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Veröffentlicht am 17.03.2024

Annaas Leben

Annas Lied
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Hannah ist noch klein als im Kopenhagen der 1930er die ersten Anzeichen auftauchen, dass das Leben der Familie Koppelman nicht immer so ruhig weitergehen wird. Doch zunächst wächst in Hannah der Wunsch ...

Hannah ist noch klein als im Kopenhagen der 1930er die ersten Anzeichen auftauchen, dass das Leben der Familie Koppelman nicht immer so ruhig weitergehen wird. Doch zunächst wächst in Hannah der Wunsch ein Instrument zu spielen. Ihre vier älteren Brüder sind der Musik ebenfalls sehr zugetan. Sie alle wollen ihre Mutter stolz machen, wobei die Jungen durchaus ihren eigenen Kopf haben und die jüdischen Traditionen nicht immer wunschgemäß befolgen. Trotz der Unstimmigkeiten hat Hannah eine glückliche Kindheit, Viel Zeit verbringt sie mit ihrer besten Freundin Elisabeth, die sie im jugendlichen Alter auch mal in die Freiheit einer Tanzveranstaltung entführt.

Die Erzählung eines Lebens entfaltet sich in diesem zeitgeschichtlichen Roman. Als jüdische Familie in Dänemark können die Koppelmans noch von Glück reden, dass sie vom Krieg relativ lange unbehelligt bleiben. Doch schon früher hatten sich die Eltern auf den Weg gemacht. Von Polen sollte es nach Amerika gehen, doch dafür reichte das Geld nicht. Und so hat sich Vater Yitzhak in Kopenhagen eine Schneiderwerkstatt aufgebaut, mit der er die Familie ernähren kann. Leider hält das glückliche und relativ sichere Leben nicht ewig und es kommen schwere Zeiten auf die Familie Koppelman zu. Hannah wird eine Entscheidung abverlangt, die eine so junge Frau eigentlich nicht treffen müssen sollte.

Als Leser oder Leserin begleitet man Hannahs bewegtes Leben. Ihr Traum von der Musik muss lange anderen Pflichten weichen. Überhaupt führt Hannah ein Leben der Pflichterfüllung. Manchmal ist es herzzerreißend, wenn man liest, wie Hannah sich selbst und ihre Wünsche hintenanstellt. Bis zu einem gewissen Punkt ist es verständlich, aber irgendwann waren Zeiten schon so, dass sich auch andere Möglichkeiten geboten hätten. Dann fragt man sich wieso. Dennoch ist Hannah eine tolle Persönlichkeit, die der Musik immer gewogen bleibt. Sie lebt ein verlustreiches, aber auch volles Leben. Nicht jede Einzelheit kann geschildert werden. Es sind die besonderen Episoden, die hervorgehoben werden. Ein bewegender Roman mit Bezug zur Wirklichkeit.

Mit dem Bildausschnitt auf dem Titelbild wird die innere Einsamkeit Hannahs, aber auch ihre Liebe zur Musik sehr gut ausgedrückt.

Veröffentlicht am 16.03.2024

Lucca Marino II.

Wer zuerst lügt
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Gemeinsam mit ihrer Mutter lebte sei in einem Trailerpark. Viel zu früh starb die geliebte Mutter an Krebs. Inzwischen hat sich einiges geändert in Evie Porters Leben. Sie hat einen Freund, um den sie ...

Gemeinsam mit ihrer Mutter lebte sei in einem Trailerpark. Viel zu früh starb die geliebte Mutter an Krebs. Inzwischen hat sich einiges geändert in Evie Porters Leben. Sie hat einen Freund, um den sie beneidet wird. Sie will zu ihm ziehen. Während einer Party will sie sich vor Ryans hippen Freunden beweisen. Etwas, etwas sehr, aus dem Konzept kommt Evie als sie eine Frau als Lucca Marino vorstellt. Die Fremde sieht ihr überraschen ähnlich und irgendwie läuft sie mit Evies Namen rum. Niemand darf wissen, dass Evie garnicht Evie ist.

Aus der Not heraus hat Evie begonnen sich durchs Leben zu mogeln. Oft hat sie Glück oder auch mal Hilfe, denn das Schlimmste wäre es erwischt zu werden. Endlich scheint alles nach Wunsch zu laufen und es winkt ein sorgloses Leben. Tja, und dann taucht Lucca Marino auf. Evie sollte doch Lucca Marino sein. Was hat das zu bedeuten? Zu allem Unglück stirbt die falsche Lucca Marino bei einem vermeintlichen Unfall. Und Evie Porter bekommt es langsam mit der Angst zu tun. Sollte sie selbst das Opfer sein? Wer könnte ein Interesse daran haben? Sie möchte sich Ryan anvertrauen. Doch sei kann ihm einfach nicht alles sagen.

