Schwierige Mütter-Töchter Beziehungen
Wir sitzen im Dickicht und weinenValerie und ihre Mutter Christina haben ein schwieriges Verhältnis zueinander, auch jetzt noch, wo sie beide erwachsen sind. Ebenso erging es bereits Christina mit ihrer Mutter und auch die Beziehung zwischen ...
Valerie und ihre Mutter Christina haben ein schwieriges Verhältnis zueinander, auch jetzt noch, wo sie beide erwachsen sind. Ebenso erging es bereits Christina mit ihrer Mutter und auch die Beziehung zwischen Valerie und ihrem Teenagersohn Tobi ist nicht konfliktfrei.
Felicitas Prokopetz schreibt über Eltern-Kind-Beziehungen, insbesondere über Mütter und Töchter. Dabei beleuchtetet sie exemplarisch Valeries Familie zurück bis zu beiden Großmüttern und deren Situationen. Es ist ein kluger Roman, der mit vielen starken Sätzen zum Nachdenken anregt. Zum einen, wie sehr Mütter uns prägen, unsere Werte, unsere eigene Person und unsere Vorstellung vom Mutterbild selbst. Und zum anderen veranschaulicht, wie unfrei Mütter in ihren Rollen sind. Wie sehr unsere Gesellschaft und die finanzielle Abhängigkeit sie oft zwingen gegen ihre persönlichen Vorstellungen zu handeln.
„Es war nur zu wenig, weil Mama meine Mutter sein musste. Hätte Mama auch mein Vater sein können, wäre jemand anderer dafür zuständig gewesen, mich zu versorgen, hätte sie unbehelligt von allen häuslichen und emotionalen Verpflichtungen einem Beruf ihrer Wahl nachgehen können, wäre sie wahrscheinlich stabiler gewesen; es hätte gereicht.“ S. 129
Alle diese Mütter, über die drei Generationen hinweg, wollen es bei ihren Kindern besser machen, als sie es selbst erlebt haben. Alle stoßen dabei an Grenzen.
Die Kapitel sind sehr kurz und wechseln dabei jedes Mal zwischen den verschiedenen Müttern und Töchtern ab. Das führte zu Beginn bei mir zu einiger Verwirrung, bei wem ich mich gerade befand. Mit der Zeit wurde es dann besser. Der Vorteil dieser Erzählweise erschloss sich für mich erst im Verlauf der Geschichte. Führte diese bei mir dann vor allem zu einem Verständnis für die verschiedenen Figuren, dass ich sonst nicht empfunden hätte. Denn die Autorin schildert immer wieder Momentaufnahmen, die mir nahe gingen, in denen ich die jeweilige Tochter nur zu gerne in den Arm genommen hätte. Hätte mir hier das Hintergrundwissen zu der jeweiligen Mutter gefehlt, hätte ich diese vorschnell als kaltherzig und unsensibel abgestempelt. So kann ich zwar manches nicht gutheißen, aber das Verhalten im Kontext erklären.
Felicitas Prokopetz ist hier ein vielschichtiger und dichter Roman gelungen, der Missstände aufzeigt und das Thema Muttersein in verschiedene Kontexte und Zeiten setzt. Wie viel Kraft, Selbstaufgabe und Zeit uns Kinder kosten und gleichzeitig, wie viel wir bereit sind für sie zu geben.
Ein starkes Debüt, das nachwirkt und ich gerne empfehle.