Profilbild von marcello

marcello

Lesejury Star
offline

marcello ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit marcello über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.03.2024

Mitreißende Liebesgeschichte mit anstrengenden Missverständnissen

Yours Truly
0

Von Abby Jimenez habe ich vor wenigen Jahren schon „Wenn aus Funken Flammen werden“ gelesen und aus irgendeinem Grund habe ich den zweiten Band nicht gelesen. Es lag aber eindeutig nicht daran, dass ich ...

Von Abby Jimenez habe ich vor wenigen Jahren schon „Wenn aus Funken Flammen werden“ gelesen und aus irgendeinem Grund habe ich den zweiten Band nicht gelesen. Es lag aber eindeutig nicht daran, dass ich von ihr als Autorin enttäuscht gewesen wäre. Ich habe die Geschichte noch als sehr dramatisch in Erinnerung, aber auch als sehr gefühlvoll und vom Gefühlsleben her auch sehr nahbar. Dementsprechend ist mir der Name mir auch sofort wieder bekannt vorgekommen, als ich die Ankündigung zu „Yours Truly“ entdeckte. Das Cover war natürlich auch sehr bunt und sprang sofort ins Auge. Aber ich fand auch interessant, dass es medizinische Aspekte haben sollte. Da habe ich von Ava Reed schon die „Whitestone Hospital“-Reihe gelesen, wo die Balance aus Krankenhaus und Liebesgeschichte für mich nicht getroffen wurde. Deswegen gab es hier genug Aspekte, um nochmal was von Jimenez zu lesen.

Haken wir die Balance aus Krankenhaus und Liebesgeschichte gleich mal Erstes ab, denn ich würde es als übertrieben sehen, dass das Medizinische eine wirklich große Rolle spielt. Zwischendurch habe ich ehrlich gesagt fast vergessen, dass beide Hauptfiguren Ärzte sind, weil es für die Geschichte völlig unwichtig fand. Ist das nun zu kritisieren? Vielleicht etwas. Da auf dem Cover beispielsweise auch ein Stethoskop zu sehen ist, werden natürlich gewisse Erwartungen erzeugt und ich hatte mir im Ergebnis etwas anderes erwartet. Dennoch war es gleichzeitig auch so wenig, dass ich umgekehrt die Erwartung schnell abbauen konnte und deswegen beim Lesen auch nicht wirklich etwas vermisst habe. Insgesamt hätte „Yours Truly“ ganz anders werden können und aufgrund des eigenen Gesundheitsschrecks der Autorin hätte ich gut nachvollziehen können, wenn sie einen größeren Fokus auf das Medizinische gewollt hätte.

Stattdessen steht eindeutig die Liebesgeschichte von Briana und Jacob im Fokus und ich fand vor allem sehr positiv, wie individuell beide Figuren bis in kleine Details ausgearbeitet waren. Bei Briana haben wir ihre Vergangenheit, vom Vater verlassen, am Minimum von der Mutter alleine groß gezogen, dazu eine gescheiterte Ehe mit schwerem Betrug. Bei Jacob haben wir eine glückliche Kindheit, aber durchaus immer schon ein Außenseiter-Dasein aufgrund seiner Sozialphobie, die sich bei ihm viel durch zwanghaftes Verhalten auslebt. Ich fand gerade Jacob sehr spannend. Auch wenn natürlich auch seine äußerliche Attraktivität betont wird, aber gleichzeitig ist sein unbeholfenes Wesen und ein Einblick darin, was alles in seinem Kopf vorgeht, für mich doch sehr ungewöhnlich. Da ich selbst gewisse Züge davon habe, weiß ich, wie anstrengend das von anderen empfunden werden kann. Das hat mich natürlich sehr mitfühlend mit Jacob gemacht und ich habe mich über all seine Erfolge im Kampf gegen sich selbst wirklich sehr gefreut. Aber bei Briana bleibe ich auch dabei, dass sie eine tolle Figur ist. Wie sie mit Jacob umgegangen ist, weil es ihrem Bruder auch ähnlich ergangen ist, sehr berührend und sehr einnehmend.

