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Veröffentlicht am 20.01.2024

Aliens und irdische Morde

Hingerichtet
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„Hingerichtet“ von Eric Manz ist der zweite Fall, den Major Höfer gemeinsam mit Abteilungsinspektor Kerbl zu lösen hat.

Klappentext:
Bei einem Spaziergang im Wald entdecken Major Höfer und seine Freundin ...

„Hingerichtet“ von Eric Manz ist der zweite Fall, den Major Höfer gemeinsam mit Abteilungsinspektor Kerbl zu lösen hat.

Klappentext:
Bei einem Spaziergang im Wald entdecken Major Höfer und seine Freundin Uschi vor einer Kiefer, an der ein altes, ausgebleichtes Muttergottesbild hängt, eine Frauenleiche. Es sieht nach einer bestialischen Hinrichtung aus, denn dem Opfer wurden die Augen ausgestochen, die Zunge entfernt und die Ohren abgeschnitten. Major Höfer und Abteilungsinspektor Kerbl beginnen mit den Ermittlungen, was sich aber als schwieriger als gedacht entpuppt. Denn niemand kennt diese Frau. Es dauert lange, bis die wahre Identität des Opfers enthüllt wird. Doch schon kurz danach wird an derselben Stelle erneut eine Leiche gefunden: diesmal eine junge Frau, der das Gleiche angetan wurde.

Das Cover wirkt düster. Das schäbige Haus vermittelt einen einsamen, etwas unheimlichen Eindruck, passt aber nicht ganz zum Klappentext, wo die Tote in einem Wald vor einem Marienbild gefunden wird. Das Buch erschien 2023, die Handlung spielt in der Gegenwart, in Mödling bei Wien. Die Kapitel sind kurz gehalten, ohne Orts- oder Zeitangaben. Genremäßig ordne ich den Krimi als Cosy-Krimi ein, ohne grausige Details, mit etwas Lokalkolorit. Der Schreibstil ist flüssig, sprachlich typisch österreichisch gefärbt, mit amüsanten Dialogen. Der Fall ist in sich abgeschlossen, Kenntnis des Vorgängerbandes ist nicht erforderlich.

Man ist sofort mitten im Geschehen, mitten in den Ermittlungen, lernt den überschaubaren Personenkreis kennen. Es ist ein typischer Whodunit-Krimi, die Spannung generiert sich aus der Mördersuche. Die in die Handlung hineinspielenden Verschwörungstheorien lassen einen schmunzeln, die Recherchen gehen nur langsam voran. Es ist ein ruhiger Krimi, ohne Action oder gefährliche Situationen, aufgrund diverser Alltagssituationen eher unterhaltsam. Das Motiv für die Morde bleibt lange im Dunkeln, verwirrende Hinweise auf eine alte Legende sind schwierig zu deuten und im Umkreis der Opfer kaum Verdächtige auszumachen. Bis eine Zeugenaussage den Stein ins Rollen bringt und der Täter überführt werden kann.

Bevölkert wird der Krimi von durchwegs sympathischen Menschen, gut vorstellbar beschrieben, auch mit gut dosiertem privaten Umfeld. Major Höfer wirkt gegenüber Abt.Insp. Kerbl aktiver und dominanter, unduldsamer und cholerischer, ist eher die treibende Kraft. Kerbl ist ruhiger, überlegter und geduldiger, meist auch höflicher. Sehr liebenswert sind die beiden alten Damen, die Höfer und Kerbl mit eigenen Nachforschungen und Hinweisen unterstützen. Die Stimmung ist generell positiv, selbst bei den Versammlungen der Aluhutträger spürt man kaum negativen Schwingungen, auch wenn man sich an den ernsthaften Hintergrund zu Coronazeiten sehr wohl erinnert.

„Hingerichtet“ hat mir amüsante und spannende Lesestunden beschert und Lust auf weitere Fälle mit diesem Ermittler-Duo gemacht.

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Veröffentlicht am 08.01.2024

Die ersten Reederinnen Norwegens

Aufs Meer hinaus
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Cecilie Engers Roman „Aufs Meer hinaus“ beschreibt das Leben und das Schaffen von zwei außergewöhnlichen Frauen, die Anfang des 20. Jahrhunderts die ersten Reederinnen Norwegens waren – von Hanna Brummenaes ...

Cecilie Engers Roman „Aufs Meer hinaus“ beschreibt das Leben und das Schaffen von zwei außergewöhnlichen Frauen, die Anfang des 20. Jahrhunderts die ersten Reederinnen Norwegens waren – von Hanna Brummenaes (1860-1942) und Bertha Torgersen (1864-1954).

