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Veröffentlicht am 14.03.2024

What I eat in a day (as a vampire)

Die Hungrige
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“Ich hätte nicht sagen können, ob ich anfing, ihn zu mögen, und mit ihm zusammensein wollte, oder ob ich Hunger hatte und ihn als Nahrung begehrte.” - irgendwie relatable, was Claire Kohda in ihrem modernen ...

“Ich hätte nicht sagen können, ob ich anfing, ihn zu mögen, und mit ihm zusammensein wollte, oder ob ich Hunger hatte und ihn als Nahrung begehrte.” - irgendwie relatable, was Claire Kohda in ihrem modernen Vampirroman “Die Hungrige”, übersetzt von Barbara Schaden, schreibt.

In typischer “sad girl fiction”-Manier folgen wir einer (selbst)destruktiven, obsessiven jungen Frau/Vampirin. Lydia geht’s nicht gut. Ihre Vampirmutter ist dement, sie musste sie in ein Heim geben, was Schwierigkeiten mit sich bringt, weil, wie soll sie sich dort ernähren? Obendrein steht sie sich bei ihrem nicht-bezahlten Praktikum in einer Kunstgallerie die Beine in den Bauch, ohne Aussicht auf Erfolg als selbstständige Künstlerin. “Lydia hat Hunger. Seit sie denken kann, sehnt sie sich nach Sashimi, Ramen oder Onigiri mit saurer Pflaumenfüllung.”, steht im Klappentext, denn Speisen sind für Lydia der Inbegriff von Menschlichkeit, welche sie so sehr begehrt.

Ich liebe es, wenn ein Roman es schafft, eine Idee zu nehmen - hier: Hunger - und entlang dieser ganz viele Themen zu verbinden. Die leckeren Gerichte stellen für Lydia das dar, was sie nie haben wird, weil sie auf vielen Ebenen immer eine Außenseiterin war, die das Geschehen mehr beobachtet, als Teil von ihm sein zu können. Auch werden durch das Thema Differenzen und Gemeinsamkeiten erzählt, beispielsweise wenn es um die Speisen aus dem Land von Lydias Mutter geht, die sie begehrt, aber nie vollständig für sich haben durfte. Ganz subtil wurde Lydia zu einem total vielschichten Charakter, den ich liebgewonnen habe.

Außerdem habe ich mich nicht nur über die vielen Referenzen zu Künstler*innen und Kunstwerken gefreut, sondern auch darüber, dass die Schattenseiten des Kulturbetriebs, insbesondere Machtmissbrauch, beleuchtet wurden - ein Thema, das mir sehr am Herzen liegt.

Bin ich satt geworden? Der letzte Bissen hat gefehlt, für meinen Geschmack hätte sich Kohda noch weiter in die Weirdness reinlegen können. Aber “Die Hungrige” schafft es für mich, das Komische und das Melancholische auszubalancieren. Von mir gibt es eine klare Empfehlung und 4,25 Sterne.

Schaut euch vorher auf jeden Fall die Content Notes an - insbesondere das obsessive Verhalten zu Essen wird hier behandelt.

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Veröffentlicht am 22.12.2023

Zuckrige, queere Weihnachts-RomCom

Weihnachten - nur du und ich
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Jedes Jahr im Dezember lese ich mindestens eine queere Weihnachts-RomCom. Und dieses Jahr gab es sogar eine Übersetzung (Christine und Anna Julia Strüh): Weihnachten - nur du und ich von Lizzie Huxley-Jones.
Eigentlich ...

