Profilbild von Jumari

Jumari

Lesejury Profi
offline

Jumari ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Jumari über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 12.02.2024

Ivar Buterfas hat sich nicht unterkriegen lassen

Von ganz, ganz unten
0

Der Holocaust war 1945 zu Ende, die Schwierigkeiten und der Antisemitismus aber nicht. Dass es auch für "Halbjuden" im Dritten Reich lebensgefährlich werden konnte, das weiß ich von meiner Mutter. Sie ...

Der Holocaust war 1945 zu Ende, die Schwierigkeiten und der Antisemitismus aber nicht. Dass es auch für "Halbjuden" im Dritten Reich lebensgefährlich werden konnte, das weiß ich von meiner Mutter. Sie war das Kind einer "arischen" Deutschen und eines jüdischen Vaters. Nur mit viel Geschick und Mühe hat meine Großmutter immer im letzten Moment wohl das Schlimmste verhindern können. Dass die Probleme auch in der SBZ, der späteren DDR nicht verschwunden waren, wenn auch durchaus subtiler und hinter vorgehaltener Hand, das musste meine Mutter aber auch erleben. Ich habe nur kleine Ausläufer erlebt, aber auch die waren schlimm genug.

Was aber Ivar Buterfas-Frankenthal und seiner Ehefrau Dagmar so alles im Westen widerfahren ist, das fand ich in diesem Buch schon recht erschütternd. Umso mehr bewundere ich den Autor, der nicht nur dieses Buch geschrieben hat, sondern selbst jetzt noch im höchsten Alter vor Jugendlichen über seine Erfahrungen spricht.

Ich kann verstehen, dass viele Leser vorrangig ein Buch über die Unterdrückung und Gefahr unter der Hitlerdiktatur erwartet haben. Das ist eigentlich die gängige Literatur der Holocaust-Aufarbeitung. Gerade deshalb fand ich dieses Buch recht außergewöhnlich.

Da mir der Schreibstil und die Erzählweise nicht so ganz gefielen, hat es eine Weile gebraucht, das ganze Buch zu lesen. Warum das Buch in viele kleine, überschaubare Kapitel unterteilt ist und das Kapitel St. Nikolai sich endlos hinzieht, ohne jede Zwischenüberschrift, das hat sich mir nicht erschlossen. Hier hätte das Lektorat den Autor besser beraten müssen.

Zur Gestaltung: Das Cover ist gut gelungen. Heute ein Buch auf Hochglanzpapier zu drucken, ist eher ungewöhnlich. Einerseits blendet es teilweise beim Lesen, wenn das Licht einer Lampe darauf fällt, andererseits macht es das Buch unnötig schwer. Hätte ich das vorher gewusst, hätte ich lieber ein E-Book erworben. Zum Glück war die Schriftgröße gut lesbar, da wurde nicht gespart, was für mich als Brillenträger hilfreich war.

Fazit: Heute aktueller denn je. Lesenswert.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 24.01.2024

Deutschlandrundreise mit 52 Aha-Erlebnissen

DuMont Bildband Orte zum Staunen in Deutschland
0

Wer einen Urlaub in der Heimat plant und noch unentschieden ist ob der genauen Route, der findet hier jede Menge Anregungen für eine ausgedehnte Deutschlandreise. Für mich, die ich erst seit dem Mauerfall ...

Wer einen Urlaub in der Heimat plant und noch unentschieden ist ob der genauen Route, der findet hier jede Menge Anregungen für eine ausgedehnte Deutschlandreise. Für mich, die ich erst seit dem Mauerfall auch über den Tellerrand der DDR blicken durfte, fanden sich einerseits Orte der Kindheits- und Jugendurlaube wieder, andererseits jede Menge Ideen im Norden, im Herzen und im Süden Deutschlands.

Um einen Eindruck von den einzelnen Empfehlungen zu bekommen, habe ich mir bekannte Orte ausgewählt, z. B. das Feldberger Seenland (Nr. 8) und Görlitz (Nr. 28) im Osten und Bremerhaven (Nr. 11) im Norden und den Eibsee (Nr. 52) ganz im Süden. Alle Ziele fand ich kurz, prägnant und unterhaltsam präsentiert, besonders gefällt mir die Rubik "Weitere wunderbare Erlebnisse". Allein für die Feldberger Seenlandschaft Nr. 8 könnte ich einen mindestens einwöchigen Urlaub mit Kunst, Kultur, Natur, Erholung, Paddeln, Baden, Wandern, Radfahren und natürlich auch Fotografieren wärmstens empfehlen. Das war schon in den 1980er Jahren eine tolle Urlaubsgegend. Ganz im Süden dann der Eibsee, den kenne ich nur total zugefroren mit einem Glühweinstand darauf. Die Fotos belehren mich natürlich eines Besseren, denn wenn sich im See die Alpen spiegeln, muss es dort herrlich sein. Da wäre ich gleich bei der Ausstattung des Buches, die Fotos sind wirklich sehr verlockend und gut ausgewählt. Die Schrift der Grundtexte für meine Augen ein bisschen dünn geraten, aber insgesamt macht das Buch einen typografisch wohlüberlegten Eindruck.

