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Christina19

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Veröffentlicht am 02.06.2023

Ein typischer Jonasson...

Der Massai, der in Schweden noch eine Rechnung offen hatte
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Das Buch „Der Massai, der in Schweden noch eine Rechnung offen hatte, ist mir durch sein besonderes Cover ins Auge gestochen. Wie alle Romane von Jonas Jonasson ist es mit einem Tiermotiv versehen und ...

Das Buch „Der Massai, der in Schweden noch eine Rechnung offen hatte, ist mir durch sein besonderes Cover ins Auge gestochen. Wie alle Romane von Jonas Jonasson ist es mit einem Tiermotiv versehen und in schlichter Farbigkeit gehalten. Ich mag die Gestaltung sehr gerne, auch wenn ich den Zusammenhang zwischen der Giraffe und dem Inhalt nicht ganz verstehe – vielleicht hätte ein Kaffernbüffel oder ein Löwe besser gepasst!?

Inhaltlich und stilistisch ist das Buch ein typischer Jonasson: Die Geschichte steckt voller Witz, kurioser Zufälle und unvorhergesehener Wendungen: Nachdem der Schwede Kevin von seinem Vater in Afrika ausgesetzt wurde, wächst er bei Ole Mbatian, seines Zeichens Häuptling der Massai und Medizinmann, auf. Eines Tages reist Kevin zurück nach Schweden, woraufhin Ole Mbatian ihm folgt und in Stockholm für so einiges Chaos sorgt… Die Charaktere zeichnet Jonasson für den Leser gut greifbar. Der Handlungsverlauf ist manchmal sehr detailliert beschrieben und teils rasant erzählt - meistens kann man ihm aber gut folgen. Eine wichtige Rolle im Buch spielen Werke der Künstlerin Irma Stern. Hier verschwimmen Realität und Fantasie, denn während einige ihrer Bilder als Farbdrucke im Buch zu finden sind, sind andere Werke, die ihr in der Geschichte zugeschrieben werden, frei erfunden.

„Der Massai, der in Schweden noch eine Rechnung offen hatte“ ist ein sehr unterhaltsamer Roman. Leser, die realistische Erzählungen mögen, sind mit einem anderen Buch allerdings besser beraten.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 15.04.2024

Ein Thriller, der zu Natur- und Umweltschutz mahnt

Die Stimme der Kraken
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Seit Jahrhunderten ranken sich Legenden um die Ungetüme in den Gewässern vor Don Cao. Nachdem sie mehrere Menschenleben auf dem Gewissen haben, wächst das Interesse großer Konzerne an den hochentwickelten ...

Seit Jahrhunderten ranken sich Legenden um die Ungetüme in den Gewässern vor Don Cao. Nachdem sie mehrere Menschenleben auf dem Gewissen haben, wächst das Interesse großer Konzerne an den hochentwickelten Lebewesen. Die Bewohner der Insel werden mit einer großzügigen Abfindung umgesiedelt und schon bald beginnt die Wissenschaftlerin Ha unter größter Geheimhaltung mit der Erforschung der Tiere. Während sie erstaunliche Entdeckungen zur Sprache und Kultur der Kraken macht, geschehen im Rest der Welt ungeheuerliche Dinge…