Jedes Jahr im Dezember lese ich mindestens eine queere Weihnachts-RomCom. Und dieses Jahr gab es sogar eine Übersetzung (Christine und Anna Julia Strüh): Weihnachten - nur du und ich von Lizzie Huxley-Jones.
Eigentlich ein klassischer Fake-Dating-Trope, aber mit Twist: Haf und Christopher tun so, als ob sie zusammen sind, um Christophers Familie zufrieden zu stellen und nervigen Nachfragen zu entgehen. Doch was Haf nicht ahnt: Sie verliebt sich in seine Schwester!
Natürlich konnte man es sich nicht nehmen lassen, das Cover mit regenbogenfarbenen Kugeln und Zuckerstangen zu verzieren, sonst könnte man ja nicht ahnen, dass die beiden Frauen dort verliebt sind - aber ehrlich gesagt passt es auch ziemlich gut, denn zuckrig-kitschige Szenen, die vor queeren Referenzen nur so strotzten, wurden nicht zögerlich eingesetzt.
Ich mochte nicht nur die romantische Anziehung zwischen Haf und Kit, sondern auch, wie viel Platz andere Freundschaften eingenommen haben. Das war total süß - daher ist der Untertitel “nur du und ich” eher ironisch gemeint, denn eigentlich sind immer auch viele andere Personen mit involviert, was zu einigen witzigen Situationen geführt hat.
Teilweise wurden ein paar zu viele popkulturelle Referenzen eingestreut - das war mir ein klein wenig zu millenialhaft. Auch ging mir das Fake-Dating zu lang. Da hätte ich mir eine schnellere Auflösung gewünscht.
Aber von mir gibt es trotzdem eine Empfehlung, wenn ihr in so richtiger Weihnachtslaune seid und süße, kitschige RomComs mögt! Ich habe das Buch regelrecht verschlungen und befand mich stets in einem kicherigen Modus dabei 💜

P.S.: Ich wünsche mir zu Weihnachten, dass daraus eine Companion-Reihe entsteht - denn wir brauchen UNBEDINGT ein Buch mit Ambrose als Hauptfigur!

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Veröffentlicht am 27.10.2023

Was für ein Stadtsetting!

Meister der Dschinn (Gewinner des Nebula Award 2021 für Bester Roman & des Hugo Award 2022 für Bester Roman)
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Meister der Dschinn hat mich positiv überrascht! Ich bin nämlich eigentlich kein großer Fan von Krimi-Plots und hier handelt es sich um eine Murder-Mystery, aber: Dieses World Building war einfach fantastisch.

Wir ...

Meister der Dschinn hat mich positiv überrascht! Ich bin nämlich eigentlich kein großer Fan von Krimi-Plots und hier handelt es sich um eine Murder-Mystery, aber: Dieses World Building war einfach fantastisch.

Wir befinden uns in einer alternativen Geschichte im Steam-Punk-Kairo, 1912. Nachdem der legendäre Magier al-Jahiz vierzig Jahre zuvor den Schleier zwischen dieser und der Welt der Magie durchbrach, wurde Kairo zu einer pulsierenden Weltmetropole - und ein Hub für alle Arten von Dschinns, magischen Wesen und alten Gottheiten… Doch eines Tages wurden Mitglieder einer geheimen Bruderschaft ermordet aufgefunden und der mächtige Magier scheint wieder auferstanden zu sein.

P. Djèlí Clark ist (wahrscheinlich) kein Meister der Dschinn, aber ein Meister im detailliertem und vielfältigem World Building. Wie unglaublich viele Ebenen er gekonnt miteinander verwoben hat, wo andere Einzelbände kläglich dran scheitern - großartig. Alles funktioniert und greift ineinander wie gut geölte Zahnräder. Wesen aus islamischer, arabischer, altägyptischer, jüdischer und christlicher Mythologie und Märchen kommen vor, es wurden Religionen und Religiosität mit eingebracht, ein Jazzclub, der von Jim-Crow-Geflüchteten aus den USA betrieben wird, dient als Treffpunkt - und dabei hatte ich nie das Gefühl, dass diese Punkte nur Oberfläche waren, sondern wirklich eine Bedeutung hatten. Sie hatten Gewicht. Außerdem wurden diverse -ismen bearbeitet und Kolonialismus des Britischen Commonwealth, insbesondere spielt die “Egyptomania” der Briten, also das massenhafte Sammeln und Rauben ägyptischer Kunst und kulturellen Gegenständen, eine tragende Rolle.

Es klingt jetzt vielleicht etwas seltsam im Kontext eines Fantasybuches, aber für mich war das einer der realistischen magischen Stadtsettings, die ich bisher gelesen habe.

Die Figuren fand ich auch super. Okay, die Antagonist*innen hätten mehr ausgearbeitet werden können, aber die Protagonistinnen? Ich mochte sie - insbesondere wie unterschiedlich sie waren. Gepaart mit der visuellen, fast superhelden-artigen Action war es ein fast perfektes Buch. Außerdem gibt es einen ziemlich coolen sapphischen Subplot, yeah 🙂

Fast perfekt deswegen, weil ich mit dem Plot nicht warm geworden bin. Ich fand ihn zwar interessant, aber stellenweise zu vorhersehbar, wobei ich schon mit der Erwartung reingegangen bin, dass der Krimianteil mich eventuell nicht vollends begeistert.