Interessant ist die Idee, die Touren per QR-Code aufs Handy zu laden. Ich nutze Komot auf einem iPhone, das ist eine schöne Alternative zur guten alten Wanderkarte, die ja immer wieder zusammengefaltet werden möchte. Außerdem ist das Buch doch besser für Zuhause geeignet, denn für unterwegs ist es natürlich zu groß und zu schwer.

Was mich teilweise irritiert hat, ist die Reihenfolge der Empfehlungen. wie man zum Beispiel den Sprung von Nr. 20, der Pfaueninsel in Berlin, zur Nr. 21, dem Zwillbrooker Venn, gestalten soll, das ist Geheimnis der Autorin. Vielleicht wäre eine Unterteilung von Norden, Herz und Süden in kleinteiligere Regionen etwas übersichtlicher. Denn eine Überleitung von Berlin ins Münsterland gibt es z. B. nicht.

Für so ein Reisebuch hätte ich mir auch noch etwas anderes gewünscht: einen Zusatz mit Empfehlungen für Einkehr- und Übernachtungsmöglichkeiten.

Fazit: ein unterhaltsames und mit Anregungen gut gefülltes Deutschlandbuch, in dem eigentlich jeder Reiselustige eine Idee für den nächsten Urlaub finden sollte.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
Veröffentlicht am 25.12.2023

Spannender 3. Kant-Krimi

Kant und das Leben nach dem Tod
0

Dieser dritte Kant-Krimi hat mir gut gefallen. Der Fund von Leichenteilen, die Aufklärung von Morden, die beinahe niemand bemerkt hätte, ein Mädchen auf der Suche nach dem Glück. Die Kriminalisten kennt ...

Dieser dritte Kant-Krimi hat mir gut gefallen. Der Fund von Leichenteilen, die Aufklärung von Morden, die beinahe niemand bemerkt hätte, ein Mädchen auf der Suche nach dem Glück. Die Kriminalisten kennt der "Kant-Kenner" schon, deshalb erübrigen sich ausschweifende Erklärungen und Charakteristiken, auch empfand ich es als angenehm, dass das Privatleben von Kant und seinen Leuten nicht zu sehr in den Mittelpunkt geraten ist. Kants Tochter Frida zieht nun gerade aus, er hat Entzugserscheinungen und sie bald auch. Kriminalkommissar Rademacher träumt nach seiner Genesung vom freien Leben mit seiner Frau auf einem eigenen Campingplatz. Aber auch hier kommt es anders als man denkt.

Zu Beginn des Romans lernt man Antonia, Toni, kennen, die geradewegs aus Portugal mit ihrem ererbten Bus nach München kommt und ihr Leben nach dem Tod der Mutter neu ordnen will. Leider wird ihr Lebensraum ganz schnell von der Polizei eingezogen und sie muss sich überlegen, wohin sie will. Erstes Ziel ist ihr Großvater. Der und die Lebensgefährtin nehmen Toni bei sich auf, füttern sie durch und sie hat ein Dach überm Kopf. Aber es wird ihr langsam unbehaglich in den vier Wänden. Um sie herum wird es unruhig, im Wohnviertel wird nach vermissten alten Leuten gesucht, Leichen werden in Kühltruhen vermutet, es ist gespenstisch.

Was aber hat Toni mit der ganzen Sache zu tun? Wer das wissen möchte, muss nun selbst lesen, wie die Geschichte ihren Lauf nimmt. Aus meiner Sicht sind es interessante Verwicklungen und Entwicklungen, die Zufälle, die das Leben so mit sich bringt und ein Trupp nicht denkfauler Kriminalisten. Mir hat die Story Spaß gemacht, auch wenn gegen Ende schon ohne viel Kombinationswillen absehbar war, wo die Verbrecher sich verschanzt hatten.

Ich freue mich auf den nächsten Kant und hoffe, dass Marcel Häusler bei seinem gut lesbaren Stil bleibt.

Eine Leseempfehlung!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 18.12.2023

Ein Gewinn für das Wohlbefinden

7 Jahre jünger in 7 Wochen
0

Der Autor Sven Voelpel und die Rezeptautorin Bettina Matthaei sind eine interessante Symbiose eingegangen. Fundierte und klug dargestellte Fakten zu Lebensstil, Essgewohnheiten, Lebens- und Nahrungsergänzungsmitteln ...

Der Autor Sven Voelpel und die Rezeptautorin Bettina Matthaei sind eine interessante Symbiose eingegangen. Fundierte und klug dargestellte Fakten zu Lebensstil, Essgewohnheiten, Lebens- und Nahrungsergänzungsmitteln und welche Gewohnheiten man ändern könnte (sollte) von einem Altersforscher, der eigentlich noch sehr jung ist, zumindest aus meiner Sicht, und die sehr abwechslungsreiche Rezeptauswahl für den ganzen Tag als Praxisteil, das hat mir Freude bereitet. Weniger Freude bereitete mir die sehr dünne Schrift, der Gesamteindruck des Buches ist aus typografischer Sicht sehr gelungen, aber wenn man wie ich Brillenträger ist und nicht gerade mit der Lesebrille in der Küche steht, dann hat man so seine Probleme.