Dennoch ist die Liebesgeschichte für mich trotz dieser Ausgangslage nicht rein rosarot. Es gibt unheimlich viele tolle Momente. Für die beiden als Paar zusammen, mit den jeweiligen Familienmitgliedern, wo auch etwas sehr Heimeliges erzeugt wurde, aber über all dem schwebt schon recht früh ein kaum wegzudenkendes Missverständnis. Es war schon wie eine Art Schleier, den man nie gänzlich lupfen konnte. Ich wäre oft gerne in die Seiten gekrochen und hätte gerne mal Tacheles geredet, weil es schon auch anstrengend war. Am Ende wird dann auch noch eine Dramatik erzeugt, die ich zwar nicht unrealistisch finde, aber es war dennoch auch eine Entscheidung der Autorin, die mich emotional manches Mal zu sehr von der Geschichte entfernt hat. Man muss es Jimenez aber lassen, sie fängt einen auch immer wieder ein. Denn sie hat ein beeindruckendes Händchen von romantischen Momenten, von sehr menschlichem Miteinander. Sie hat einen großen Haufen an sonderbaren und dabei doch so sympathischen Figuren geschaffen. Deswegen war es insgesamt auch sehr unterhaltsam, nur manche Entscheidungen waren für mein persönliches Leseempfinden nicht clever genug.

Fazit: „Yours Truly“ ist eine Lektüre mit sehr liebevoll ausgestalteten Figuren, die mich sehr berührt haben und die wie geschaffen füreinander waren. Es gab auch sensible Themen, die berührend umgesetzt wurde. Doch die volle Sternenanzahl-Lektüre ist es dennoch nicht, weil die Missverständnisse und die Traumata auch schon mal anstrengend wurden. Die Balance war demnach nicht ideal. Dennoch eine sehr empfehlenswerte Autorin.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 05.03.2024

Übernatürliches Klassentreffen

Hunting Souls (Bd. 1)
0

Mit Tina Köpke als Autorin war ich bislang nicht vertraut, auch wenn ich die Cover der „Little Things“-Reihe definitiv mal wahrgenommen. Ich habe mich zwischendurch beim Hörbuch ihrer Vita mal ein bisschen ...

Mit Tina Köpke als Autorin war ich bislang nicht vertraut, auch wenn ich die Cover der „Little Things“-Reihe definitiv mal wahrgenommen. Ich habe mich zwischendurch beim Hörbuch ihrer Vita mal ein bisschen gewidmet und auf ihrem Blog nimmt sie uns Leser ja auch er privat mit tiefgehenden Gedanken mit und auch wenn sie mir wie gesagt bislang als Mensch und Autorin kaum ein Begriff war, konnte ich mich richtig mit ihr freuen, dass „Hunting Souls“ für sie in vielerlei Hinsicht den endgültigen Durchbruch markiert. Aber ist das Buch auch so gut?

Ich habe Band 1 von „Hunting Souls“ wie gesagt als Hörbuch gehört und auch wenn ich Louis Friedemann Thiele zuletzt in einem anderen Hörbuch etwas kritisiert hatte, wie er Frauenstimmen imitiert, so habe ich mich vielleicht inzwischen auch schon echt dran gewöhnt, denn ihn und Rebecca Veil zusammen habe ich als sehr angenehm empfunden. Sie sprechen Katrina und Tate, die in einer übernatürlichen Welt leben, wo es eigentlich alles gibt, wovon man schon mal gehört hat. Normalerweise ist es in dem Genre eher so, dass man sich auf eine Gattung, wie Vampire oder Werwölfe, spezialisiert und der Rest tritt mal als Gast auf, aber Köpke bietet uns hier die wilde Mischung mit Zombies, Vampiren, Hexen, den Jägern und noch so viel mehr. Das hat die Welt auf jeden Fall sehr reich gemacht und ich musste im übertragenen Sinn auch denken, wie tolerant es so wirkt. Auch wenn es natürlich die große Schere zwischen übernatürlichen Wesen und den Menschen, bewusst repräsentiert in Ablehnung durch die Jäger, gibt, aber ansonsten sind die übernatürlichen Wesen untereinander ein gutes Miteinander und das hat mir auf Anhieb gefallen. Zunächst war es aber natürlich dennoch ein großes Sortieren, denn in den Familien ist alles zusammengewürfelt und es geht weniger um biologische Familien, sondern vielmehr um selbst gewählte Familien, aber das wird nicht sofort ersichtlich, so dass es nach und nach Zusammensetzen von Puzzleteilen ist.

