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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 17.03.2024

Spannender Happen als Nachspeise bei jeder Gelegenheit.

Ihr Mord, Mylord
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Ralf Kramp, ein Liebhaber britischen Lebensstils, hat nach vielen Kriminalromanen und unzähligen Kurzgeschichten nun ein Buch veröffentlicht, welches acht Krimis sehr britischen Stils beinhaltet. Dabei ...

Ralf Kramp, ein Liebhaber britischen Lebensstils, hat nach vielen Kriminalromanen und unzähligen Kurzgeschichten nun ein Buch veröffentlicht, welches acht Krimis sehr britischen Stils beinhaltet. Dabei hat er sich einerseits auf die Beschreibung detailreicher britischer Unumgänglichkeiten, wie sie noch heute bei Reisen auf die Insel anzutreffen sind, eingelassen. Andererseits hat er Vieles bemüht, was aus dem Fernsehen und der Literatur als typisch britisch eingestuft wird.

Für die Geschichten hat er zwei Protagonisten geschaffen, die sich gegenseitig den Ball beim Ermitteln zuspielen. Da ist zunächst Lord Merridew, der vor Langeweile vor die Hunde gehen würde, wenn er nicht ermitteln könnte. Dieser zieht den Londoner Rechtsanwalt Nigel Bates in den Bann, der ihn fortan bei der Detektiverei bereitwillig assistiert. Vom Typus her ist dieses Ermittlerpärchen vergleichbar mit Sherlock Holmes und Dr. Watson. Ihre Fälle bzw. Geschichten sind kleine abgeschlossene Kriminalfälle, bei denen dem Leser viele bekannte Figuren über den Weg laufen, welches eine weitere Rätselebene bietet. Bei jeder Geschichte ist man gespannt, wer in dieser auftauchen wird. So klären beide Hobbyermittler die wahren Hintergründe um Sir Toby, Mr. Winterbottom, Mr. Pomeroy und Admiral von Schneider auf. Sie bringen Licht in den Mord im Orientexpress und belehren Hercule Poirot eines besseren. Im „Geheimnis der fliegenden Juwelen“ lassen Sie sich unter anderem von Lord Brett Sinclair helfen, der bekanntermaßen mit dem amerikanischen Playboy Daniel Wilde ermittelt, Golf spielt und dumme Sprüche vom Stapel lässt. Schließlich finden sie sich am Drehset zu „Der Doktor und das liebe Vieh“ wieder und entbinden eine trächtige Kuh.

Alle Geschichten sind amüsante und lesenswerte Geschichten, die den Flair des britischen Empires ausstrahlen. Liebhaber von Agatha Christie, Inspektor Barnaby oder Father Brown werden um dieses Buch nicht herumkommen. Dabei hat jeder Fall vielleicht gerade mal eine Spielfilmlänge, d.h. man hat ihn in derselben Zeit gelöst wie man sich einen Film anschaut.

Spannender Happen als Nachspeise bei jeder Gelegenheit.

Veröffentlicht am 17.03.2024

Figuren sind detailreich und konfliktbeladen

Im Wald
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Mit einer besonderen Spannung wartet der neue Kriminalroman »Im Wald« von Nele Neuhaus auf. Bevor die eigentliche Handlung beginnt, gibt es zwei Abschnitte, die auf den ersten Blick nichts mit dem aktuellen ...

Mit einer besonderen Spannung wartet der neue Kriminalroman »Im Wald« von Nele Neuhaus auf. Bevor die eigentliche Handlung beginnt, gibt es zwei Abschnitte, die auf den ersten Blick nichts mit dem aktuellen Kriminalfall zu tun haben. Dabei ist der Prolog offensichtlich, nicht nur durch die mitgelieferte Datumsangabe, eine Rückblende auf ein Ereignis von mehr als vierzig Jahren.

Der erste Abschnitt des ersten Kapitels lässt den Leser an dem Brand eines Wohnwagens auf einem Campingplatz teilhaben. Die gerne von Alkohol beseelte Felicitas Molis schaut mit Schrecken und Fernglas auf das lodernde Feuer.

Beide Abschnitte in »Im Wald« sorgen für Spannung, weil es sehr interessant wäre, zu wissen, welcher Zusammenhang zwischen ihnen besteht. Danach geht es schnell mit den Ermittlungen zur Sache. Oliver von Bodenstein, der adelige Ermittler dieser Autorin, wird zur Brandstelle gerufen. Doch die erste Vermutung, dass es sich um den seit Wochen tobenden Feuerteufel handelt, wird schnell zerschlagen. Im Wohnwagen wird eine Leiche gefunden.

