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SofieWalden

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 07.04.2024

Die Superkraft, die in den Haaren steckt und ein sympathisches Mädchen mit nigerianischen Wurzeln

Academy of the Sun – Onyekas Superkraft
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Onyeka lebt mit ihrer Mutter in London, hat aber nigerianische Wurzeln. Davon zeugt auch ihre auffällige Haarpracht, die dazu führt, dass manchen Menschen sie so behandeln, dass sie sich als Außenseiterin ...

Onyeka lebt mit ihrer Mutter in London, hat aber nigerianische Wurzeln. Davon zeugt auch ihre auffällige Haarpracht, die dazu führt, dass manchen Menschen sie so behandeln, dass sie sich als Außenseiterin fühlt. Das geschieht auch in der Schule. Aber zum Glück hat sie eine Freundin, die zu ihr hält und versucht, Onyeka vor diesem Gefühl der Diskriminierung zu schützen. Eines Tages kommt es zu einem Beinaheunfall, der die beiden Freundinnen das Leben hätte kosten können, aber, welch eine Entdeckung, Onyekas Haare haben Superkräfte und retten sie beide. Die Reaktion der Mutter darauf, sie macht sich mit ihrer Tochter auf den Weg nach Nigeria, um dort deren verschollenen Vater zu finden. Und sie eröffnet Onyeka eine neue Welt. Denn dort gibt es die Academy of the Sun, in der Kinder wie sie, sogenannte Solari, ausgesstattet mit Superkräften, erlangt durch die Sonne, zur Schule gehen. Das soll auch Onyeka ab jetzt tun. Der Anfang ist schwer, doch dann findet Onyeka Freunde. Und dann heißt es, Gefahren zu trotzen und das Abenteuer, das sich daraus entwickelt, ist wirklich fantastisch, fantastisch gut und dazu super spannend, auf jeden Fall.
Superhelden gibt es viele, sie liegen sozusagen seit Jahren im Trend und werden auch in ihren Geschichten zunehmend austauschbarer. Das hier ist anders. Es geht um ein absolut sympathisches eigentlich ganz normales Mädchen, mit Problemen, die bisher in solchen Geschichten nie Thema waren, dazu das langsame Erwachsenwerden, ist wahrlich nicht einfach und eine Welt von morgen, ein Nigeria, das uns zeigt, wie es geht, mit den Ressourcen der Natur, Lösungen für Leben in der Zukunft zu schaffen. Bei solchen Vorgaben Superheldin zu sein, da lohnt sich das Dabeibleiben allemal.
Und ich kann euch versprechen, hier hat eine ganz eigene fantastische Buchreihe ihren ersten sehr überzeugenden Auftritt. Zugegeben, etwas echt Uncooles ist auch dabei, nämlich der Cliffhanger am Ende der Geschichte. Ziemlich mies, aber hey, nehmt es wie ein Superheld, das nächste Abenteuer, die Fortsetzung hierzu, die kommt, ganz bestimmt.

Veröffentlicht am 22.02.2024

Alte Verletzungen, Flucht, Wut und Sprachlosikeit und vielleicht ein Schimmer Hoffnung

Krummes Holz
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Jirka ist 19 und zurück. Nach fünf Jahren im Internat kommt er wieder auf den Hof, auf dem er aufgewachsen ist. Es ist eine bittere Rückkehr, denn gewollt wird er hier nicht. Seine ältere Schwester Malene ...