Evie ist noch nicht einmal dreißig und sie hat schon einiges erlebt. Das merkt man beim Lesen gleich. Und je mehr Facetten, die man von ihr kennenlernt, desto mehr Respekt bekommt man vor ihrer Intelligenz und ihrer Durchsetzungskraft. Das wird eine gewisse Weile nicht so klar. Erst wenn man merkt wie gewitzt Evie eigentlich ist, gewinnt sie an Profil und die Lektüre fängt an richtig Spaß zu machen. Auch wenn man eine solche Geschichte im wirklichen Leben nicht für möglich hält, funktioniert sie als fiktionale Story eben gut. Eine starke Frau geht ihren Weg. Man sorgt sich mit ihr, ob sie es schaffen wird, alle Hindernisse aus dem Weg zu räumen. Die echten Clous können nicht verraten werden. Die müssen Leser und Leserinnen selbst entdecken. Es kann mit gutem Gewissen gesagt werden, man wird gepackt. Der tolle Vortrag von Marina Gärtner trägt ein Übriges dazu bei, dass Evie Porters Geschichte lebendig wird.

Veröffentlicht am 11.03.2024

Bayrische Methode

Lichtjahre im Dunkel
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Der Ehemann Viola Ahorns ist verschwunden und die Frau ist nicht sicher, ob sie ihn wiederhaben will. Aber man sucht doch, oder? In der Polizei sieht sie keine Hilfe und so engagiert sie die Detektei in ...

Der Ehemann Viola Ahorns ist verschwunden und die Frau ist nicht sicher, ob sie ihn wiederhaben will. Aber man sucht doch, oder? In der Polizei sieht sie keine Hilfe und so engagiert sie die Detektei in der Tabor Süden der einzige Mitarbeiter ist. Eine Vermissung, so nennt er das. Obwohl die Frau ihm nicht besonders sympathisch ist, ein Verschwundener muss doch gefunden werden. Zunächst versucht Süden die letzten bekannten Schritte von Leo Ahorn zu finden. Doch viel erfährt er nicht, das Geschäft ist heruntergewirtschaftet, Ahorn häufiger in der Kneipe und er fotografiert gerne. Keine guten Voraussetzungen für eine intensive Suche.

Eine Vermisstensache, die nicht nur für Tabor Süden Fragen aufwirft, sondern bald auch die Kommissarin Fariza Nasri. So unbedingt will Tabor Süden nicht mehr soviel arbeiten. Es sind auch nicht immer Fälle da, die seine Chefin ihm zuteilen kann. Doch gerade in letzter Zeit lief es gut und diese Vermissung wird er auch ihrgendwie klären. Ist Leo Ahorn vielleicht sogar freiwillig abgehauen. Das Recht hat er als Erwachsener schließlich. Doch Süden hat ein ungutes Gefühl, zurecht, wie sich bald herausstellen wird. Und wie soll er der Viola Ahorn begegnen, die so kalt wirkt?

Der ehemalige Polizist und jetzige Privatdetektiv Tabor Süden hat eine spezielle Art an Fälle heranzugehen. Es ist als nähere er sich von der Seite, von hinten, ohne es merken zu lassen, immer auf seine spezielle Art und manchmal sind Lösungen einfach da. Fariza Nasri ist dagegen sehr geradeaus und zielstrebig. Ihre Ansätze sind also etwas gegensätzlich, doch die ergänzen sich gut. Das Verschwinden von Leo Ahorn ist zunächst sehr rätselhaft. Die Vermissung als solche wird bald geklärt. Was danach folgt ist eine spannende, teils auch verwirrende Karussellfahrt durch die Gedankenwelt verschiedener Personen. Man kann sich darin vertiefen oder auch verlieren. Wie gewohnt gelingt es dem Autor seine Leser zu packen und nicht mehr loszulassen bis eine Art Lösung präsentiert ist. Obwohl man sich manchmal mehr Klarheit und Eindeutigkeit wünschen würde, hat man einen fesselnden Roman, der einen noch weiter beschäftigt.

Das Cover mit den Menschen auf dem Zebrastreifen soll vielleicht die Verschwommenheit und die Zweideutigkeit einiger beteiligter Personen andeuten.

Veröffentlicht am 05.03.2024

Das Mädchen

Mein Name ist Estela
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Meist nennt sie sie nur das Mädchen. Estela arbeitet als Dienstmädchen bei einer gut situierten Familie in einer Stadt in Chile. Sieben Jahre war sie für die Familie tätig. Und nun ist das Mädchen, das ...

Meist nennt sie sie nur das Mädchen. Estela arbeitet als Dienstmädchen bei einer gut situierten Familie in einer Stadt in Chile. Sieben Jahre war sie für die Familie tätig. Und nun ist das Mädchen, das eigentlich Julia heißt, nicht mehr am Leben. Estela ist festgesetzt worden. Und sie redet, erstmals redet sie durch die Scheibe mit ihren vermeintlichen Bewachern. Endlich erzählt sie von den sieben Jahren mit dem Mädchen, mit der Señora, mit dem Señor. Wie es zuging in der Familie, wie sie ihre Dienstkleidung, eine Kittelschürze mit falschen Knöpfen, zugewiesen bekam, wie das Mädchen immer mehr verwöhnt wurde.