Klappentext:
Seit sie denken kann, hat Bertha davon geträumt, ihre streng puritanisch geprägte Heimat im Süden Norwegens hinter sich zu lassen; ein anderes Leben zu führen als das, was von ihr erwartet wird. In der rauen Bergarbeiterstadt Karmøy ist zu Beginn des 20. Jahrhunderts der Aufbruch an jeder Straßenecke spürbar – und hier trifft Bertha auch Hanna wieder. Hanna, die so anders ist als andere Frauen und die am liebsten Männerkleidung trägt. Gemeinsam mit Hanna scheint Bertha alles möglich, der Wunsch nach Freiheit und die Sehnsucht nach der Weite des Meeres eint sie, und so machen sie schließlich als die ersten Reederinnen Europas von sich reden. Doch ihre Liebe halten die beiden Frauen zeit ihres Lebens vor der Außenwelt verborgen.

Das Cover, ein Werk der Fotografin Mary Wethey, mit den beiden Frauen, die entlang der norwegischen Küste entlang spazieren, ist ansprechend, gibt jedoch ein malerischeres Bild ab, als deren Leben und Alltag tatsächlich war. Zudem sehen vor meinem geistigen Auge (gemäß der Beschreibung der Autorin) die beiden Frauen, insbesondere Hanna, nicht so aus.

Das Buch erschien in Originalausgabe 2021 unter dem Titel „Det hvite kartet“, was übersetzt eigentlich „Die weiße Karte“ bedeutet. Aus dem Norwegischen übersetzt wurde die Geschichte von Gabriele Haefs. Im Nachhang des Buches gibt es zwar ein Quellenverzeichnis, jedoch leider keine näheren Informationen hinsichtlich Fiktion und Fakten. Dass die Zeit der Reedertätigkeit historisch belegt ist, konnte ich nachvollziehen, doch hätte es mich interessiert, ob Berthas frühe Jahre und ihre Gedanken und Erlebnisse rein der Fantasie der Autorin entsprangen oder ob es dazu Aufzeichnungen, z.B. ein Tagebuch, gab.

Der Roman gliedert sich in drei Teile. Im ersten Teil, der die Zeit zwischen 1873 – 1890 umfasst, wird, in der Kindheit Berthas beginnend, ihre Lehrzeit, die beginnende Freundschaft mit Hanna bis zur gemeinsamen Führung eines Ladens, erzählt. Der zweite Teil von 1909 – 1919 schildert den Aufstieg der beiden zu vermögenden Reederinnen, auch die Auswirkungen des Ersten Weltkriegs, der dritte Teil gibt nur einen kurzen Einblick auf die Jahre 1941 – 1945, als bedingt durch den Verlust auch der letzten Schiffe im Zweiten Weltkrieg und den Tod Hannas die Reederei Brummenaes & Torgersen aufhörte zu existieren.

Der Schreibstil liest sich flüssig, der Zeitgeist und die Lebensverhältnisse werden anschaulich wiedergegeben – die Atmosphäre rund um das Kupferbergwerk, die ärmlichen Verhältnisse, das einfache Leben, die harte Arbeit, ebenso wie das damalige Frauenbild, die leisen Anfänge von Emanzipation, aber auch das Tabu von gleichgeschlechtlicher Liebe, die ja auch Bertha und Hanna miteinander verbindet.

Erzählt wird aus Berthas Sicht, allerdings nicht in Ich-Form. Dadurch entsteht eine gewisse Distanziertheit, es springen keine intensiven Gefühle auf den Leser über. Weder Trauer, noch Zuneigung, es fehlt an Tiefe der Empfindungen, es wirkt alles stets zu beherrscht. Dabei empfand ich Bertha noch als empathischer als Hanna, die sowohl durch ihre männlich-selbstbewusste Ausstrahlung als auch durch ihre Geschäftstüchtigkeit unnahbar und hart erscheint. Sie ist ein Workaholic, sehr leistungsbetont und fordert von den anderen denselben Einsatz. Obwohl die beiden ihre sexuelle Ausrichtung ihr Leben lang verbergen müssen, zeigt sich Hanna dennoch in fast leichtsinniger Art und Weise stets betont männlich was Kleidungsstil und Auftreten anbelangt.

