Eindrücke einer anderen Welt
Die Tage des Wals“Die Tage des Wals” von Elizabeth O’Connor spielt 1938 auf einer walisischen Insel und wir erleben den harten Alltag, den Gezeiten ausgesetzt und geprägt von einer rauen Abhängigkeit zum Meer, der achtzehnjährigen ...
“Die Tage des Wals” von Elizabeth O’Connor spielt 1938 auf einer walisischen Insel und wir erleben den harten Alltag, den Gezeiten ausgesetzt und geprägt von einer rauen Abhängigkeit zum Meer, der achtzehnjährigen Manod, die von einem Leben und Studium auf dem Festland träumt. Dann wird im Herbst ein Wal an den Strand gespült und zeitgleich tauchen zwei Ethnographen Oxfords auf der Insel auf, die mit Manod als Übersetzerin die kulturellen Eigenheiten der Insel untersuchen. Inspiriert ist die Geschichte mitunter auch deutlich durch “Die Männer von Aran” von Robert J. Flaherty und die Kritik an der Dokumentation.
Manod als Protagonistin fand ich sehr spannend, auch wenn sie immer über allen anderen Inselbewohnern zu stehen scheint. Sie ist zwischen ihrem Traum und ihrer (Mit-) Verantwortung gegenüber ihrer Familie gefangen. Ihre Art, die Welt um sich herum wahrzunehmen und zu beschreiben fand ich schön, wenn auch der Schreibstil mir mal sehr, mal gar nicht zusagte. Ich denke, es soll zum Teil ungeschönt realistisch geschrieben sein, was auf mich aber nicht authentisch und aufgesetzt klingt. Dies könnte aber auch mit der Übersetzung zusammenhängen. Trotzdem konnte die Geschichte trotz ihrer eher nüchternen Erzählweise am Ende doch einige Emotionen in mir auslösen.
Der Titel "Die Tage des Wals” charakterisiert dabei den Zeitraum, in dem wir Manod begleiten. Eigentlich als Kernelement der Geschichte nimmt er doch eigentlich nur eine kleine, dazu durch seinen (Wesens-) Zustand ebenfalls eine passive Rolle ein. Für mich symbolisiert er den Verlauf der Geschichte, wie auch die Umstände der Insel und des Weltgeschehens um die Insel herum.
Das Buch spielt in einer Zeit, die uns Deutschen bestens vertraut sein sollte und es werden auch immer wieder Verweise auf den nahenden Kriegsbeginn gemacht. Spannend ist hierbei die Perspektive, da auf der abgelegenen Insel das Leben seinen gewöhnlichen Gang nimmt und sie nur vereinzelt Nachrichten vom Festland erhalten. Trotzdem ist dies auch auf der Insel mit fortschreitender Handlung immer deutlicher spürbar.
Ein Aspekt, der ebenfalls eine große Rolle spielt, ist die (Aber-) Gläubigkeit der Inselbevölkerung. Nicht zuletzt durch die Ethnologen spielen Sagen, Volksmärchen und Erzählungen eine große Rolle in der Geschichte und die Inselbewohner deuten in jede kleinste Ungewöhnlichkeit Fluch oder Segen. So bekommt auch der Wal eine eigene, wenn auch nicht ganz eindeutige, Bedeutung.
Das Ende ist eher offen, hat aber gut in die Geschichte gepasst und konnte mich nachdenklich machen. Trotzdem hätte ich mir durchaus vorstellen können, Manod noch weiter zu verfolgen, da sie doch eine gewisse Faszination in mir ausgelöst hat.
Von mir definitiv eine Empfehlung.