Katrina ist als Protagonistin ein riesiges Geschenk. Sie fängt ein wenig den Hype um Wednesday Addams auf, wonach die morbiden und sarkastischen Mädels aktuell in sind, aber ich fand dennoch, dass sie ihre ganz eigene Persönlichkeit schnell entwickelt hat. Ich habe auch noch nie ein Buch aus Zombiesicht gelesen, weswegen ich es doch sehr interessant fand, mit ihr die Welt zu entdecken. Ich mochte auch die Familiendynamik der Smythes. Auch wenn Katrina nicht die empathischste aus der Runde ist, aber man hat ihr deutlich angemerkt, wie sehr sie ihre Familie liebt, die dann untereinander einfach eine ganz eigene Dynamik haben. Tate auf der anderen Seite hat mir auch gleich gefallen. Er ist als Jäger nicht in die Bad Boy-Ecke geschoben, sondern er ist interessiert, er ist offen und er hat eine sehr reflexive Seite an sich. Das mag durchaus daran liegen, dass er wahrlich nicht ewig Jäger ist und daher leichter hinter die Kulissen gucken kann. Bei ihm ist die Familie auch nicht so offen, sondern eher zugeknöpft. Dennoch ist er nicht in allem der Kontrast zu Katrina, sondern ihr ähnlicher als gedacht, was dann auch die gemeinsame Entwicklung so spannend macht. Auch wenn der Zauber, der sie bindet, ein kleines Klischee war, aber es passt durchaus, die beiden in viele Situationen gemeinsam zu zwingen und so die Geschichte ständig gut vorantreiben zu können.

Wir haben auch mehrere Schwerpunkte, denn Katrina hat einen Auftrag durch den Tod. Es gibt jemanden, der Menschen tötet und sie teilweise zu Zombies macht und es gibt die Jäger als verschworene Gemeinschaft. Ich könnte mir vorstellen, dass das alles später in einem Band nochmal zusammenfließen wird, aber hier funktioniert alles für sich gut. Der Geschichte hätten ein paar Höhepunkte zwischendurch gut getan, das steht für mich fest. Es war zwar nie langweilig, aber angesichts der Andeutungen, in welche Richtung es gehen kann, hätte ich mir etwas mehr Härte und Durchschlagskraft sehr gewünscht. So war die Geschichte manchmal braver als nötig.

Fazit: „The Hunting Souls“ bietet einen guten Auftakt. Ich mag diese wilde Mischung an übernatürlichen Wesen und das Miteinander. Dazu überzeugen auch Katrina und Tate mich beide als Figuren, aber auch als unfreiwillige Paarung. Inhaltlich gibt es genug Ansätze, aber vielleicht wäre es noch besser gewesen, zwischendurch mal stärker das Gaspedal durchzudrücken, aber vielleicht ist das Aufsparen für einen tollen zweiten Band.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 26.02.2024

Wenig Fae, aber reizvolle Atmosphäre

Trial of the Sun Queen
0

Zuletzt schaffen es wirklich viele durch TikTok gehypte Fantasyreihen nach Deutschland. Es ist nicht mein liebstes Genre, aber es gibt doch Geschichten, die mich mitreißen können. Auch wenn solche Hypes ...

Zuletzt schaffen es wirklich viele durch TikTok gehypte Fantasyreihen nach Deutschland. Es ist nicht mein liebstes Genre, aber es gibt doch Geschichten, die mich mitreißen können. Auch wenn solche Hypes und gerade dieses Überangebot mich irgendwo auch skeptisch machen, aber so gerade Fae das ist doch was, was mich im Bereich Fantasy interessiert, weswegen ich „Trial of the Sun Queen“ lesen wollte.

