Profilbild von Susi

Susi

Lesejury Star
offline

Susi ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Susi über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 25.09.2017

spannend wie Grisham

Der Fall Collini
0

Ein Mann wird ermordet, der Täter gesteht alles, verschweigt aber sein Motiv und will auch gar nicht verteidigt werden, denn er habe es ja schließlich getan, sagt er. Ansonsten schweigt er. Für den jungen ...

Ein Mann wird ermordet, der Täter gesteht alles, verschweigt aber sein Motiv und will auch gar nicht verteidigt werden, denn er habe es ja schließlich getan, sagt er. Ansonsten schweigt er. Für den jungen Anwalt ist dies sein erster Fall. Als er dann noch erfährt, wer der Tote ist, will er den Mörder nicht länger verteidigen....

Auf nur ca 200 Seiten schafft es der Autor eine Geschichte zu schreiben, die so spannend ist, wie von John Grisham. Auch das Thema (Justiz) ist das Gleiche. Habe das Buch in einem Tag verschlungen. Wofür Grisham 500 Seiten braucht, ist hier komprimiert auf weniger als die Hälfte, ohne, dass etwas fehlt. Auch die Sprache, nüchtern und präzise, macht das Buch zu einem wahren Lesevergnügen. Der Hintergrund und die Schicksalsschläge sind natürlich so furchtbar, dass das Wort Vergnügen nicht ganz passt. Aber ich kann es jedem Krimi Fan empfehlen.

Veröffentlicht am 25.09.2017

amüsant und interessant

Herr Tourette auf Tour
0

Eigentlich wollte ich den ersten Band "Herr Tourette und ich" lesen, da mich das Tourette Syndrome interessiert und es humorvoll geschrieben sein soll. Dann habe ich diesen 2. Band runtergesetzt gefunden. ...

Eigentlich wollte ich den ersten Band "Herr Tourette und ich" lesen, da mich das Tourette Syndrome interessiert und es humorvoll geschrieben sein soll. Dann habe ich diesen 2. Band runtergesetzt gefunden. Von Tourette ist kaum etwas zu lesen, da der Autor 10 Jahre Therapie erfolgreich hinter sich hat. Aber ich bin froh, es gelesen zu haben.

Der Autor berichtet einige Anekdoten, die er auf Reisen erlebt hat. Dabei sucht er Orte fernab der üblichen Touristenrouten auf und kommt mit Menschen in Kontakt, die man als skurill, interessant oder etwas besonderes bezeichnen kann. Seine Abstecher z.B. in Kabul oder mit einem Kanu zu einem Eisberg, sind an sich schon abenteuerlich genug, aber die Art, wie er von den Begegnungen mit den Menschen schreibt, machen den besonderen Charme dieses Buches aus. Manches macht wütend (Skandinavische Öltaucher), anderes traurig, aber meistens muß man schmunzeln, denn immer wieder blitzt bei den Reisebeschreibungen viel Humor durch und so hatte ich viel Spaß beim Lesen und das Buch an einem Tag durch.

Da dies eine nette, leichte Lektüre war und ich immer noch gerne über Tourette lesen würde, werde ich weiterhin nach dem 1. Buch Ausschau halten.

Veröffentlicht am 23.09.2017

Jugendbuch

Scherbenpark
0

Sascha ist 17 und lebt in einem sozialen Brennpunkt. Ihr Stiefvater hat ihre Mutter und deren neuen Freund erschossen und sie kümmert sich um ihre 2 kleinen Geschwister und um ihre Großtante, die sich ...

Sascha ist 17 und lebt in einem sozialen Brennpunkt. Ihr Stiefvater hat ihre Mutter und deren neuen Freund erschossen und sie kümmert sich um ihre 2 kleinen Geschwister und um ihre Großtante, die sich eigentlich um die Kinder kümmern soll, aber kaum deutsch spricht. Sie geht auf´s Gymnasium, verliebt sich in einen älteren Mann, gibt Nachhilfe und muß den Anfeindungen der Nachbarn standhalten. All das ist ein bißchen viel, aber sie klammert sich an ihr Ziel : den Tod der Mutter rächen. Als dies nicht mehr möglich ist, verliert sie den Boden unter den Füßen.

Die Sprache passt zu Sascha, die aus ihrer Sicht erzählt. Mal wirkt sie sehr reif und erwachsen, mal merkt man ihr die Verzweiflung darüber an, dass sie so viel Verantwortung schultern muß. Dann wieder reißt sie sich zusammen, da sie ja in der Schule und zuhause funktionieren muß, dann aber, wird sie schwach und vermisst ihre Mutter und immer wieder wird sie furchtbar wütend. Bei der Liebe steht sie sich selbst im Weg, was teils auf ihr Wesen, teils auf das Erlebte und teils auf die Pubertät zurückzuführen ist. Das Buch klingt sehr autentisch und ist in sich schlüssig. Mal ist es spannend, mal witzig und es läßt sich schnell lesen. Für Jugendliche finde ich es gut, da es eine andere Welt zeigt und daher offen für die Probleme anderer macht. Mir persönlich ist Sascha ein wenig unheimlich, denn sie ist manchmal sehr hart, zu hart für meinen Geschmack, was sie aber auch sein muß, um in ihrer Welt bestehen zu können. Man fragt sich, was aus Sascha wird, und aus den Geschwistern. Gibt es einen Weg da raus, das Vergangene zu bewältigen und Vertrauen in die Welt zu entwickeln ? Kann man ein normales Leben führen ? Aber so weit geht das Buch nicht. Es wird glaube ich nur ein Sommer beschrieben und dann Rückblenden und Erinnerungen.