Die Handlung spielt in der Zukunft, in der Künstliche Intelligenz längst zum Alltag gehört. Mit selbststeuernden Schiffen, allgegenwärtiger Überwachung durch Drohnen und dem ersten Androiden wird aufgezeigt, in welche Richtung sich unsere bisherigen technischen Errungenschaften noch entwickeln könnten. Teils empfinde ich das Szenario als sehr beängstigend!
Eingebettet in dieses Setting erleben wir abwechselnd die Wissenschaftlerin Ha, den Hacker Rustem und den Sklaven Eiko. Neben den drei genannten Figuren tauchen etliche Nebencharaktere auf. Die in dem Buch gewählten Namen sind für mich eher ungewöhnlich, weshalb ich anfangs einige Mühe hatte, mir diese zu merken und sie auseinanderzuhalten. Man lernt jede der Hauptfiguren ein wenig kennen und erfährt, was sie in ihre aktuelle Lebenssituation gebracht hat. Auffallend ist, dass alle drei eine gewisse Gleichgültigkeit gegenüber ihren Mitmenschen aufweisen. Sie haben daher kaum soziale Kontakte und sind sehr einsam. Nach meiner Auffassung ist dies eine Folge der fortgeschrittenen Technisierung der Welt. Leider wurde ich mit keiner der drei Figuren wirklich warm, bis zum Schluss blieben sie mir fremd. Vieles bleibt in den Erzählungen nur vage umschrieben – allen Voran die Auftraggeber der Charaktere bzw. deren Interessen. Hier erfährt man lediglich, dass hinter den Machenschaften Großkonzerne stecken, für die ein Menschenleben nichts wert ist. Um ihre Interessen durchzusetzen, nehmen sie daher auch Sklaverei und Mord in Kauf. Damit wird in dem Buch ein sehr düsteres Weltbild gezeichnet. Die drei Erzählstränge werden am Ende zusammengeführt, sodass mir einige Inhalte und Verbindungen erst dann klar wurden.
Im Lauf der Geschichte werden an mehreren Stellen die Funktionsweisen des menschlichen Gehirns oder des Körpers einer Krake beschrieben. Auch beinahe philosophische Absätze darüber, was Verstand bedeutet oder die Seele ist, sind enthalten. An diesen Stellen fiel es mir zeitweise etwas schwer zu folgen. Die Kapitel sind kurz gehalten, sodass sie sich meist zügig lesen lassen. Der Autor versteht es dabei, jeden Leseabschnitt so zu gestalten, dass er mit einer Situation endet, die neugierig auf die weiteren Ereignisse macht.
„Die Stimme der Kraken“ behandelt mehrere Themenkomplexe. Das Buch ist eine Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten, die uns die KI bietet ebenso wie eine Auflistung der Gefahren, die von ihr ausgehen. Vor allem aber übt der Roman deutliche Kritik an uns Menschen, die wir uns oft als die am weitesten entwickelte Spezies sehen und keine anderen Lebewesen mit ähnlicher Kultur und Sprache neben uns dulden. In der Geschichte klingt die Aufforderung an, sich nicht als überlegener Herr der Welt anzusehen, sondern im Einklang mit der Umwelt und in Verbundenheit mit anderen Spezies zu leben. Dazu gehört es, ab und an die Perspektive zu wechseln: Wir Menschen nehmen unsere Umgebung auf eine ganz bestimmte Art und Weise wahr. Doch wie sieht unsere Umwelt uns? Wie sieht die Krake die Spezies Mensch, die in ihren Lebensraum eindringt, diesen gefährdet und zahlreiche Tiere jagt? Nur dann, wenn man sich diese Fragen stellt, ist ein gegenseitiges Verständnis möglich. Damit ist „Die Stimme der Kraken“ ein eindringliches Plädoyer für die Auseinandersetzung mit der Natur und unserer Umwelt sowie eine Aufforderung zu deren Schutz.

Veröffentlicht am 04.03.2024

Das bedrückende Schicksal zweier Familien

Leuchtfeuer
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Eine Familie, die ein Geheimnis mit sich trägt, und eine Familie, deren Sohn besondere Interessen hegt. Beide Nachbarn. Ihr Schicksal führt sie zusammen. Dies sind - knapp formuliert - die Zutaten für ...

Eine Familie, die ein Geheimnis mit sich trägt, und eine Familie, deren Sohn besondere Interessen hegt. Beide Nachbarn. Ihr Schicksal führt sie zusammen. Dies sind - knapp formuliert - die Zutaten für den Roman "Leuchtfeuer".
Nachdem die Geschwister Theo und Sarah einen schweren Verkehrsunfall mit tödlichem Ausgang verursacht haben, liegt ein dunkler Schatten über der bisher glücklichen Familie. Statt jedoch über das Geschehene zu reden und die Ereignisse aufzuarbeiten, schweigt Familie Wilf.
Als Jahre später auf der gegenüberliegenden Straßenseite ein junges Paar einzieht, bringt der Zufall Ben Wilf mit deren Sohn Waldo zusammen. Zwischen ihnen, die beide ihr Päckchen zu tragen haben, entwickelt sich eine enge Beziehung.

Nachdem dieses Buch so intensiv beworben wurde, wollte ich es unbedingt lesen. Leider kann ich die Begeisterung hierfür nicht teilen, was schon mit der Erzählweise beginnt: Die Geschichte wird nicht chronologisch erzählt, sondern enthält Rückblenden und Vorausschauen. Bis zum Schluss konnte ich mich damit nicht richtig anfreunden, da es mir das Verständnis erschwerte und teilweise auch Ereignisse vorweggenommen wurden.
Auch inhaltlich ist das Buch hinter meinen Erwartungen zurückgeblieben. So hatte ich darauf gehofft, dass alle Familienmitglieder die Einsicht gewinnen, man müsse über den schlimmen Unfall sprechen und dass sie ihr Trauma dadurch gemeinsam bewältigen. Hier hätte ich mir also ein versöhnliches Ende gewünscht. Stattdessen hat das Geschehene die Familie jahrelang belastet und die einzelnen Mitglieder entzweit. Erst viel zu spät haben Theo, Sarah und Ben begonnen den Unfall aufzuarbeiten, sodass die negative Grundstimmung des Buches für mich bis zum Ende bestehen blieb.
Ein nicht unerheblicher Teil des Romans dreht sich um Familie Shenkman, die zwar keinen direkten Bezug zu dem Autounfall hat, die jedoch ebenfalls ein schwieriges Schicksal ereilt. Deren Sohn Waldo ist eine bezaubernde Figur, die mir definitiv ans Herz gewachsen ist. Er ist es, der beide Familien zusammenbringt. Die Umstände, unter denen Waldo aufwächst und lebt, empfinde ich als traurig, sodass mich auch dieser Teil des Romans bedrückt zurücklässt.
Wenn ich ein positives Resümee aus "Leuchtfeuer" ziehen müsste, dann die persönliche Erkenntnis, dass innerhalb der eigenen Familie belastende Themen nicht unausgesprochen bleiben sollten.