Am Anfang des Buchs war ich aber erstmal ziemlich viel damit beschäftigt, mich zu orientieren, welche einzelnen Elemente ich woher kenne. Zwar sind schon extrem viele Fantasyreihen im Klappentext als Referenz genannt worden, aber ich war doch etwas überrascht, wie viel ich als geklaut empfunden habe. Das ganze Spiel um den Thron war sehr an „Tribute von Panem“ erinnernd (auch extrem der Stylist, wo ich an Cinna denken musste), aber auch an „Selection“, was aber insgesamt mehr rosa und freundlicher war. Hier ist die Stilistik doch düsterer und derber. Deswegen musste ich anfangs an „The Darkest Gold“ denken, eine Reihe, die ich wegen einiger Szenen bewusst abgebrochen habe. Doch erfreulicherweise hat sich das schnell gelegt. Es ist zwar sexuell aufgeladen, aber in einem Maß, das ich völlig okay fand. Ich fand es auch erwachsen, weil es nicht nur die romantische Liebe war und so wurde der ganze Stil gut unterstrichen. Am Anfang war also echt schwierig, aber irgendwann ist immer der Punkt, und da kann es noch so viele geliehene Elemente geben, da entscheidet sich, ob eine Autorin oder ein Autor etwas Eigenes geschafft hat und das wurde mir bei Nisha J. Tuli noch bestätigt.

Ich habe das Buch zum Hören gehabt und hier brauche ich nur ganz wenig zu sagen, denn Corinna Dorenkamp und Louis Friedemann Thiele haben hervorragend gelesen und ich habe mich an nichts gestört. Dennoch muss ich im Nachgang sagen, dass es vielleicht nicht unbedingt die ideale Reihe für Hörbuch ist, denn ich habe mich doch sehr schwer mit einigen Namen getan. Sie nicht ausgeschrieben zu sehen, hat es für mich erschwert, da eine feste Assoziation zu haben. Viele Namen wurden zwar so oft erwähnt, dass ich irgendwann die Lautfolge im Kopf habe, aber keine Ahnung, wie sie tatsächlich geschrieben werden. Das mag andere gar nicht stören, aber für mich war es schon etwas störend. Aber an sich war das Hörbuch hervorragend produziert.

Kommen wir jetzt wieder zum Inhalt. Ein Umstand, der hat mich etwas gestört und das ist, wie wenig Fae-lastig das Geschehen in diesem ersten Band ist. Ich könnte mir vorstellen, dass das bei vier ankündigten Bänden noch ganz anders werden kann, aber hier war es wenig. Das liegt natürlich auch daran, dass die meisten Figuren wie Lor in einem Alter sind, wo sich die Kräfte noch gar nicht manifestiert haben, so dass die ganz leichten Vorteile als geborene Fae im Wettkampf auch keinen Unterschied gemacht haben. Deswegen war das Thema quasi unter dem Tisch und das fand ich doch schade, weil ich die verschiedenen Fähigkeiten gerne ergründet hätte. Deswegen habe ich manches Mal etwas vergessen, dass es überhaupt um Fae geht und wenn dann von Flügeln die Rede war, erstmal Verwirrung. Dem positiv entgegen steht für mich, dass Lor eine Protagonistin ist, die ich im Gegensatz zu so vielen anderen Reihen als sehr anders empfunden habe. Die Heldinnen sind oft die schüchternen, die mit ihren Kräften noch nicht eins sind, dann aber schnell zu Super Women werden. Das war hier doch eher anders. Lor ist vom Leben geprägt und durch ihr Gefangenenleben verbittert, abgehärtet und verdammt bad ass. Es wurde schnell deutlich, mit ihr ist nicht gut Kirschen essen. In Nostrasa war sie mir tatsächlich an manchen Stellen auch zu hart, aber das hat sich später besser ausgependelt und dort wurden dann auch sensible Seiten ergründet, ebenso wie ihre sehr empathische Seite, weil sie nie nur an sich selbst gedacht hat. Ihre Beziehung zu ihren Geschwistern war da ein wichtiger Hinweis.

