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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.03.2024

Ewige Jugend

Wir werden jung sein
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Wir werden jung sein – Maxim Leo
Vier Probanden einer medizinischen Studie, die völlig aus dem Ruder läuft, ein versehentliches wissenschaftliches Experiment und ein spannender Blick in eine mögliche Zukunft. ...

Wir werden jung sein – Maxim Leo
Vier Probanden einer medizinischen Studie, die völlig aus dem Ruder läuft, ein versehentliches wissenschaftliches Experiment und ein spannender Blick in eine mögliche Zukunft. Auf jeden Fall wirft dieser erfrischende Roman etliche ethische, philosophische und gesellschaftliche Fragen auf.
Die unvorhersehbaren Folgen einer medizinischen Studie basieren auf einer Verjüngung der Probanden um gleich mehrere Jahre. Der Teenager, der plötzlich die Lust auf seine Freundin verliert, die kinderlose Frau, die unversehens doch noch schwanger wird, die ehemalige Leistungssportlerin, die nach Jahren alle Rekorde bricht, der alte Immobilienmogul, der mit dem Leben abgeschlossen hatte und nun über neue Kräfte verfügt.
Es sind spannende Entwicklungen, die völlig neue Sichtweisen eröffnen. Ich finde, das wurde auch ganz gut vermittelt. Jede Menge Probleme und Gedankenspiele tauchen auf: Wie wird das sein, wenn der Mensch ewig jung und gesund bleiben wird, jetzt da diese Möglichkeit in greifbare Nähe rückt.
Sprachlich und stilistisch ist dieser Roman leicht zugänglich und eher auf eine breite Zielgruppe zugeschnitten. Ich persönlich finde, dieses Werk hätte gut und gerne ein paar Seiten mehr vertragen, um sich noch besser auf die einzelnen Figuren einlassen zu können. Auch waren es mir ein paar zu viele wilde Entwicklungen. Ich fand es teilweise ein wenig übertrieben, effektheischend, aber wer weiß, vielleicht wäre gerade das ja realistisch.
Insgesamt ein spannendes Leseerlebnis. 4 Sterne.


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Veröffentlicht am 15.03.2024

August

Zitronen
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Zitronen – Valerie Fritsch
Anders als der Titel das erwarten lässt, ist dies ein außergewöhnlich düsterer Roman mit nur ganz wenigen positiven Szenen. Überhaupt wirken diese Szenen in denen Zitronen vorkommen, ...

Zitronen – Valerie Fritsch
Anders als der Titel das erwarten lässt, ist dies ein außergewöhnlich düsterer Roman mit nur ganz wenigen positiven Szenen. Überhaupt wirken diese Szenen in denen Zitronen vorkommen, eher gezwungen, wie als ob man den Titel rechtfertigen wollte. Keine Ahnung warum man sich da nicht einfach was anderes einfallen hat lassen…
August Drach hat eine sehr schwierige Kindheit. Kaum ist der prügelnde Vater weg, perfektioniert die psychisch labile Mutter ihr bereits bestehendes Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom. Sie mischt dem Sohn Tabletten ins Essen und sorgt dafür, dass er krank ist und bleibt. Sie selbst sonnt sich im Mitleid und der Bewunderung ihres Umfelds.
Dieses erste Drittel, das Augusts Kindheit behandelt, fand ich ganz große Klasse. Denn neben dem extrem spannenden Thema, erzählt Valerie Fritsch in einer genialen Sprache. Sehr klar und pointiert, dennoch poetisch, sagt sie unheimlich viel mit wenigen Worten. Da gibt es unzählige tolle Stellen, die man sich am liebsten notieren möchte. Durch eine gewisse Distanz, schlägt die unbegreifliche Handlung nur umso stärker ein.
Sprachlich bleibt dieser Roman durchgehend ganz wunderbar, leider kann er aber inhaltlich sein Niveau nicht immer halten. So gibt es einen Mittelteil, der mich kaum berührt hat, wohingegen der Schlussteil mich wieder mit der Geschichte versöhnt hat. August wird erwachsen und bemüht sich nach Kräften seine Mutter und seine Kindheit hinter sich zu lassen. Klar, dass das so einfach nicht ist.
Es ist ein schwieriges Thema und die Autorin macht es einem nicht immer leicht. Das Weltbild ist generell sehr düster und Gewalt spielt eine große Rolle in diesem Buch. Wie beiläufig werden verschwundene Kinder, häusliche Gewalttaten etc. quasi im Nebensatz erwähnt.
Im Endeffekt geht es in diesem Roman darum, wie sehr Erlebnisse in der Kindheit einen Menschen prägen und wie wenig es einem möglich ist, sich vollständig davon zu lösen. Zudem ist dies eines jener Bücher, die beinahe komplett ohne einen einzig sympathischen Protagonisten auskommen. Zu groß ist hier entweder die Distanz, oder zu eklatant die Störung der Persönlichkeit. Man kommt aus dem Kopfschütteln kaum heraus angesichts der ungeheuerlichen Begebenheiten. Oftmals übertreibt es die Autorin auch und wird kitschig bzw. unglaubwürdig. Auf jeden Fall ist dieser Roman eindringlich und intensiv. Aber, wie gesagt, er hat auch seine Durchhänger.
Insgesamt kann der Inhalt nicht ganz mit der Sprache mithalten. Zwischendurch war ich gelangweilt und auch genervt. Dennoch hat diese beeindruckende Geschichte einen starken Eindruck hinterlassen, hat mich nicht kalt gelassen.
Deswegen, trotz aller Kritikpunkte – 4 Sterne