Die Handlung zeigt kaum Höhen und Tiefen, selbst tragische Ereignisse werden ohne Dramatik geschildert, ohne aufwühlende Gefühle. Es gibt keine Spannungsmomente, wodurch die Lektüre zwar nicht langweilig wird, aber einen auch nicht wirklich packt. Es ist mir nicht wirklich gelungen, mich in die Protagonistinnen hineinzuversetzen. Es ist eine interessante Geschichte, wissenserweiternd, aber sie hält nicht ganz, was man vielleicht vom Klappentext, der da lautet: „… der Wunsch nach Freiheit und die Sehnsucht nach der Weite des Meeres eint sie …“, her erwartet hat, nämlich dass die beiden per Schiff Abenteuer erleben, etwas von der Welt sehen. Was aber letztlich nicht der Fall war. Sie haben als Frauen in einer Zeit, wo das Unternehmertum männlich orientiert war, etwas Besonderes erreicht, wurden wohlhabend und anerkannt, aber aufgrund gesellschaftlicher Zwänge konnten sie nie wirklich frei leben.

Ich fand das Buch historisch interessant und auch lesenswert, nur leider hat es meine Erwartungen nicht wirklich erfüllt.

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Veröffentlicht am 30.12.2023

Ein Mörder führt Regie

TV-Tod
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„TV-Tod“ ist Roswitha Wielands Debut-Roman, spannend, mit einem Blick hinter die Kulissen einer TV-Anstalt.

Worum geht es?
Beim Finale von Dancing VIPs fängt das Kleid einer Tänzerin Feuer – sie erleidet ...

„TV-Tod“ ist Roswitha Wielands Debut-Roman, spannend, mit einem Blick hinter die Kulissen einer TV-Anstalt.

Worum geht es?
Beim Finale von Dancing VIPs fängt das Kleid einer Tänzerin Feuer – sie erleidet vor laufender Kamera tödliche Verbrennungen. Die polizeilichen Ermittlungen ergeben, dass das kein Unfall sondern ein Mordanschlag war. Die Konkurrentin, die Profitänzerin Lara Klein gerät in Verdacht. Und es bleibt nicht bei einem Opfer.

Das Cover ist farblich ein Eye-Catcher und das vor einer Kamera tanzende Paar stellt den inhaltlichen Bezug her. Der Roman erschien 2023, die Handlung spielt in der Gegenwart in Wien, was einerseits sprachlich erkennbar ist, andererseits auch vom Umfeld. Die Geschehnisse erstrecken sich über einen Zeitraum von sechs Tagen. Demgemäß ist das Buch pro Tag in sechs Abschnitte gegliedert. Der Schreibstil ist flüssig. Durch die stetigen Perspektivenwechsel zwischen dem Geschehen im TV-Sender, den Protagonisten Lara Klein, dem Journalisten Alexander Artner und dem geheimnisvollen Mörder, der im Hintergrund bereits den nächsten Anschlag plant, ist die Handlung abwechslungs- und temporeich und die Spannung hält stets ein hohes Niveau. So packend, dass ich das Buch fast in einem Zug ausgelesen habe.

Obwohl von Anfang an klar ist, dass es ein Insider sein muss und auch einige sich ziemlich verdächtig benehmen, tappt man als LeserIn (wie die Polizei) bis zum dramatischen, sehr überraschenden Finale im Dunkeln. Der Hergang der Taten und die Motivation des Täters sind letztlich nachvollziehbar, aber hinterfragt man Details, so bleibt manches unklar – da muss man sich dann vor Augen halten, dass es sich um einen Debutroman handelt.

Die beiden Protagonisten Lara und Alexander sind sympathische, beruflich kompetente Menschen, durch deren Liebesbeziehung auch etwas Romantik in die Handlung kommt. Generell sind die Charaktere, auch von Nebenfiguren, gut vorstellbar gezeichnet, ebenso das Flair hinten den Kulissen eines Fernsehstudios. Man merkt deutlich, dass die Geschichte von einer Insiderin verfasst wurde, die sowohl vom Tanzen etwas versteht, als auch solche TV-Sendungen als Akteur selbst erlebt hat. Es ist eine erfundene Geschichte mit fiktiven Persönlichkeiten; dennoch ist die Parallele zum ORF und die Sendung Dancing-Stars unübersehbar.

„TV-Mord“ ist ein packender, aber dennoch nicht zu nervenaufreibender Thriller, der mir großes Lesevergnügen bereitet hat. Es ist ein anerkennenswertes Erstlingswerk, dem ich verdiente 4 Sterne verleihe und das ich gerne weiterempfehle. Mit Interesse sehe ich weiteren Romanen dieser Autorin entgegen.

