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Veröffentlicht am 21.05.2020

Feminismus versus traditionellem Indien

Die englische Hebamme
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Kit Smallwood nutzt nach dem Kriegsende die Chance, durch ihren Einsatz beim Aufbau eines Entbindungsheims in Indien ihrer dominaten Mutter zu entkommen. Angekommen in Indien merkt sie rasch, dass ihre ...

Kit Smallwood nutzt nach dem Kriegsende die Chance, durch ihren Einsatz beim Aufbau eines Entbindungsheims in Indien ihrer dominaten Mutter zu entkommen. Angekommen in Indien merkt sie rasch, dass ihre britische Herkunft und ihre Ausbildung als Krankenschwester und „fast“-Hebamme nicht überall auf Willkommen und Anerkennung stößt. Sie stemmt sich gegen alle Widrigkeiten und versucht den medizinischen Fortschritt im traditionsbewussten Indien zu etablieren. Die Liebe zum indische Arzt Anto wird dabei auf eine große Probe gestellt und auch die Auseinandersetzung mit den eigenen Wurzeln bleibt ihr nicht erspart.

Eine gute und spannende Erzählung eines Frauenschicksals im historischen Indien kurz nach dem Unabhängigkeitskrieg. Besonders die facettenreich angelegten Charaktere bereichern die Geschichte und fügen eine ganz eigene Spannung hinzu.

Kleiner Wermutstropfen: Dem Beginn der Geschichte im alten England fehlt es an Action und Spannung. Und so war es etwas mühselig, Kit durch die Beschreibungen des grauen Alltages und der anwesenden Personen sowie die Auseinandersetzungen mit ihrer Mutter zu begleiten.

Das änderte sich schlagartig, als sie in Indien angekommen war. Die Geschichte wird bunter, lebhafter, hat viel mehr Atmosphäre. Kits Kampf mit den täglichen familiären wie beruflichen Herausforderungen werden intensiv und nachvollziehbar erzählt. Das Scheitern und Wachsen der Charaktäre betrifft hier nich nur die Hauptprotagonisten, sondern jeder Charakter hat seine ganz eigene Entwicklung. Das hat mich besonders fasziniert.

Fazit: Kits feministischer Kampf in einem noch sehr traditionellem Indien, das die Umbrüche durch den Unabhängigkeitskrieg noch nicht verwunden hat, gehört zu den guten historischen Frauenromanen.

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Veröffentlicht am 10.03.2024

Ein innerer Kampf

Krummes Holz
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Ein Buch voller Schweiß, Schmutz und Qual. In brütender Hitze ist die Rückkehr von Georg (Jirka) auf den elterlichen Hof eine einzige Überwindung von Angst, Scham und Ekel.

Ich habe mit dem Buch von Anfang ...

Ein Buch voller Schweiß, Schmutz und Qual. In brütender Hitze ist die Rückkehr von Georg (Jirka) auf den elterlichen Hof eine einzige Überwindung von Angst, Scham und Ekel.

Ich habe mit dem Buch von Anfang bis Ende gekämpft, vermutlich genauso lange wie die Erinnerungen und Eingeständnisse gebraucht haben, um sich an die Oberfläche von Jirkas Bewusstsein zu kämpfen. Ich schlingerte zwischen Jetzt und Erinnerung, zwischen ausgesprochenen Andeutungen und missverständlichen Gedanken.

Es war als müsse die Geschichte unter der Hitze schwären, bis alle wulstigen Narben aufbrachen und sich der Inhalt alter eitriger Wunden ergoss.

Ich kann nicht sagen, dass es mir gefallen hat, dafür war mein Widerwille gegen einige Inhalte zu groß und die Art des Transports zu diffus. Bis auf die Sprache, diese ist wirklich großartig ist.

Fazit: Eine Geschichte, die mir nicht lag und auch niemals gefallen kann, die aber die Anstrengung wert war.

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Veröffentlicht am 06.03.2024

Faszinierende Künstlerinnen

Hilma
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Ein Hörbuch nach meinem Geschmack, dass einen Einblick in das ungewöhnliche Leben und Schaffen der Malerin Hilma af Klint durch die Augen ihrer Mitstreiterinnen gibt, garniert mit einem zweiten fiktivem ...

Ein Hörbuch nach meinem Geschmack, dass einen Einblick in das ungewöhnliche Leben und Schaffen der Malerin Hilma af Klint durch die Augen ihrer Mitstreiterinnen gibt, garniert mit einem zweiten fiktivem Handlungsstrang ein Jahrhundert später, der sich der Umsetzung einer Ausstellung im Guggenheim-Museum und den vielen unbeantworteten Fragen zur Künstlerin annimmt.