Bodenstein und seine Kollegin Pia Sander müssen in einem Mordfall ermitteln. Dann geht es offenbar Schlag auf Schlag, in kurzer Zeit gibt es weitere Tote. Und als Leser fragt man sich immer noch, warum der Prolog eine Situation von vor vierzig Jahren beschreibt.

Nele Neuhaus hat in »Im Wald« ein sehr umfangreiches, aber nicht weniger interessantes Figurenensemble geschaffen. Wegen der Geschehnisse vor 42 Jahren geht es in die Kindheit von Bodenstein zurück, seine Schulkameraden und Spielgefährten tauchen wieder in seinem Leben auf. Alte Erinnerungen werden hervorgeholt.

Die Figuren sind detailreich und konfliktbeladen ausgearbeitet. Kaum eine gerade Figur. Die aus den vorangegangenen Romanen bekannten Figuren erscheinen in einem neuen Licht und erhalten neue Züge, was auch sie wiederum interessant macht. Die düsteren, in der Vergangenheit liegenden Geschehnisse der Bewohner der Taunusörtchen tun ihr Übriges.

Die Jahresangabe der aktuellen Handlung fand ich unnötig. Auch die sich gelegentlich wiederholende Informationen zu bestimmten Situationen sind redundant, denn dem Leser ist vieles schon nach dem ersten Lesen bekannt. Beide Kritikpunkte Schaden aber nicht meiner Bewertung mit höchster Punktzahl. Top-Buch!

Veröffentlicht am 17.03.2024

Orientalisch spannend! Exotisch unterhaltsam! Lesemuss, Lesegenuss!

Die Heilerinnen von Aragón
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Die beiden Cousinen Floreta und Celiana sind Jüdinnen und leben in Granada. Fester Bestandteil ihrer Familie ist ihr gemeinsamer Großvater Samu, ein hoch angesehener Heiler am Hofe Muhammads. Doch der ...

Die beiden Cousinen Floreta und Celiana sind Jüdinnen und leben in Granada. Fester Bestandteil ihrer Familie ist ihr gemeinsamer Großvater Samu, ein hoch angesehener Heiler am Hofe Muhammads. Doch der Herrscher lebt gefährlich. Seine Macht wird ihm streitig gemacht. Ein Putsch seiner Neider sorgt dafür, dass Muhammad flieht. Geholfen hat ihm dabei Celiana, seine Geliebte, die ihm für die Flucht ihre Kleidung gab. Doch der neue Herrscher in Granada vernichtet alle Menschen, die seinem Widersacher nahestanden. Dazu gehört auch Samu und dessen Familie. Der Arzt wird getötet, seine beiden Enkelinnen auf dem Sklavenmarkt verkauft. Doch zuvor hat er Floreta seinen Medizinkoffer anvertraut, im Vertrauen darauf, dass sie eine besondere Obacht auf ihn walten lässt und mit dem Inhalt umzugehen versteht.
Der Roman wurde in drei Zeitabschnitten angelegt, in dem jeweils etwas Gravierendes in der Handlung passiert. Im ersten Teil die oben genannte Versklavung der beiden Protagonistinnen, ähnlich eines etwas längeren Prologes. Im zweiten Teil erlebt der Leser die beiden einer Zwischenstation. Den umfassendsten Teil nimmt der dritte Teil ein, der teils am Hofe des Königs von Aragón, teils im Judenviertel von Zaragoza, der Judería, spielt.

Wie auch bei den Romanen von Lea Korte („Die Maurin“ und „Das Geheimnis der Maurin“) lernt der Leser ein Mittelalter kennen, welches exotisch und orientalisch ist und den Zauber von 1001er Nacht versprüht. Man erfährt von dem friedlichen Zusammenleben der Menschen unterschiedlichen Glaubens. Auf der iberischen Halbinsel gab es viele Jahrhunderte das gemeinsame Leben von Juden, Muslimen und Christen. Doch das Streben nach Macht, besonders in der Katholischen Kirche, hatte für einen Zusammenbruch dieses friedlichen Zusammenlebens geführt.

Dieckmann bringt den Leser ganz sanft in einer spannenden und unterhaltenden Art viele Zusammenhänge der damaligen Zeit nah. Einem Abenteuer gleich verfolgt man das Geschehen um die beiden Cousinen, die dabei immer mehr zu Freundinnen werden. Immer wieder gibt es überraschende Wendungen, natürlich zu einem Zeitpunkt, an dem man als Leser gar nicht damit gerechnet hat. Einiges wird danach neu gewürfelt und fordert zum erneuten Arrangieren auf.