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Veröffentlicht am 21.12.2023

Eine rätselhafte Botschaft an Cressida

Mord im Filmpodium
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„Mord im Filmpodium“ von Susanne Mathies ist der dritte Fall für Cressida Kandel, der Protagonistin dieser Schweizer Cosy-Krimi-Reihe.

Klappentext:
Die Krimischriftstellerin Cressida Kandel erkennt im ...

„Mord im Filmpodium“ von Susanne Mathies ist der dritte Fall für Cressida Kandel, der Protagonistin dieser Schweizer Cosy-Krimi-Reihe.

Klappentext:
Die Krimischriftstellerin Cressida Kandel erkennt im Kinosaal des Zürcher Filmpodiums einen alten Bekannten. Kurze Zeit später wird dieser mit durchgeschnittener Kehle im Saal aufgefunden. Ein Schriftstück, das in seiner Tasche entdeckt wird, deutet darauf hin, dass er mehrere Menschen erpresst hat. Hauptkommissar Grimm durchforstet Cressidas Vergangenheit - und verdächtigt sie des Mordes. Das kann sie nicht auf sich sitzen lassen. Doch als Cressida versucht, das Dokument zu entschlüsseln und den Mord aufzuklären, gerät sie in Lebensgefahr.

Das Cover ist ein Eye-Catcher und harmoniert mit dem Buchtitel. Das Buch erschien 2023, die Handlung spielt in der Gegenwart. In Zürich, was auch durch die Wortwahl, durchs gut dosierte Schwyzer Deutsch, spürbar ist. Der Schreibstil ist flüssig. Der Roman gliedert sich in Kapitel in angenehmer Länge, übertitelt, ohne Zeit- oder Ortsangaben. Es wird aus Cressidas Sicht, allerdings nicht in Ich-Form erzählt. Dadurch wirkt das Geschehen etwas distanzierter, weniger emotional.

Wie für einen Whodunit-Krimi typisch, ergibt sich die Spannung primär aus der vom Anfang an im Raum stehenden Frage, wer der Täter ist und aus der Verfolgung der Recherchen der Protagonistin. Kernpunkt ist die rätselhafte Botschaft, die der Ermordete hinterlassen hat. Es erscheinen zwar etliche Personen aus seinem Umfeld verdächtig, doch sind die Hinweise und Spuren so nebulös, dass man tatsächlich bis zum dramatische Showdown im Dunkeln tappt, als sich der Fall klärt und einer als Täter entlarvt wird, mit dem man nicht gerechnet hat.

Selbstbewusst, wie Cressida ist, ist sie davon überzeugt, den Fall besser lösen zu können als die Polizei. Zudem hat sie Schuldgefühle dem Ermordeten gegenüber, den sie vor Jahren lieblos behandelt hat. Daher sieht sie es als ihre Pflicht an, seinen Mörder zu finden. Zielstrebig stürzt sie in die Recherchen, mutig bis leichtsinnig, auch ein wenig blauäugig, was sie in einige prekäre Situationen bringt. Sie verfügt nicht nur über eine gute Kombinationsgabe, sondern auch Freunde, die ihr bei den Ermittlungen helfen. Sie sammelt Fakten und stellt Vermutungen an. Letztlich hat sie den richtigen Riecher und lockt den Täter aus der Reserve. Sie hat zwar blaugefärbte Haare, wirkt ansonsten eher unauffällig, jedenfalls dezenter als ihre Freundin Anna, die als Künstlerin eher ein bunter Vogel ist. Die meisten Figuren sind sympathisch gezeichnet, je nach ihrer Bedeutung mehr oder weniger mit markanten Eigenschaften bzw. Äußerlichkeiten, alle recht gut vorstellbar.

„Mord im Filmpodium“ ist ein ruhiger, trotz einiger prekärer Situationen, in die Cressida gerät,eher unaufgeregter Krimi. Ich hätte mir mehr prickelnde Spannungsmomente gewünscht, ein bisschen mehr Würze, ich vergebe vier Punkte.

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Veröffentlicht am 07.12.2023

Es ist nichts so fein gesponnen ...

Himmelfahrt. Höllenfahrt.
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„Himmelfahrt. Höllenfahrt“ von Michael Wagner ist bereits der vierte Band der Theo-Kettling-Krimi-Reihe, ein 70er Jahre-Krimi .

Klappentext:
Kaum vom Begräbnis eines alten Bekannten zurückgekehrt, muss ...