Nadir als männlicher Protagonist spielt da eindeutig die untergeordnete Rolle. Er hat deutlich weniger Kapitel und er ist von dem zentralen Handlungsstrang auch fast komplett isoliert. Das hat es schwierig gemacht, wirklich einen Blick auf ihn zu bekommen. Richtig sympathisch finde ich ihn sicherlich noch nicht, aber er hat doch auch noch so viel Potenzial, dass ich ihm neutral gegenüberstehe, auch wenn man sagen muss, dass er auch düstere Sachen getan hat. Er wird eher später wichtiger werden, das ist klar. Da sind andere männliche Charaktere wie Atlas und Gabriel viel wichtiger und ich bin wirklich positiv überrascht, wie Tuli mit wirklich sehr ambivalenten Figuren arbeitet. Es passiert leicht, dass die in Stereotype abrutschen, aber das ist hier kaum der Fall. Viele Figuren sind sehr komplex, was insgesamt aber auch den düsteren Eindruck verstärkt, denn alle sind zu jeder Zeit zu etwas Entsetzlichem möglich. Mit dem Wettbewerb hat man für den ersten Band sicherlich ein gutes Motiv, um dran zu bleiben, aber sich überhaupt auch erstmal einwickeln zu lassen. Das Ende deutet aber an, dass wir noch ganz viel mehr präsentiert bekommen werden. Wie sich das dann gestalten wird, schwierig abzuschätzen. Es ist viel drin, aber es kann auch krachen scheitern.

Fazit: „Trial of the Sun Queen“ leiht sich schon viele bekannte Elemente aus, aber es setzt sich später dadurch ab, dass es ein sehr düsterer Stil ist mit wenig Figuren, die auf Anhieb sympathisch sind, die man aber trotzdem näher ergründen will. Mit Lor hat man zudem eine Protagonistin, die richtig tough ist und die von Anfang eine überraschende Aggressivität reinbringt, die ich so selten erlebt habe, weswegen ich es frisch fand. Es war wenig Fae, aber das Ende verspricht, dass viel möglich sein wird. Ich werde wohl dran bleiben.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 14.02.2024

Humorvolle Gegensätze in Napa Valley

Secretly Yours
0

Von Tessa Bailey habe ich bislang noch nichts gelesen, obwohl sie mir namentlich dank Kyss auf jeden Fall bekannt war. Bei „Secretly Yours“ habe ich nun zugegriffen, weil ich das ganze Setting mit dem ...

Von Tessa Bailey habe ich bislang noch nichts gelesen, obwohl sie mir namentlich dank Kyss auf jeden Fall bekannt war. Bei „Secretly Yours“ habe ich nun zugegriffen, weil ich das ganze Setting mit dem Weingut und Thema Kleinstadt sehr interessant und vielversprechend fand.

Zunächst muss ich sagen, dass ich mit dem Schreibstil meine Freude, aber auch kleine Ärgernisse hatte. Mir hat es zunächst gefallen, wie extrem die Kontraste doch waren, die aufeinandergetroffen sind. Hallie als sehr chaotischer Mensch, die schnell ausspricht, was sie denkt und die sich auch herrlich auf Kleinkriege einlässt. Dagegen dann Julian, der so akkurat und korrekt und keinesfalls spontan ist. Auch wenn das insgesamt natürlich sehr übertrieben war, vor allem Julian, wie ich finde, so hat es hier für mich gepasst, weil es für viele humorvolle Sequenzen gesorgt hat. Das ist dann auch das zweite Highlight, denn man kann viel Lachen und Schmunzeln, auch mit Natalie oder Lavinia. Es war sicherlich sehr hilfreich, dass auch bis in die Nebenrollen hinein der Stil beibehalten wurde, so dass auch die Beziehungen untereinander einen gewissen Pepp hatten. Dennoch ist auch eine gewisse Tiefe nicht zu kurz gekommen. Hallie und Julian haben zusammen sehr intensive Momente mit ehrlichen Worten, aber auch abseits davon sind die Beziehungen so gestaltet, dass man sich gut hineinversetzen kann, weil es neben dem gemeinsamen Spaß auch Ernst gibt, wo die Figuren sich jeweils versichert bekommen, dass sie auch sein können, wer sie sind.