Eine ruhige Erzählung, die weitgehend auf dramatische Höhepunkte verzichtet und ihr Augenmerk auf Beziehungen und Wachsen legt.

Ich mochte beide Handlungsstränge. Während der historische die Entstehung der Werke beleuchtet und das Miteinander der Künstlerinnen und ihre ungewöhnliche mystische Herangehensweise an ihre Kunst zeigt, beleuchtet der zweite die Reaktion von Betrachtern und Kuratoren auf diese Künstlerin und ihre Werke. Beides gewürzt mit privaten Einblicken und fiktiven Handlungen, die daraus eine gelungene Erzählung formen und das Wirken von Frauen in den Mittelpunkt stellt.

Die beiden Vorleser*innen waren herausragend und machten die Bilder und Charaktere farbig und plastisch. So dass meine Neugierde und Faszination von der Künstlerin und ihren Werken geweckt ist.

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Veröffentlicht am 06.03.2024

Intensive Mutter-Sohn-Studie

Der Wald
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Dieses Buch hat es mir nicht ganz leicht gemacht, es zu mögen. Durch den guten Austausch während eines Buddyreads ist mir aber eine intensivere Auseinandersetzung geglückt und dafür bin ich sehr dankbar.

Die ...

Dieses Buch hat es mir nicht ganz leicht gemacht, es zu mögen. Durch den guten Austausch während eines Buddyreads ist mir aber eine intensivere Auseinandersetzung geglückt und dafür bin ich sehr dankbar.

Die Autorin lässt uns an einer intensiven Betrachtung einer Mutter-Sohn-Beziehung zu drei besonderen Wendepunkten im Leben der beiden teilhaben. Die Erzählung beginnt im Jahre 1944 in den traumatischen Kriegszeiten in Warschau, zeigt uns die Phase des Stillstandes während des Versteckens im Wald und die spätere Lebensfindung im Exil.

Die Autorin hat die Geschichte förmlich in eine an- und absteigende Kapitelform gegossen und diese mit symbolhaften Überschriften garniert. Das Erzählte konzentriert sich auf das Innenleben von Mutter und Sohn, findet gefühlvolle Bilder, ist sprachlich ausgefeilt und unterstützt durch die sparsame Handlung und die Beobachtung der Alltäglichkeiten eine intensive Wahrnehmung der Protagonisten und ein Mitschwingen mit ihrem Inneren.

In manchen Teilen habe ich mich etwas gegen die starre Form gestemmt und konnte mich dem inneren Fluss der Mutter nicht so hingeben. Dann wieder war ich fasziniert von der Klarheit ihrer Gedanken und ihrem Blick auf das Frau und Mutter sein sowie auf das Altern.

Mit dem Sohn und seiner überbordenden Phantasie fiel es mir leichter zu gehen. Bis zu der Wendung im dritten Teil, auf die ich mich nicht ausreichend vorbereitet fühlte - im Nachhinein aber zugeben muss, dass ich vielleicht eine ähnlichen Weigerung erlegen bin wie die Mutter. "Mütter wollen nicht alles wahrhaben."

Ein Buch für das es Zeit braucht, das einlädt, mit in die Tiefe zu steigen und in Resonanz zu gehen.
Dann wird man reichlich belohnt und wird sich auch einige Zeit noch damit beschäftigen.

Für handlungsorientierte Leser eher keine Option.

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Veröffentlicht am 11.01.2024

Auch als Hörbuch klasse

Einfach nur Paul
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Sehr schöne Young-Adult-Geschichte mit sensiblem Umgang mit den queeren Themen. Ich mochte die Charaktere und besonders Pauls starke Innensicht. Manche Beats und Anglizismen waren für mich ein bisschen ...

Sehr schöne Young-Adult-Geschichte mit sensiblem Umgang mit den queeren Themen. Ich mochte die Charaktere und besonders Pauls starke Innensicht. Manche Beats und Anglizismen waren für mich ein bisschen "too much". Aber was weiß ich schon von Jugendsprache. ;) An einigen Stellen hätte ich mir etwas weniger inneres Drama gewünscht, aber im Hormonchaos durchaus realistisch.

Wunderbar und so typisch für die Autorin: die unerwartete Wendung zum Ende, die den Leser wie ein Raubtier aus dem Hinterhalt anfällt. Klasse!

Ich lese Tania Wittes Jugendbücher immer wieder gerne, obwohl ich schon lange nicht mehr zur Zielgruppe gehöre. Sie hat ein feines Gespür für psychologische Prozesse in jungen und älteren Menschen und eine frische Erzählweise. Dieses Mal als Hörbuch auch klasse umgesetzt und glaubhaft gesprochen.

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