Etwas irritiert hat mich das Kapitel Vitalstoffe, aus meiner Sicht ist die so konzentrierte Einnahme von Nahrungsergänzungsmittel nicht zielführend. Ich habe für mich den Weg gefunden, bei abwechslungsreicher Ernährung ohne Zusatzstoffe auszukommen. Insbesondere die Belastung des Magens hat mich dorthin geführt, ausprobiert habe ich schon einiges, aber alles verursachte Nebenwirkungen, die mir nicht gefielen. Auf diese eventuelle Nebenwirkungen wird hier aber nicht eingegangen.

Auch auf die bei manchen Menschen allergieauslösend wirkenden Gewürze und Kräuter wird nicht hingewiesen. Gerade Kreuzallergiker haben z. B. mit Kardamom u. ä. erhebliche Probleme. Eine Übersichtsseite ähnlich der für die glykämischen Last würde ich als hilfreich empfinden.

Die Rezepte sind sehr ansprechend fotografiert von Jan-Peter Westermann, allein das Anschauen macht schon Lust aufs Kochen und Essen.

Ob ich mit dem Buch meine Lebenszeit um 7 Jahre verlängern werde, das weiß ich nicht, aber einen Versuch ist es wert.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
Veröffentlicht am 12.12.2023

Fiktive Geschichte von Widerstand, Liebe und Zeppelin

Aktion Phoenix
0

Christian Herzog beschreibt in seinem Roman Ereignisse aus dem schwärzesten Kapitel Deutschlands, seine Geschichte spielt vor bzw. zu Beginn der Olympischen Spiele in Berlin 1936. Ich kenne mich mit der ...

Christian Herzog beschreibt in seinem Roman Ereignisse aus dem schwärzesten Kapitel Deutschlands, seine Geschichte spielt vor bzw. zu Beginn der Olympischen Spiele in Berlin 1936. Ich kenne mich mit der Materie des Widerstandskampfes recht gut aus und fand es überaus eindrucksvoll, dass ein Schriftsteller sich daran wagt, eine fiktive Widerstandsgeschichte zu schreiben, die sich mit tatsächlichen historischen Ereignissen kreuzt.
Wichtigste Protagonistin des Buches ist Anna, eine junge Kunststudentin, die sich in einer kleinen Widerstandsgruppe engagiert und dadurch oftmals in lebensgefährliche Situationen gerät. Einerseits durch eine gewisse Blauäugigkeit, andererseits durch ihren Bruder, der auf der Seite der Nazis steht. Im weiteren Verlauf wird sie als Assistentin von Leni Riefenstahl dann auch mit verschiedenen Leuten bekannt, in einen verliebt sie sich sehr: Hermann Schmidt, tätig für Führer, Volk und Vaterland. Dass das nicht gutgehen kann, ahnt der Leser von Beginn an. Einige Todesfälle, die sich ereignen, sind dann auch zum Kopfschütteln. Ganz so naiv, wie geschildert, waren SD, Gestapo oder SS nicht.
Ein anderer Handlungsstrang begleitet des Oberkellner Georg, der seinen Traum erfüllt bekommt und im Luftschiff Hindenburg mitfahren und die Leute bedienen darf. Dass er dabei auch den gefährlichen Machenschaften von Hitlers Vasallen in die Quere kommt, ist mehr als nervenaufreibend.
Die Widerstandsgruppe und Hitlers Handlanger haben sich den gleichen Namen gegeben, Phoenix, was zu Irritationen führt und beinahe zu einer Tragödie.
Im letzten Drittel des Romans entwickelt sich alles rasant und buchstäblich wie im Flug, da hat der Autor wirklich noch einmal einen Zahn zugelegt. Denn was am Anfang recht aufregend begann, wurde mir in der Mitte etwas zähflüssig und breit erzählt. Das Ende macht es also wieder wett.
Für mich ein aufschlussreicher Roman, auch und gerade wegen der Fiktion. Dass da zwischendurch ein bisschen viel Pathos aufblitzt, konnte ich verschmerzen. Die politischen Ziele der Kunststudenten waren jedenfalls die gleichen, die mein Vater als Widerstandskämpfer versuchte zu erreichen. Er hat es mit 12 Jahren Zuchthaus bezahlt. Wie durch ein Wunder entgeht (zumindest in diesem Buch) die Widerstandsgruppe „Phoenix“ diesem Schicksal.
Hermann Schmidt könnte in meiner Phantasie einer der Nazis gewesen sein, die sich am 8. Mai 1945 erschossen haben. Er steht mit seiner angeborenen Moral und Ethik sehr auf der Kippe in diesem Buch.
Fazit: Das Buch empfehle ich gern, es liest sich flüssig und es hat ein spannendes Ende. Fiktion und Wirklichkeit werden auf kluge Art und Weise miteinander verknüpft.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere