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Veröffentlicht am 01.02.2024

ein humorvoller Grisham

Verteidigung
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John Grisham ist mir als Spannungsautor bekannt, in dessen Mittelpunkt immer juristische Themen stehen. Sein letztes Buch "Das Geständnis" hat mir ausnehmend gut gefallen,aber auch seine ersten Bücher ...

John Grisham ist mir als Spannungsautor bekannt, in dessen Mittelpunkt immer juristische Themen stehen. Sein letztes Buch "Das Geständnis" hat mir ausnehmend gut gefallen,aber auch seine ersten Bücher "Die Firma", "Die Akte" oder "Das Urteil" sind mir in guten Erinnerung als Spannungsromane der Extraklasse. Um so erstaunter war ich über den Inhalt dieses Buches, dass mit Spannung kaum aufwartet, dafür aber um so humorvoller ist.Dieses Buch widmet sich den kleinen Anwaltskanzleien, die sich ihre "Fälle" auf der Straße, oder in Leichenschauhäusern holen und sich über jeden Scheidungsfall freuen, der in ihrer Praxis landet.Das die Juristerei so humorvoll erzählt werden kann, wird jeder feststellen können , der dieses Buch liest und Jura für eine trockene Sache hält.

David Zinc, Anfang dreizig und Harvard Absolvent, verbringt seit fünf Jahren sein Leben in einer der angesehensten Großkanzleien Chicagos.In einem kleinen Raum ohne Fenster arbeitet er 15 Stunden am Tag, um das Vermögen der Partner zu mehren.Sein Gehalt ist auch sehenswert, doch nach 15 Stunden hochkonzentrierter Arbeit, fällt er zu Hause nur noch ins Bett und das ohne seiner Frau den Wunsch nach einem Kind erfüllen zu können.denn dafür ist er zu müde.Die Frage, ob dies sein Leben sein soll, beantwortet er eines Tages damit, dass er auf dem Weg zu seinem Arbeitsplatz umkehrt und den Tag in einer Bar verbringt , um über seinen weiteren beruflichen Werdegang nachzudenken.Auf dem Weg nach Haus, mittlerweile mehr als betrunken, sieht er aus dem Taxifenster heraus die Reklame einer Kanzlei namens Finnley&Figg.Als der Taxifahrer nach dem Ziel seiner Fahrt fragt, lässt er sich genau zu dieser Kanzlei fahren, die in einer der schlechtesten Gegenden Chicagos liegt. In mehr als angetrunkenem Zustand stellt er sich vor und bittet um Anstellung.Als er am nächsten Tag, nun wieder nüchtern, in der Kanzlei vorspricht, hat keiner mit seiner Rückkehr gerechnet.Trotzdem wird er eingestellt zu einem Hungerlohn und mit der Gewissheit , es hier mit absolut chaotisches Chefs zu tun zu haben.Oskar Finnley und Wally Figg halten ihre Kanzlei mit kleinen Verkehrsdelikten und Ehescheidungen über Wasser, bei denen sie auch vor unlauteren Methoden nicht zurückschrecken, um an ihre Fälle zu kommen. Als Wally, schon dreimal geschieden und zur Zeit wieder auf Alkoholentzug, von einem Medikament hört, dass angeblich einen plötzlichen Herztod zur Folge hat,wittert er eine Chance an das ganz große Geld zu kommen, Er hängt sich an eine große Anwaltspraxis , um ein Vergleichsverfahren mit einer großen Pharmafirma Amerikas abzuschließen, um somit nicht nur für seine Mandanten, sondern auch für seine Kanzlei das große Geld zu bekommen.David der Neuling der Kanzlei hat keinerlei Prozesspraxis und ihm schwant, dass auch seine Chefs nicht unbedingt sehr versiert sind, um es mit so einem Pharmariesen aufnehmen zu können. Doch die Weichen sind gestellt und es gibt kein Zurück.

Was mir neben der flüssigen und sehr humorvollen Schilderungen der kleinen Anwaltskanzlei und seiner Besitzer sehr gefallen hat war, das sehr gut herübergebracht wurde, dass der keine Anwalt bei einem Prozess gegen so einen großen Konzern keinerlei Chance hat, da er nicht über die finanziellen Mittel verfügt, sich dementsprechend vorzubereiten.Das Einholen von Gutachten und das Beschaffen von Zeugen, die überzeugend und kompetent wirken, ist eine rein finanzielle Sache. Um so mehr hat es mir Spaß gemacht,zu beobachten, wie wenigstens eine kleine Genugtuung erfolgte, als man über die Machenschaften mancher Konzerne berichtete.In diesem Buch wird wirklich eine Lanze für die kleinen Anwaltskanzleien gebrochen,die sicherlich nicht immer Juristen a la Finnley und Figg aufweisen,aber trotzdem manchmal ums nackte Überleben kämpfen müssen. Trotzdem haben mich die Besitzer dieser Kanzlei über 460 Seiten gut unterhalten, die Figuren sind sehr humorvoll, aber trotzdem realistisch dargestellt worden. Auch der Fall des kleinen Thuya hat mich begeistert. Ich habe mich nicht eine Minute gelangweilt und ich finde, dem Autor ist dieser Roman ausgezeichnet gelungen. Spannung darf man von diesem Buch nicht erwarten , aber 460 Seiten großartige Unterhaltung.

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Veröffentlicht am 01.02.2024

ein außergewöhnlicher Roman

Die Klavierbrücke
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Wer ist Oliver Fehn ? Als ich diesen Namen googelte erschienen schon einige Bücher, die er geschrieben hat, die mir aber nichts sagten. Das wird sich nach dem Lesen dieses Buches ändern."Die Klavierbrücke" ...

Wer ist Oliver Fehn ? Als ich diesen Namen googelte erschienen schon einige Bücher, die er geschrieben hat, die mir aber nichts sagten. Das wird sich nach dem Lesen dieses Buches ändern."Die Klavierbrücke" ist ein wunderbares Buch, das eigentlich keinem Genre richtig zuzuordnen ist.Ein bisschen Krimi, ein bisschen Entwicklungsroman, ein bisschen Liebes,-bzw. Freundschaftsroman, aber durch seine wunderbare Sprache und das ungewöhnliche Umfeld, ein kleines Dorf irgendwo in nicht allzu weiter Entfernung von Frankfurt, ein außergewöhnliches Leseerlebnis, das sich vom Mainstream deutlich abhebt.

Um nicht allzu viel vom Inhalt zu verraten, was einem bei 150 Seiten schnell passieren kann ,fasse ich mich kurz und verweise auf den Klappentext des Buches, der alles wichtige sagt, ohne zuviel preis zu geben.

Der Autor findet intuitiv die richtigen Worte um Situationen zu beschreiben, lässt dem Leser aber auch Raum, um sich seine eigenen Gedanken zu machen.Wenn man diese schmale Büchlein schließt, tut man dies mit dem sicheren Gefühl, etwas Außergewöhnliches gelesen zu haben.

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Veröffentlicht am 01.02.2024

gelungen

Im Tal des Fuchses
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Als mir meine Kollegin vor einigen Jahren die Bücher von Charlotte Link empfahl, hielt sich meine Begeisterung gelinde gesagt in sehr engen Grenzen. Vermutete ich aufgrund der sonstigen Empfehlungen ihrerseits ...

Als mir meine Kollegin vor einigen Jahren die Bücher von Charlotte Link empfahl, hielt sich meine Begeisterung gelinde gesagt in sehr engen Grenzen. Vermutete ich aufgrund der sonstigen Empfehlungen ihrerseits reine "Frauenromane". Herzschmerz und Liebeleien, schmachtende Weibchen die sich nach dem Retter in der vermeintlichen Not sehnen, ala Rose... Ach es wissen sicher alle welche englische Schriftstellerin gemeint ist :)
Was das Gegenteil von dem ist, was ich gern lese....
Weit gefehlt!!!! Nach meinem ersten Buch " Der Beobachter" war ich mehr als nur begeistert... Es folgten viele weitere Bücher von Frau Link und auch dieses hat mich nicht enttäuscht. Ich konnte es nicht mehr weg legen und habs an einem regnerischen Tag durch gelesen. Man muss sich ein bisschen an die verschiedenen Protagonisten gewöhnen, versteht dann so nach und nach wie die Charaktere zusammenhängen und auch eine überraschende Wendung ist in fast allen Büchern zu finden. Das macht es schwer die Bücher wieder aus der Hand zu legen.
Ich kann nur sagen: ich freu mich auf das Nächste!

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Veröffentlicht am 01.02.2024

super

Alles muss versteckt sein
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Marie soll einen Menschen umgebracht haben. Alles deutet darauf hin, Beweise liegen vor. Sie wird verurteilt und in die Forensische Psychiatrie eingewiesen. Sie selbst ist ebenfalls überzeugt davon, ihren ...