Ein Jugendbuch, das die Augen öffnet.

Veröffentlicht am 08.08.2017

vielschichtig

Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins
0

Dies Buch ist so vielschichtig, dass mir eine Rezension zum ersten Mal richtig schwer fällt. Auch hat es sehr gemischte Gefühle ausgelöst. Von manchen Gedanken war ich sehr angetan. Vieles machte nachdenklich. ...

Dies Buch ist so vielschichtig, dass mir eine Rezension zum ersten Mal richtig schwer fällt. Auch hat es sehr gemischte Gefühle ausgelöst. Von manchen Gedanken war ich sehr angetan. Vieles machte nachdenklich. Manches erschütterte. Einiges habe ich mir rausgeschrieben, weil ich zu wichtig fand, um es zu vergessen. Und anderes fand ich so abstoßend, dass ich den ganzen guten Eindruck des Buches in Frage gestellte habe. Wieder andere Dinge fand ich zutiefst verstörend.

Zum Inhalt : Die Geschichte spielt in Tschechien zur Zeit der Russischen Okkupation (1968). Tomas, ein Arzt, ist mit Teresa verheiratet, hat aber viele Geliebte. Vor allem mit Sabina hat er eine längere Affaire. Sie wiederum ist im Laufe der Geschichte mit Franz zusammen. Erzählt wird das Ganze aus den verschiedenen Perspektiven der Figuren und der des Autors, sodass man einen tiefen Eindruck gewinnt, von der Gedanken- und Gefühlswelt der Personen, sowie ihre Entwicklung. Es findet ein ständiger Wechsel von Zeiten und Rückblicken, Vorschauen, Träumen und Gegenwart statt, die aber nicht verwirren. Man kann trotz dieser Zeitsprünge dem Geschehen sehr gut folgen.

Dies Buch ist einerseits sehr politisch, andererseits werden die Beziehungen der Personen bis ins kleinste Detail philosophisch analysiert, und dann folgt wieder spannende Handlung. Trotzdem ist es nicht chaotisch, sondern läßt sich wunderbar lesen.

Erschütternd fand ich, wie die Radioansprache von Dubcek geschildert wird, der nach 6 Tagen Haft kaum noch sprechen kann, so zugerichtet war er. Auch sonst wird immer wieder Bezug auf die geschichtlichen Ereignissen dieser Zeit in Prag genommen. Es wird z.B. erwähnt, wie in allen Städten sämtliche Straßenschilder über Nacht verschwanden als die Russen einmarschierten und diese somit eine Woche lang umher irrten, ohne zu wissen, wo sie waren oder die strategisch wichtigen Gebäude (z.B. Rundfunk und Fernsehen) zu finden. Aber die historischen Geschehnisse sind nicht nur Kulisse, sondern haben auch Einfluß auf das Leben der Figuren. So darf Tomas nicht länger als Arzt praktizieren und wird Fensterputzer. Durch sein Schicksal wird deutlich, wie perfide die Methoden der Besatzer sind, um Leute zu zwingen, das zu tun, was ihnen im innersten (aus moralischen, ethischen oder Loyalitätsgründen) widerstrebt. Das Regime bringt die Leute in eine ausweglose Situation. Um sich selbst zu retten (Job, Wohnung, Ansehen oder auch das Leben selbst), muß man andere fälschlich beschuldigen und somit seine Ehre, seinen Anstand, seine Selbstachtung und seine Seele verkaufen. Dadurch, dass immer mehr Menschen gezwungen werden, Statements oder Dementi zu unterschreiben und somit andere zu denunzieren, kommt es zu einer gezielten, systematischen Demoralisierung des Volkes. Und diejenigen, die versuchen sich dem entgegen zu stellen, indem sie z.B. Unteschriften sammeln, um politische Gefangene zu befreien, wissen, dass sie nichts erreichen werden. Sie stehen also "vor der Wahl : entweder Theater zu spielen oder gar nichts zu tun ". (S. 256). Schlimm fand ich auch die Schilderung, wie das Volk in eine bestimmte Richtung gelenkt wurde, um Hemmschwellen abzubauen, die Aggressivität zu fördern und zu lenken und diese Kampagne (zunächst nur gegen Tiere z.B. Hunde) von den Zeitungen geschürt wurde. Es ist echt erschreckend, wie einfach das geht und das Buch ist daher immer noch ziemlich aktuell.