„Himmelfahrt. Höllenfahrt“ von Michael Wagner ist bereits der vierte Band der Theo-Kettling-Krimi-Reihe, ein 70er Jahre-Krimi .

Klappentext:
Kaum vom Begräbnis eines alten Bekannten zurückgekehrt, muss sich Antiheld Theo Kettling um eine aufgewühlte Sabine kümmern. Die kleine Schwester ihrer besten Freundin wurde von einem Auto angefahren und getötet. Als Lieselotte Larisch von der Geschichte hört, ist sie sofort davon überzeugt, dass hier etwas nicht stimmt. Zu Recht, denn schon bald wird klar, dass hinter dem vermeintlichen Unfall viel mehr steckt als zunächst angenommen.

Das Cover mit dem VW-Käfer und der Dogge – für mich genau auf den Punkt getroffen, worum es im Buch geht, nämlich um den Lifestyle der 70er Jahre. Und die Dogge hat in meinen Augen den Protagonisten die Show gestohlen. Man kommt problemlos ohne Vorkenntnisse in die Story hinein, der Personenkreis ist gut überschaubar. Erschienen ist das Buch 2023, ist in angenehm kurze Kapitel unterteilt, ohne genauere Orts- oder Zeitangaben. Die Handlung spielt im Jahr 1976 in Lüdenscheid. Genremäßig würde ich den Krimi als Cosy-Regionalkrimi einreihen. Unblutig und reich an Lokalkolorit.

Der Schreibstil zeichnet sich durch gute, etwas gehobene sprachliche Ausdrucksfähigkeit, aber eben auch teils nicht so flüssig zu lesende verschachtelte Sätze aus, so wie weiters durch Detailverliebtheit, was einerseits zu ausgezeichnetem Kopfkino führt, aber stellenweise auch Längen erzeugt. So werden u.a. Wohnräume oder Lokale so bildhaft beschrieben, als hätte man ein Foto vor sich. Das Lokalkolorit zeigt sich auch im Kulinarischen. Jetzt weiß ich auch, was ein Herrengedeck ist. Zudem wird fleißig gekocht, quasi mit Kochanleitung, natürlich viel gegessen. Eine appetitanregende Lektüre! Die 70er Jahre findet man in vielen Kleinigkeiten, in den erwähnten Musiktiteln, TV-Sendungen, Automarken, u.v.a.m. und letztlich im Lebensstil – es wird unheimlich viel Alkohol getrunken und geraucht.

Man ist sofort mitten im Geschehen. Scheinbar ein ganz normaler Unfall mit Fahrerflucht. Doch die drei Hobby-Ermittler vermuten mehr dahinter. In mühsamen Befragungen und Recherchen kommen sie nur sehr langsam voran, erkennen jedoch bald einen Zusammenhang zu einem 10 Jahre zurückliegenden Vorfall. Ein Cold Case aus dem Jahre 1966 wird aufgerollt. Ich fand es zwar sehr interessant, wie das Team Puzzlesteinchen für Puzzlesteinchen zusammenträgt, doch fand ich relativ wenig Raum zum Miträtseln. Grundsätzlich ist der Fall gut aufgebaut, aber mir fehlten packende Spannungsmomente. Action gibt es erst beim Showdown, wo sich dann alles klärt und der Autor noch einen ganz besonderen Überraschungseffekt parat hält.

Die Charaktere sind recht ausführlich beschrieben, gut vorstellbar, auch irgendwie originell und wirken lebendig, wenn auch eigentlich nur Lieselotte Larisch wirklich aktiv erscheint. Neben ihr verblassen Theo und Sabine. Mit ihnen konnte ich so gar nicht richtig warm werden. Lieselotte agiert à la Miss Marple. Selbstbewusst, zielgerichtet und mit dem nötigen Fingerspitzengefühl. Geschickt hinterfragt sie vieles, verfügt über eine ausgezeichnete Beobachtungsgabe, kombiniert und löst letztlich den Fall bravourös. Cleo2, die Dogge, entpuppte sich für mich als heimlicher Star; wo der verschmuste, gutmütige Rüde hinkommt, gewinnt er sofort die Menschen für sich.

„Himmelfahrt. Höllenfahrt“ hat mich wunderbar in die 70er Jahre zurückversetzt. Auch mag ich die Art der Ermittlungen, ohne Internetrecherchen, ohne Technik-Firlefanz, wo es wirklich auf „die grauen Zellen“ ankommt. Ich hätte mir nur etwas mehr prickelnde Spannung gewünscht, daher vergebe ich nur 4 von 5 Punkten.

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