Ich freue mich auf die Novellen, die nächstes Jahr bei Cross Cult erscheinen, und gebe damit eine herzliche Leseempfehlung für Meister der Dschinn aus! 4,5 Sterne.

Eine Anmerkung: Es kommt das N-Wort und weitere r@ssistische Beleidungen vor, die auf jeden Fall auch kritisch eingeordnet werden, aber ich weiß ehrlich gesagt zu wenig über Übersetzungstätigkeit und so um das richtig bewerten zu können - aber ich wollte das nicht unerwähnt lassen.

Danke an den Verlag und Lovelybooks für das Rezensionsexemplar!

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Veröffentlicht am 13.08.2023

Super spaßiges und heftiges Debüt

Iron Widow - Rache im Herzen
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Xiran Jay Zhao hat mit Iron Widow - Rache im Herzen (übersetzt von Michaela Link) echt ein unfassbar spaßiges Science-Fiction-Debüt (!!!) hervorgebracht. Die Handlung: Die Menschheit wird von riesigen ...

Xiran Jay Zhao hat mit Iron Widow - Rache im Herzen (übersetzt von Michaela Link) echt ein unfassbar spaßiges Science-Fiction-Debüt (!!!) hervorgebracht. Die Handlung: Die Menschheit wird von riesigen außerirdischen Viechern angegriffen und muss sich verteidigen. Das geschieht mit Hilfe von riesigen Robotern, die von zwei Pilot*innen gesteuert werden und dann gibt es ganz viel Gekloppe und einige politische Intrigen.

Allein die Idee, eine Art Handmaiden’s Tale - also eine Welt zu haben, in der Frauen und ihre Körper systematisch ausgebeutet werden - mit Pacific Rim zu verknüpfen ist großartig. Pacific Rim ist übrigens ein heftig guter Film von Mastermind Guillermo des Toro, den ich damals im Kino gesehen habe und absolut geflasht war von der Darstellung der Kaijūs (gigantische, außerirdische Monster, die die Erde angreifen) und Riesen-Mechas. Und genau dieses Gefühl hatte ich auch bei Iron Widow.

Die Inspiration von Pacific Rim, dass immer zwei Menschen eine mentale Verbindung eingehen, um eine dieser Riesenmaschinen steuern, ist überdeutlich. Allerdings wurde alles auf organische Art und Weise - also fest verankert im World Building - mit chinesischer Mythologie, Spiritualität, Philosophie, Medizin und Geschichte verbunden, was es einzigartig gemacht hat. So spielen z.B. die zwei Formen Qi, also grob “Lebensenergie” eine große Rolle, oder auch die Fünf-Elemente-Lehre aus der chinesischen Philosophie, und auch Akupunktur.

Die Figuren haben mir richtig richtig gut gefallen. Anfangs hatte ich die Befürchtung, dass diese aufgrund des schnellen Pacings etwas zu eindimensional bleiben, aber das war unbegründet. Auch Romance, die Darstellung einer polyamoren Beziehung und das Hinterfragen des in dieser Welt vorherrschenden binären Geschlechtersystems spielt eine große Rolle, was ich als gelungen empfand.

Kleine Kritik: Ich hätte mir manchmal mehr Ruhe gewünscht, um die emotionale Handlung wirklich aufsaugen zu können. Es ging recht flott von Szene zu Szene. Aber ich denke, Band 2 wird da einiges für uns bereithalten!

Xirans Liebe zur internetaffinen Popkultur und zu einer Unmenge an Animes merkt man beim Lesen durch und durch. Nicht nur am fast schon flapsigen, aber für mich zu 100% zum Buch passenden Schreibstil, sondern auch an den eindrücklichen Illustrationen auf Xirans Website zu den Robotern und den Memes, die es zu diesem Buch gibt. Schaut unbedingt mal auf der Website vorbei!

Fazit: Die digitierende Riesen-Mechas sind einfach mega und das Buch ist COOL.

Meine Empfehlung: Schaut euch a) Pacific Rim an und b) lest dieses Buch!

