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Veröffentlicht am 29.04.2024

Turbulent wie die Asse

Das letzte Feuer
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Eine Zeitreise ins 20. Jahrhundert, eine Reise in das Bergdorf Orpierre-d'Asse in der Haute-Provence ist "Das letzte Feuer" von Maria Borrély aus dem Französischen übersetzt v. Amelie Thoma @kanonverlag
Und ...

Eine Zeitreise ins 20. Jahrhundert, eine Reise in das Bergdorf Orpierre-d'Asse in der Haute-Provence ist "Das letzte Feuer" von Maria Borrély aus dem Französischen übersetzt v. Amelie Thoma @kanonverlag
Und obwohl mit unter 150 Seiten vollgepackt mit einer turbulenten Geschichte um eine Dorfgemeinschaft in den Bergen, eine Landschaft geprägt vom steifen Wind, trocken und karg. Menschen, welche sich nach fruchtbaren Getreidefeldern, Obstbäumen und einem reichhaltigen Leben sehnen. Mittendrin die eigenwillige Pélagie mit ihrer Enkelin Berthe. Während alle anderen Familien nach und nach in das neue Dorf unten an den Fluss, die turbulente, unberechenbare und unzähmbare Asse ziehen, bleiben ebendiese beiden oben in den Bergen. Die Großmutter ist fest davon überzeugt, dass das Klima nahe dem Fluss schädlich ist. Anfangs glaubt ihr niemand, das Dorf blüht auf. Doch das gtoße Glück währt nicht lange.
Auch den zweiten Roman von Maria Borrély habe ich mit großer Freude gelesen. Im Vergleich zu "Mistral" finde ich "Das letzte Feuer" deutlich turbulenter, lebendiger. Und doch blieb die Autorin ihrem Erzählstil treu, umschreibt die Region der Handlung gekonnt und malerisch mit starken Konturen, welche die Geschichte für mich beinahe greifbar machen. Ich freue mich sehr, dass auch dieser Roman der vergessenen französischen Schriftstellerin ins Deutsche übersetzt wurde.
Definitiv wieder ein Lieblingsbuch.

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Veröffentlicht am 29.04.2024

Ohne sie wären wir um ein Vielfaches ärmer

»Und so blieb man eben für immer«
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Aus den verschiedensten Ländern kamen sie nach dem 2. Weltkrieg nach Deutschland, u.a. Kosovo, Italien, Griechenland, Türkei und noch unzählige weitere. Sie wurden dringend gebraucht als Arbeitskräfte, ...

Aus den verschiedensten Ländern kamen sie nach dem 2. Weltkrieg nach Deutschland, u.a. Kosovo, Italien, Griechenland, Türkei und noch unzählige weitere. Sie wurden dringend gebraucht als Arbeitskräfte, sogenannte Gastarbeiter*innen. In "Und so blieb man eben für immer" erzählen Sabrije Asani Krasniqi, Arzije Asani, Elona Beqiraj, Esra Canpalat, Ornella Rosaria Cosenza, Sofie Soujon & Baris Yüksel in Gedichten, Lyrik, und Berichten aus ihren verschiedenen Leben. Ergänzt wird diese eindrückliche und äußerst diverse Anthologie mit Fotografien von Emine Akbaba & Julius Matuschik. Die Texte haben mich alle sehr unterschiedlich bewegt und berührt. Auch das Vorwort der Herausgeberin Jehona Kicaj. Es sind Geschichten von Eltern und Kindern, ohne welche wir alle, nicht nur die deutsche Industrie, sondern wir alle als Gesellschaft und Kultur um ein Vielfaches ärmer wären, Menschen, welche in unsere Mitte gehören und nicht ausgegrenzt. Es sind Geschichten vom Herkommen, Ankommen, Nicht-Ankommen, Dazwischen, manchmal Rückkehr aber auch vom Bleiben für immer.

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Veröffentlicht am 13.04.2024

Vom Festhalten & Loslassen

Bis wir Wald werden
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Nanush ist um die 30 und lebt mit ihrer Urgroßmutter Babulja in einem Hochhaus. Nachdem die beiden Sibirien verlassen mussten und nach Deutschland kamen ist eben dieses Haus ihr Lebensmittelpunkt. Hier ...