Was ich nun als etwas störend empfunden habe, das ist die Sprache, wenn es an die expliziteren Szenen geht. Ich habe nichts gegen erotische Szenen, aber hier fand ich die Sprache für mich persönlich zu derb. Denn, wenn es in der zweiten Hälfte, dann auch mal heiß wird, dann hatte ich stellenweise das Gefühl, die Figuren wurden einmal ausgetauscht. Bei Hallie war das so deutlich nicht, aber Julian? Er war mir öfters da völlig drüber. Also sexy hin oder her, aber es muss auch irgendwie passen. Hier dachte ich jedenfalls mehrfach: Hat er jetzt nicht gesagt, oder? Mit Julian ist aber auch ein Umstand verbunden, den ich als sehr wichtig empfand, weil er in Angstsituationen offenbar in einen Zustand verfällt, wo er sich selbst gar nicht mehr so wahrnimmt und auch sein Zeitgefühl verliert. Auch wenn das nicht medizinisch-exakt angepackt wurde, aber ich fand es als Element hier sehr interessant, auch weil es zu seinem Charakteraufbau und warum er sich so abseits der Familie entwickelt hat, sehr gut passte.

Zum anderweitigen Handlungsverlauf ist es für mich so, dass die Sache mit den geheimen Briefen für mich völlig okay war, weil ich auch selbst bestens weiß, dass etwas niederschrieben oft viel einfacher ist, als es auszusprechen. Wie sie sich aber auch abseits der Briefe näher gekommen sind, war auch mit lustigen Momenten verbunden, wie der Käseklau, herrliche Szene. Auch Hallies Weg dahin, den Laden ihrer Oma mit mehr Selbstbewusstsein zu führen oder Julian, der sich speziell seiner Mutter und der Arbeit auf dem Weingut wieder annähert, das war auch überzeugend. Am Ende war einiges etwas forciert. Da ist der Showdown noch etwas künstlich verlängert worden, nur um am Schluss aber an passenden Symbolen auszukommen.

Fazit: „Secretly Yours“ ist für mich eine insgesamt unterhaltsame Liebesgeschichte gewesen, die ich durch das Hörbuch gut von Isabel Jakob nähergebracht bekommen habe. Es gab viel zum Lachen und auch die Spiele mit Klischees passen hier gut hinein. Es war mehr Tiefe geboten, als ich vielleicht ursprünglich gedacht hätte, dafür tat ich mich mit der Sprache bei spicy Szenen schwerer. Insgesamt aber wirklich gut.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 01.02.2024

Wichtiger sozialer Schwerpunkt in Frankfurt

Wo die Sterne uns sehen
0

Die erste Reihe von Justine Pust hatte ich verpasst, aber ich habe durchaus viele positive Stimmen zu ihr gehört. Mein Geschmack bei New Adult hat sich über die vergangenen fünf, sechs Jahre doch deutlich ...

Die erste Reihe von Justine Pust hatte ich verpasst, aber ich habe durchaus viele positive Stimmen zu ihr gehört. Mein Geschmack bei New Adult hat sich über die vergangenen fünf, sechs Jahre doch deutlich gewandelt. Waren es einst die Bad Boy-Geschichten, brauche ich inzwischen Tiefgang und vor allem Figuren, die wirklich etwas zu erzählen haben. Da hatte ich bei anderen positiven Stimmen zu Pust rausgelesen, dass ich genau das bekommen würde. Daher habe ich bei „Wo die Sterne uns sehen“ nun gerne zugegriffen, um mich von der Autorin einmal selbst zu überzeugen.

Ich habe „Wo die Sterne uns sehen“ als Hörbuch konsumiert. Regina Lange und Louis Friedemann Thiele habe ich beide schon gehört und es sind auch beides sehr angenehme Stimmen, denen man gerne lauscht. Dennoch fällt speziell bei Thiele auf, dass er bei der Wiedergabe von Frauenstimmen schnell in die Gefahr rutscht, es lächerlich wirken zu lassen. Beispielsweise wenn Elias Kontakt mit seiner Mutter hatte, fand ich es sehr seltsam, wie aus seiner Perspektive seine Mutter klang, auch Ada und Martha sind nicht so gut weggekommen. Zum Glück war das bei Willa dann nicht so. Das ist immer ein bisschen schade und ich verstehe auch, dass es für eine Männerstimme auch wirklich schwer ist. Vielleicht empfinde ich es auch nur ganz individuell so und andere finden es normal, wenn Frauen so nachgemacht klingen. Mir fällt es öfters auf und je länger das Hörbuch andauert, desto mehr wird es zur Gewöhnung, aber ansprechen will ich es doch auch immer.

