Interesse an den Hintergründen haben – eine ziemlich spitze Zielgruppe und kein ganz einfaches Buch. Dafür aber für Tolkien-Begeisterte eine echte Schatztruhe!

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Veröffentlicht am 24.01.2023

Ein kniffliges Verbrechen und persönliche Verstrickungen

Die letzte Party
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„Die letzte Party“ von Clare Mackintosh ist ein echtes Krimivergnügen: falsche Fährten, viele Verdächtige mit starken Motiven, zwielichtige Charaktere und dubiose Machenschaften … Wer gerne mitermittelt, ...

„Die letzte Party“ von Clare Mackintosh ist ein echtes Krimivergnügen: falsche Fährten, viele Verdächtige mit starken Motiven, zwielichtige Charaktere und dubiose Machenschaften … Wer gerne mitermittelt, sich auch mal aufs Glatteis führen lässt und Spaß an überraschenden Wendungen hat, wird diesen Roman lieben. Der einzige Wermutstropfen: die leider oft holprige deutsche Übersetzung.

In einem ruhigen kleinen Dorf an der walisisch-englischen Grenze wird ein Lokal-Promi auf einer Silvesterparty ermordet. Rhys Lloyd, so stellt sich bald heraus, wurde von niemandem so recht gemocht. Beinahe jeder im Dorf hätte einen Grund gehabt, ihn zu ermorden, ebenso wie seine direkten Nachbarn in der Ferienhaussiedlung The Shore auf der englischen Seite, die wiederum den walisischen Dorfbewohnern ein Dorn im Auge ist. Rhys ist im Dorf aufgewachsen und hatte ausreichend Zeit, sich überall Feinde zu machen. Die örtliche Polizistin Ffion muss mit ihrem englischen Amtskollegen Leo, mit dem sie unpassenderweise kurz zuvor einen One Night Stand verbracht hat, das Verbrechen aufklären und dabei auch ihre engsten Freunde und Verwandten genau unter die Lupe nehmen. Und am Ende ist doch nicht alles so, wie es scheint …

„Die letzte Party“ wartet an jeder Ecke mit einer neuen Wendung auf, aber nicht auf effekthascherische Weise, sondern indem das Buch geschickt erst nach und nach Informationen enthüllt, neue Perspektiven auftreten lässt oder kleine Teile der Vergangenheit preisgibt. Das Hin und Her der Zeitebenen wird dabei geschickt eingesetzt, um häppchenweise die zur Lösung des Rätsels notwendigen Informationen zu vermitteln, ohne dass diese Erzählweise ernsthafte Verwirrung stiften würde. So wird den Lesenden ausreichend Gelegenheit gegeben, eigene Theorien zu entwickeln, wieder zu verwerfen oder anzupassen. Quasi ein Krimi, wie er im Buche steht! Umso ärgerlicher ist da, dass die deutsche Übersetzung qualitativ nicht zu überzeugen weiß. Dafür gibt es in der Bewertung einen Stern Abzug, denn so manches Mal ist die Wortwahl regelrecht irreführend oder bringt den Lesefluss ins Stocken (erwähnt sei hier nur die Übersetzung des englischen „pathetic“ als „pathetisch“ …).

Ein absolut lohnenswerter Krimi mit leider schwacher deutscher Übersetzung, den man daher wohl besser im Original genießen sollte.

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Veröffentlicht am 18.12.2022

Eisige Spannung in ungewohntem Setting

Der Mondmann - Blutiges Eis
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Ein Thriller, der in Grönland spielt – das liest man nicht alle Tage! Die harsche Umgebung des ewigen Eises spielt eine tragende Rolle in Fynn Haskins Thriller „Der Mondmann – Blutiges Eis“ und bietet ...

Ein Thriller, der in Grönland spielt – das liest man nicht alle Tage! Die harsche Umgebung des ewigen Eises spielt eine tragende Rolle in Fynn Haskins Thriller „Der Mondmann – Blutiges Eis“ und bietet dadurch neben Spannung auch interessante und ungewohnte Einblicke in eine ganz andere Lebenswelt. Kleinere Schwächen kann man diesem spannenden Setting durchaus verzeihen.

Jens Lerby ist ein meist schlecht gelaunter alternder Polizist, der mit seinem Leben weder auf beruflicher noch auf professioneller Ebene so recht zufrieden ist. Dabei weiß er als Ermittler genau, was er tut. Als er vom heimischen Dänemark nach Grönland beordert wird, um einen blutigen Dreifachmord aufzuklären, ist er alles andere als begeistert. Vor Ort stellt er schnell fest, dass unter den Inuit einiges an Aberglauben kursiert und er mit seinen konventionellen Methoden und dem Kopf durch die Wand nicht weiterkommt. Er muss sich anpassen an eine Lebenswelt, in der Tradition auf Moderne prallt: Autoritäten wie der örtliche Schamane werden geschätzt, zugleich sind die Nachwirkungen des Kolonialismus in Form sozialer Probleme und Alkoholismus noch deutlich zu spüren. Lerby beginnt so etwas wie Verantwortung für sein eigenes Land zu übernehmen, als ihn die junge Pally, die ihm bei den Ermittlungen hilft, mit diesen Themen konfrontiert.

