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Veröffentlicht am 12.08.2019

Hauptsache Sex!

Großmutters Haus
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Das lernt Malina von ihrer Großmutter Kristyna, die ihr Alter genießt, lebt, wie sie will und ganze Armaden williger Herren - oder soll ich sagen, Kerle - in ihr Bett lässt. Wenn ich richtig verstanden ...

Das lernt Malina von ihrer Großmutter Kristyna, die ihr Alter genießt, lebt, wie sie will und ganze Armaden williger Herren - oder soll ich sagen, Kerle - in ihr Bett lässt. Wenn ich richtig verstanden habe, allerdings hintereinander, nicht gleichzeitig. Malina hat ihre Großmutter seit Jahren nicht mehr gesehen, dachte eigentlich, sie sei tot. Eine Sendung Kristynas an die Enkelin bringt diese wieder zurück in ihr Leben - sie begibt sich auf die Suche und findet Kristyna an einem faszinierenden Ort: in einem Haus mitten im Wald, einem kleinen Idyll sozusagen.

Malina fühlt sich fast wie in einem Märchen, gefangen von der Oma und ihrem Umfeld. Kristyna, Herrin über eine Cannabis-Plantage, soll als lebensklug, weise und wegweisend rüberkommen - Malina, die gerade an einem Scheideweg angelangt ist, erfährt in den zwei Wochen, die sie bei ihr verbringt, von ihr, wo es langgeht - im wahrsten Sinne des Wortes. Die Anregungen der Älteren laufen alle darauf hinaus, maximalen Genuss zu erzielen. Sozusagen Sex aus allen Lebenssituationen herauszufiltern.

Eine Frau, die so lebt, so denkt? Man sollte sich vor Augen halten, dass hier ein Mann schreibt, der sich an das Tiefste, das Innerste von gleich zwei Protagonistinnen heranwagt. Der also in die Frauen - eine jung, die andere schon älter - hineinschaut. Aus meiner Sicht ist ihm das nicht gelungen. Überhaupt gar nicht. Ich finde, er schreibt so, wie ein Mann eine Frau sehen und haben will. Denn Kristyna denkt und spricht wie ein lustbetonter Mann. Oder wie das Klischee eines solchen. Und Malina ist eine mehr oder weniger gefügige Elevin. Finde ich. Und ärgere mich ziemlich über diesen Roman, der zwar einige schöne Sätze, aber keine - für mich - wertvollen Gedanken, Erfahrungen, Erkenntnisse und/oder Botschaften enthält.

Veröffentlicht am 30.12.2017

Der dreitägige deutsche Sommer von 1988

Ein deutscher Sommer
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Es gab einen, DEN, deutschen Herbst - das war der im Jahre 1977, in dem die RAF Deutschland mit ihrem Tun konfrontierte, es in Angst und Schrecken versetzte, aber auch dazu brachte, kritisch zu denken, ...

Es gab einen, DEN, deutschen Herbst - das war der im Jahre 1977, in dem die RAF Deutschland mit ihrem Tun konfrontierte, es in Angst und Schrecken versetzte, aber auch dazu brachte, kritisch zu denken, die Politik, ihr Drumherum und ihre Wirkungen mehr als bisher zu reflektieren. Lehnt sich der Autor Peter Henning mit seinem Roman über das als "Gladbecker Geiseldrama" in die Geschichte eingegangene dreitägige Drama von August 1988 an diese Bezeichnung an?

Offensichtlich ist es so - das Handeln des Staates und der Polizei wurde schließlich auch hier in Frage gestellt, zeigte die Ohnmacht und Überforderung der Staatsorgane bei Einzelaktionen, mit denen nicht zu rechnen war.

Peter Henning lässt seinen Roman an genau den drei Tagen spielen, an dem das traurige Ereignis, der Gladbecker Bankeinbruch und die darauf folgende Verbrecherjagd also, stattfand. Das Verbrechen selbst, die Ereignisse darum, stehen nur gelegentlich im Mittelpunkt: Der Roman thematisiert vor allem die Schicksale einer ganzen Reihe von Charakteren, die meisten davon fiktiv, an diesen drei Tagen. Der Busfahrer Adam (fiktiv), der den von den Gangstern gekidnappten Bus in Bremen fuhr, die Taxifahrerin Chris, auf deren Taxi geschossen wurde (fiktiv) stehen wie der Reporter Peter Ahrends (real) und der Polizeibeamte Kirchner dem Geschehen durchaus noch nahe und sind darin eingebunden, bei Thomas Bertram, einem weiteren fiktiven Reporter und Brigitte, der Autorin von Kitschromanen, sind die Zusammenhänge schon sehr weit hergeholt.

Das Buch ist flüssig zu lesen, zwar mit Längen, doch Langeweile kommt selten auf - dafür wechseln sich die Episoden um die verschiedenen Protagonisten zu häufig ab, allerdings leider weit von der Qualität solcher Episodenromane wie "Kapital" von John Lanchester oder "Strahlend schöner Morgen" von James Frey entfernt. Im Klartext: aus meiner Sicht war der "Nervfaktor" ziemlich hoch und ich war des öfteren geneigt, das Buch aus der Hand zu legen. Nicht nur, dass der Autor wie seine Protagonistin Brigitte teilweise selber in das Niveau von Kitschromanen abdriftet, nein, auch mit Fakten wird teilweise überaus nachlässig umgegangen. Das Jahr 1988 ist nicht immer authentisch präsentiert, wenn bspw. eine Projektassistentin den ganzen Tag Computerspiele am PC im Büro spielt und ein 90jähriger seinen Erinnerungen an den Rußlandfeldzug nachhängt. Waren einerseits PC' s damals noch viel zu kostbar, um für sowas "verbraten" zu werden, wurden andererseits nicht mitten im Krieg schon ältere Männer an die entlegensten Schauplätze geschickt - meines Wissens wurden sie eher zum Ende des Kriegs eingezogen, als die Front schon wesentlich näher gerückt war.