Kommen wir nun aber zur eigentlichen Geschichte und ich fand hier vor allem die Themenverbindung sehr gut gemacht. Mir ist es immer wichtig, dass beide Protagonisten ihre Geschichte haben und es ist auch okay, wenn es völlig unabhängig voneinander ist, denn die eigene Geschichte ist nun mal nicht auf alle Personen aus dem eigenen Umfeld angepasst. Hier war es aber schön, dass es sich in der Sozialen Arbeit so sammeln ließ. Auch wenn Willa und Elias völlig unterschiedliche Aspekte davon abdecken, aber es ist gemeinsames Thema und alleine schon die Bereitschaft, anderen etwas zu geben wollen, weil man selbst gewisse Erfahrungen gemacht hat, das teilen sie. Das hat man im Umgang miteinander auch gemerkt. Zwar ist Elias alles in allem weiter als Willa in der Verarbeitung gewesen, aber beide hatten es oft leichter, sich in den anderen hineinzuversetzen bzw. auch in ihre Freunde und die Besucher der Hilfegruppen. Sie haben Empathie bewiesen, weswegen auch früh wichtige Gespräche geführt wurden. Das hat dann schnell eine Atmosphäre geschaffen, wo ich früh wusste, egal, was jetzt noch an Geheimnissen anvertraut werden muss, es wird einen sicheren Hafen brauchen.

Im Verhältnis würde ich dennoch sagen, dass Willa mehr Raum eingenommen hat als Elias. Ich sprach schon an, dass er auf jeden Fall gereifter in seinem Prozess war und das ist auch okay, denn jeder hat sein eigenes Tempo. Dennoch muss man auch sagen, dass Behinderungen in diesem Genre wirklich extrem selten zu finden sind. In dem Sinne war ich sehr gespannt auf Elias‘ Geschichte im Vorfeld und finde, das Potenzial liegen gelassen wurde. Der Schwerpunkt lag mehr darauf, dass er die Rückkehr ins Elternhaus als Versagen empfindet und dass er eben in vielen Aspekten um Hilfe bitten muss, statt einfach selbst loslaufen zu können. Das waren auch jeweils wichtige Momente, aber ich habe selbst eine Freundin mit einer sehr ausgeprägten Behinderung und ich kenne ihre alltäglichen Kämpfe und aus diesem Bezug heraus habe ich dann doch einiges vermisst. Elias musste nicht wie Willa noch durch ein tiefes Tal gehen, aber man hätte inhaltliche Schwerpunkte auch in Rückblenden ansprechen können. Dass Pust diese tiefergehende Ebene drauf hat, habe ich dann deutlich an Willa gesehen, denn ihre Geschichte ist genau auf dem Niveau ausgearbeitet, wo ich es sehen wollte und will. Ihr ganzes Verhalten im Alltag, wie es an ihren dunkelsten Momenten ist und wie es auch ihren Umgang mit Fremden beeinflusst, ich fand es sehr nahbar und es hat mich berührt.

Alles in allem habe ich gesehen, warum Pust eine Stimme ist, die ich nun auch gerne im Auge behalte. Sie schafft sympathische Figuren, mit sehr individuell ausgearbeiteten Eigenschaften. Es ist keine oberflächliche Gruppe. Es gibt Gegensätze, die überwunden werden, interessante Themen, auch Ausbau von sehr alltäglichen Dingen, wie Unialltag etc., wo man merkt, da kennt sich jemand aus und hat es sinnig verarbeitet. Es war insgesamt eine echte Geschichte, was immer ein großes Kompliment ist.

Fazit: „Wo die Sterne uns sehen“ ist ein unterhaltsamer Reihenauftakt, der mich vor allem auf der emotionalen Ebene abgeholt hat, weil man gemerkt hat, hier geht es tief und hier haben die Figuren aufgrund ihrer Autorin etwas zu erzählen. Vielleicht wäre ein noch besserer Ausgleich der Hauptfiguren noch idealer gewesen, aber ich mochte das Buch sehr und bin froh, dass ich es mit Pust jetzt endlich auch gewagt habe.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere