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Veröffentlicht am 28.04.2024

Eine unterhaltsame und informative Entdeckungsreise durch die Welt der italienischen Küche, Kultur und Lebensart!

Die Spaghetti-vongole- Tagebücher
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Der Autor Stefan Maiwald nimmt uns mit auf seine Mission, ein unvergessliches Geburtstagsmahl für seine anspruchsvollen italienischen Schwiegereltern zu zaubern. Auf dem Weg von Venedig nach Triest und ...

Der Autor Stefan Maiwald nimmt uns mit auf seine Mission, ein unvergessliches Geburtstagsmahl für seine anspruchsvollen italienischen Schwiegereltern zu zaubern. Auf dem Weg von Venedig nach Triest und Grado erkunden wir nicht nur die Vielfalt der regionalen Gerichte und die Geheimnisse ihrer Zubereitung, sondern tauchen auch tief in die Geschichte und Traditionen Italiens ein. Nach und nach sammelt er so die Geheimnisse verschiedener Rezepte für sein Festessen. Durch lustige Anekdoten und lehrreiche Einschübe („Am Wegesrand“ erfahren wir nicht nur, wie man das perfekte Tiramisu zubereitet, sondern auch interessante Fakten z.B. über Mussolinis Verhältnis zur Pasta oder so manche Besonderheiten der italienischen Esskultur.

Der Schreibstil ist dabei so einnehmend, dass man das Gefühl hat, mit dem Autor durch die malerischen Gassen Venedigs zu schlendern und dabei die Köstlichkeiten der italienischen Küche zu genießen. Das Buch ist gespickt mit humorvollen Geschichten und appetitanregenden Beschreibungen, die einem das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen. Die eigentlichen Vorbereitungen für das Geburtstagsmahl geraten allerdings etwas in den Hintergrund und nehmen nur einen kleinen Teil des Buches ein. Wer also einen Roman rund um seine italienische Familie und lustige Geschichten während des Festessens erwartet, wird enttäuscht sein.

Das Layout ist wirklich schön, vom hochwertigen Leineneinband mit Lesebändchen bis zur durchgängig wunderschönen grafischen Gestaltung. Bereits das Cover mit seinem ansprechenden und farbenfrohen Design sticht heraus. Insgesamt sind "Die Spaghetti-vongole-Tagebücher" wie ein kurzweiliger Urlaub, der nicht nur den Appetit anregt, sondern auch Einblicke in die Vielfalt und Faszination der italienischen Küche und Kultur bietet. Buon appetito!

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Veröffentlicht am 23.03.2024

Reflexionen über das Leben auf dem Land

Das Befinden auf dem Lande. Verortung einer Lebensart
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Ein kleines, aber intelligentes Buch über die Sehnsucht nach einem Leben auf dem Land, die Freiheit und dem Zusammenleben als Gesellschaft. "Das Befinden auf dem Lande" ist eine vielschichtige Reflexion ...

Ein kleines, aber intelligentes Buch über die Sehnsucht nach einem Leben auf dem Land, die Freiheit und dem Zusammenleben als Gesellschaft. "Das Befinden auf dem Lande" ist eine vielschichtige Reflexion über gesellschaftliche Dynamiken, persönliche Erfahrungen und die Sehnsucht nach Freiheit. Björn Vedder entführt uns in seine Welt, geprägt von Kindheitserinnerungen auf dem Land und dem Leben als Familienvater nach dem Umzug von München zum Ammersee, gespickt mit Episoden aus städtischen Gefilden. Dabei zeichnet er ein facettenreiches Bild von Gemeinschaft, sozialer Kontrolle und den Ambivalenzen des Landlebens. Das Werk ist weder ein Lobgesang auf das Land- noch auf das Stadtleben. Es ist eine differenzierte Analyse der provinziellen Mentalität und ihrer Auswirkungen auf individuelle Freiheit. Der Autor bedient sich einer breiten Palette an Quellen, von Psychologie über Philosophie bis hin zur Literatur, um seine Thesen zu untermauern.