Wie gesagt, wird die Geschichte aus der Sicht der verschiedenen Personen, aber auch der des Autors erzählt. Sei es, dass der Autor einige Seiten einschiebt, wo er detailiert erklärt, was einzelne Begriffe für Sabina und für Franz bedeuten (z.B. Frau, Musik, Friedhof) und weshalb dies so ist, sei es, dass er philosophische Betrachtungen anstellt, warum seine Figuren so handeln. An einer Stelle schreibt er, dass die Personen seines Romans seine eigenen Möglichkeiten seien, die sich nicht verwirklicht haben. Manchmal mischt er auch die Erzählweisen: " Einige Tage später fiel Tomas ein Gedanke ein, den ich als Ergänzung zum vorigen Kapitel hier anführen will :..." (S.215). Dieser Schreibstil hat mir sehr gefallen, denn er ist dem Autor unglaublich gut gelungen und bereichert das Buch.

Was mich ein wenig verstört hat, ist die Mutter von Teresa und wie sie sich in ihr gegenüber verhalten hat. Teresas daraus resultierende Alpträume werden ausführlich analysiert und da die Mutter Teresa sehr geprägt hat, sind sie in den verschiedensten Situationen immer wieder Thema. Was mich sehr verstört hat, ist eine Szene, in der Tomas Teresa einen Berg hochschickt, wo ein Mann Menschen erschießt, die Selbstmord begehen wollen. Dies ist die einzige Stelle, wo ich nicht sicher bin, ob ein Traum oder Wirklichkeit geschildert wird. Mit keinem Wort wird angedeutet, es könne ein Traum sein, aber wenn das die Wirklichkeit ist, dann will ich dies gar nicht wahrhaben. Völlig daneben fand ich die seitenlange philosophische Abhandlung über Sch... und die Frage, ob Gott auch Darmtätigkeit hat, wo er uns doch nach seinem Ebenbild erschaffen hat. Da hätte ich das Buch am liebsten weggelegt und nicht weiter gelesen. Den Sch... hätte er sich echt schenken können.

Dies ist absolut nicht mein Genre (bin Krimifan), aber es war interessant, lies sich gut lesen und hatte einen ungewöhnlichen Schreibstil, der mir sehr gefiel. Der Klappentext besagt, es sei "einer der witzigsten und intelligentesten Romane", der "höchste inrellektuelle Ansprüche befriedigt." Dem kann ich mich allerdings nicht anschließen. Dennoch kann ich dies Buch empfehlen.

Veröffentlicht am 19.05.2017

tolle Sprache, zog sich gegen Ende hin

Katzenauge
0

Auch dieses Buch kann, obwohl es gut geschrieben ist, nicht an den "Report der Magd" heranreichen.

Es geht um die Geschichte eines Mädchens, ihre Kindheit und die Freundschaften der Kindheit, die dann ...

Auch dieses Buch kann, obwohl es gut geschrieben ist, nicht an den "Report der Magd" heranreichen.

Es geht um die Geschichte eines Mädchens, ihre Kindheit und die Freundschaften der Kindheit, die dann in Ausgrenzung und Demütigungen umschlagen.

Aufgewachsen in der 40zigern, wird die Familie von Elaine das erste mal seßhaft, als sie 8 Jahre ist. Zuvor lebten sie mal hier, mal dort in Zelten oder Unterkünften, oder einfach im Wald, da der Vater Insektenforscher war und oft dort gebraucht wurde, wo Schädlingsepidemien auftraten. Elaine hat im neuen zuhause das erste mal mit anderen Mädchen zu tun und freundet sich an. Später erlebt sie das, was man heute mobbing nennt. Sie leidet so darunter, dass sie zu selbstverletzendem Verhalten greift, sich die Haut von den Füßen reißt und ihre Finger zerbeißt. Später entdeckt sie Ohnmachten für sich. Entlastung erfährt sie nur, wenn die Familie von Sommer bis Herbst 4 Monate wieder in die Wälder fährt. Hände und Füße heilen ab und sie wird wieder sie selbst. Doch bei der Rückkehr gehen die Peinigungen weiter. Suizidideen drängen sich auf. Lehrerin und Mutter merken, dass etwas nicht stimmt, aber statt Hilfe gibt es ratloses Bedauern.

Die Geschichte wechselt zwischen dem Jetzt, wo Elaine als Künstlerin bekannt ist und ihren Rückblicken auf die Kindheit, Studium und Ehen, wobei der Schwerpunkt auf der Kindheit liegt und - trotz Verdrängung - ihr Denken bis heute beeinflußt.

Ein starkes Buch, das wegen des Mobbings und dessen psychischer Folgen auch heute noch nichts von seiner Aktuallität eingebüßt hat, wobei eigentlich der Rückblick in die alten Zeiten (Ende 40ziger, Anfang 50ziger) den Charme des Werks ausmachen. Der erste Teil der Kindheit hat mich besonders interessiert.

Auch wenn das Buch flüssig und gut geschrieben ist und die Art, wie Atwood die Dinge ausdrückt, immer wieder begeistert, zog es sich irgendwann sehr hin und zog sich und zog sich. (War allerdings auch etwas in Zeitdruck beim Lesen)