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Veröffentlicht am 07.03.2024

Jimmy und Tristan

Der ehrliche Finder
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Der ehrliche Finder – Lize Spit
Für mich ist dieser neue Roman der Autorin Lize Spit ein wenig kurz geraten mit gerade mal 125 Seiten. Davon abgesehen ist ihr wieder eine berührende Geschichte gelungen.
Jimmy ...

Der ehrliche Finder – Lize Spit
Für mich ist dieser neue Roman der Autorin Lize Spit ein wenig kurz geraten mit gerade mal 125 Seiten. Davon abgesehen ist ihr wieder eine berührende Geschichte gelungen.
Jimmy ist ein Einzelgänger und freut sich als er mit dem Flüchtlingskind Tristan aus dem Kosovo endlich einen Freund findet. Er hilft ihm und unterstützt ihn und seine große Familie. Es ist jedoch eine etwas seltsame Freundschaft, die da entsteht. Es fehlt die Augenhöhe und irgendwo auch das Verständnis Jimmys gegenüber dem von Krieg und Flucht traumatisierten Tristan – allerdings kann man das von einem Kind auch nicht erwarten. Die Geschichte behandelt also aktuelle und wichtige Themen wie eben Flucht und Krieg, leben in der Fremde und Asyl – mehr oder weniger aus der Sicht von Kindern. Da sind berührende und beklemmende Situationen dabei, die Jimmy im Prinzip gar nicht einordnen kann – der Leser aber schon. Und wie das bei Lize Spit immer so ist, spürt man irgendwann, dass sich im Hintergrund ein Unheil zusammenbraut, das einschlägt wie eine Bombe.
Sprachlich ist die Autorin betont klar und deutlich. Da gibt es nichts misszuverstehen. Außerdem passt das zu den kindlichen Protagonisten.
So ist dies eine packende Geschichte, die ich mir nur etwas länger gewünscht hätte um die Figuren besser kennenzulernen, beispielsweise auch Jimmys Familie, die sehr im Dunkeln bleibt. Trotz der Kürze und der eher schlichten Sprache entwickelt sich doch eine feine psychologische Tiefe. Sehr interessant.
4 Sterne.

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Veröffentlicht am 01.03.2024

Einfallsreich

Gras
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Gras – Bernhard Kegel
Diesen Roman würde ich irgendwo zwischen Wissenschaftsthriller und Dystopie einsortieren. Auf jeden Fall ist es ein extrem spannendes Setting.
Die Geschichte wird in zwei Handlungssträngen ...