Der Autor vergleicht das Verhalten der Menschen auf dem Land u. a. mit einer höfischen Inszenierung, einem Theaterschauspiel um Anerkennung der anderen zu erlangen. Durch die dauerhafte Nähe zu den immer gleichen Menschen wäre dieses Verhalten deutlich ausgeprägter als in der Stadt. Andersartigkeiten werden kritisch beurteilt, da reicht es schon, eine moderne Rollenverteilung zu leben. Außerdem vergleicht er die Unterscheidung in Freund und Feind auf dem Land mit der rechtskonservativen Auffassung von Politik.

"Das Befinden auf dem Lande" ist kein leichter Lesestoff, aber ein Buch, das zum Nachdenken anregt und Fragen über gesellschaftliche Entwicklungen aufwirft. Es ist eine Warnung vor den Abgründen der dörflichen Gemeinschaft, aber auch ein Aufruf zu mehr gesellschaftlichem Zusammenhalt und Toleranz. In einer Zeit, in der das Leben auf dem Land wieder an Attraktivität gewinnt, liefert das Buch einen Beitrag, der weit über oberflächliche Betrachtungen hinausgeht und zum Dialog anregt.

Fazit: Eine kleine interessante Abhandlung über das Landleben und die menschliche Freiheit! Ich hoffe, die Nachbarn des Autors haben Humor und das Zusammenleben am Ammersee wird durch das Buch nicht noch schwieriger.

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Veröffentlicht am 06.03.2024

Verstörender Einblick in eine streng religiöse Gemeinde

Der rechte Pfad
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Der Hauptprotagonist Benjamin kehrt in „Der rechte Pfad“ nach Jahrzehnten zurück zu seinem Vater in ein Dorf im Sauerland mit einer streng religiösen Gemeinde. Dort hatte er als Kind und Jugendlicher seine ...

Der Hauptprotagonist Benjamin kehrt in „Der rechte Pfad“ nach Jahrzehnten zurück zu seinem Vater in ein Dorf im Sauerland mit einer streng religiösen Gemeinde. Dort hatte er als Kind und Jugendlicher seine Ferien verbracht. Nach einem Ereignis auf einem Weihnachtsmarkt, bei dem eine Person stirbt und für das sich Benjamin die Schuld gibt, kommt er ins Dorf zurück, um das Erlebte zu verarbeiten. In seiner Jugend kam seine Jugendliebe Hanna bei einem tragischen Ereignis ums Leben, weshalb er den Ort seitdem gemieden hat. Nun muss er beide Schicksalsschläge aufarbeiten und sieht sich gleichzeitig mit den strengen Regeln und dem immer stärkeren Rechtsruck der Gemeinde konfrontiert.

Das Buch hat mich noch länger beschäftigt. Die Autorin beschreibt die Gewalt, den religiösen Fanatismus und die rechten Tendenzen so eindringlich, dass ich beim Lesen ständig das Gefühl hatte, als wäre die nächste Katastrophe nicht weit. Benjamin dagegen scheint manchmal nicht wirklich begreifen zu wollen, wie sich seine Kindheitsfreunde mittlerweile verändert haben. Er nimmt viele Geschehnisse einfach hin oder ignoriert sie, ohne richtig darauf zu reagieren.

Die Erzählung wechselt zwischen der Gegenwart und Benjamins Jugendzeit vor 25 Jahren. Die einzelnen Charaktere werden teilweise im Dialekt bzw. mit ihren sprachlichen Eigenheiten dargestellt, was einen einerseits noch mehr in die Geschichte zieht, andererseits die Lesbarkeit erschwert. Gerade die Haushälterin seines Vaters ist hier ein Extrembeispiel. Dennoch hat mich das Buch schnell in seinen Bann gezogen, allein weil man das teilweise seltsame Verhalten der Dorfbewohner nachvollziehen möchte.

Ich hatte beim Lesen oft das Gefühl, etwas zwischen den Zeilen finden zu müssen, was ich aber nicht finden konnte. Einige Aspekte wie Benjamins familiäre Situation und das distanzierte Verhalten seines Vaters bleiben ungeklärt. Positiv fand ich die Thematisierung von Homosexualität, die in der Gemeinde natürlich absolut tabu ist. Insgesamt bietet das Buch einen erschreckenden Einblick in eine fundamentalistische Gemeinde und ist durchaus fesselnd!

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