Orientalisch spannend! Exotisch unterhaltsam! Lesemuss, Lesegenuss!

Veröffentlicht am 17.03.2024

Jesse Stone - Detective in Paradise

Doppeltes Spiel
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Mit „Doppeltes Spiel“ (Original „Split Image“) beendet der Bielefelder Pendragon Verlag seine Jesse-Stone-Reihe von Robert B. Parker., u. a. weil es der letzte Roman dieser Reihe ist, die von dem Autor ...

Mit „Doppeltes Spiel“ (Original „Split Image“) beendet der Bielefelder Pendragon Verlag seine Jesse-Stone-Reihe von Robert B. Parker., u. a. weil es der letzte Roman dieser Reihe ist, die von dem Autor selbst geschrieben wurde. In den USA wurde die Reihe inzwischen von anderen Autoren fortgeführt. Erneut wird der Leser in die Kleinstadt Paradise entführt, in dem sich die größten Verbrecher der USA ein Stelldichein zu geben scheinen. Jesse Stone, der Chef der Polizei, wirkt dem meist erfolgreich entgegen. Dieses Mal sind zwei Fälle aufzuklären, wobei Jesse bei einem nur die Schützenhilfe für eine befreundete Privatdetektivin spielt. Die 18jährige Cheryl ist von zu Hause abgehauen und hat Zuflucht bei der „Kirche der Erneuerung“ gefunden. Die Eltern beauftragen die Ex-Polizistin Sunny Randall ihre Tochter wieder zurückzuholen. Weil sich Sunny und Jesse kennen („Mord im Showbiz„), bittet sie ihn um Rat und Hilfe. Dabei hat er gerade jede Menge um die Ohren mit einem toten Bodyguard. Der Sicherheitsmann hat für einen Mafioso gearbeitet, der sich nach seinem angeblichen Ausstieg in Paradise zur Ruhe gesetzt hat. Jesse, der in der Verfilmung von Tom Selleck gespielt wird, bekommt es mit dem Sumpf der organisierten Kriminalität zu tun. Wenn man vielleicht glaubt, dass dies für einen Kleinstadt-Cop eine Nummer zu groß ist, wird sich wundern. Schließlich war Jesse erfolgreichster Ermittler beim LAPD.

Parker hat für die Reihe ein großes Figurenensemble geschaffen. Kamen in der ersten Romanen noch neue Bekannte für den Protagonisten hinzu, so greift der Autor bei den späteren Romanen dieser Reihe in dieses bestehende Ensemble hinein und lässt Jesse mit alten Bekannten (auch dem Leser bekannten, falls er mehrere Romane gelesen hat) agieren. Dabei scheut er auch nicht vor Crossover zurück, denn die Detektivin hat eine eigene 6-teilige Romanserie. Lediglich die Verbrecher sind meist neue Figuren in jedem Roman. Durch das „Wiedersehen“ bzw. Wiederlesen von alten vertrauten Figuren erzeugt Parker ein Gefühl von Heimkehr. Der Leser kann getrost die bekannten >Scherze, Gespräche und Frotzeleien erwarten, wobei der „Chef der Polizei“ abgewandelt auch in der TV-Serie „Blue Bloods“ mit Tom Selleck übernommen wurde.

Etwas überflüssig in diesem vorliegenden Roman sind die Szenen der von Sunny mitunter ihrer Therapeutin, weil sie sich kaum von denen Jesses mit seinem Therapeuten unterscheiden.

Nichtsdestotrotz ist es ein sehr gut gemachter, unterhaltender Kriminalroman mit einem liebenswerten Protagonisten und seinem Team. Dabei ist die Reihenfolge des Lesens der einzelnen Bände unerheblich. Jeder Roman kann als eigenständiger Roman gelesen werden.

Veröffentlicht am 17.03.2024

Die Akten der Leuna-Affäre - Ulrich Wickert führt den Leser nach Paris

Der nützliche Freund
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In »Der nützliche Freund« wird der bereits aus den vorhergehenden Kriminalromanen des ehemaligen Tagesthemen-Moderators Ulrich Wickert bekannte Pariser Richter Jacques Ricou erneut ganz persönlich in einen ...

In »Der nützliche Freund« wird der bereits aus den vorhergehenden Kriminalromanen des ehemaligen Tagesthemen-Moderators Ulrich Wickert bekannte Pariser Richter Jacques Ricou erneut ganz persönlich in einen Fall hineingezogen, zu dem er zunächst einmal dienstlich und auch so keine Beziehung hat.