Warum übernimmt Estela eine Stelle, die für sie eher belastet? Ihre Familie ist nicht reich, sie unterstützt ihre Mutter, die im Süden des Landes lebt. Sie ist also auch noch fremd in der Stadt. Ihre Arbeitgeber sind ihr nicht wirklich sympathisch. Wie sie ihr einziges Kind behandeln, ist schon erstaunlich. Zwar wird die Kleine verwöhnt, aber manchmal besonders vom Vater geradezu brutal wird sie geradezu brutal behandelt. Und die Mutter strömt manchmal eine Kälte aus, die einen schaudern lässt. Estelas einzige Freude ist ein Hund, der durch die Gegend streunt. Erst hat sie keinen Namen für das Tier, doch sie findet immer ein Wort, einen Happen oder eine sanfte Berührung.

Ein Roman, der einen in eine Welt führt, die einem so nicht bekannt ist. Nicht genau klar ist, wann die Handlung angesiedelt ist. Es werden Masken erwähnt, so dass einem der Gedanke kommt, es könne die Gegenwart sein. Oder gab es auch andere Zeiten oder Gelegenheiten, wo Masken opportun waren? Wie ihre Arbeitgeber Estela behandeln, lässt den Wunsch entstehen, es möge doch die Vergangenheit sein. Allerdings scheint es in dieser Familie keine Güte zu geben, auch nicht dem Kind gegenüber. Und Estela, die Fremde, die Dienstbotin, hält es irgendwie aus. Tja, und das Mädchen ist tot, damit fängt es an und dann startet die Erzählung von Beginn. Was man vermisst, ist eine Erläuterung zum Kontext. Ansonsten fesselt diese Erzählung einer Frau, die nur ein verspiegeltes Fenster als Gegenüber hat, sehr. Der Vortrag des Hörbuchs durch Heike Warmuth unterstreicht die Handlung. Sie verleiht Estela eine Stimme, der man gerne zuhört, auch wenn einem die Geschichte den Atem stocken lässt.

Auffällig ist auch das Cover, das durch seine Farbgestaltung sehr auffällt, aber gleichzeitig auch die Anonymität der Dienstbotin widerspiegelt.

Veröffentlicht am 02.03.2024

Urlaub in den Bergen

Piz Palü
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Im Grand Hotel Arnold lässt es sich gut urlauben. Das hoffen jedenfalls die neuen Gäste. Frau von Hoppe und ihre Gesellschafterin Corinne sind es, die anreisen. Und O. W. Fischer ist auch im Hotel. Was ...

Im Grand Hotel Arnold lässt es sich gut urlauben. Das hoffen jedenfalls die neuen Gäste. Frau von Hoppe und ihre Gesellschafterin Corinne sind es, die anreisen. Und O. W. Fischer ist auch im Hotel. Was könnte einen Aufenthalt mehr besonders machen? Im Hotel geht alles seinen geregelten Gang. Die Gäste sollen sich erholen, gut essen und mal eine Bergtour machen. Auch Corinne interessiert sich für die Berge. Obwohl sie eine kleine Gehbehinderung hat, zieht es sie auf den Berg. Sie wurde nach ihrer Geburt zu Adoption freigegeben und nach ihrer Geburtsurkunde ist sie in der Schweiz geboren.

Die Familie Arnold war finanziell ruiniert. Das Hotel schien hoffnungslos verloren. Welche Möglichkeit könnte bestehen, um den Betrieb aufrecht zu erhalten. Der ursprüngliche Besitzer hatte zwei Töchter und eine musste heiraten. Und nun führt immer noch eine geborene Arnold das Hotel mit dem Geld ihres Mannes. Zum Wohl der Gäste wird alles unternommen. Doch Hoteliers müssen sich fragen, ob sie für den Erhalt des Hotels nicht zu viel aufgegeben haben. Daran kann auch der Aufenthalt eines bekannten Schauspielern nichts ändern. Nur Corinne zieht es unverdrossen in die Berge. Sie will den Piz Palü unbedingt bezwungen.

Beim Lesen des Klappentextes denkt man zunächst an einen lustigen Krimi, in dem O.W. Fischer unter die Ermittler geht. Und dann kommt alles ganz anders. Aus dem beschaulichen Urlaubsidyll wird ein raues Familiendrama. Die Verstrickungen der Familie Arnold sind alles andere als leicht zu verdauen. Man glaubt es kaum, was sich hinter einer so glatten Fassade verbergen kann. Nicht jeder verträgt die Berge und möglicherweise vertragen die Berge auch nicht jeden, eine spezielle Stimmung herrscht hier und man weiß nicht, wie man sich gegen den Ruf schützen kann. Aus der Entspannung eines geruhsamen Aufenthalts in einem gepflegten Hotel wird man direkt in einen Krimi geworfen, der einem einiges abverlangt.