Die Aufklärung des Verbrechens erweist sich derweil als geradezu aussichtslos: Die Leichen türmen sich nur so, und die ungnädige Eiswüste rings um die Siedlung verwischt viele Spuren und macht Ausflüge zu Tatorten und das Folgen vielversprechender Hinweise zu einer Todesfalle. Lerby und Pally werden immer wieder mit der Möglichkeit konfrontiert, dass etwas Übernatürliches, ein Dämon der lokalen Legenden, seine Finger im Spiel haben könnte. Dadurch wird eine bedrohliche und teils klaustrophobische Atmosphäre erzeugt, die eine echte Stärke des Romans ist. Zugleich ist das Ermittlungsgeschehen kein echter Spannungsträger, denn es tritt hinter den ausführlichen Schilderungen der Umgebung, Gesprächen mit Einheimischen und manch gefahrvoller Situation im Schnee zurück: Es gibt kaum Verdächtige und wenig Hinweise, sodass die Auflösung zum Schluss eher mit den Schultern zucken lässt – Mitermitteln während dem Lesen ist kaum möglich.

Für Ermittlungswütige nicht ganz das richtige Buch, dafür aber ein unheimlich atmosphärischer Roman, der ordentlich Spannung mitbringt und Einblicke in eine ganz andere Welt bietet. Lesenswert, nicht nur für Winterbegeisterte.

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Veröffentlicht am 20.11.2022

Eine atmosphärische Zeitreise

Die Pestinsel
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Marie Hermanson lädt mit ihrem neuesten Kriminalroman auf eine spannende Zeitreise ins Schweden der 1920er-Jahre ein. Dabei gelingt ihr ein ausgesprochen atmosphärischer Roman mit viel Rätselhaftem und ...

Marie Hermanson lädt mit ihrem neuesten Kriminalroman auf eine spannende Zeitreise ins Schweden der 1920er-Jahre ein. Dabei gelingt ihr ein ausgesprochen atmosphärischer Roman mit viel Rätselhaftem und Spannenden, jedoch auch einigen kleinen Schwächen.

Ein bizarrer Mord mit starken Ähnlichkeiten zu den überaus erfolgreichen Kriminalromanen eines anonymen Autors setzt Kommissar Nils Gunnarsson auf die Spur von Arnold Hoffman, einem verurteilten Mörder, der seit Jahren auf der Quarantäneinsel Bronsholmen als einziger Gefangener festgehalten wird. Da Nils mit seinen Ermittlungen nicht weiterkommt, schleust sich seine Exfreundin Ellen, eine abenteuerlustige Journalistin, als Küchenhilfe auf der Insel ein und macht bald einige schockierende Entdeckungen …

Die eindrucksvollsten Passagen des Romans spielen sich auf Bronsholmen ab: Die sogenannte (fiktionale) „Pestinsel“ diente während Epidemien als Quarantänestation für Schiffe, bevor sie in den Hafen von Göteborg einlaufen durften. Das Krankenhaus und die Wohngebäude sind mittlerweile dem Verfall anheim gefallen und den Elementen ausgesetzt, und nur noch wenige, isoliert lebende Menschen arbeiten dort, um über Hoffman zu wachen. Ellens Exkursionen auf der Insel und ihren Kontakten zu den Bewohnern wohnt immer etwas Mysteriöses, Bedrohliches inne, sodass man die Passagen geradezu mit angehaltenem Atem liest. Demgegenüber sind Nils’ Ermittlungen auf dem Festland fast uninteressant und leider häufig auch von sehr informativen Passagen geprägt, die wohl die Rechercheergebnisse der Autorin zur Schau stellen sollen, etwa zur Verkehrsregelung der 1920er-Jahre. Das wahre Drama spielt sich jedoch auf Bronsholmen ab und beinhaltet letztlich auch die Lösung des Rätsels, sodass die Ausgangssituation in Gestalt von Nils’ Mordermittlungen vom Beginn des Romans zusehends ins Hintertreffen gerät. Ellen ist eindeutig der heimliche Star dieses Buchs.

Insgesamt ein atmosphärischer und spannender Kriminalroman, bei dem jedoch ein Handlungsstrang dem anderen deutlich überlegen ist.

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