Nanush ist um die 30 und lebt mit ihrer Urgroßmutter Babulja in einem Hochhaus. Nachdem die beiden Sibirien verlassen mussten und nach Deutschland kamen ist eben dieses Haus ihr Lebensmittelpunkt. Hier leben nicht nur, aber auch viele andere Menschen, welche als Spätaussiedlerinnen unter Altkanzler Helmut Kohl nach Deutschland geholt wurden. Obwohl weit weg, liegt in der Geschichte um die beiden Frauen eine diffuse Sehnsucht nach Sibirien. Immer wieder klopfen Erinnerungen an die damalige Vertreibung bei Babulja an, welche sie jedoch bis fast an ihr Lebensende immer wieder beiseite schiebt, auch wenn die Urenkelin von klein auf immer wieder nachfragt. Während Babulja zunehmend in ihrer ganz eigenen Welt aus einem baumartigen Hochhaus, dem angrenzenden Wald, den Tieren Bär, Fuchs und Reh lebt, geht Nanush täglich arbeiten im örtlichen Real an der Kasse. Ist sie glücklich? Vielleicht ja. Die Beziehung zwischen den beiden Frauen ist liebevoll, zärtlich und innig. Sie halten aneinander fest. Doch bald ist es an der Zeit, dass sie einander loslassen müssen.
Birgit Mattausch @frauauge erzählt in ihrem Roman "Bis wir Wald werden" auf fast schon märchenhafte Weise von einer bunten Hausgemeinschaft. Sie alle sind sehr verschieden, doch eint sie die Vertreibung. In Sibirien wurden sie Faschisten geschimpft und hier manchmal abfällig als Russen. Und führen ein Leben dazwischen. Schön bei der Autorinnen-Lesung im vergangenen November im Literarischen Zentrum Braunschweig hat mich die Geschichte in dem Roman berührt und fasziniert. Und auch in mir hat es Erinnerungen geweckt an die Kinder und Jugendlichen in meinem Heimatdorf, welche wie hier im Buch aus Spätaussiedler
innen-Familien stammen. Ich habe diese als herzliche und freundliche Menschen in Erinnerung. Wenn ich nach der Schule dort zu Gast war, gab es in den Küchen der Familien immer reichlich zu essen, es war sehr lebhaft und familiär. Vorurteile gegenüber diesen Menschen sind für mich bis heute nicht nachvollziehbar, da ich bisher nur positives erlebt habe.
Der Roman ist auf jeden Fall äußerst lesenswert. Und mit seinen knapp 177 Seiten schnell verschlungen.

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Veröffentlicht am 13.04.2024

Weil das Leben endlich ist

BYE
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"bye" von @laura.letschert & @julia.felicitas.allmann @palomaa_publishing hat mich definitiv überrascht. Nicht mit dem Erscheinen des Buches, sondern vielmehr mit seinem Inhalt. Denn ursprünglich hatte ...

"bye" von @laura.letschert & @julia.felicitas.allmann @palomaa_publishing hat mich definitiv überrascht. Nicht mit dem Erscheinen des Buches, sondern vielmehr mit seinem Inhalt. Denn ursprünglich hatte ich hier einen Ratgeber zur Trauerbewältigung erwartet. Aber es steckt sooo viel mehr drin! Die beiden Autorinnen haben mit 15 verschiedenen Menschen über Tod, Abschied und dem was bleibt gesprochen. Viele Geschichten haben mich sehr unterschiedlich abgeholt. Mit einer könnte ich gar nicht warm werden, einige waren echt heftig und wieder andere inspirierend. Es sind Geschichten, wie eine erneute Krebserkrankung dazu führt, das berufliche Leben umzukrempeln. Was es bedeutet, wenn das geliebt Kind nicht Mal die Grundschule beendet, weil es an einer schweren Krankheit sterben wird. Aber auch, wie ein Mann im besten Alter an einer todbringenden Diagnose die kleinen Dinge im Leben zu wertschätzen lernt. Dennoch sollten Menschen mit sensiblem Gemüt sich die Lektüre sehr gut überlegen, denn hier geht es auch um Suizidgedanken, Depression und weitere schwere Krankheiten. Trotzdem hat sich die Lektüre für mich sehr gelohnt und ich nehme vieles daraus mit. Ich fühle mich weiter darin bestärkt im "Jetzt" zu leben, Gefühle aller Art zulassen zu dürfen und mich an neues zu wagen. Das Leben ist endlich und das ist mir nun noch einmal bewusst geworden. Der Tod gehört auch dazu. Und ich finde es schade, dass es in meinem Umfeld so wenige Menschen gibt, mit denen ich offen darüber reden kann. All diesen Menschen und auch euch kann ich daher dieses wunderbare Buch nur ans Herz legen, es ist ein wahrhaftiger Türöffner.

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Veröffentlicht am 13.04.2024

Ein Kaleidoskop ostdeutscher Punk-Geschichte

Tanz den Kommunismus
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Was für ein Sound, was für Ansagen! 38 Punkbands, welche in der Illegalität aktiv der nunmehr ehemaligen DDR aktiv waren, portraitiert Henryk Gericke in seinem Buch "Tanz den Kommunismus - Punkrock DDR ...

Was für ein Sound, was für Ansagen! 38 Punkbands, welche in der Illegalität aktiv der nunmehr ehemaligen DDR aktiv waren, portraitiert Henryk Gericke in seinem Buch "Tanz den Kommunismus - Punkrock DDR 1980 bis 1989" @verbrecherverlag
Meine Erwartungen an das Buch wurden nicht enttäuscht. Der Autor erzählt unterhaltsam und wortgewandt wie Punks zwischen 1980 und 1989 u.a. in Ostberlin, Magdeburg, Halle und Rostock zusammenfanden um mit ihrer Musik ihre Unzufriedenheit mit dem Terrorstaat DDR Ausdruck zu verleihen. Doch die teils witzigen Bandnamen und Anekdoten konten mich nicht darüber wegtäuschen, wie hart die Stasi damals gegen diese jungen Menschen vorgegangen sind. Festnahmen durch die Volkspolizei, Inhaftierung in Zuchthäusern oder Dienst in der Volksarmee waren für die Punks keine Seltenheit. Zurück auf freien Fuß würde dann oftmals die nächste Punkband gegründet. Ein Katz- und Mausspiel. Doch auch Gewalt von beiden Seiten war oftmals Normalität. Zu guter Letzt gab es noch eine satte Playlist zum Download, ein echter Hörgenuß und Zeitreise zugleich.
Ein echtes Schmankerl, dieser Titel, für Musikbegeisterte und Solche, die sich für Subkulturen in der ehemaligen DDR interessieren. Lesen dringend empfohlen 🤗

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