Marie soll einen Menschen umgebracht haben. Alles deutet darauf hin, Beweise liegen vor. Sie wird verurteilt und in die Forensische Psychiatrie eingewiesen. Sie selbst ist ebenfalls überzeugt davon, ihren geliebten Freund Patrick ermordet zu haben. Wieso auch nicht? In ihren Gedanken hat sie das schon tausendmal durchlebt, die grausamsten Fantasien spielen sich regelmäßig in ihrem Kopf ab. Doch nach und nach kommen ihr Zweifel - denn die bloße Vorstellung, so echt und ausgefeilt sie auch sein mag, bedeutet ja noch lange nicht, es auch in die Realität umsetzen zu können. Oder doch?

"Alles muss versteckt sein" ist ein wirklich schlimmer Thriller. Schon beim Anblick des Covers wird mir leicht anders. Aber das ist längst nicht alles! Die Vorstellung, dass jemand aggressive Zwangsgedanken hat, die so brutal sind, die so durchdacht erscheinen, ist einfach gruselig. Noch heftiger ist die Tatsache, dass sich solch düstere Gedanken häufig um genau das drehen, was man am meisten liebt. In Maries Fall ganz klar: Patrick und Kinder. Die Erzieherin scheint zu allem in der Lage, nach ihren Illusionen zu urteilen. Doch ob sie wirklich so gerissen ist, das alles umzusetzen?
Der Leser wird immer wieder mit Maries schrecklicher Gedankenwelt konfrontiert und muss sich mit ihr ein Blutbad nach dem anderen ausmalen. Hier liegt allerdings der große Unterschied: der Leser entscheidet ganz klar, ob er sich solche Szenen antun möchte oder nicht. Marie hat keine Wahl, sie ist in ihrer Alptraumwelt gefangen! Unvorstellbar gespenstisch!
Toll, dass die Autorin dieses wichtige Thema aufgegriffen und so ansprechend verpackt hat. Im Nachwort nimmt sie noch einmal darauf Bezug und es gibt übrigens auch weiterführende Literaturtipps.

Die Story wird über Marie erzählt, wenn sie allerdings ihre letzten Wochen vor der Bluttat, vor dem kaltblütigen Mord, den sie begangen haben soll, rekonstruiert, schildert sie diese in der Ich-Form. Meiner Meinung nach sehr gelungen, ich hätte auch nichts dagegen gehabt, wenn alles aus ihrer Sicht direkt an den Leser gegangen wäre.

Die Charaktere wirken ausgereift und sympathisch. Marie mochte ich von Anfang an, auch Patrick schien mir sehr nett und ein toller Anker für sie. Umso unwahrscheinlicher erschien es mir, dass sie ihn ermordet haben soll. Ihn, der sie endlich wieder glücklich macht. Allerdings scheint die Krankheit wirklich unberechenbar...

Das Buch beinhaltet einige Wendungen und Überraschungsmomente, so dass beim Lesen keinerlei Langeweile aufkommt. An die ist sowieso bei den ganzen dunklen Schilderungen nicht zu denken.

Was den Ausgang angeht, so muss ich sagen, dass ich ziemlich schnell einen Verdacht hatte, wer auf jeden Fall in die ganze Sache involviert ist - dieser hat sich dann letztlich auch bestätigt, allerdings in ganz anderem und ungeahnten Ausmaß. Das Ende ist meiner Meinung nach völlig unvorhersehbar und in meinen Augen auch überzeugend. Ein bestimmter Umstand (bzw. eine bestimmte Verbindung) hätte vielleicht anders sein können, damit man nicht gar so nah an die Grenze zur Fiktion gerät, aber an sich empfinde ich die Auflösung als durchaus geglückt und auch nicht als völlig ausgeschlossen.

Mir wird die Geschichte noch lange im Gedächtnis bleiben, ich vergebe die volle Punktzahl und eine ganz eindeutige Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 01.02.2024

vielen Dank für dieses Buch

Vielen Dank für das Leben
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Vielen Dank für das Leben“ ist meiner Meinung nach in unserer Gesellschaft ein wenig gebräuchlicher Satz. Oft verlangen wir Menschen zu viel, wollen zu viel und rennen ein ganzes Leben lang einem unerreichbaren ...