Klarer Fall: das Lesen dieses mitunter gar makaber wirkendenden Romans wirft viele Fragen auf, lässt Bauchschmerzen entstehen und macht definitiv wenig bis gar keinen Spaß. Ich selbst war neugierig, wie der Autor mit dieser Tragödie umgeht, wie er sich damit auseinandersetzt und kann nun sagen: es lohnt sich nicht - man erspart sich eine Menge Ärger, indem man nicht zum Buch greift.

Veröffentlicht am 04.03.2024

Ich kann das nicht so recht glauben

Erinnerung und Lüge
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Nämlich die Begeisterung der jungen Wissenschaftlerin für die Erzählungen der alten Dame des Hauses Oh, was habe ich mich durch das Buch gequält. Und das, obwohl ich selbst Erzählungen von früher liebe ...

Nämlich die Begeisterung der jungen Wissenschaftlerin für die Erzählungen der alten Dame des Hauses Oh, was habe ich mich durch das Buch gequält. Und das, obwohl ich selbst Erzählungen von früher liebe Wenngleich das nicht immer so war, als ich selbst eine junge Wissenschaftlerin war, konnte ich damit nicht allzuviel anfangen.

Irgendwie fühlte ich mich trotz all meiner zunehmenden Alterszipperlein bei der Lektüre dieses Buches zurückversetzt in diese Zeiten. Das war so gar nicht meins. Erstens waren die Erzählungen für mich total uninteressant und zweitens wurden sie so umständlich erzählt, dass auch das letzte Quäntchen noch vorhandener Begeisterungsfähigkeit schon auf den ersten Seiten des Buches komplett von mir abfiel. Sobald ich diese Rezension beendet haben, werden meine Erinnerungen an dieses Werk von mir abfallen und ich werde mich deutlich lesenswerteren Schriften zuwenden!

Veröffentlicht am 18.02.2024

Vielversprechender Start, der im Chaos endet

Mayfair House
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Ein historischer Roman, Cozy Krimi oder was auch immer, der im Sande verläuft. Wobei die Handlung ausgesprochen vielversprechend startet: Mrs King, Haushälterin in einem Herrenhaus, wird von ...

Ein historischer Roman, Cozy Krimi oder was auch immer, der im Sande verläuft. Wobei die Handlung ausgesprochen vielversprechend startet: Mrs King, Haushälterin in einem Herrenhaus, wird von der Erbin gefeuert und startet einen Rachefeldzug. Plan des selbigen ist, das Haus während eines Balls, den sie noch maßgeblich mit vorbereitet hat, komplett leer zu räumen: ein Raubzug ganz großen Stils.

Den will sie jedoch nicht alleine durchführen - was auch gar nicht möglich wäre, sondern holt sich eine ganze Reihe von Komplizinnen - größtenteils Bekanntschaften aus ihrem früheren Leben - an Bord. Insgesamt sind sie zu siebt und auch von der Beute soll jede ein Siebtel erhalten. Eine Reihe von mehr oder weniger der Halbwelt angehörende Gestalten sind es, die sie rekrutiert, die meisten haben mit ihr eine gemeinsame Geschichte.

So weit so gut - nachdem wir die Bande also kennengelernt haben, bricht ein riesiges Durcheinander aus, dessen ich während meiner Lektüre nicht mehr Herrin werden konnte. Eine unglaubliche Geschäftigkeit brach aus, was ja zum Vorhaben auch ganz gut passte. Nur konnte ich die einzelnen Aktionen nach einer Weile gar nicht mehr einander zuordnen geschweige denn diese in die Geschichte einordnen.

Am Ende war ich ebenso enttäuscht wie verwirrt und kann dieses Buch leider überhaupt nicht weiterempfehlen.

Veröffentlicht am 21.01.2024

Hier wird nicht im Trüben, sondern im Seichten gefischt

Die Eisfischerin vom Helgasjön
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Eine herbe Enttäuschung war der Roman mit dem vielversprechenden Titel für mich. Es geht nicht so sehr um den hohen Norden, der ausschließlich als ebenso kühle wie (un)atmosphärische Kulisse ...

Eine herbe Enttäuschung war der Roman mit dem vielversprechenden Titel für mich. Es geht nicht so sehr um den hohen Norden, der ausschließlich als ebenso kühle wie (un)atmosphärische Kulisse für Riekes Hineinschlittern in ein neues Liebesglück dienen darf.

Wobei schon auf den ersten Seiten klar wird, dass Marco alles andere als der Traumprinz fürs ganze Leben ist: weder unterstützt er Rieke während ihrer Krankheit, noch kommt er auf die Idee, den anvisierten Skiurlaub mit Freunden dafür zu stornieren.

Statt dessen ist es die liebe Mama, die dafür sorgt, dass Rieke sich nach Schweden begibt. Und dort "ganz zufällig" ihrer Jugendliebe, einem Kommilitonen, begegnet - wohlgemerkt haben sie in Norddeutschland und nicht in Skandinavien studiert.

Auch alles andere ist ähnlich konstruiert - für mich alles andere als ein Roman, in den man sich begeistert hineinfallen lassen kann. Ganz im Gegenteil - ich war froh, als ich da wieder raus war!