Aus der Zeitung erfährt er von den Machenschaften eines französischen Ölkonzerns in Deutschland beim Erwerb einer Raffinerie. Unverkennbar handelt es sich um die Leuna-Affäre. Seine Freundin, die mal mehr oder weniger auch seine Lebensgefährtin ist, recherchiert und ermittelt als Top-Journalistin Jahre nach Abschluss und Todschweigen dieser Affäre erneut, weil ein ehemaliger Mitarbeiter des Geheimdienstes sein Schweigen brechen und auspacken möchte.

Durch Ricou‘s Freundin Margaux bekommt die ganze Sache einen privaten Aspekt und ist nicht mehr rein dienstlich zu betrachten. Während sich die Journalistin zwecks eines Interviews mit dem ehemaligen Agenten in dessen Appartement trifft, versteckt sie sich beim Klingeln an der Wohnungstür, um nicht auf unerwartete Besucher zu treffen. Kurz darauf wird der Agent tot und sie bewusstlos aufgefunden. Richter Ricou wird mit den Ermittlungen in diesem Fall betraut, jedoch ahnt zunächst keiner, dass es sich hierbei um die Fortsetzung der fast vergessenen deutsch-französischen Affäre handelt und der Richter selber unter Verdacht gerät.

Faszinierend gestrickt bleibt die Handlung, selbst der Hintermänner des Mordes und anderer Taten dem Leser nicht verborgen. In zwei Handlungssträngen werden einerseits die Ermittlungen in diesem Fall und andererseits die Auftragsvergabe für die Verbrechen durch ein Genfer Bankhaus beschrieben. Kapitelweise wird zwischen beiden Szenen gewechselt und im Falle des Bankhauses, welches seinen Reichtum im zweiten Weltkrieg mit den Geldern der Juden erwarb, die Skrupellosigkeit einer speziellen gesellschaftlichen Kaste dargestellt.

Mithilfe der „Genfer“ Kapitel wird der Leser auf bevorstehende Aktionen vorbereitet und es werden bereits abgeschlossene Handlungen plausibel erklärt. Der Strang für die Ermittlungen beansprucht mit Recht einen erheblich größeren Teil der Romanhandlung und der Autor bringt all sein Können ein, um dem Leser in äußerst dramatischer und abwechslungsreicher Weise seine Liebe zu und dem Charme von Paris nahezubringen. Durch die Offenlegung der wahren Hintermänner stellt sich dem Leser also nicht die Frage nach dem Täter, sondern die, ob und wie der Richter die Hintermänner dingfest machen kann.

Da die Akten der tatsächlichen Leuna-Affäre beim Umzug der deutschen Regierung von Bonn nach Berlin plötzlich verschwunden und in Frankreich nur Handlanger verurteilt worden waren, bleibt natürlich viel Raum für Spekulation, den sich Wickert sehr geschickt zu Eigen gemacht hat. Alles, was zu recherchieren war, wurde recherchiert und anschließend gekonnt mit den fiktiven Spekulationen verbunden.

Auf diese Weise scheint der Roman sehr nah an der Realität zu sein und gibt beinah wie eine Reportage den Überblick zur Leuna-Affäre. Die Handlung um den Richter herum scheint also in erster Linie die fiktive Handlung zu sein, wobei der Leser berechtigten Zweifel an der Fiktion bei der Beschreibung des französischen Lebensgefühls anmelden darf. Wer selbst schon einige Zeit in den Straßen, Bistros und Cafés in Paris verbracht hat, der wird bestätigen, dass Paris so ist, wie es in dem Buch beschrieben wurde. Die Gespräche in den Bistros, das Verhalten der Menschen und vor allem der Beamten scheinen eher ein echter Spiegel der Realität zu sein.

Das Pariser Umfeld des Richters mit all seinen Freunden, Bekannten, Kollegen und Nachbarn wird sehr detailliert und angenehm geschildert. Somit lässt die Lektüre des Buches an dieser Stelle einen, wenn auch eingeschränkten, Hauch einer Reise nach Paris aufkommen. Ob das Gleiche für die offenherzige Zusammenarbeit der deutschen und der französischen Behörden gilt, wird der Autor selbst am besten einschätzen können.

Der Autor hat nie verschwiegen, dass er Frankreich und Paris liebt, warum sollte er es also in seinen Romanen verbergen. Aus diesem Grund ist „Der nützliche Freund“ nicht nur ein spannender, unterhaltsamer und flüssig zu lesender Kriminalroman mit dem Hintergrund einer früheren großen Politaffäre, sondern das Buch gleicht auch einer Reisebeschreibung von Paris. Es vermittelt ein Stück Paris und Pariser Lebensart und ist damit aber nicht nur für jeden Balkonien-Urlauber ein Muss.