Veröffentlicht am 07.01.2024

Kritik an der japanischen Gesellschaft

Die Ladenhüterin
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„Die Ladenhüterin“ erzählt von Keiko, die ihr Leben dem Konbini, einem 24-Stunden-Supermarkt, verschrieben hat. Sie verdingt sich als Aushilfe, als welche es ihre Aufgabe ist, Kunden stets freundlich zu ...

„Die Ladenhüterin“ erzählt von Keiko, die ihr Leben dem Konbini, einem 24-Stunden-Supermarkt, verschrieben hat. Sie verdingt sich als Aushilfe, als welche es ihre Aufgabe ist, Kunden stets freundlich zu begrüßen, die Regale regelmäßig aufzufüllen und die Kasse zu bedienen. Als sie auf Shiraha trifft, bringt das ihr gewohntes Leben gehörig durcheinander.

Dieses Buch hat mich anfangs gut unterhalten, mich zwischenzeitlich verwirrt und schließlich vollkommen ratlos zurückgelassen. Die Geschichte hat dadurch noch lange in mir nachgeklungen, sodass ich erst einige Zeit später ein Fazit daraus ziehen konnte.
Keiko, die Protagonistin des Romans, wird von Beginn an als Außenseiterin dargestellt. Sie arbeitet nicht in Vollzeit, sondern lediglich als Aushilfe. Während gleichaltrige Frauen längst verheiratet sind und Kinder haben, geht sie alleine durch das Leben. Oft wirkt Keiko sehr emotionslos – als hätte sie autistische Züge. Dennoch versucht sie sich bestmöglich an die an sie gestellten Erwartungen von Familie, Freunden, der japanischen Gesellschaft anzupassen und sie möglichst vollends zu erfüllen. Dabei verliert sie sich jedoch zunehmend selbst.
Sayaka Murata hält mit ihrem Werk der japanischen Gesellschaft den Spiegel vor. Sie zeigt, welche Erwartungen an den Einzelnen gestellt werden und wie dessen Mitmenschen reagieren, wenn sich eine Person anders verhält. Ein Abweichen von der Norm ist ganz offensichtlich nicht erwünscht. Stattdessen hat jeder Mensch sein irdisches Dasein und entsprechend jede seiner Handlungen dem Wohl der Gemeinschaft zu widmen. Die Autorin übt mit „Die Ladenhüterin“ deutliche Kritik an dieser Einstellung und zeigt durch ihre Hauptfigur Keiko auf, dass man dem eigenen Herzen folgen sollte, um glücklich zu werden.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
Veröffentlicht am 06.09.2023

Hass und Gewalt als Teil der Menschheit(sgeschichte)

NOVA
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Als seine Frau und sein Sohn bedroht werden, lernt sich Davide neu kennen. Trotz der Gefahr für seine Familie ist er nämlich nicht in der Lage, einzugreifen und sie zu beschützen. Stattdessen ist der Neurochirurg ...

Als seine Frau und sein Sohn bedroht werden, lernt sich Davide neu kennen. Trotz der Gefahr für seine Familie ist er nämlich nicht in der Lage, einzugreifen und sie zu beschützen. Stattdessen ist der Neurochirurg wie gelähmt und schaut zu, wie ein Fremder die Situation brutal klärt. Unfähig zu Gewalt macht sich Davide daran, seine Kräfte zu entdecken und zu lernen, diese einzusetzen.

In „NOVA“ lernen wir eine Hauptfigur kennen, die sehr gebildet erscheint und sanftmütig auftritt. Meinungsverschiedenheiten klärt Davide mit Worten – nichts läge ihm ferner als seinen Mitmenschen Schaden durch eine körperliche Auseinandersetzung hinzufügen zu wollen. Entsprechend beschreibt er sich selbst als „Feigling“. Dieser bleibt Davide jedoch nicht, denn er macht im Laufe des Romans eine deutliche Entwicklung durch: Er lernt Aggressionen, Wut und die damit verbundene Gewalt als Urinstinkte kennen, die in jedem Menschen tief verwurzelt sind und die sich nicht dauerhaft unterdrücken lassen. Sein Mentor vermittelt ihm jedoch, dass man die Gewalt beherrschen können muss, ehe sie den Menschen beherrscht. Nicht in jeder Situation gelingt das und so gipfelt auch der Roman in einem erschütternden Finale. Hier stellt sich die Frage, ob Wut, Hass und Gewalt wirklich der richtige Weg sind, um sich zur Wehr zu setzen.
Neben Davide stehen vor allem seine Frau Barbara und sein Sohn Tomasso im Fokus des Geschehens. Mit ihnen und ihren Erlebnissen enthält das Buch einige Nebenschauplätze, die zwar unterhaltsam, für den Kern der Handlung meines Erachtens jedoch nicht relevant sind.
Sprachlich empfand ich den Roman stellenweise etwas herausfordernd, da er viele fachliche Termini enthält, insbesondere solche aus dem medizinischen Bereich.