Jirka ist 19 und zurück. Nach fünf Jahren im Internat kommt er wieder auf den Hof, auf dem er aufgewachsen ist. Es ist eine bittere Rückkehr, denn gewollt wird er hier nicht. Seine ältere Schwester Malene schweigt ihn an, da er nicht da war, als sie seine Unterstützung gebraucht hätte, um sich gegen den schon in ihrer beider Kindheit despotischen und gewalttätigen Vater durchzusetzen und ihn dazu zu bewegen, ihr den Hof zu übergeben. Schon seit Jahren rackert sie sich für das Gehöfft ab und sie möchte es gerne gerne weiterführen. Die einstige Herrscherin über die Familie, die Großmutter, ist inzwischen dement und so nicht mehr wirklich präsent. Und der Vater ist gerade nicht auffindbar. Nur der Sohn des letzenVerwalters, Leander gibt Jirka Auskunft über all das, was sich verändert hat und über das Jetzt. Schon auf den ersten Seiten, wenn sich Jirka in der sengenden Hitze, vorbei an der ausgedörrten Landschaft, langsam diesem Zuhause nähert, erfasst einen als Leser dasselbe beklemmende Gefühl wie Jirka selbst. Dessen Kindheit war nicht schön, hat Narben hinterlassen und all die tief in ihm vergrabenen Verletzungen und Ängste, sie kommen nun wieder hervor. Gesprochen wurde darüber nie, damals nicht und jetzt scheint das auch nicht möglich zu sein, um so vielleicht doch wieder zueinander zu finden. Denn Geschwisterliebe ist stark und sie ist noch, tief vergraben, da. Und auch noch andere Gefühle stehen im Raum, sehr nuanciert und leise.
Nach außen hin passiert hier nicht wirklich viel. Die Kämpfe, das Aufbegehren, das Zweifeln, Hoffen, es erfolgt leise, aber in Jirkas Innerem ist der Tumult gewaltig. Esist so unendlich schmerzhaft, was eine solch durchlebte Kindheit mit diesem jungen Menschen gemacht hat und es jetzt noch tut.
Zutiefst bedrückend, in einem literarisch herausragenden Stil verfasst, geht diese Geschichte auf uns Leser über. Man kann gar nicht anders als dieses Erleben mitzugehen und mitzuleiden. Am Ende bleibt ein tiefes Durchatmen, nicht aus Erleichterung, sondern um aufzutauchen, zurück in eine hoffentlich schönere Welt. Und dann ist da noch diese Nuance der Hoffnung.
Ein starkes Werk.

Veröffentlicht am 21.02.2024

Ein würdiger David Copperfield Nachfolger, 150 Jahre später und unglaublich gut

Demon Copperhead
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Dieser Demon Copperhead wächst auf in den 1990er-Jahren, im vergessenen Teil von Amerika, in den Appalachen. Bei seiner Geburt ist sein Vater bereits tot und die drogensüchtige Mutter trifft, wenn man ...

Dieser Demon Copperhead wächst auf in den 1990er-Jahren, im vergessenen Teil von Amerika, in den Appalachen. Bei seiner Geburt ist sein Vater bereits tot und die drogensüchtige Mutter trifft, wenn man überhaupt davon reden kann, fortwährend die falschen Entscheidungen, einschließlich ihres neuen gewalttätigen Mannes. Als auch sie dann stirbt, beginnt Demons Odysee, durch Pflegefamilien, die sein Leben noch unerträglicher machen, ein amerikanisches Sozial- und Gesellschaftssystem, in dem die Ärmsten keine Chance bekommen, verbunden mit einer unerträglichen Aussichtslosigkeit von seiten dieser Menschen selbst. Auch wenn sie alles geben, werden sie als Abschaum der Gesellschaft gesehen und auch so behandelt. Und ja, Demon ist einer von ihnen und er erleidet all das, genauso, authentisch und bitter. Und doch steht er immer wieder auf, wenn, welche prekäre Situation auch immer, ihn niedergerungen hat. Und jedes Erheben, jedes sich hochstemmen aus den Abgründen, die sich auch dem Leser hier auftun, erfüllt ihn das mit einer zunehmenden Stärke seiner Person, seiner Persönlichkeit.
Mich hat dieses Buch, dieser Junge, sehr beeindruckt. Und die literarische Darstellung seines Lebens, mit dieser feinen humorigen Note, der Tiefe, der Intensität und Präzision, wie diese Zeit wirklich war, ohne einzuknicken gegenüber den Realitäten, dies alles so mitzuerleben, es hat einen schon während des Lesens geradezu berauscht und sich tief eingegraben, in das eigene Ich.
Dies ist eines 'der Bücher', das etwas mit einem macht, ein Leseerlebnis der Extraklasse und einfach grandios gut.

Veröffentlicht am 19.02.2024

Die Freude an Worten entdecken und welch lustvolle Kreativität

Der Wortschatz
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Wenn aus Buchstaben Worte werden, erst ganz bescheiden, beladen mit Eigenschaften, die man so kennt, dann führt schon das zu einem ganz großen Aha, wenn man diese, ganz spontan, Dingen und gar lebendigen ...

Wenn aus Buchstaben Worte werden, erst ganz bescheiden, beladen mit Eigenschaften, die man so kennt, dann führt schon das zu einem ganz großen Aha, wenn man diese, ganz spontan, Dingen und gar lebendigen Wesen anheftet, die man am Wegesrand erblickt. Was daraus entsteht, in fulminanten Bildern präsentiert, stellt euch mal einen quietschgelben Igel vor oder einen haarigen Baum, das ist herrlich abstrus, kreativ und einfach nur wunderschön. Genau das erfährt auch Oscar auf der Suche nach einem großen wertvollen Schatz. Denn die Kiste, die er ausbuddelt, ist, erst einmal rccht enttäuschend, nicht mit Spielzeug und einer goldenen Krone gefüllt, sondern mit Worten. Was kann man damit schon anfangen. Und so schmeißt er diese einfach in der Gegend herum. Doch die Worte, von der Welt drumherum lebendig gemacht, stehen plötzlich, sozusagen in voller Größe vor ihm und entlocken ihm, nach dem ersten Schreck, einen lustvollen Jauchzer und ganz viel Begeisterung für seinen Schatz, der wertvoller nicht sein kann, an Kreativität und Vorstellungskraft. Und Oscar wird, mit Hilfe einer Freundin, immer mutiger und seine neuen, alle der eigenen Fantasie entsprungen Wortgestaltungen, wer hat bisher schon eimal von Zauberhimmelschön oder Pflaumensommersüss gehört, sie erschaffen so viel Schönes, im eigenen Kopf und ganz groß, hier auf diesen Seiten, dass es einen zum Strahlen bringt und zu ganz viel Freude an diesem Buch.
Und für jeden Einzelnen von uns ist es ja erst der Anfang, denn jetzt wissen wir, der Fantasie der Worte sind keine Grenzen gesetzt. Also lasst sie sprießen, seid kreativ.

Dieses Buch, es ist ein wahrer Schatz.

Veröffentlicht am 11.02.2024

Familie, wie sie im Buche steht und der Kampf jedes einzelnen

Hallo, du Schöne
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Die Familie Padavano, amerikanisch mit temperamentvollen italienischen Wurzeln, das sind vier teils wilde, lebhafte, eigenwillige und gar nicht so einfache Töchter, eingebunden in ein wärmherziges Elternhaus, ...

Die Familie Padavano, amerikanisch mit temperamentvollen italienischen Wurzeln, das sind vier teils wilde, lebhafte, eigenwillige und gar nicht so einfache Töchter, eingebunden in ein wärmherziges Elternhaus, das familiäre Zugehörigkeit lebt. Als eine der Schwestern Julia den Basketballspieler William Waters mit nach Hause bringt, sie hat ihn, selbst Studentin, am dortigen College kennengelernt, wird dieser freundlich aufgenommen. Und der junge Mann, selbst von gefühlskalten, ihn wenig beachtenden Eltern aufgezogen, ist geradezu fasziniert von der positiven Familiendynamik, die er im Haus seiner baldigen Ehefrau vorfindet. Zugehörigkeit, gesehen zu werden, das hat er sich immer gewünscht und jetzt, eigentlich könnte alles so schön sein. Doch seine eigenen inneren Dämonen lassen ihn nie ganz los und auch sonst, die Zeit führt zu Veränderungen. Mit dem Tod des Vaters stellen sich die tiefen Bande zwischen den vier Padavano-Schwestern als doch sehr fragil heraus und bald schon entwickeln sich diese vier Perönlichkeiten in sehr unterschiedliche Richtungen, mit Entscheidungen, die Egoismus, Neid und Bitterkeit, nicht zu den glücklichsten machen. Und das Ergebnis ist, erst einmal, ein Bruch.
Diese Familiengeschichte, sie ist an Emotionen, Lebendigkeit, Authentizität, an Härten eines eigentlich ganz normalen Lebens und an der ausgemachten oft recht sturen Individualität seiner Protagonisten kaum zu überbieten. Und doch oder gerade deswegen ist dieses Buch ein Schatz, um sich als Leser regelrecht hineinfallen zu lassen, in das Aufregenste überhaupt, in den Kampf des Lebens. Und vielleicht sind die Wurzeln familiärer Zusammengehörigkeit doch stärker und langlebiger als man denkt.
Lesen kann schon sehr glücklich machen. Hier tut es das, auf seine ganz eigene Art.
Und die Geschichte klingt noch lange nach.