Vielen Dank für das Leben“ ist meiner Meinung nach in unserer Gesellschaft ein wenig gebräuchlicher Satz. Oft verlangen wir Menschen zu viel, wollen zu viel und rennen ein ganzes Leben lang einem unerreichbaren Ziel hinterher. Hält man dann ein Buch in den Händen mit dem Titel: „Vielen Dank für das Leben“, geht man davon aus, wenn man die Autorin Sibylle Berg nicht kennt, dass es hier um schöne Dinge des Lebens geht. Doch es geht hier nicht um schöne Dinge, denn in dem Titel schwingt leichte Ironie mit.

Toto ist ein besonderer Mensch. Er ist ein im Suff erzeugter Hermaphrodit, im sozialistischen Alltag von 1966 ein Nichts. Kurz nach der Geburt gibt die hoffnungslos mit ihrem Leben und diesem Nichts überforderte, alkoholabhängige Mutter ihn in ein Heim und verlässt ihn für immer. Eigentlich eine glückliche Fügung, aber auch im Heim wird Toto nur abgelehnt und ausgegrenzt. Seine Außenseiterposition in dem sozialistischen Heim - man könnte es eher ein sozialistisches Boot Camp nennen, denn dort werden die Kinder durch Härte zu Marionetten des Regimes geformt- teilt er mit Kasimir, einem sehr stillen und in sich zurückgezogenen Jungen. Freundschaft ist anders, auch wenn es einige stille Momente der Geborgenheit gibt. Eines Tages werden Toto auch diese Momente gestohlen, als seine Erzieherin ihn als billige Arbeitskraft an einen versoffenen Bauern verschachert. Jeder Mensch hätte wohl spätestens in dieser tristen und freudlosen Umgebung aufgegeben, doch Toto bleibt unberührt von den Schikanen und der Schinderei und entwickelt sich trotzdem zu einem besonderen Menschen. Er fragt nicht nach Gründen, bewegt sich im Hintergrund und nimmt sich selbst nicht so wichtig, bewertet Menschen nicht nach ihren Taten, sondern er beobachtet sie nur still und passt sich jeder neuen Lebenssituation an. Sein Leben wird oft von Zufällen bestimmt und von der Sehnsucht nach Veränderung geleitet, auch an dem Tag, als er einer westdeutschen Gruppe begegnet, die ihn in den Westen schmuggelt. Toto hat nun die Chance, dem für ihn unbegreiflichen Sozialismus zu entfliehen und hofft auf einen Platz für sich in der BRD - dem goldenen Westen- wo der Kapitalismus sozialistische Hoffnungen zerstört.

Sibylle Berg erzählt mit aufwendigen und komplizierten Sätzen, in einer teilweise sehr deprimierenden und ironischen Art, die Geschichte von Toto und zeigt dem Leser viele Brennpunkte des Lebens auf. Berichtet vom Scheitern zweier Gesellschaftssysteme und mahnt während Totos Lebensphasen, dass Liebe und Zuwendung keine Selbstverständlichkeit sind. Viele Menschen, die in diesem Buch beschrieben werden, sind durch ihre Taten abschreckende Beispiele ihrer Spezies. Ihr Lebensstil ist geprägt von Alkoholismus, Prostitution und Unterdrückung. Das Buch bekommt dadurch eine sehr triste und traurige Stimmung.
Sibylle Berg muss eine große Beobachtungsgabe haben, denn sie beleuchtet den Menschen auf der Suche nach neuen Impulsen und dessen chronische Unzufriedenheit. Manchmal schildert sie diese so vernichtend und grausam, dass es mich als Leser regelrecht ekelte. Doch man erkennt immer wieder die Ironie in den Situationen.

Im ersten Kapitel musste ich mich an Sibylle Bergs Schreibstil gewöhnen, denn ihre vollgepackten Sätze ohne Dialoge, bedurften meiner ganzen Konzentration. Aber gerade dieser Stil hat mich sehr neugierig auf das Buch und die Autorin gemacht.

„Vielen Dank für das Leben“ ist kein Wohlfühlbuch, denn man muss damit rechnen, dass es negative Gefühle weckt. Die Autorin provoziert gekonnt und hält dem Leser einen Spiegel vor und zeigt aber keine Lösungsvorschläge auf.
Für mich war es eine ganz neue Erfahrung, ein Buch zu lesen, dass eine sehr negative Stimmung verbreitet und mich trotzdem begeistern konnte.
Ein Gedanke begleitete mich noch sehr lange

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