Gras – Bernhard Kegel
Diesen Roman würde ich irgendwo zwischen Wissenschaftsthriller und Dystopie einsortieren. Auf jeden Fall ist es ein extrem spannendes Setting.
Die Geschichte wird in zwei Handlungssträngen erzählt, die beide in naher Zukunft liegen. Mitten in Berlin taucht ein bisher unbekanntes Gras auf, das zuerst niemandem auffällt. Durch sein rasantes Wachstum und die schnelle Verbreitung ist es jedoch bald nicht mehr zu übersehen. Die Neugier der Biologin Natalie ist geweckt, will sie doch unbedingt herausfinden, was es mit diesem Gras auf sich hat. Ist es eine Laune der Natur oder menschengemacht? Berlin befindet sich bald in einer monumentalen Krise, denn das Gras legt den Verkehr lahm und sorgt damit für allerlei Probleme. Es scheint nicht zu stoppen zu sein. Im zweiten Handlungsstrang vier Jahre später beschäftigt Natalie sich mit den Auswirkungen und der Entwicklung der „Gras-Invasion“, kämpft darüber hinaus aber auch um ihre eigene Sicherheit und nicht zuletzt ihr Leben.
Wie ich finde ist das eine faszinierende Ausgangssituation. Auch die Umsetzung fand ich recht interessant. Gerade der erste Handlungsstrang liest sich sehr wie ein Wissenschaftsthriller, während das Berlin „nach dem Gras“ dystopisch anmutet. Sprachlich ist es jetzt nicht der größte Wurf, aber in Ordnung. Überhaupt war es mir an manchen Stellen fast zu actionlastig. Man muss es als Unterhaltungsliteratur lesen, dann funktioniert das. Es ist spannend und teilweise auch etwas verrückt (ein Mammutbaby – ernsthaft?), aber es ist durchaus schlüssig erklärt.
Eine fesselnde und unterhaltsame Lektüre, die ich sehr gerne gelesen habe. 4 Sterne.

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Veröffentlicht am 21.02.2024

Ein kafkaesker Zauberberg?

Heilung
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Heilung – Timon Karl Kaleyta
Ein wirklich fesselnder Roman, der meines Erachtens aber mehrere Deutungsmöglichkeiten zulässt und bei mir Fragezeichen zurückgelassen hat. Hierzu hätte ich mir wirklich eine ...

Heilung – Timon Karl Kaleyta
Ein wirklich fesselnder Roman, der meines Erachtens aber mehrere Deutungsmöglichkeiten zulässt und bei mir Fragezeichen zurückgelassen hat. Hierzu hätte ich mir wirklich eine Leserunde gewünscht. Selten war ich mir so oft so unsicher, was ich von den Entwicklungen halten soll!
Ein Mann kann nicht mehr schlafen und wird von seiner Frau in ein Sanatorium in den Dolomiten geschickt, wo er wieder zu Kräften kommen soll. Hier geht es nämlich schon los. Dieses exklusive Sanatorium/Heilanstalt/Spa/Klinik ist wirklich sehr mysteriös und therapiert nicht nach schulmedizinischen Maßstäben. Tatsächlich kam es mir vor wie Manns Zauberberg – nur noch wesentlich schlimmer. Nicht nur die Bewohner, sondern auch oder vor allem die Mitarbeiter und die Leitung selbst scheinen hier nicht ganz zurechnungsfähig zu sein. Ich muss ehrlich gestehen, damit habe ich nicht gerechnet und diese Unstimmigkeiten tauchen so schleichend und subtil auf, dass es verwirrend ist. So surreal, dass ich an den Stil Kafkas denken musste. Also kafkaesker Zauberberg? Oder eher eine schlechte Komödie? Auf jeden Fall irgendwo drüber – aber sehr erfrischend. Puh…!
Damit noch nicht genug. Nach mehreren krassen Vorfällen in dieser seltsamen Klinik, verlässt der Erzähler diesen Ort der Heilung (?) Hals über Kopf um seinen alten Freund aufzusuchen. Also hat der Aufenthalt doch etwas angestoßen? Anstelle von Abgeschiedenheit und Erholung sucht der Protagonist seine Heilung nun als Naturbursche. Frische Luft und Arbeit auf dem Bauernhof. Kurze Zeit geht es ihm besser, dann überstürzen sich wieder die Ereignisse. Der Kerl scheint wirklich zu nichts zu gebrauchen.
Als Leser erfährt man ausschließlich die Perspektive des Ich-Erzählers. Je weiter die Geschichte voranschreitet, desto mehr zweifelt man seine Sicht der Dinge an. Die Sprache ist sehr einfach gehalten, umso stärker schlagen die teils überdrehten teils surrealen Ereignisse ein und ich persönlich war mir irgendwann nicht mehr sicher, wer hier der Geisterfahrer ist….
Tatsächlich wundere ich mich etwas über den Klappentext als auch Rezensionen anderer Leser. Wo ich kafkaesken Surrealismus lese, steht dort etwas von echter Heilung und Selbstfindung. Da bin ich tatsächlich gerade etwas ratlos, denn meine Deutung ist so völlig anders.
Wie auch immer, habe ich diesen Roman mit großem Interesse und wachsender Fassungslosigkeit verschlungen. Meiner Meinung nach bleiben viele Fragen offen.
4 Sterne

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