Ich vergebe 4,5 ⭐

Vielen Dank an den Verlag und das Bloggerportal für dieses Rezensionsexemplar.

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Veröffentlicht am 30.07.2023

Atmosphärisches, immersives Debüt

Die Unbändigen
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🐝 Die Unbändigen von Emilia Hart, übersetzt von Julia Walther, ist für mich ein Buch, das sich schwer in Genreschubladen stecken lässt, mich dadurch und seine thematische Tiefe schwer begeistern konnte.

Zunächst ...

🐝 Die Unbändigen von Emilia Hart, übersetzt von Julia Walther, ist für mich ein Buch, das sich schwer in Genreschubladen stecken lässt, mich dadurch und seine thematische Tiefe schwer begeistern konnte.

Zunächst ist es eine historische “Saga” - in drei Zeitebenen, die fünf Jahrhunderte umspannen, begleiten wir drei Frauen durch extrem schwierige Zeiten in ihrem Leben:

1619: Altha, eine junge Naturheilkundige, die des Mordes beschuldigt wird und sich nun in einem Hexenprozess wiederfindet.

1942: Violet, ein Mädchen aus “gutem Hause”, verliert sich lieber in Büchern und der Natur, als sich wie eine junge Dame zu benehmen.

2019: Kate, die gerade die Kraft und den Mut gefunden hat, aus ihrer gewalttätigen Beziehung zu fliehen.

Alle drei Frauen verbindet ihre besondere Verbindung zur Natur und zu dem alten Familiencottage im Norden Englands - wo der leichte Gothic Horror und magische Realismus ins Spiel kommt, zu dem ich aber nicht mehr verraten möchte.

Erst einmal: Kaum zu glauben, dass das hier ein Debüt ist. Wunderbar hat Emilia Hart die Atmosphäre durch einen ganz dichten Schreibstil erschaffen - für meine Dark-Cottagecore-Liebe war es ein Fest die detailreichen und oft schaurigen Naturbeschreibungen zu lesen. Trotz einer eigentlich eher langsamen Erzählweise, welche die Gothic-Vibes gut hergestellt hat, bin ich nur so durch die (recht kurzen) Kapitel geflogen.

Anfänglich hatte ich Bedenken, dass mir die drei Perspektiven zu oberflächlich bleiben und man die Figuren nicht tief genug kennenlernt, was aber gar nicht der Fall war, weil sie sich insgesamt thematisch super ergänzt haben. Die drei Zeitebenen haben sich immer weiter ineinander verflochten, sodass am Ende ein großes Bild entstand.

Das Buch ist stark von Themen geleitet, welche ich folgendermaßen zusammenfassen würde: Die strukturell im Patriarchat verankerte Annahme, Macht über die Körper von Frauen ausüben zu können. Und wie diese Frauen damit umgehen - wie sie überleben. Trotz der teils sehr explizit geschilderten Erfahrungen geht man gestärkt aus der Geschichte heraus.

Ich glaube, was das Buch aufs nächste Level gehoben hätte wäre, wenn noch andere gesellschaftliche Thematiken als zusätzliche “Schicht” mit eingeflossen wären. Beispielsweise gab es in Violets Geschichte kurz angedeutet, was für eine Auswirkung der 2. Weltkrieg auf die Familie hat und was für r*ssistische Ansichten sie zum Thema Kolonien Englands hat, aber auch in den anderen PoVs hätte ich mir einfach mehr Verschränkungen mit anderen Themen gewünscht, um den Figuren noch mehr Tiefe zu geben. Schön fand ich, wie der queere Charakter dargestellt wurde - aber auch da hätte etwas mehr sein da sein können.

Ich habe nichtsdestotrotz 4,5 Sterne (abgerundet) vergeben und hoffe doch sehr auf viele weitere, großartige Bücher dieser Autorin, die mich mit ihrem Debüt so begeistern konnte!

Ich empfehle “Die Unbändigen” allen, die sich erst einmal natürlich mit dem oben beschriebenen Thema auseinandersetzen können und dann allen, die witchy Vibes lieben, die gerne historische Perspektiven lesen, und leichtem Gothic Horror mit vielen Naturbeschreibungen nicht abgeneigt sind.

Vielen Dank an den Verlag für das Rezensionsexemplar über Lovelybooks.

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